02.03.2023

TikTok: Zwischen neuem Kommunikationskanal für Unternehmen und Zensur von Genozid

Trotz heftiger Kritik scheint sich das soziale Netzwerk TikTok als Kanal zur Jugend zu etablieren. Und zieht immer mehr Unternehmen an.
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(c) Adobe.Stock - TikTok ist trotz Kritik als Marketingkanal äußerst beliebt.

Es ist nichts Neues. Social Media gehört längst zum Alltag der Geschäftswelt. Aktive Auftritte in den sozialen Netzwerken sind für Unternehmen so normal geworden, wie der jährliche Geschäftsbericht. Doch welcher Kanal der richtige ist, da ranken und zanken sich die Geister. Facebook, Instagram, Twitter, WhatsApp, Telegram, Signal, YouTube oder TikTok – die Liste der Argumente pro oder contra ist lang. Datenschutz, Zensur und Sinnhaftigkeit – das sind die Begriffe, die viele Unternehmer:innen bei diesem Thema beschäftigen. Ein Trend jedoch scheint sich abzuzeichnen.

TikTok ist inzwischen in mehr als 140 Ländern und 39 Sprachen verfügbar. In den USA gibt es monatlich über 136,5 Millionen User:innen, in Deutschland über 19 Millionen und in Österreich mehr als 1,2 Millionen. Kein Wunder, dass Unternehmen diesen Kommunikationskanal für sich entdeckt haben.

TikTok hieß früher Musical.ly

Die Entstehung: Das soziale Netzwerk aus China, welches zum Teilen von selbstgedrehten Videoclips, die mit Musik unterlegt werden können, verwendet wird, ist im Herkunftsland auch als “Douyin” bekannt. TikToks Muttergesellschaft, ByteDance Ltd., kaufte im November 2017 die Mitsing-App “Musical.ly” für rund eine Milliarde US-Dollar und bündelte ein paar Monate später beide Dienste miteinander unter der Marke TikTok. Laut CB Insights ist ByteDance aktuell mit einem Wert von 140 Milliarden US-Dollar das wertvollste nicht börsennotierte Unternehmen der Welt.

Die chinesische App wurde bisher insgesamt 1,5 Milliarden Mal heruntergeladen und verfügt – Stand 2021 – monatlich über eine Milliarde aktive User (über 500 Mio. aus China). In die Kritik geraten ist sie wegen ihrer mutmaßlichen Nähe zur chinesischen Regierung – das Unternehmen weist diese Vorwürfe jedoch zurück.

Feroza Aziz und ihr Zensur-Umgehungs-Trick

Ein Fall jedoch brachte 2019 global große Aufregung. Userin Feroza Aziz hatte ein Video auf der Plattform veröffentlicht, um die Unterdrückung der Uiguren zu thematisieren. Als Make-up-Tutorial getarnt (um der Zensur zu entgehen), wies die junge US-Amerikanerin auf die Umstände der in China lebenden Volksgruppe hin, sprach von Konzentrationslagern, in die unschuldige Muslime hineingeworfen, gekidnapped, ermordet, vergewaltigt, zum Essen von Schweinefleisch und zur Konversion gezwungen werden. Das Video ging viral und wurde 1,4 Millionen Mal angeklickt und 500.000 Mal “geliked”. Die damals 17-Jährige wurde für einen Monat gesperrt, da sie angeblich ein Video von Osama bin Laden gepostet habe.

Feroza Aziz mit ihrem viralen Video

2022 konnte zudem ein Kollektiv bestehend aus NDR, WDR und “Tagesschau” aufzeigen, dass TikTok in Deutschland bestimmte Begriffe unterdrückt. Darunter Kommentare mit Begriffen aus der LGBTQI-Community, wie “schwul”, “queer”, “LGBTQ” oder “homosexuell”, ebenso die Wörter “Auschwitz” und “Nationalsozialismus”. Auch der Name der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai fällt da mit hinein. Die Sportlerin hatte den ehemaligen Funktionär Zhang Gaoli im November 2021 des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, wie die Süddeutsche beschreibt.

TikTok räumt Fehler ein

Auf Anfrage von NDR, WDR und Tagesschau räumte TikTok Fehler ein und wurde wie folgt zitiert: “Wir haben Mechanismen eingerichtet, um potenziell schädliche Kommentare automatisiert herauszufiltern. Wir sind uns darüber im Klaren, dass dieses Vorgehen in diesem Fall nicht zielgerichtet war, und wir arbeiten mit Hochdruck daran, unser Vorgehen zu überarbeiten.” Man würde, so die Betonung, nicht aus politischen Gründen moderieren, und werde von keiner Regierung beeinflusst. Die fraglichen Wörter seien mehrheitlich in negativem Kontext genutzt worden und deswegen auf der Filterliste gelandet.

Westlich versus Östlich

Tim Baumgärtner von marswalk, der mit seinem Co-Founder Victor Vecsei Unternehmen beim Erstellen von TikTok-Marketingvideos unterstützt, weist darauf hin, dass zwecks Datenschutz das soziale Netzwerk aus Asien genauso DSGVO-konform sei, wie Instagram oder Facebook. Sonst würden seitens der EU-Kommission Strafen drohen. Die es bisher nicht gab. Und streicht einen wichtigen Unterschied heraus.

“Man muss unterscheiden zwischen einer westlichen und asiatischen Version”, sagt er. “TikTok-Server sitzen in den USA. In China läuft das Ganze unter einem anderen Namen und in einem anderen Netzwerk. Dort gab es tatsächlich ein paar Vorfälle”, erklärt er.

Zur Deutschland-Causa meint auch Vecsei, dass es von TikTok eine offizielle Entschuldigung gab und derartige Fehler auch bei Facebook und Instagram passiert sind.

“Dort sind europäische und US-Management-Teams am Werk”, sagt er. “Solche Sachen stehen nicht an der Tagesordnung.”

Junge Zielgruppe auf TikTok zu erreichen

Beide TikTok-Experten wissen, dass man am Ende des Tages als Unternehmen auf der Plattform sein müsse, um eine junge Zielgruppe zu erreichen. Die Jugend favorisiert TikTok, da dort im Kontrast zu Instagram mehr auf “Authentizität” gesetzt wird, was einer der Werte sei, der die Generation Z anspreche. 52,3 Prozent der weltweiten TikTok NutzerInnen sind, laut Statista, zwischen 18 und 24 Jahre alt.

“Bei Instagram ist alles idealisiert. Es herrscht eine starke Filter-Nutzung, jeder lebt eine Art ‘Traumprinzessinnen-Leben’ und reist um die Welt. Bei TikTok funktioniert das nicht. Da braucht es keine 5.000-Euro-Kamera; es reicht ein Handyvideo”, sagt Baumgärtner.

Er spricht in diesem Zusammenhang von einem neuen Zeitalter der Kommunikation: “Unternehmen und Brands drehen hochformatige Videos, machen Witze über eigene Fehler, wie etwa die Deutsche Bahn über Pünktlichkeit.” Das komme bei User:innen gut an.

Die Anziehungskraft von TikTok

Der Plattform “Ad Age” nach sind die Werbeeinnahmen von TikTok höher als die von Snapchat und Twitter kombiniert. Rund 170 Millionen Videos werden in einer Internetminute auf TikTok angeschaut. Stand Herbst letzten Jahres gab es 16 Content-Creators mit mehr als 50 Millionen Followern. Finanzbezogene TikTok-Videos nahmen 2021 um 225 Prozent zu.

Laut ecommerce-platforms tragen die auf TikTok erstellten Inhalte auch dazu bei, eine hohe Affinität zwischen den Verbrauchern und der Marke zu schaffen. Rund 56 Prozent der Nutzer:innen sowie 67 Prozent der Ersteller:innen sagen, dass sie sich Marken näher fühlen, die ungefilterte, menschlichere Inhalte veröffentlichen.

Die Plattform verweist zudem auf einen Bericht, der herausstreicht, dass sich rund 45 Prozent der User:innen stärker mit Brands verbunden fühlen, wenn jene sich darauf konzentrieren, über die Plattform einen Mehrwert zu liefern.

“Unternehmen verstehen TikTok mittlerweile als eine Marketing-Chance”, so Vecsei abschließend. “Wer nicht dabei ist, wird einfach verschluckt.”

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Kurstafel:

📉 Bitcoin fiel zwischenzeitlich auf unter 60.000 US-Dollar

Autsch. Diese Woche ging es ordentlich abwärts am Kryptomarkt. Der Bitcoin-Kurs rasselte vorübergehend sogar unter die 60.000-Dollar-Marke. Nach einer Erholung am Freitag lag er zuletzt wieder deutlich darüber. 

Zwischenzeitlich war es für Bitcoin aber bis auf 56.500 Dollar abwärts gegangen. Damit fiel er auf das tiefste Niveau seit rund zwei Monaten. Von dem Mitte März erreichten Rekordhoch von über 73.000 Dollar ist der Kurs damit um mehr als 20 Prozent gefallen. 

Und das alles nur kurz nach dem Halving. Von dem sich viele einen starken positiven Impuls für den Kurs erwartet haben. Warum diese Annahme ohnehin viel zu vereinfacht gedacht war, ist hier in den vergangenen Wochen immer wieder thematisiert worden - siehe etwa Crypto Weekly #138 oder Crypto Weekly #139

Abgekürzt könnte man es folgendermaßen auf den Punkt bringen: Die kurzfristige Kursreaktion auf das Halving ist nicht vorhersehbar - weil sie hauptsächlich spekulativ getrieben ist. Und deshalb kann es schnell in die eine, wie auch in die andere Richtung gehen. Die tatsächliche Kursreaktion am 20. April fiel äußerst unspektakulär aus.

Rund zwei Wochen später geht’s jetzt aber deutlich nach unten am Markt. Allerdings gibt es keinen Grund, das ursächlich mit dem Halving in Verbindung zu bringen. Wie schon in der Vorwoche geschrieben, deutet für die nächsten Monate vieles darauf hin, dass die makroökonomische Lage der dominierende Faktor für den Kryptomarkt sein wird.  

🤔 Wie die US-Zinsen den Kryptomarkt beeinflussen

Eines der wesentlichen Themen dabei: Die Zinsentwicklung. Das war sie auch schon im letzten Bullenmarkt. Genauer gesagt: Bei dessen Ende. Dieses ging einher mit der Aussicht auf steigende Zinsen in den USA. Die Fed begann im Spätherbst 2021 eine Abkehr von der Nullzinspolitik zu signalisieren. 

Und als sie einige Monate später dann tatsächlich begann, die Zinsen schnell und deutlich zu erhöhen, zog der Kryptowinter auf. Hintergrund des Kurswechsels in der Geldpolitik war die hohe Inflation, die gemessen am Inflationsziel der Notenbank so richtig aus dem Ruder lief. 

Zweieinhalb Jahre später ist die Situation eine andere: Die Inflation ist schon 2023 wieder deutlich gesunken. Am Finanzmarkt rechneten daher viele mit einem erneuten Kurswechsel der Notenbank - hin zu Zinssenkungen. Auch, um eine sich abkühlende Wirtschaft zu stützen.

Allerdings hat sich dann gezeigt: Die von vielen erwartete Rezession in den USA blieb aus. Die Inflation dagegen erwies sich in den vergangenen Monaten allerdings etwas hartnäckiger als von der Notenbank erhofft. Und aus dieser Kombination führt dann eben zu einem vorsichtigereren Vorgehen der Notenbank: Die solide Wirtschaftslage zeigt, dass es nicht unbedingt niedrigere Zinsen braucht - zumal diese potenziell wieder die Inflation befeuern könnten.

Am Mittwoch stand nun die nächste Zinssitzung der US-Notenbank an. Dass der Leitzins unverändert in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent blieb, war bereits im Vorhinein weitgehend erwartet worden. Die begleitenden Aussagen von Notenbank-Chef Jerome Powell wurden an den Märkten aber so interpretiert, dass man sich offenbar noch länger auf hohe Zinsen einstellen müsse. 

Ein solches Szenario gilt gemeinhin als schlecht für sämtliche “Risk Assets”, zu denen neben Aktien eben auch Krypto zählt. Ob es tatsächlich eintritt, wird sich erst zeigen. Klar ist aber: Wer am Kryptomarkt aktiv ist, sollte in nächster Zeit darauf eingestellt sein, dass Einflüsse von der Makroebene den Handel dominieren - und auch das kann in beide Richtungen gehen. 


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