15.05.2019

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

Vor rund zwei Wochen hat die Regierung ihre Steuerreform präsentiert. Wir haben uns in der Startup- und Investoren-Szene umgehört, welche Maßnahmen auf Zustimmung stoßen und welche noch vermisst werden, um das österreichische Startup-Ökosystem zu fördern.
/artikel/startup-investoren-meinung-steuerreform
Steuerreform

Anfang Mai präsentierte die österreichische Bundesregierung die Eckpunkte der geplanten Steuerreform. Sie umfasst unter anderem eine schrittweise Senkung der Körperschaft- und Lohnsteuer, steuerliche Begünstigungen für Mitarbeitererfolgsbeteiligungen, Entlastung geringwertiger Wirtschaftsgüter, sowie die Entlastung von Kleinunternehmer (der brutkasten berichtete).

+++ Mit diesen Maßnahmen möchte die Regierung Unternehmen entlasten +++

Rund zwei Wochen nach der offiziellen Präsentation der Steuerreform, melden sich erste Stimmen aus der Startup- und Investoren-Szene zu Wort. Die Meinungen schwanken zwischen Zustimmung und Kritik sowie dem Wunsch nach weiteren Maßnahmen, um das heimische “Startup-Ökosystem” und den österreichischen Wirtschaftsstandort im internationalen Vergleich zu stärken.

Markus Raunig (AustrianStartups)

(c) AustrianStartups

Für Markus Raunig, Managing Director von AustrianStartups, ist die geplante Senkung der Einkommenssteuer und der Krankenversicherungsbeiträge ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wenn die Umsetzung klappen würde, könnten österreichische Startups dadurch schneller wachsen und international wettbewerbsfähigere Gehälter zahlen, so Raunig.

Zudem begrüßt er die steuerliche Begünstigung für Mitarbeitererfolgsbeteiligungen, hätte sich jedoch auch Erleichterungen zur Übertragung von Unternehmensanteile an Mitarbeiter gewünscht: “Auch die Möglichkeit einer einfachen Beteiligung am Unternehmenserfolg ist gesamtwirtschaftlich sinnvoll, wobei es für Startups sicher noch wichtiger wäre auch tatsächliche Unternehmensteile einfacher an Mitarbeiter übertragen zu können – hier wünschen wir uns schon länger eine neue Rechtsform für international ausgerichtete Wachstumsunternehmen.”

Raunig kritisiert weiters, dass die Reform nach jetzigem Stand keinen Investitionsfreibetrag enthält, der Startup-Investments attraktiver machen würde. In diesem Zusammenhang verweist er auf das Vereinigte Königreich: “Großbritannien hat mit dem Seed Enterprise Investment Scheme gezeigt, wie viel Kapital dadurch für Startups mobilisiert werden kann. Wir hoffen, dass die Regierung hier im angekündigten Startup-Paket noch nachlegen wird.”

Eveline Steinberger-Kern (The Blue Minds Company)

(c) Rafaela Pröll

Eveline Steinberger-Kern, Gründerin und Managing Director von The Blue Minds Company GmbH, begrüßt die in der Steuerreform enthaltene Entlastung der Lohn- und Einkommensbezieher, da in Österreich der Faktor Arbeit im internationalen Vergleich überdurchschnittlich belastet wird. “Die Entlastung der Lohn- und Einkommensbezieher ist notwendig, um attraktiv im Wettbewerb um die besten Talente zu bleiben bzw. zu werden, was gerade in meinem Sektor der Innovations- und Digitalisierungsbranche eine essentielle Voraussetzung darstellt”, so Steinberger-Kern. Auch die schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer ab 2022 auf 21 Prozent sieht sie positiv, wobei sie sich bereits einen früheren Zeitpunkt gewünscht hätte.

Kritischer sieht sie hingegen die geplanten Entlastungen im Umweltbereich: “Die steuerlichen Begünstigungen zur Vereinfachung im Umweltbereich überzeugen mich nicht. Das angekündigteUmweltpaket’ soll in Summe Entlastungen von lediglich 55 Millionen Euro vorsehen. Das ist steuerpolitisch zu wenig, um die großen Herausforderungen im Bereich Energietransformation und Klimawandel für die nächste Generation zu meistern.”

Benjamin Ruschin (WeAreDevelopers)

WeAreDevelopers, die größte Developer-Konferenz Europas mit 230 internationalen Speakern, darunter Apples Steve Wozniak und Microsofts Joseph Sirosh, startet dieses Mittwoch.
(c) Tamas Künsztler

Benjamin Ruschin, Managing Director und Co-Founder von WeAreDevelopers, vermisst im Rahmen der Reform steuerliche Begünstigung für internationale IT-Fachkräfte. Vor dem Hintergrund des “War for Talents” bräuchte es finanzielle Anreize, damit diese sich auch in Österreich niederlassen, so Ruschin.

Als eine mögliche Maßnahme nennt er die einjährige Eliminierung der Einkommensteuer für IT-Fachkräfte unter der Prämisse, dass sie sich für vier Jahre in Österreich niederlassen. Nach vier Jahren könnte sie die Steuer rückwirkend zurückerstattet bekommen. Österreich könnte so laut Ruschin in der internationalen Entwickler-Community für Aufsehen sorgen. Als ein Paradebeispiel führt er die “Startup-Nation” Israel an, die eine ähnliche Maßnahme bereits erfolgreich umgesetzt hat.

Die steuerlichen Maßnahmen, die bisher bekannt sind, bewertet er für Startups kritisch: “Die Senkung der Körperschaftssteuer ist gut und schön, aber wir wissen alle, dass Startups in den ersten Jahren keinen Gewinn machen. Sie reinvestieren alles in ihr Wachstum. Das heißt, dass im Prinzip nur große Unternehmen davon profitieren, aber keine Startups.”

Lisa Fassl (Austrian Angel Investors Association)

(c) Stefan Malzner

In ihrer Stellungnahme verweist Lisa Fassl auf einen kurz nach der Steuerreform von der Austrian Angel Investors Association (aaia) publizierten offenen Brief an die Bundesregierung. Dieser enthält vier Forderungen: Schaffung einer modernen Rechtsform für Unternehmen “AG lihgt”, Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, Gründung eines staatlich besicherten Dachfonds “Funds of Funds” sowie steuerliche Anreize für Angel Investments.

Geht es nach der aaia, sollen Investments durch private Kapitalgeber steuerlich begünstigt werden. Konkret wünscht man sich dabei die Einführung eines Tax Incentive-Modells nach dem Vorbild Großbritanniens. Dazu arbeitete die aaia gemeinsam mit der Steuerberatungskanzlei ECOVIS ein Konzept aus. In diesem werden drei Möglichkeiten der Incentivierung für privates Risikokapital vorgestellt: Eine staatliche Prämie bzw. ein Zuschuss; eine Steuergutschrift für Investoren; bzw. ein Freibetrag. In der aktuellen Steuerreform sind jedoch keine konkreten Steuer-Incentives für private Risikokapital-Investoren enthalten.

Berthold Baurek-Karlic (Venionaire Capital und European Super Angels Club)

© Rene Wallentin

Berthold Baurek-Karlic, Gründer von Venionaire Capital und Vorstand des European Super Angels Club, begrüßt alle Maßnahmen, die den Wirtschaftsstandort Österreich stärken. Steuerliche Erleichterungen bei der Körperschaftsteuer und der Kapitalertragsteuer würden Österreich im international attraktiver machen, insbesondere könnten dadurch Nachteile gegenüber unmittelbaren Nachbarländern verringert werden.

“Wir sind sicherlich gefordert den Wirtschaftsstandort attraktiver zu machen, wobei hierfür Steuerreform allein auch nicht reichen wird – das ist ein weiterer wichtiger Schritt. Wir müssen es mittelfristig schaffen Tech-Giants (Google, Facebook und Co) mit ihren ‘Investment-Armen’ und internationale Fonds nach Österreich zu bringen. Im Moment sehen diese noch kaum Potenzial bei uns – obwohl wir viel zu bieten hätten”, so Baurek-Karlic.

Ein wichtiger Schritt sei die internationale Vernetzung von künftigen Sandbox-Modellen. Als Best-Practice-Beispiel zieht er Großbritannien heran, die ihre FinTech-Sandbox mit Australien, Hongkong, Singapur und China zu einer Fintech-Bridge ausgebaut haben. Eine Sandbox, die sich lediglich auf acht Millionen Einwohner beschränkt, sei definitiv zu klein. Wir müssen internationale Brücken bauen, damit Österreich auch Zukünftig “Weltmarktführer” hervorbringen kann.


=> zur Page des Bundesministeriums für Finanzen

Redaktionstipps
Deine ungelesenen Artikel:
vor 32 Minuten

Sterisches Medtech meldet Insolvenz an – rund 1,6 Mio. Euro Schulden

Das Gleisdorfer Health-Startup ilvi muss sechs Jahre nach seiner Gründung Insolvenz anmelden. Die Gründe dafür sind u.a. der zu schnelle Verbrauch eines Darlehens.
/artikel/sterisches-medtech-meldet-insolvenz-an-rund-16-mio-euro-schulden
vor 32 Minuten

Sterisches Medtech meldet Insolvenz an – rund 1,6 Mio. Euro Schulden

Das Gleisdorfer Health-Startup ilvi muss sechs Jahre nach seiner Gründung Insolvenz anmelden. Die Gründe dafür sind u.a. der zu schnelle Verbrauch eines Darlehens.
/artikel/sterisches-medtech-meldet-insolvenz-an-rund-16-mio-euro-schulden
Jumug Carbon Recovery Ataleo Insolvenzen
(c) Adobe Stock

Das Unternehmen ilvi mit Sitz in Gleisdorf, Steiermark, digitalisiert mit seiner Hardware-Software-Kombination die Erfassung von Vitalwerten von Patient:innen. 2018 gab es dafür eine knapp siebenstellige Kapitalspritze unter dem Lead von eQventure. Wie nun der KSV (Kreditschutzverband) bekannt gab, wurde ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht Graz beantragt.

ilvi: Sanierungsplanquote von 20 Prozent

Es gibt 37 Gläubiger, elf Dienstnehmer:innen und rund 165.000 Euro Aktiva, bei 1,6 Millionen Euro Passiva. Das Unternehmen bietet eine Sanierungsplanquote von 20 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplanvorschlages an.

Zu den Gründen für die Insolvenz zählen, dass die Umsatzerlöse der ilvi GmbH für das Jahr 2024 nicht erzielt werden konnten. Zudem wurde ein gewährtes Darlehen schneller verbraucht als ursprünglich angenommen. Eine weitere Darlehensvergabe war nicht möglich. Gespräche mit potentiellen Investoren führten ebenfalls zu keinem positiven Abschluss.

2018 gegründet

Zur Geschichte: Die ilvi GmbH wurde am 16. August 2018 von Erwin Berger und Christoph Kauer als Spin-off der Berger Medizintechnik GmbH gegründet. Nach mehreren Wechseln an der Spitze wird das Unternehmen seit dem 14. Mai 2024 durch Geschäftsführer Franz Salomon selbstständig vertreten.

Das Medtech fokussierte sich auf Softwareentwicklung im Bereich der Medizintechnik, insbesondere im Bereich mobiler Datenerfassung im Gesundheitsbereich. Darauf basierend entwickelt, produziert und vertreibt das Unternehmen Medizintechnikprodukte.

Die mobilen Softwarelösungen hingegen zielen darauf ab, die Lebens- und Versorgungsqualität der Patient:innen zu verbessern und gleichzeitig die Gesundheitsversorgung der Zukunft sicherzustellen. Der “Personal Digital Assistant”, der Gesundheitswerte direkt am Krankenbett erfasst, via Bluetooth mit unterschiedlichen Geräten kommuniziert und Daten an das Krankenhaus-Informationssystem überträgt, soll die Arbeitsprozesse des Pflegepersonals digitalisieren und dadurch zugleich optimieren.

Fortführung von ilvi geplant

Die ilvi GmbH beabsichtigt das Unternehmen unter Umsetzung einiger Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen fortzuführen: “Der zu bestellende Insolvenzverwalter wird nunmehr zu prüfen haben, ob eine Fortführung im Interesse der Gläubiger liegt und der vorgelegte Sanierungsplan eingehalten werden kann”, sagt Brigitte Peißl-Schickmair, Leiterin Unternehmensinsolvenz Graz.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

So denkt die Startup- und Investoren-Szene über die Steuerreform