11.04.2022

So können Social Startups mit dem Staat zusammenarbeiten

Gastbeitrag: Die Sinnbildungsstiftung arbeitet mit tausenden Social Startups zusammen. Die erfolgreichsten unter ihnen kooperieren mit dem Staat.
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Michael Hagelmüller von Ashoka und der Sinnbildungsstiftung © Unsplash/Ashoka/Montage

Jede:r von uns hat wahrscheinlich eine Geschichte parat, wo am Amt die Dinge nicht so  gelaufen sind, wie man sich das gewünscht hätte. Geschichten von Bescheiden, die lange nicht kommen oder von Förderungen, die kompliziert abzurechnen sind. Wahr ist aber auch: iPhone, Internet und Co. wären ohne den Staat niemals möglich gewesen, trotzdem haftet  ihm ein Image von Langsamkeit und Innovationsfeindlichkeit an. Die Ökonomin Mariana Mazzucato räumte schon vor Jahren in ihrem Buch „The Entrepreneurial State“ mit vielen Vorurteilen gegenüber dem Staat auf: Er fördert oft riskante Innovationen lange bevor es  Venture Capitalists jemals tun würden. 

Wie Startups Kooperationen mit dem Staat einfädeln können

Der Staat kann also auch anders – aber wie kann man dieses Potential als Social Startup ausschöpfen? 

Eine Antwort versuchen wir mit Bildünger zu finden. Wir von der Sinnbildungsstiftung und meiner Organisation Ashoka sind 2018 angetreten, um Bildungsprojekte in Schulen und  Pädagogischen Hochschulen zu unterstützen. Diese zeigen, wie Bildung im 21. Jahrhundert  aussehen kann: partizipativ, adaptiv und befähigend. Gemeinsam mit der staatlichen „Innovationsstiftung für Bildung“ suchen wir nach Wegen diese Innovationen in den Regelbetrieb an Schulen zu überführen. Dabei geht es auch darum zwischen den  Bildungsprojekten und dem Staat zu vermitteln, um die Stärken beider Seiten zu nutzen:  Flexibilität und Zielgruppen-Orientierung auf der Seite der Bildungsprojekte und  Breitenwirksamkeit gepaart mit wissenschaftlicher Evidenz auf der des Staates. 

Die wichtigsten Schritte und Tipps

Damit diese zwei Seiten zusammenfinden, greifen wir auf die Expertise von Ashoka zurück: Seit mehr als 40 Jahren arbeitet Ashoka mit über 4000 Sozialunternehmer:innen zusammen.  Die erfolgreichsten unter ihnen kooperieren mit dem Staat, um mehr zu bewirken. Dabei sind drei Dinge wichtig: 

1. Bewusstsein für das Problem schaffen

Der Staat hat in seiner hierarchischen  Organisation oft Probleme, dass Information schnell von Punkt A nach Punkt B kommt. Der sogenannte Dienstweg sorgt zwar für eine gute Nachvollziehbarkeit von  Entscheidungen, kann aber langsam sein. Darüber hinaus dauert es, bis harte  wissenschaftliche Evidenz zu einem Problem vorliegt, die der Staat jedoch für die  Begründung seiner Handlungen braucht. In der Praxis muss es aber oft schnell gehen,  der erste Lockdown hat das eindrücklich gezeigt: Die ersten, die mitbekommen  haben, dass benachteiligte Schüler:innen im distance learning zurückfallen, waren  Bildungsprojekte. Schnell entstand eine Allianz, die auf die Probleme aufmerksam  machte und den Dialog über mögliche Lösungen anstieß: #weiterlernen war geboren. Das Bildungsministerium wurde schnell auf  die Initiative aufmerksam und hat sich der Auftaktveranstaltung angeschlossen. 

2. Willen zum Handeln aufbauen

Im nächsten Schritt muss man dem Staat  verdeutlichen, was passiert, wenn er nicht handelt und welche positive Effekte sein  Handeln bewirken kann. Wenn viele Menschen von dem Problem betroffen sind oder  dem Staat daraus Kosten, z.B. an Sozialleistungen, entstehen, oder Interessensgruppen wie Fridays For Future Druck machen, dann verstärkt das den  Handlungswillen des Staates. Wenn Bildungsprojekte den Staat mit ins Boot holen  wollen, ist ein Bezug auf staatliche Strategien wie Regierungsprogramme oder  Entwicklungspläne von Schulen wichtig. Der Staat definiert darin Ziele und als  Bildungsprojekt muss ich einen Beitrag leisten, um diese zu erreichen, wenn ich mit  dem Staat kooperieren möchte.

Im Beispiel #weiterlernen haben die Bildungsprojekte gezeigt, dass Schüler:innen Monate, wenn nicht sogar Jahre in ihrer  Bildungslaufbahn zurückgeworfen werden, wenn man nicht sofort handelt – was  wiederum negativ für die Erreichung der Bildungsziele des Staates wäre. Das Bildungsministerium erkannte: Hier muss man schnell handeln und neue Programme  schaffen, die die benachteiligten Jugendlichen beim distance learning unterstützen.  

3. Handlungsfähigkeit (weiter)entwickeln

Wenn der Staat das Problem in seiner Tiefe  verstanden hat und nachvollziehen kann, was passiert, wenn man (nicht) handelt, dann kann man gemeinsam mit dem Staat dessen Handlungsfähigkeit (weiter)entwickeln. Der Staat braucht Partnerschaften mit der Zivilgesellschaft, wenn  er nicht oder nicht schnell genug passende Angebote entwickeln kann, die das  Problem adressieren. Das kann z.B. die Bereitstellung von Daten und Best Practice Beispielen sein, spezielle Schulungen für Beamt:innen bis hin zum Verfassen eines  Gesetzesentwurfs. Im Fall von #weiterlernen war es der gemeinsame und rasche Aufbau einer österreichweiten Plattform, über die Schüler:innen unkompliziert  digitale Lernbegleiter:innen finden können, die von zivilgesellschaftlichen Initiativen  gestellt werden. Die Initiative wurde durch eine Anschubfinanzierung der Innovationsstiftung für Bildung gefördert, mittlerweile ist die Initiative beim Bildungsministerium angesiedelt und wird von dem Sozialunternehmen talentify umgesetzt. 

Vorurteile gegen Staat hinterfragen

Diese drei Schritte helfen, (Social) Startups und Staat zusammen zu führen. Sie helfen aber alle nichts, wenn man nicht das eigene Bild des Staates hinterfragt. Selbst wenn manche Vorurteile gegenüber dem Staat stimmen mögen, gibt es immer Gründe, warum der Staat und seine Beamt:innen so handeln, wie sie handeln. Ein Staat, der rechtliche Ansprüche (wie Arbeitslosenhilfe) garantieren muss, kann diese nicht ständig unter Gesichtspunkten der Innovation umbauen – und so mancher Bescheid dauert dann etwas länger, ist aber  rechtsstaatlich garantiert. Denn ein Staat kann und darf nicht willkürlich handeln. 

Maßnahmen, die der Staat setzt, erreichen potenziell Millionen von Menschen und  verbessern im besten Fall deren Leben. Genau hier liegt massives Potential für (Social)Startups: Erst mit dem Staat gemeinsam kann man richtig in die Breite wirken. Andreas Reckwitz,  der deutsche „Star-Soziologie“, sieht im Staat den möglicherweise dominanten gesellschaftlichen Akteur der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Nicht zuletzt, weil Pandemie oder der Krieg in der Ukraine ihn dazu zwingen. 

Aus dieser Entwicklung heraus ist es für (Social)Startups eigentlich unumgänglich, sich mehr  mit dem Staat zu befassen. Dann haben wir hoffentlich in Zukunft alle mehr Geschichten  parat, die zeigen: Wir haben gemeinsam mit dem Staat viel bewegt – auch wenn ein  Bescheid mal länger unterwegs oder die Abrechnung für eine Förderung mühsam war. 

Kurstipp

Wer einen gratis online Kurs machen will, wie man als Sozialunternehmer:in mit dem Staat kooperiert, findet  diesen hier: https://www.ashoka.org/el/working-with-government

Über den Autor

Michael Hagelmüller arbeitet bei der NGO Ashoka und leitet gemeinsam mit Christina Purrer von der Sinnbildungsstiftung Bildünger. Bildünger baut ein auf abgestimmtes Handeln fokussiertes Netzwerk zwischen Bildungs-Projekten, der öffentlichen Hand, Stiftungen und  Unternehmen.

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Investments
(c) Stock.Adobe/sutthiphong - Die die Investitionsfreude in den heimischen Unternehmen sinkt.

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen ist es den österreichischen Unternehmen in den vergangenen Jahren gelungen, ihre Eigenkapitalausstattung zu verbessern. 57 Prozent (ein Plus von sechs Prozent gegenüber 2023) der Betriebe bewerten ihre aktuelle Eigenkapitalsituation mit “sehr gut” oder “gut”. Gleichzeitig sehen 42 Prozent der Befragten die Entwicklung innerhalb der vergangenen drei Jahre positiv. Trotzdem sinkt die Investitionsfreude in den Unternehmen angesichts zahlreicher Herausforderungen und negativer Einflüsse – das sind einige der Ergebnisse des Austrian Business Checks von KSV1870. Die Studie wurde im März 2024 gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent durchgeführt, an der rund 1.200 Unternehmen teilgenommen haben.

Darin liest man: Lediglich 17 Prozent (2023: 21 Prozent) haben Investitionen im laufenden Jahr fix eingeplant. Gleichzeitig steigt der Anteil jener, die Investitionen für 2024 bereits jetzt zur Gänze ad acta gelegt haben. Das hat auch Folgen für den heimischen Kreditmarkt: Gerade einmal neun Prozent (2023: 20 Prozent) der Unternehmen planen eine Kreditaufnahme in diesem Jahr.

“Implosionsgefahr”

Für den Kreditschutzverband hat vor allem der Mix an Krisen, mit denen sich Österreichs Wirtschaft zuletzt konfrontiert sah, vielerorts unmittelbaren (negativen) Einfluss auf die Geschäftstätigkeit und -ergebnisse genommen.

“Viele Unternehmen haben zuletzt vieles richtig gemacht. Angesichts der steten Implosionsgefahr aufgrund zahlreicher externer Gefahren ist das keine Selbstverständlichkeit und zeugt von einer bestehenden Widerstandsfähigkeit”, erklärt Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH.

Vorsichtige Planung bei Investments

Die Bandbreite an Herausforderungen und wirtschaftlichen Ungewissheiten dürfte auch dazu führen, dass Unternehmen ihre Investments noch vorsichtiger planen und genau überlegen, welche Investitionen tatsächlich notwendig sind, so eine weitere Erkenntnis der Untersuchung. Neben den 17 Prozent der Unternehmen, die Investments für dieses Jahr fest eingeplant haben, machen weitere 41 Prozent (2023: 49 Prozent) etwaige Investitionen von der Geschäftsentwicklung in den nächsten Monaten abhängig. Parallel dazu steigt der Anteil von jenen, die keine Investments ins Auge fassen, von 30 auf 42 Prozent an.

Als Lichtblick wird gesehen, dass von jenen Unternehmen, die Geld in die Hand nehmen möchten, 55 Prozent die Investitionen dazu nutzen wollen, um den eigenen Betrieb weiterzuentwickeln und innovativer auszurichten. Das ist insbesondere in der Industrie und am Dienstleistungssektor der Fall. Gleichzeitig gibt es aber auch 41 Prozent (vor allem in Handel und Gewerbe), die etwaige Investments vordergründig dazu verwenden wollen, um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten.

Jedes zehnte Unternehmen möchte heuer Kredit aufnehmen

Die rückläufige Investitionsbereitschaft innerhalb der österreichischen Wirtschaft führt auch dazu, dass die Zahl der Kreditaufnahmen im Vergleich zum vergangenen Jahr deutlich gesunken ist – wie erwähnt von 20 auf neun Prozent. Demzufolge erwägt gerade einmal jedes zehnte Unternehmen, im Jahr 2024 einen Kredit aufzunehmen.

“Insgesamt scheinen Österreichs Unternehmen dem Thema Kredit aktuell eher reserviert gegenüberzustehen. Zwar gibt es noch einige Betriebe, wo eine finale Entscheidung offen ist und abgewartet wird, wie sich das laufende Geschäftsjahr entwickelt, doch schon jetzt scheint klar zu sein, dass es am Ende des Jahres deutlich weniger Kreditvergaben geben wird, als in der jüngeren Vergangenheit”, erklärt Wagner.

Die häufigsten Gründe, warum ein Kredit aufgenommen wird, sind auch heuer insbesondere die Finanzierung von Renovierungs- und Umbaumaßnahmen, der Aufbau neuer Geschäftsbereiche sowie der Ankauf von Immobilien.

Generell wird die Kreditaufnahme seitens der Unternehmen als zunehmend schwieriger bewertet, wie aus der Umfrage hervorgeht. Wurde die Kreditaufnahme vor zwei Jahren von insgesamt 52 Prozent der Befragten als “sehr schwierig” bzw. “schwierig” eingestuft, so sind es heuer bereits 66 Prozent. Die Gründe dafür werden vor allem im Bereich der Zinserhöhungen gesehen, aber auch, dass immer mehr private und unternehmerische Sicherheiten gefordert werden. Zusätzlich erschwere das hohe Maß an Bürokratie eine mögliche Kreditaufnahme.

Wünsche an die Politik

Auf die Frage, welche Wünsche es seitens der heimischen Unternehmer:innen in Richtung einer zukünftigen Bundesregierung gibt, wurden insbesondere jene Faktoren häufig genannt, die gerade jetzt als besonders erschwerende Aspekte eingestuft werden. Das sind vor allem die Senkung von Lohnkosten, die Reduktion der Bürokratie und umfassende Steuerentlastungen.

Genauso wichtig wäre es aus Sicht der Befragten aber auch, den anhaltenden Arbeitskräftemangel in den Griff zu bekommen und eine praxisorientierte Bildungsreform umzusetzen, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen und Anforderungen der Wirtschaft orientiert.

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