27.01.2023

Sebastian Kurz: Die Startups und Beteiligungen des Ex-Kanzlers

Weniger als eineinhalb Jahre nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler ist Sebastian Kurz gleich mehrfach in der Startup-Welt engagiert.
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Cocoon Capital Advisory Sebastian Kurz - Startups und Beteiligungen - Dream Security
Sebastian Kurz | (c) EVP via Wikimedia Commons

Als Bundeskanzler sagte man Sebastian Kurz zwar durchaus eine Affinität für die Startup-Welt nach. In der Startup-Politik ging während seiner Kanzlerschaft aber kaum etwas weiter. Das kann man auf Corona schieben, muss man aber nicht. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik legte der Altkanzler jedenfalls mehrere Gänge zu. Keine eineinhalb Jahre nach seinem Rücktritt als Kanzler im Oktober 2021 und gerade etwas mehr als ein Jahr nach seinem endgültigen Ausscheiden aus der Politik im Dezember 2021 ist Kurz in mehreren Rollen in der Startup-Welt aktiv: als Berater, als Gründer und als Investor.

Sebastian Kurz als Berater im Startup-Umfeld

Nur Wochen nachdem Sebastian Kurz seinen Rückzug aus der Politik bekanntgegeben hatte – er meinte damals, er wolle sich verstärkt der Familie widmen – wurde sein erster Schritt in die Startup-Welt publik. Er startete als “Global Strategist” bei Thiel Capital in Los Angeles. Was er in dieser Tätigkeit im Investment-Unternehmen des polarisierenden Paypall-Gründers und frühen Facebook-Investors Peter Thiel genau macht, ist auch ein Jahr später nicht öffentlich bekannt. Es dürfte sich aber um eine Beratungstätigkeit handeln.

Dabei dürfte Kurz auch sein Netzwerk einbringen. Gut möglich, dass er die Connection zu Jared Kushner im Gegenzug von Peter Thiel bekommen hat. Der Unternehmer, Investor und – als Donald Trumps Schwiegersohn – ehemalige US-Präsidenten-Chefberater, holte den Ex-Kanzler vor einiger Zeit als ehrenamtlichen Beirat in sein “Abraham Accords Peace Institute”, das die Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten fördern will. Ob Sebastian Kurz mit Jared Kushner auch (Startup-)Geschäfte macht, ist aktuell noch nicht bekannt.

Zudem gab es vor einigen Monaten einen Bericht des Boulevard-Magazins Exxpress, wonach der Altkanzler “eine Beratungsfirma für Technologie-Unternehmen mit Büros in Dubai und Tel Aviv” betreibt. Das ist laut Kurz’ Sprecher nicht ganz korrekt. Beim Beratungsunternehmen handelt es sich um die in Österreich registrierte SK Management GmbH (siehe unten). Diese baue neben Wien ein zweites Büro in Abu Dhabi – nicht Dubai – auf. Das Büro in Tel Aviv sei jenes des Startups Dream Security (siehe auch unten). Mitgründerin und Geschäftsführerin von Exxpress ist übrigens mit Eva Hieblinger-Schütz die Ehefrau von Kurz’ AS²K-Mitgründer Alexander Schütz (siehe ebenfalls unten).

Der Ex-Bundeskanzler als Gründer

In Österreich hat Sebastian Kurz bislang zwei Unternehmen gegründet. Das Beratungs- und Beteiligungsunternehmen SK Management GmbH, die ihm alleine gehört und deren Geschäftsführer er ist. Diese hat ihren Sitz im Waldviertler Ort Zogelsdorf, der allerdings nur eine Postanschrift ist. Das Büro befindet sich am Schubertring in Wien. Zweitens die AS²K Beteiligungs GmbH, die der Altkanzler gemeinsam mit C-Quadrat-Gründer und 2 Minuten 2 Millionen-Investor Alexander Schütz gegründet hat. Kurz hält über die SK Management 50 Prozent der Anteile. AS²K-Geschäftsführerin ist Vera Regensburger, vormals Vize-Kabinettchefin im Bundeskanzleramt. Schütz war früher ÖVP-Großspender.

Beide österreichische Unternehmen sind als Beratungsunternehmen bzw. Beteiligungsgesellschaften per definitionem keine Startups (mehr zur bislang einzigen Beteiligung von AS²K unten). Im Ausland hat Sebastian Kurz neben dem oben genannten Beratungsunternehmen auch ein Startup mitgegründet: Dream Security. Das Cyber-Sicherheits-Unternehmen hat seinen Sitz in Tel Aviv, Israel. Einer der beiden Mitgründer des Ex-Kanzlers ist Shalev Hulio, Mitgründer und Ex-CEO des Unternehmens NSO Group, das mit seiner Spionage-Software Pegasus vor einigen Jahren für einen internationalen Skandal sorgte. Mit dem “Staatstrojaner” waren von Geheimdiensten unter anderem zahlreiche Spitzenpolitiker:innen ausspioniert worden.

Anm. der Redaktion: Eine Passage in diesem Absatz mit Bezug auf einen Bericht des ORF-Magazins Eco, wonach an der offiziellen Adresse des Unternehmens kein Büro zu finden ist, wurde nachträglich entfernt. “Selbstverständlich hat Dream Security ein Büro und Mitarbeiter in Tel Aviv. Die Büroräumlichkeiten befinden sich in einem nur von Dream Security angemieteten, dreistöckigen Gebäude in Tel Aviv, das ist auch im israelischen Firmenbuch zu finden”, heißt es gegenüber dem brutkasten von einem Sprecher.

Kurz als Startup-Investor

Als Startup-Investor war Sebastian Kurz bislang – soweit öffentlich bekannt – nur in Österreich aktiv. Sein erstes Investment tätigte er im Mai 2022 als Privatperson – publik wurde es im August gemacht. Der Altkanzler hält zwei Prozent an der Grazer medaia GmbH, die sich mit der App SkinScreener dem Kampf gegen Hautkrebs verschrieben hat. Der Investment-Betrag dürfte also nicht allzu hoch gewesen sein. Selbiges gilt auch für das Wiener Pflege-Plattform-Startup HeldYn. An diesem hält die oben genannte AS²K 5,09 Prozent.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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