28.07.2020

Liquid Death-Gründer Cessario im brutkasten-Interview: Warum ein Startup Wasser aus Österreich in den USA verkauft

Mike Cessario ist der Gründer von Liquid Death, einem kalifornischen Startup, das Wasser aus Österreich in Dosen vertreibt und dabei eine außergewöhnliche Marketing-Kampagne fährt. Im Interview mit dem brutkasten erklärt er sein Verständnis von PR-Arbeit, warum Plastikflaschen ein Problem in den USA sind und warum er sein Dosenprodukt trotz Wasser-Import aus Österreich als nachhaltig ansieht.
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(c) Cessario/FB - Liquid Death-Gründer Mike Cessario erklärt, warum er sein Dosenwasser aus Österreich für nachhaltig hält.

Wie der brutkasten berichtete, vertreibt das in Kalifornien ansässige Startup “Liquid Death” in den USA eine Dose mit “österreichischem Gebirgswasser”. Die Abfüllung übernimmt die Firma Starzinger (Juvina, Schartner Bombe) aus Frankenmarkt in Oberösterreich. Das Unternehmen hat vor kurzem ein neun Millionen US-Dollar Investment erhalten und möchte damit seine Bekanntheit steigern und in den US-Einzelhandel einsteigen.

Gründer Mike Cessario kennt die Kritik an seinem Produkt und weiß, dass einige Leute seinen Zugang zur “sustainability ” seiner Marke mit dem interkontinentalen Import von Wasser milde ausgedrückt geringschätzend betrachten. Dem brutkasten gibt er einen kleinen Einblick in sein “Mindset” und erklärt, warum er “Liquid Death” trotz aller Widrigkeiten für nachhaltig hält.


Du greifst für “Liquid Death” auf Wasser aus Österreich zurück. Wie kam es dazu?

Mike Cessario: Wir haben die Firma Starzinger gefunden, indem wir online gesucht haben. Wir kamen ihnen entgegen und mochten das gesamte Team und ihr Wasser sehr. Zudem waren sie sehr vertraut damit, Wasser in Aluminiumdosen zu füllen.

Was auffällt, eure Marketing-Strategie ist außergewöhnlich und teilweise mit dem Motto “murder your thirst” nicht jugendfrei. Wieso dieser “aggressive” und “augenbrauen-hebende” Zugang?

Unser Marketingansatz ist sehr einfach. Menschen vertrauen Unternehmen nicht, sie vertrauen Menschen. Wenn ‘Liquid Death’ Marketing- und Social-Posts macht, vermitteln wir sofort, dass hinter dieser Marke normale Menschen stehen. Und nicht nur Leute, sondern auch lustige coole Leute, mit denen man gerne ein Bier trinken möchte. Wir reden mit Menschen und scherzen mit Menschen, so wie wir es mit unseren Freunden machen würden. Und haben keine Angst vor ihnen. Wir wissen, dass die große Mehrheit nicht dumm ist und einen guten Sinn für Humor hat.

Und dieser Humor zieht die Leute an?

Es schafft ein verrücktes Maß an Kundenvertrauen und -bindung, das nur wenige Marken jemals erhalten. Die meisten Unternehmen haben Angst vor Verbrauchern und vor dem, was sie denken, sagen oder tun könnten. Sie nähern sich ihnen an, wie sensiblen Kinder oder potenziellen Demonstranten. Und wer vertraut jemandem, der dich so behandelt? Ich kenne eine verrückte Statistik: über 81% der Menschen glauben nicht, was sie im Marketing hören. Selbst wenn das Firmen-Marketing zu 100 Prozent wahr ist, denken die meisten Leute an “bullshit”, weil man so mit ihnen redet.

Ihr habt viele Fans. Über 90.000 Follower auf Instagram, Leute tätowieren sich „Liquid Death-Tattoos“ auf ihre Haut. Es gibt aber auch viele, die eurem Produkt sehr kritisch gegenüber stehen. Einer der Hauptpunkte, der die Leute aufregt, ist, dass du Wasser aus Österreich in die USA verschiffst, es in Alu-Dosen steckst und das nachhaltig nennst. Wie rechtfertigst du das überhaupt ?

Wir importieren mit dem Boot zu den verschiedenen Küstenhäfen in den USA. Die Seefracht hat ungefähr 1/30 des CO2-Fußabdrucks pro versandtem Container im Vergleich zum LKW-Transport. Die französische Weinindustrie hat vor Jahren eine Studie durchgeführt, aus der hervorgeht, dass eine Flasche französischen Weins, die per Boot verschifft und in einem Restaurant in New York City serviert wird, einen weitaus geringeren CO2-Fußabdruck aufweist, als eine Flasche kalifornischen Weins, die per LKW in die USA in dasselbe Restaurant geliefert wird.

Das größte globale Problem, das wir angreifen, sind Einweg-Plastikflaschen. Aluminiumdosen sind unendlich recycelbar, Kunststoff ist es eigentlich nicht. Zumindest in den USA. Wenn er in einer Recyclinganlage ankommt, schickt sie den Kunststoff auf eine Mülldeponie, da die Verarbeitung und das Recycling nicht rentabel sind. Plastik, das ‘recycelbar’ ist, ist im Wesentlichen ein Mythos.

Hier in Österreich geht man zudem auch sehr kritisch mit der Idee um, Wasser zu verkaufen oder zu privatisieren. Es ist seit 2019 ein verfassungsrechtlich geschütztes Allgemeingut. Was sagst du Österreichern, die die “Marketisierung” von Wasser im Allgemeinen ablehnen?

Diese Frage lässt mich eine Frage stellen. Da fast jede Art von populärem Getränk Wasser als Hauptzutat verwendet, würde dies bedeuten, dass die Menschen es vorziehen würden, dass kein österreichisches Unternehmen Getränke exportiert, die Wasser verwenden? Keine Energy Drinks, keine Biere, keine Limonaden, keine Säfte? Weil, sie alle benötigen ja Wasser aus Österreich, wenn es in Österreich hergestellt wird.

Nach dem neun Millionen US-Dollar Investment. Wie geht es jetzt weiter? Sind weitere Investoren in Aussicht?

Wir haben angefangen, Liquid Death online zu verkaufen und haben einen riesigen Kundenstamm aufgebaut. Deshalb erweitern wir unser Getränk jetzt auf Einzelhandelsgeschäfte in den USA. Und unsere Kundenbasis ist viel breiter als die meisten Leute denken würden. Sogar Frauen in den 60ern lieben unsere Marke, wie uns zugesandte Fotos unserer Fans immer wieder zeigen.

Bezüglich weiterer Investoren kann ich noch nicht viel sagen. Aber, dass unser Unternehmen unglaublich gut abschneidet, fällt auf. Und das zieht tendenziell Investoren an.

Vielen Dank.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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Liquid Death-Gründer Cessario im brutkasten-Interview: Warum ein Startup Wasser aus Österreich in den USA verkauft

  • Wie der brutkasten berichtete, vertreibt das in Kalifornien ansässige Startup “Liquid Death” in den USA eine Dose mit “österreichischem Gebirgswasser”.
  • Die Abfüllung übernimmt die Firma Starzinger aus Frankenmarkt in Oberösterreich.
  • Das Unternehmen hat vor kurzem ein neun Millionen US-Dollar Investment erhalten und möchte damit seine Bekanntheit steigern und in den US-Einzelhandel einsteigen.
  • Gründer Mike Cessario kennt die Kritik an seinem Produkt und weiß, dass einige Leute seinen Zugang zur “sustainability ” seiner Marke mit dem interkontinentalen Import von Wasser Milde ausgedrückt geringschätzend betrachten.
  • Dem brutkasten gibt er einen kleinen Einblick in sein “Mindset” und erklärt, warum er “Liquid Death” trotz aller Widrigkeiten für nachhaltig hält.

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