06.02.2023

Inmox: Wiener Startup holt 2 Mio. Euro in Seedrunde

Das Wiener Startup Inmox widmet sich der Getriebeüberwachung in Windkraftanlagen. Sie wollen damit den Verschleiß der Getriebe messen und somit die Erzeugung von erneuerbaren Energien nachhaltiger machen. Kürzlich hat das Startup eine Finanzierungsrunde abgeschlossen.
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CTO Daniel Kagerbauer (links) und CEO Michael Aufreiter vom Wiener Startup Inmox wollen Windkraftanlagen vor Totalausfällen bewahren © Inmox GmbH
CTO Daniel Kagerbauer (links) und CEO Michael Aufreiter vom Wiener Startup Inmox wollen Windkraftanlagen vor Totalausfällen bewahren © Inmox GmbH

Es reicht nicht aus, lediglich erneuerbare Energien zu produzieren. Auch die Erzeugung dieser Energie muss nachhaltig gestaltet werden, ist sich das Wiener Startup Inmox sicher. Es konzentriert sich bei seiner Arbeit auf Windkraftanlagen – sowohl die Erzeugung als auch die Instandhaltung von Windkraftwerken soll mit ihrer Software zur Getriebeüberwachung verbessert werden. Vor wenigen Wochen hat Inmox nun eine Finanzierungsrunde in der Höhe von 2 Mio. Euro abgeschlossen.

Windkraftanlagen überwachen: Maschinenbau muss nachhaltiger werden

“Getriebeschäden sind besonders in der Windkraft ein gravierendes Problem. Die Getriebe gehen häufig kaputt, da die Belastungen besonders hoch sind. Ein Schaden bzw. ein Austausch kostet irrsinnig viel Geld”, meint Co-Founder und CEO Michael Aufreiter gegenüber dem brutkasten. Der Maschinenbauingenieur erklärt, dass sie bei Inmox den Verschleiß der Getriebe detektieren und diese mittels künstlicher Intelligenz (KI) charakterisieren können.

Damit soll festgestellt werden, wo jeweilige Verschleißpartikel herkommen und wo die Gefahrenpotenziale liegen. “Wir verknüpfen diese Charakterisierung mit Schadensmodellen und berechnen daraufhin, wann ein potenziell gefährlicher Schaden auftreten würde”, sagt Aufreiter. Auf diesem Wege soll rechtzeitig eingegriffen werden, sodass der Schaden verhindert oder zumindest vermindert wird.

Mithilfe der KI-basierten Software soll das Inmox-Sensorsystem also den idealen Zeitpunkt für die Wartung von Getrieben feststellen. Laut Inmox hilft die selbst entwickelte Sensorik dabei, zusätzliche Informationen über die Kraftwerke und ihren Zustand zu erhalten, die über bereits bestehende Anlagen-Daten hinausgehen. Der Verschleiß der Getriebe werde charakterisiert und überwacht.

Als Vorteile nennt das Wiener Startup niedrigere Kosten für Unternehmen, da sie mit ihrer Arbeit Totalausfälle und Reparaturzeiten reduzieren wollen. Während besagte Charakterisierung und Verschleiß-Detektion bereits anwendbar sind, befinde sich die KI erst im Entstehen und müsse noch weiter entwickelt werden. Auch die Zuweisung von Schadensmodellen sei aktuell noch ausständig.

Seed-Finanzierung Ende 2022

Das im Juni 2021 gegründete Startup hat im November 2022 eine Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von knapp zwei Millionen Euro abgeschlossen. Neben der Finanzierung von Austria Wirtschaftsservice (aws) und Wirtschaftsagentur Wien (WAW) investierten auch drei österreichische Business Angels, die laut Startup nicht namentlich genannt werden möchten. Aufreiter gründete das Unternehmen gemeinsam mit Chief Technical Officer (CTO) und Physiker Daniel Kagerbauer. 

Das frische Kapital wollen die beiden in erster Linie in die Produktentwicklung und den Teamausbau fließen lassen. Bis Mitte 2023 will man außerdem – gemeinsam mit Kooperationspartnerin TU Wien – die Entwicklung des Prototypen abschließen. Daraufhin sollen erste Pilotprojekte starten, bevor es in die Serienüberleitung geht.  

“Unser Eintrittsmarkt ist der DACH-Raum. Dabei blicken wir stark in Richtung Deutschland, denn Österreich und die Schweiz sind im Bereich Windkraft recht überschaubar. Langfristig wollen wir den gesamten europäischen Markt erreichen,” so der CEO. Inmox richtet sich mit seinem Produkt an Betreiber und nicht an Hersteller – diese würde man laut Aufreiter in ganz Europa finden. Bevor es dazu kommt, steht aber der DACH-Raum im Fokus. Dafür führen Aufreiter und Kagerbauer momentan Gespräche mit den ersten Pilotkund:innen.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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