01.09.2022

Lukas Püspök: “Für die Energiewende braucht es auch unpopuläre Entscheidungen”

Im Interview sprechen wir mit Lukas Püspök, größter privater Betreiber von Windkraftanlagen in Österreich, über die aktuellen Herausforderungen beim Ausbau der Windkraft.
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Lukas Püspök | (c) püspök

Das Ziel der Energiewende in Österreich ist schon länger bekannt: Bis 2030 soll der Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Am Weg dorthin soll unter anderem die Windkraft in Österreich massiv ausgebaut werden. Vielerorts stößt der Ausbau aber auf Widerstand. Neben der “Not in my backyard”-Problematik auf lokaler Ebene stehen teilweise auch die Bundesländer auf der Bremse. So haben sich erst unlängst der Tiroler ÖVP Chef Anton Mattle und der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer skeptisch zur Errichtung von Windparks in ihren Bundesländer gezeigt.

Im Brutkasten-Talk sprechen wir mit Lukas Püspök über die aktuellen Herausforderungen beim Ausbau der Windkraft in Österreich. Püspök ist Chef des gleichnamigen Familienunternehmens, das in Österreich zum größten privaten Windkraftbetreiber zählt. Unter anderem gibt er im Interview eine Einschätzung zur jüngsten Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G), die künftig die Genehmigung von Anlagen beschleunigen soll. Zudem erläutert Püspök, warum es im Zuge der Energiewende Leadership braucht und teilweise auch unpopuläre Entscheidungen nötig sind.


Wie bewertest du die Novelle des UVP-G, die künftig den Ausbau der Windkraft in Österreich beschleunigen soll?

Das ist ein großer Schritt nach vorne. In den letzten Jahren ist es nämlich immer komplizierter geworden, erneuerbare Energieprojekte genehmigt zu bekommen. Diverse Sachverhalte und Materien, wie das Landschaftsbild, sind oftmals doppelt und dreifach geprüft worden. Jetzt geht es um eine Beschleunigung von Verfahrensschritten. Dies ist dringend notwendig, damit wir in den nächsten acht Jahren den Ausbau der Erneuerbaren schaffen. Bis 2030 hat sich Österreich bekanntlich das große Ziel gesetzt, in der Stromerzeugung national und bilanziell mit Strom aus erneuerbarer Energie autark zu sein.

Wie läuft aktuell bei euch der Ausbau der Windkraft voran?

Wir haben im Burgenland gerade ein sehr großes Projekt ans Netz genommen. Das sind fast 160 Megawatt an Leistung. Insgesamt umfasst das Projekt 30 Windkraftanlagen. Derzeit ist es aber so, dass wir nur ein kleineres Projekt in Genehmigung haben. Viele Projekte, die wir in der Pipeline haben, scheitern derzeit daran, dass es keine weiteren Flächenausweisungen in den Bundesländern gibt. Die Bundesländer sind nämlich dafür verantwortlich, dass Eignungszonen ausgewiesen werden. Diese Zonen fehlen uns beispielsweise derzeit in Niederösterreich, Oberösterreich oder auch anderen Bundesländern mit Ausnahme des Burgenlandes. Dort wird eine sehr aktive Politik im Bereich des Ausbaus der Erneuerbaren betrieben. Alle anderen Bundesländer hinken allerdings hinterher. Das ist natürlich ein Prozess der Zeit braucht, die wir aber angesichts der Klimakrise nicht mehr haben.

Aktuell gibt es auf EU-Ebene einen Vorschlag der EU-Kommission, der im Rahmen des REPowerEU-Plan die Ausweisung von sogenannten “Go-To-Areas” vorsieht. Wie bewertest du diesen Vorschlag?

Das ist ein spannender Ansatz, der dazu führen könnte, dass es in derartigen Go-To-Areas viel einfacher wird, Projekte im Bereich der Erneuerbaren zu errichten. Der Vorschlag geht sogar so weit, dass in ausgewiesenen Zonen keine Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) mehr notwendig sind. Das wäre eine massive Vereinfachung, da es am Ende nur eine Prüfung gibt, die im Zuge der Ausweisung der Eignungszonen stattfindet.  

Ähnlich wie im Jahr 2015, als alle Migrationsexperten waren, erleben wir nun sehr viele Energieexperten, die oftmals eine sehr schnelle Lösung parat haben

Lukas Püspök

Aktuell gibt es Kritik, dass Westösterreich in Sachen Windkraft auf der Bremse steht. Wie wirkt sich dies auf eure Wachstumspläne aus?

Wir sind auch in der Photovoltaik sehr aktiv. Für uns ist immer wichtig, welche politischen Signale es in den jeweiligen Bundesländern gibt. Dort wo es positive Signale gibt, sind wir natürlich aktiver. In Bundesländern wie Tirol und Oberösterreich, die weder dem Ausbau von Photovoltaik in der Fläche noch der Windkraft positiv gegenüberstehen, passiert insgesamt natürlich sehr wenig.

Im Zuge des European Forum Alpbach wurde sehr viel über Leadership im Zuge des Ausbaus der Erneuerbaren diskutiert. Welche Form von Leadership braucht es? 

Im Zuge der multiplen Krisen sind klare Entscheidungen zu treffen. Wir erleben nicht nur eine Energiekrise, sondern auch eine Inflationskrise, aus der eine Armutskrise entstehen wird. Daher braucht es so etwas wie einen umfassenden Notfallplan. Dabei wird man Leadership zeigen müssen und Entscheidungen treffen, die in einem ersten Schritt vielleicht nicht immer so populär sind. Das heißt für mich Leadership.

Derzeit wird sehr viel über die Reform des Merit-Order-Systems diskutiert. Wie bewertest du eine derartige Reform?

Wir müssen grundsätzlich feststellen, dass wir aktuell grobe Verwerfungen am Markt erleben. Hier müssen wir nach Lösungen suchen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Langfristig könnte das nämlich nicht nur zu einem Wohlstandsproblem, sondern auch zu einem Armutsproblem führen. Wir dürfen daher nicht populistisch vorgehen. Ähnlich wie im Jahr 2015, als alle Migrationsexperten waren, erleben wir nun sehr viele Energieexperten, die oftmals eine sehr schnelle Lösung parat haben. Wir befinden uns aber in einem sehr komplex vernetzten Stromsystem in Europa. Jetzt einfach zu sagen, dass wir die Grenzen dicht machen und unsere eigenen Regeln definieren, funktioniert halt nicht. Am Ende des Tages brauchen wir auch Solidarität.


Tipp der Redaktion:

Im Rahmen des Themen-Tracks The Climate Opportunity widmet sich das European Forum Alpbach in diesem Jahr unter anderem verstärkt den Herausforderung im Zuge der Klimakrise. Der brutkasten ist als Medienpartner vor Ort und berichtet.

Videotipp zur Energiewende | Was die Novelle des UVP-Gesetzes für den Ausbau der Windkraft bedeutet

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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