05.08.2016

Flüssiges Gold? Der Weg zum erfolgreichen Getränke-Startup

Erfrischung, Energie, einzigartiger Geschmack, Lifestyle - das versprechen die vielen Getränke-Startups aus Österreich. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass ein erfolgreicher Einstieg am Getränke-Markt möglich ist. Doch was gilt es zu bedenken, um sich mit seinem Produkt durchsetzen zu können? Der Brutkasten hat darüber mit fünf Foundern gesprochen.
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(c) fotolia.com - Syda Productions

“Durst haben die Leute immer”, sagt Ute Petritsch von Helga. Geht es nach Petritsch und ihren zwei Co-Founderinnen, soll sich der Erfrischungs-Drink auf Algenbasis auf dem Markt durchsetzen. Doch auch sie wissen, dass der Durst der Leute alleine noch nicht ausreicht, um das zu schaffen. Denn die Konkurrenz auf dem Getränke-Markt ist extrem groß. Monatlich kommen neue Lifestyle-Getränke dazu und jedes beansprucht für sich, einzigartig und innovativ zu sein.

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Die richtige Nische finden

Aber: “Die einhundertachzigste Zitronenlimonade ist halt nicht so innovativ”, weiß Amar Cavic, Founder von Kaffeetschi. Es brauche eine total neue Nische, um auf dem Markt bestehen zu können. Er will diese Nische mit Cold-Brew-Kaffee gefunden haben – ein Trend, den er in San Francisco kennengelernt hat und der Österreich bislang noch nicht erreicht hat. In den kommenden Wochen kommt sein Getränk in die ersten Supermärkte – 30 Gourmet-Spar-Filialen. Die Nische, in der es Helga versucht, sind Algen. Die Idee ein Getränk daraus zu machen, hatten die Founderinnen erst, als sie bereits wussten, dass sie das “Superfood” verarbeiten wollen.

“Wir arbeiten jeden Tag an der Marke” – Thomas Mikits von all i need

Ganzheitliche Strategie und klare Message

Ein anderer hat seine Nische schon vor einigen Jahren gefunden – eine, die inzwischen zu einem eigenen Markt herangewachsen ist. 2010 gründete Thomas Mikits zusammen mit Alexander Jiresch “all i need”. Damals war das ethisch korrekte Getränk auf Grünteebasis eine Neuheit. Seitdem ist viel Ähnliches nachgekommen. “Wir und Makava haben diesen Markt in Österreich geöffnet, davor gab es hier keine Independent-Getränke”, sagt Mikits. Und wie kann all i need dann auf dem dichter werdenden Markt bestehen? “Wir haben eine ganzheitliche Strategie, die wir authentisch rüberbringen und seit Jahren verfolgen. Dazu gehört eine ganz klare Message. Wir arbeiten jeden Tag an der Marke”, sagt Mikits. Der Erfolg gibt ihm Recht: In Supermarktregalen ist das Getränk inzwischen Standard.

Schwerer Einstieg auf einem kapitalintensiven Markt

Im selben Regal steht seit nicht allzu langer Zeit Kaahée. Auch für Gründer Julian Juen ist die Einzigartigkeit in Geschmack und Design essenziell, um am Markt zu bestehen. Als größte Hürde am Anfang sieht er aber eine ganz praktische Herausforderung: Die Verfügbarkeit. “Das Produkt muss nicht nur gut schmecken, es muss auch erhältlich sein. Der Getränkemarkt ist sehr kapitalintensiv und der Einstieg entsprechend schwierig”, sagt er. Werner Orac vom Sirup-Startup Drop it bringt es so auf den Punkt: “Ich würde Leuten, die von Null wegstarten nicht raten, es am Getränkemarkt zu versuchen. Man sollte zumindest bereits über eine Abfüllanlage, oder vergleichbare Ressourcen verfügen.”

“Wenn die Idee ein Getränk ist, muss man ein Getränk machen” – Ute Petritsch von Helga

“Nicht blauäugig an die Sache gehen”

Darüber, dass der Einstieg in den Markt schwierig ist, sind sich übrigens alle befragten Founder einig. Trotzdem sehen es nicht alle so wie Orac. “Wenn die Idee ein Getränk ist, muss man ein Getränk machen”, sagt Helga-Founderin Petritsch. Auch Juen von Kaahée ist sich sicher, dass man mit einer wirklich überzeugenden Innovation immer eine Chance hat. Eines brauche es aber unbedingt: Durchhaltevermögen und einen konkreten Plan. “Man darf nicht blauäugig an die Sache gehen”, sagt er. Mikits von all i need sieht es ähnlich. Er und sein Co-Founder hätten allein drei Jahre mit der Entwicklung verbracht: “Rasch, rasch in einem halben Jahr wird es nicht funktionieren.”

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Fazit: Gekauft werden nur die Besten

Fazit: Für Getränke-Startups gilt Einzigartigkeit als das Non Plus Ultra. Dafür bedarf es im Marketing einer klaren Message, die den besonderen Mehrwert zusätzlich betont und aus der Masse hervorsticht. Wer es neu im Getränkesektor versucht, muss vorher bedenken, dass extrem viel Kapital nötig ist, um die Produktion überhaupt zu starten. Dann muss man rechtzeitig liefern können, wenn das vorher genannte Marketing angelaufen ist. Danach beginnt der Kampf mit den großen Fischen am Markt. Und am Ende geht alles wieder zur Eingangs erwähnten Formel zurück: “Durst haben die Leute immer.” Und den können sie mit innovativen Lifestyle-Getränken stillen, aber auch mit Leitungswasser. Gekauft werden nur die Besten.

 

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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