02.01.2023

EY-Barometer: Startup-Finanzierungen brechen im zweiten Halbjahr massiv ein

Das jüngste EY Startup Barometer liefert Daten zu Startup-Finanzierungen in Österreich. Das Ergebnis: Finanzierungen brechen nach Rekordstart im zweiten Halbjahr stark ein.
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Florian Haas | EY Head of Startup Austria | (c) Adobestock / EY

Die angespannte Finanzierungslage für Startups beschäftigt die Startup-Szene in Österreich schon länger. Nun liefert erstmalig das EY-Startup-Barometer konkrete Zahlen, wie stark die Finanzierungen eingebrochen sind. Das Ergebnis: Der Gesamtwert der Investitionen in österreichische Startups 2022 sinkt im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2021 um 18 Prozent – im zweiten Halbjahr gab es im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 83 Prozent.

Goldgräberstimmung des Boom-Jahres 2021 ist vorbei

Weiters geht aus der jüngsten Erhebung hervor: Die Zahl der Finanzierungsrunden steigt im Vergleich zu 2021 um 16 Prozent von 122 auf 141 – das Volumen sinkt um 18 Prozent von 1,23 Milliarden Euro auf eine Milliarde Euro. In den vergangenen sechs Monaten wurden allerdings nur noch 125 Millionen Euro investiert. Damit liegt das Volumen laut EY auf dem Niveau der beiden 2020er Halbjahre, nachdem es zuvor drei Halbjahre in Folge gestiegen war.

“Weltweit ist die Goldgräberstimmung des Boom-Jahres 2021 der Ernüchterung gewichen. Viele Geldgeber:innen sind nervös, die Risikobereitschaft sinkt, ebenso wie die Bereitschaft zu investieren. Viele Scaleups und Unicorns haben von Hypergrowth auf Überlebensmodus geschaltet, in vielen stark gefundeten Wachstumsunternehmen gibt es aktuell Entlassungen”, so Florian Haas, Head of Startup bei EY Österreich. So wurde beispielsweise erst kurz vor Weihnachten eine neue Kündigungswelle bei GoStudent bekannt. Auch Bitpanda war 2022 von Layoffs betroffen. Zudem mussten zahlreiche Startups 2022 Insolvenz anmelden – darunter im Dezember Startups wie Brüsli oder Rudy Games.

Die Größe der Runden

Trotz des Rückgangs handelt es sich laut EY um das zweithöchste Investmentvolumen, das je innerhalb eines Jahres in österreichische Startups investiert wurde. Allerdings vereinigten die zwei großen Finanzierungsrunden von GoStudent mit 300 Millionen Euro sowie TTTech Auto mit 250 Millionen Euro rund 55 Prozent des gesamten Investitionskapitals auf sich. Auch die weiteren Top-Investments des Jahres fanden im ersten Halbjahr statt: Dazu zählen Waterdrop und PlanRadar mit je 60 Millionen Euro sowie der Logistik-Spezialist byrd mit 53 Millionen Euro.

Der Trend zu größeren Finanzierungsrunden in Österreich hielt auch 2022 an, allerdings mit einem leichten Rückgang im Vergleich zum Rekordjahr 2021: Die Anzahl an großen Deals mit Volumina von mehr als zehn Millionen Euro ging von 16 auf zehn zurück. Die Deals mit mehr als einer Million Euro Volumen blieben mit jeweils 45 in 2022 und 2021 gleich. Bei den Finanzierungsrunden unter einer Million Euro gab es einen Anstieg von 61 auf 80.

“Aufgrund des Einbruchs von Tech-Aktien an den Börsen stehen insbesondere Scaleups und Unicorns knapp vor einem Börsengang enorm unter Druck. Dementsprechend ist die Krisenstimmung auf dem globalen Risikokapitalmarkt vor allem in einem deutlichen Rückgang von Megarunden mit mehr als 100 Millionen Euro sichtbar”, so der Experte.

Software & Sustainability

Wie bereits in der Vergangenheit liefert das EY-Startup Barometer auch Zahlern zu spezifischen Branchen. Die meisten Finanzierungsrunden wurden demnach 2022 im Softwarebereich abgeschlossen. Mit SaaS, Artificial Intelligence, Virtual Reality, Blockchain, Cloud, Cyber Security sowie Data Analytics umfasst dieser Bereich Startups mit neuen Technologien. Für Investorengruppen liegt der Fokus bei Investments in Startups laut EY somit eindeutig auf den Themen Digitalisierung und neue Technologien.

Als zweiter wesentlicher Bereich hat Nachhaltigkeit in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. 2022 wurden 17 Finanzierungsrunden verzeichnet, die einen Sustainability-Bezug aufweisen. Damit hatte rund jede achte Finanzierungsrunde einen Bezug zum Querschnittsthema Sustainability. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 31 Millionen Euro in österreichische Startups mit Sustainability-Fokus investiert, das entspricht einem Anteil von rund drei Prozent an der insgesamt investierten Summe von einer Milliarde Euro.


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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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