11.05.2018

Autonomes Fahren: “Der Transformationsprozess wird gerne ausgeblendet”

Karin Tausz, Programmleiterin Autonomes Fahren der Schweizer Bundesbahnen (SBB), spricht im Interview über die Herausforderungen des künftigen "Mischverkehrs" aus herkömmlichen und selbstfahrenden Autos.
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autonomes Fahren
(c) SBB: Karin Tausz leitet das Pionierprojekt "Autonomes Fahren" der Schweizer Bundesbahnen.
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Beim “IoT-Forum CE”, das am 16./17. Mai 2018 in Wien geht es unter anderem um die Zukunft der Mobilität. Die Schweizer Bundesbahnen führen derzeit ein Pilot-Projekt im Bereich autonomes Fahren durch, über dessen Hintergründe Karin Tausz berichten wird.

+++ 40 Unternehmen mit über 1.000 selbstfahrenden Autos auf den Straßen +++


In der Stadt Zug testet die SBB seit zwei Monaten einen selbstfahrenden Shuttle-Bus, noch ohne Passagiere. Wie entwickelt sich das Projekt?

Die Fahrzeuge, die wir einsetzen, sind alles Prototypen ohne breite Zulassung. Das bedeutet, dass jeder Umbau, jeder technische Test, in jedem Land, indem ein Fahrzeug zum Einsatz kommt, neu beurteilt werden muss. Aktuell geht es noch darum, dass die Fahrzeuge ihre Streckenführung kennen lernen. Da kann jeder Ast, der in die Straße ragt, ein anfängliches Hindernis darstellen, und auch Baustellen die entlang einer Strecke temporär auftreten können, müssen gemeistert werden. Erst wenn die jeweilige Strecke vom Fahrzeug haargenau erkannt wird, geht es in die nächste Phase. Aber das dauert, wenn man z.B. an eine normale Kreuzung denkt: Jedes Mal, wenn man dort hin fährt, gibt es neue Bedingungen durch immer wieder neue Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer.

Auf welche Technologien, auf wessen Entwicklungen greifen sie zurück?

Wir setzen auf die französische Firma EasyMile, deren Fahrzeuge vom Hersteller Ligier gefertigt werden. Deren Technologien sind sehr weit fortgeschritten. Es geht ja u.a. um eine sehr schnelle Datenverarbeitung aus den eingesetzten verschiedenen Sensoren (Kamera, Lidar, Radar..) – je schneller das Fahrzeug fährt, desto mehr Leistung braucht es in dieser Hinsicht. Unsere Fahrzeuge könnten mit 40 bis 45 km/h fahren, aber das nutzen wir längst noch nicht aus. Derzeit bewegen sie sich mit etwa zehn km/h. Zwar wären bis zu 30 km/h zugelassen, aber wenn es einmal einen Unfall gäbe, dann wäre das gesamte Projekt gefährdet – egal, ob das autonome Fahrzeug der Verursacher ist, oder nicht. Daher wird die Geschwindigkeit erst Schritt für Schritt im Laufe des Projekts erhöht werden.

“Wie überall in Europa ist aber auch bei uns derzeit vorgeschrieben, dass stets ein Sicherheitsfahrer mit an Bord ist.”

Wie reagieren die Passanten, wie gehen Medien mit dem Pilotprojekt “Autonomes Fahren” der SBB um?

Derzeit ist es für die Leute natürlich eine Novität, wir sind ja nicht im Silicon Valley. Sie sind neugierig und interessiert, reagieren überwiegend positiv und laut Umfragen mit einer hohen Akzeptanz der neuen Technologien. Aber es herrscht auch Unsicherheit – allein deswegen, weil man mit einem menschlichen Fahrer reden könnte, wenn man sich in der Stadt nicht auskennt. Wie das künftig gelöst würde, beschäftigt die Menschen natürlich. Wie überall in Europa ist aber auch bei uns derzeit vorgeschrieben, dass stets ein Sicherheitsfahrer mit an Bord ist, der in schwierigen Situationen auf manuell umschalten kann. Dabei muss es nicht um eine Unfallgefahr gehen. Es reicht schon, wenn ein Mülltransporter minutenlang stehen bleibt und das autonome Fahrzeug das Hindernis zwar erkennt, aber nicht selbst daran vorbei lenken, sondern einfach abwarten würde.

Wann rechnen Sie damit, dass selbstfahrende Autos massentauglich werden?

Es ist schwer voraus zu sagen, wann die Technologien serienreif wird. Zum einen müssen die Produktionskosten deutlich gesenkt werden, weiters gibt es aktuell einfach zu viele Fragen betreffend die Sicherheit und auch der möglichen Regulation dieser neuen Verkehrsteilnehmer. Offen ist auch, ob sich die bestehenden Infrastrukturen an autonome Fahrzeuge anpassen werden, oder ob es umgekehrt passiert. Signifikante Auswirkungen auf das Verkehrsverhalten durch autonome Fahrzeuge wird es wohl nicht vor 2030 geben. Bis dahin denke ich eher an einen eingeschränkten Einsatz etwa auf klar definierten Strecken z.B. im Rahmen eines Flughafen-Transfers.

“Wir reden in Zukunft von einem ‘Mischverkehr’ aus klassischen und autonomen Fahrzeugen, dessen Organisation eine große Herausforderung darstellt.”

Und wie sieht es mit privaten Nutzern aus?

Was nicht passieren sollte ist, dass großflächig herkömmliche Autos durch autonome Fahrzeuge ausgetauscht werden. Da würde mir eine verkehrs- und umweltpolitische Komponente stark abgehen. Ich glaube aber nicht, dass der Markt alles richten wird. Bedarf an autonomen Fahrzeugen gibt es vor allem in Städten, und dort werden sich Visionen entwickeln, um durch autonomes Fahren die Lebensqualität zu steigern, indem die gesamte Zahl der Fahrzeuge sinkt, Stehzeiten verringert werden und die Einzelauslastung steigt – Stichwort: Car-Sharing.

Dieser Austausch würde aber, wenn, dann auch nicht von heute auf morgen geschehen…

Richtig, bei der Diskussion um autonomes Fahren wird der Transformationsprozess gerne ausgeblendet. Auch in Zukunft werden wir hoffentlich Fußgänger und Radfahrer haben, und klassische Fahrzeuge werden ebenso unterwegs sein, wie die dazu stoßenden Selbstfahrer. Wir reden also von einem „Mischverkehr“, dessen Organisation eine große Herausforderung darstellt. Natürlich könnte man sagen, wenn alle Geräte und Verkehrsteilnehmer miteinander vernetzt sind, haben wir ohne Ampeln einen maximalen Sicherheitsfaktor. Aber im Mischverkehr wird das nicht der Fall sein. Die Chancen für autonomes Fahren sehe ich v.a. bei Anbietern von Mobilitäts-Services sowie bei Kundinnen und Kunden, die einen besonderen Bedarf haben – etwa aufgrund altersbedingter Einschränkungen.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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