05.09.2019

Zwei-Faktor-Authentifizierung für Online-Shopping: Welche Varianten sind sinnvoll?

Wegen der EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 müssen Online-Händler künftig bei Einkäufen über 30 Euro eine Zwei-Faktor-Authentifizierung durchführen. Diese kann via SMS, WhatsApp oder Authenticator-App erfolgen. Experte Omar Javaid erläutert die Details.
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(c) Vonage

Am 14. September 2019 ist es soweit: Die EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 (Payment Services Directive 2) tritt in Kraft. Für Akteure im e-commerce wurde diese Frist seitens der FMA zwar verschoben – kommen wird die Regelung aber auf jeden Fall.

Unternehmen müssen fortan sicherstellen, dass sie für sämtliche Zahlungsprozesse im Web, die eine Grenze von über 30 Euro überstiegen, eine sogenannte Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) einsetzen. Diese soll für mehr Sicherheit bei Online-Zahlungsverkehr sorgen, indem sie die Identitäten von Kunden mehrfach authentifiziert und die Hürden für Hackerangriffe deutlich erhöht.

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Obwohl die 2FA bereits in einigen Organisationen angewendet wird, fallen die Akzeptanzraten noch recht niedrig aus: Sie bedeutet für Nutzer, einen Extra-Schritt zu gehen und gestaltet die Customer Experience etwas schwerfälliger. Komfortable “One-Click”-Zahlungsmethoden sind nicht mehr möglich, denn eine 2FA fordert mehr als nur einen Klick. Dabei ist sie eine der nützlichsten Maßnahmen gegen die allgegenwärtige Bedrohung des Identitätsmissbrauchs und -diebstahls und macht es Hackern beinah unmöglich, digitale Angriffe durchzuführen.

Doch wie funktioniert die Zwei-Faktor-Authentifizierung? Und was macht sie so sicher?

Was ist Zwei-Faktor-Authentifizierung?

Ein Passwort zu stehlen ist für einen Hacker oder Bot relativ einfach. Sehr viel schwieriger ist es, ein Passwort zu stehlen und auf ein Mobilgerät zuzugreifen – wie bei einer Haustüre, die mit mehreren unterschiedlichen Schlössern gesichert ist. 2FA-Dienste bescheren unbefugten Personen erheblich mehr Aufwand, um “einzubrechen”.

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Dadurch bietet die Zwei-Faktor-Authentifizierung nicht nur ein Mehr an Sicherheit – sie kann auch verwendet werden, um einen Nutzer zu überprüfen, der sich bei einem Dienst oder einer App neu anmeldet. So lässt sich eine Identität anhand einer Kombination aus zwei unterschiedlichen und unabhängigen Komponenten einwandfrei nachweisen. Neben etwas, das dem Nutzer bekannt ist (wie einem Kennwort), wird zudem etwas, das der Nutzer besitzt (wie ein Mobiltelefon) mit einbezogen. Meist wird ein Sicherheits-Code erstellt, der per SMS auf das Mobiltelefon geschickt wird und einmalig benutzt werden kann. Selbst am Bankautomaten findet eine zweischichtige Authentifizierung statt: Neben der Karte (etwas, das der Nutzer besitzt) wird auch eine PIN-Nummer (etwas, das dem Nutzer bekannt ist) benötigt.

Warum ist Zwei-Faktor-Authentifizierung sinnvoll?

Die traurige Wahrheit ist, dass unsere Daten heutzutage ständig Angriffen ausgesetzt sind. Passwörter können mithilfe von Methoden wie Phishing, Keylogging und Brute-Force-Attacken geknackt werden. Für viele Nutzer bedeutet dies: Gestohlene Bankdaten und Identitäten oder gefälschte, oftmals peinliche Social-Media-Posts. Für Unternehmen kann sich ein Datendiebstahl geschäftsschädigend auswirken. Spammer, Betrüger und Hacker sind eine todsichere Methode, um Kunden zur Konkurrenz zu treiben.

Ein prominentes Beispiel ist der gehackte offizielle Twitter-Account der Nachrichten- und Presseagentur Associated Press. Von diesem Account aus wurden in 2013 Tweets mit der Nachricht verschickt, dass das Weiße Haus angegriffen und der Präsident verletzt wurde. Ein recht drastisches Beispiel, aber es veranschaulicht, warum sich so viele Unternehmen um den Schutz ihrer Daten sorgen. Und warum sie auf die Zwei-Faktor-Authentifizierung setzen, um einfach, schnell und kosteneffizient Nutzeridentitäten zu überprüfen und das Betrugsrisiko zu senken.

Zwei-Faktor-Authentifizierung via SMS

Mittlerweile ist fast jeder Mensch auf der Erde in der Lage, eine SMS zu empfangen – rund fünf Milliarden Menschen besitzen ein Mobiltelefon, die Hälfte davon sind Smartphones. Aufgrund dieser flächendeckenden Verbreitung des Mobiltelefons nutzen viele Internet-Giganten SMS als Tool zur 2FA. Manch ein Nutzer öffnet einen Brief, manch einer öffnet eine E-Mail – doch nichts reicht an die 95-prozentige Leserate von SMS-Nachrichten heran.

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Die Implementierung einer Zwei-Faktor-Authentifizierung via SMS auf globaler Ebene kann sich jedoch als äußerst kompliziert erweisen: Jedes Land hat unterschiedliche Vorschriften und Einschränkungen – das macht es Unternehmen aller Größen schwer, das Know-how und das komplexe Geflecht an Beziehungen zu den Netzbetreibern zu handhaben, welche zur Implementierung einer effizienten Lösung notwendig sind. Kunden in Indien können zum Beispiel bestimmte Arten von SMS-Nachrichten (A2P-SMS) nur zwischen neun Uhr morgens und 21 Uhr abends empfangen. Wenn Sie diese Einschränkung nicht kennen, werden Ihre Nachrichten zurückgewiesen, was die Akquise und Kundenbindung negativ beeinflussen kann.

Zwei-Faktor-Authentifizierung via WhatsApp

Inzwischen lassen sich Zwei-Faktor-Authentifizierungen auch via WhatsApp vornehmen. WhatsApp ist mit über 1,5 Milliarden Nutzern die beliebteste Messaging-App weltweit und wird sowohl für die private als auch für die geschäftliche Kommunikation genutzt. WhatsApp ist Ende-zu-Ende verschlüsselt, womit sich Benutzer besonders sicher fühlen können. 2FA wird an vielen Orten genutzt, um Zugang zu Dienstleistungen zu erhalten, von Finanzinstituten, Gesundheitssystemen bis hin zu Regierungs-Websites. Sicherheit und Identitätsschutz haben hier höchste Priorität und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, bei der lediglich die Kommunikationspartner die Nachricht entschlüsseln können, bietet ein Zusatz an Schutz.

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Im Wesentlichen arbeitet 2FA mit WhatsApp auf die gleiche Weise wie mit SMS: Der Benutzer erhält anstelle einer SMS einfach eine WhatsApp-Nachricht. Das ist besonders in Situationen vorteilhaft, in denen die Abdeckung durch Mobilfunkbetreiber unregelmäßig ist. WhatsApp-Nachrichten können über Mobilfunkdaten oder WLAN-Netzwerke übermittelt werden. Reisende, die keine globale Datenabdeckung haben, und Menschen, die in Gebieten ohne Abdeckung leben, können ihre 2FA-Registrierungen trotzdem abschließen. Darüber hinaus muss sich das Unternehmen, das die 2FA-Benachrichtigung sendet, nicht mit unterschiedlichen Netzbetreibern herumschlagen oder dafür sorgen, dass ihre Nachrichten in allen anwendbaren Mobilfunknetzen empfangen werden können – WhatsApp ist global und universell.

Zwei-Faktor-Authentifizierung via Authenticator-App

Manche Plattformen bieten ihren Kunden inzwischen eine Wahlmöglichkeit zur 2FA an. So ist es Nutzern möglich, sich sowohl per SMS als auch per Mail oder über eine Verifizierungs-App zu authentifizieren. Bei der Authentifizierung via App werden Geheimcodes auf der Grundlage eines Schlüssels (meist ein QR-Code, der gescannt werden muss) und der aktuellen Zeit auf einem persönlichen Gerät des Nutzers erstellt.

Der Schlüssel ist nur dem Nutzer bekannt, der Code generiert sich abhängig von der Zeit immer wieder neu. Das Prinzip dahinter wird OATH TOTP (Time-based One-Time Password) genannt. Der Vorteil: Authenticator-Apps funktionieren selbst dann, wenn das Smartphone offline ist.

Fazit

Nichts ist zu hundert Prozent sicher, auch Zwei-Faktor-Authentifizierungen nicht. Dennoch stellt eine 2FA für Kriminelle eine weitere Hürde dar und bietet dem Nutzer zusätzlichen Schutz. Besonders im Online-Zahlungsverkehr ist jedes bisschen an Extra-Sicherheit wichtig. Ob per SMS, WhatsApp oder Authenticator-App – in einer Gesellschaft, in der die meisten mindestens ein mobiles Endgerät in der Tasche haben, sollte es keine allzu große Unannehmlichkeit sein, einen Sicherheits-Code abzurufen, der im Kampf gegen Hacker und Identitätsraub hilft.


Über den Autor

Omar Javaid wechselte im Juli 2015 zu Vonage und verantwortete als Chief Product Officer zunächst die allgemeine Produktstrategie des Unternehmens. 2019 wurde er auf den Posten des Präsidenten der API Platform Group berufen. Omar Javaid ist damit nicht nur für alle produktstrategischen Aspekte zuständig, sondern auch für die Bereiche Sales, Operations und Developer Relations von Nexmo, der Vonage-Plattform für Kommunikations-APIs.

Omar Javaid kann auf mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung mehrfach ausgezeichneter Produkte für den Technologiesektor zurückblicken. Sein Schwerpunkt lag dabei auf den Bereichen Telekommunikation, Medien und Web. Bevor er zu Vonage wechselte, war er Senior Vice President und General Manager of Discovery and Cloud Platforms für Rovi Corporation, einem cloud-basierten Anbieter von Such- und Empfehlungsdiensten für Unterhaltungsangebote.

Als Entrepreneur gründete und leitete Javaid zwei erfolgreiche Technologie-Start-ups. Omar Javaid studierte an der Universität Michigan und hat einen Bachelor of Science in Chemie sowie einen Bachelor in Zell- und Molekularbiologie.

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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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