19.04.2019

Wiener Startup wowflow: “Weil Trello sich nicht für Putzkräfte eignet”

Als technischer Leiter des Wiener Donau Zentrums musste Drazen Ivanis den Überblick über die Instandhaltung eines riesigen Gebäudekomplexes bewahren. Seine Erfahrungen setzt er nun mit seinem Startup Adage GmbH mit der App wowflow um.
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wowflow-Gründer Drazen Ivanis
(c) Markus Bacher: wowflow-Gründer Drazen Ivanis

“Ich hatte die Verantwortung für 80 bis 120 Mitarbeiter unterschiedlichster Dienstleister. Einerseits war ich für Projekte mit jeweils mehr als einer Million Euro Budget zuständig – das Gesamtvolumen waren rund 16 Millionen Euro – andererseits lag es in meinem Verantwortungsbereich, wenn eine Steckdose ausgerissen oder eine Fliese kaputt war”, erzählt Drazen Ivanis. Er spricht über seine Zeit als technischer Leiter im Wiener Donau Zentrum. Als solcher sei er in vielen Belangen “der erste in der Schusslinie” gewesen. Dabei habe es sich als denkbar schwierig erwiesen, den Überblick über alle Arbeiten für die Aufrechterhaltung des Betriebs zu behalten. Genau diese Erfahrungen brachten ihn auf eine Idee, die er nun mit der App wowflow umsetzt.

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Ein System für alle Beteiligten

“Es gab natürlich Verwaltungssysteme, die aber nur von jenen Dienstleistern genutzt wurden, bei denen das vertraglich abgesichert war. Andere nutzten für die Kommunikation WhatsApp-Gruppen. Was, wann, wer, wem reported hat, war dadurch kaum nachvollziehbar”, erzählt Ivanis. Daraus sei für ihn klar geworden: Es brauche ein System, das von allen Beteiligten genutzt wird. “Das Prinzip von wowflow ist einfach erklärt: Ich sehe etwas. Ich nehme es auf – schriftlich und gegebenenfalls fotografisch. Ich delegiere es. Wenn der Task erledigt ist, bekomme ich einen Report, der wieder mit einem Foto kombiniert sein kann. Dazu gibt es dann eine Rating-Funktion”, erklärt der Gründer.

Management-Strukturen in der mehrsprachigen App

Dabei kann im System innerhalb einer dort abgebildeten Management- bzw. Hierarchie-Struktur weiterdelegiert werden. “Dadurch ist trotz des großen Umfangs bei bis zu mehreren Hundert involvierten Menschen, jeder Einzelne über die App mit einer überschaubaren Menge an Leuten in Kontakt”, sagt Ivanis. Damit will er sich von Produkten auf dem Markt abheben. Denn gängige Organisationstools wie Trello seien zwar für Bürokräfte, nicht aber für Haustechniker, Putzkräfte und Co. geeignet. Derzeit ist wowflow in Deutsch, Englisch, Serbokroatisch, Polnisch und bald auch Türkisch verfügbar und übersetzt Tasks auch automatisch. “Damit sind hierzulande mehr als 80 Prozent der relevanten Arbeitskräfte in der Muttersprache abgedeckt”, sagt Ivanis.

Dashboard für den Überblick

Die Usability sei aber nicht das einzige Verkaufsargument von wowflow. Punkten will der Gründer auch mit dem mit dem System verbundenen Dashboard (Desktop oder Tablet). “Ich bekomme damit etwa am Ende des Jahres eine detaillierte Aufstellung, aus der ich weitere Schlüsse ziehen kann”. Denn das Dashboard zeige dem Verwalter unter anderem, welche Dienstleister wie lange für welche Tasks gebraucht haben – inklusive Rating. “Das schafft eine viel bessere Vergleichbarkeit und hilft Verwaltern zudem, ihrer Dokumentationspflicht nachzukommen”, sagt Ivanis. Das spare nochmal weitere Zeit und ermögliche die Optimierung der operativen Kosten. Und das – geht es nach Ivanis – nicht nur im Facility Management.

Aus MyHausTechniker wurde wowflow

Über sein ursprüngliches Konzept ist er inzwischen nämlich weit hinaus. Begonnen hatte der Gründer bereits im Frühjahr 2018 mit der Vorgänger-App MyHausTechniker. Relativ bald kam nach einer Reihe von Hausverwaltungsunternehmen auch eine Putzerei-Kette als Kunde hinzu. “Das hat mir gezeigt, wie gut sich das System auf weitere Felder anwenden lässt. Da war mir klar: Ich muss raus aus meiner Immobilien-Blase”, erzählt Ivanis. Nicht nur Name und Zielgruppe haben sich danach geändert – das “Wow” in wowflow steht übrigens für “Way of Work”. Es ist also “the way of workflow”, den Ivanis mit seiner “Lösung für analoge Teams, die in geographisch aufgeteilten Arbeitsbereichen tätig sind”, verändern will.

“Jeden Stein gedreht”

“Wir haben für die erste App super Feedback bekommen. Aber sie war noch nicht ausreichend skalierbar und auch die Usability war noch nicht optimal”, erzählt Ivanis. Seitdem habe man “jeden Stein gedreht”. Externes Kapital nahm man dafür übrigens nicht auf. “Ich habe WowFlow aus meiner Berater-Tätigkeit und den Umsätzen von MyHausTechniker finanziert”, erklärt der Gründer. Generell sei man einem Investment aber nicht abgeneigt. “Es muss aber startegisch sehr gut passen. Wir brauchen es prinzipiell nicht, aber es könnte uns weitere Türen öffnen”.

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Maimuna Mosser, Country Director Google Austria & Rainer Will, Geschäftsführer österreichischer Handelsverband
Maimuna Mosser, Country Director Google Austria & Rainer Will, Geschäftsführer österreichischer Handelsverband (c) Brutkasten

Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren vor allem die digitale Welt geprägt. Weniger bekannt jedoch ist der Einfluss auf den österreichischen Handel. Neben Automatisierungsprozessen im Supply Management findet generative KI auch im Bereich des Costumer Care.

Am Dienstag versammelten sich deshalb Maimuna Mosser, Country Director Google Austria, Rainer Will, Geschäftsführer österreichischer Handelsverband und Joerg Bauer, Managing Director Sales, MediaMarkt Österreich für eine Pressekonferenz.

Dabei ging es nicht nur um die vom Google implementierten Anwendungen und wie diese von Konsument:innen verwendet werden, sondern auch konkret um den Einfluss von KI auf den österreichischen Handel und wie die MediaMarktSaturn Retail Group intern KI verwendet.

Konsument:innen informieren sich mehrheitlich online

“Unsere Fragen drehen sich einfach laufend darum: Wie können wir KI nutzen und was kann es bringen?”, sagt Maimuna Mosser, CEO von Google Austria, und betont die Wichtigkeit von Google für den Handel: im europaweiten Ranking der Suchmaschinen sprechen Konsument:innen Google das meiste Vertrauen aus. Das spiegelt sich auch in den Suchanfragen wider. Rund 61 Prozent der österreichischen Nutzer:innen informieren sich laut Smart Shopping Studie online nach neuen Produkten.

Um diese Menge an Anfragen präzise zu beantworten, greift Google wenig überraschend auf die Unterstützung durch KI-Modelle zurück – laut Mosser gilt das für alle Google Produkte. So auch für die Visuelle Suchengine “Google Lens”, also die Suche in reiner Bildform. “Wir haben rund 12 Milliarden visuelle Anfragen im Monat und davon ist bereits jede vierte kommerziell”, so Mosser.

Daneben gibt es auch im Bereich der Google Ads Neuerungen: Konkret wurde von Mosser hierbei die Anwendung von KI in der Tourismusbranche genannt, beispielsweise zur Erstellung statischer, neuartiger Bildern von Hotelzimmern auf Basis bereits vorhandener. Ob es für die Unternehmen am Ende tatsächlich hilfreich ist, ihre Bilder von einer KI zu generieren, sei dahingestellt.

“Der Handel war immer ein Innovationstreiber”

Erst im Juli dieses Jahres wurde eine von Google in Auftrag gegebene Studie der Implement Consulting Group veröffentlicht, welches Österreich bei gleicher Resourcennutzung ein potentielles Wirtschaftswachstum von 35 bis 40 Milliarden Euro rein durch die Nutzung von generativer KI zuschreibt. Das entspräche acht Prozent des BIP über die nächsten zehn Jahre – brutkasten berichtete.

Dieses Möglichkeit im volkswirtschaftlichen Wachstum liegt vor allem an der österreichischen Bereitschaft für Innovationen, angetrieben durch den Handel, meint Rainer Will vom österreichischen Handelsverband. “Man erkennt, dass unsere Unternehmen schon wahrgenommen haben, wie wichtig Innovation ist. Der Handel war immer ein Innovationstreiber”, so Will.

KI ist bereits bei 52 Prozent der Händler im Einsatz, wenn auch nur geringfügig wie etwa bei der Generierung von Produktbeschreibungen. Rund 37 Prozent der Händler verwenden KI-Tools breitflächig, etwa in der Prozesskette, beim Sortimentsmanagement oder auch im Marketing.

Die Studie der Implement Consulting Group zeigt im Trend eine klare Aufwärtsbewegung: 45 Prozent der Unternehmen planen, in den nächsten fünf Jahren in Künstliche Intelligenz zu investieren. Rund ein Drittel der österreichischen Unternehmen erwarten einen signifikanten Produktivitätsschub durch den Einsatz von generativer KI, wodurch etwa 2,8 Millionen Arbeitsplätze in Österreich künftig unterstützt werden können.

KI-Einsatz bei MediaMarkt & Saturn

Handelsunternehmen wie MediaMarkt & Saturn stellen sich die Frage: “Wie können wir hier diesen technischen Vorteil auch für uns nutzen?”, so Joerg Bauer. MediaMarkt & Saturn zählt sich zu den 37 Porzent, welche die breitflächige Anwendung von KI bereits implementierte.

Allem voran verwendet das Handelsunternehmen eine KI-basierte, interne Suchmaschine für Mitarbeiter:innen, welche firmeninterne Prozesse über einen Chat-Assistenten erklärt. Dieser soll vor allem vielschichtige SharePoint-Seiten obsolet machen.

Im Bereich Costumer Care spricht Bauer von First Level Support über einen Chat- & Voicebot welcher die Interaktion zu Kund:innen erleichtert. Im Kundenservice kommen diese Bots zum Einsatz, um Anfragen zu Öffnungszeiten, Rückgabeverfahren und Produktinformationen zu beantworten. Auch für Produktempfehlungen sowie bei SEO-Inhalten auf der Website verwendet der Konzern KI. 

Ziel des Handelsunternehmens ist es, einen generativen KI Costumer-Care-Hub zu entwickeln, welcher durch Echtzeitübersetzungen und durch Anpassung der Tonalität auf Emotionen der Konsument:innen reagieren kann. Zusätzlich soll der Costumer-Care-Hub unzeitgemäße Bedienungsanleitungen ersetzen und dem Handelsunternehmen, zeitaufwendige Support Anrufe aussparen. Dennoch spricht Bauer die menschliche Kundenberatung des Unternehmens nicht ab.

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