11.10.2023

Wirtschaftskammer bringt sich gegen digitalen Euro in Position

Die WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung legt eine Studie vor, wonach der digitale Euro hohe Risiken birgt. Tatsächlich dürften die Banken vor allem um ihre Kundschaft bangen.
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WKO Wirtschaftskammer digitaler Euro
(c) Wirtschaftskammer Burgenland

Wir zahlen ständig digital. Auf den ersten Blick klingt der von der Europäischen Zentralbank (EZB) geplante “digitale Euro” also nach keiner großen Änderung. Tatsächlich wären die Auswirkungen aber massiv. Denn die digitale Version der Währung wäre wie Bargeld handzuhaben, nur eben virtuell. Man bräuchte für digitale Zahlungen also bloß eine Wallet und nicht wie bislang ein Bankkonto.

Kann der digitale Euro das nicht gehaltene Bitcoin-Versprechen erfüllen?

Davon könnten nicht nur all jene stark profitieren, die aus unterschiedlichen Gründen kein Bankkonto haben können. Denn sie wären perspektivisch nicht mehr von allen Zahlungen ausgeschlossen, die heute digital erfolgen müssen – womit es dem digitalen Euro gelingen könnte, ein nicht gehaltenes Versprechen von Bitcoin zu erfüllen: “bank the unbanked”. Generell würden in der Wallet für das einfache Halten von Geldvermögen keine Gebühren oder Zinsen anfallen – das könnte für einen noch viel größeren Personenkreis interessant sein.

Banken geben sich via Wirtschaftskammer kritisch

Soweit zu den Versprechungen des digitalen Euro. Doch natürlich gibt es auch Kritik am Konzept. Und die kommt – nicht ganz überraschend – von Seiten der Banken bzw. deren Interessensvertretungen. Schließlich geht es um den potenziellen Verlust von Kundschaft bzw. Einlage-Vermögen.

Hierzulande brachte sich nun die Wirtschaftskammer mit einer Studie gegen die EZB-Digital-Währung in Position. Konkret der Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung Willibald Cernko, der (nicht ganz) nebenbei auch CEO von Österreichs größter Bankengruppe Erste Group ist. Für die Studie beauftragt wurden die deutschen Ökonomen Peter Bofinger und Thomas Haas von der Uni Würzburg.

Cernko fürchtet um Sicherheit und Privatsphäre

“Eine derart weitgehende europäische Weichenstellung wie die Einführung eines digitalen Euro braucht klare Antworten auf die vielen offenen Fragen dieses Projektes. Schließlich geht es unter anderem um die Sicherung der Wahlfreiheit beim Bezahlen, die Sicherheit des Geldes und den Schutz der Privatsphäre”, so Cernko in einer Aussendung.

“Grundlegender Eingriff in das Geld- und Finanzsystem”

Der digitale Euro sei ein grundlegender Eingriff in das Geld- und Finanzsystem, meint Bofinger. Die EZB begebe sich damit in ein Geschäftsfeld, das bisher rein privat von Banken und Zahlungsdienstleistern betrieben wurde. Aus ordnungspolitischer Sicht lasse sich das nur rechtfertigen, wenn ein Marktversagen identifiziert werden könne. Das sei bislang jedoch nicht gelungen, argumentiert der Ökonom.

Bofinger sieht “keine überzeugenden Anwendungsfälle” für digitalen Euro

Er sieht zudem “keine überzeugenden Anwendungsfälle” und erwartet: “Wer nicht möchte, dass seine Zahlungen in irgendeiner Weise erfasst werden, wird auch weiterhin anstelle des digitalen Bargelds das altbewährte physische Bargeld verwenden”.

Digitaler Euro: Zwang zu Gratis-Kontos für Banken?

“Den allenfalls mit Mühe erkennbaren Vorteilen stehen erhebliche Kosten gegenüber, da für den digitalen Euro eine parallele, komplett neue Zahlungsverkehrsinfrastruktur geschaffen werden muss”. konstatiert Bofinger weiter. Die EZB wolle dazu Zahlungsdienstleister und Banken verpflichten, behauptet der Ökonom. Zweitere sollen das Eröffnen und das Führen von digitalen Euro-Konten ermöglichen. “Aus ordnungspolitischer Sicht ist das ähnlich absurd, wie wenn man Bäcker verpflichten würde, neben ihrem regulären Angebot kostenlose Euro-Semmeln anzubieten, weil der Verzehr von Semmeln ein Grundrecht darstelle”, so Bofinger.

Zudem befürchtet der Wissenschaftler, dass US-Zahlungsdienstleister ihre Position in der EU durch die Einführung des digitalen Euro verstärken könnten. Auch Ängste vor der Abschaffung des Bargelds bringen sie ins Spiel, ebenso wie jene vor “digitalen bank runs”.

Fehlende Obergrenze als Gefahr für Banken-Refinanzierung

Problematisch sei auch, dass keine verbindliche Obergrenze für das Halten von digitalen Euros vorgesehen ist. “Ohne Obergrenze besteht die Gefahr, dass Guthaben über 100.000 Euro die zu Wertspeicher-Zwecken gehalten werden, von den Geschäftsbanken auf die EZB übertragen werden. Die Banken würden damit größere Teile ihrer Refinanzierung verlieren und damit deutlich stärker als bisher in ihrem Kreditgeschäft von der Refinanzierungspolitik der EZB abhängig werden”, heißt es dazu in der Aussendung.

Ökonomen empfehlen von Banken getragene Alternative

Als Alternative empfehlen die Ökonomen die von einer Reihe von europäischen Banken und Zahlungsdienstleistern getragene European Payments Initiative (EPI), die an einem eigenen elektronischen Zahlungssystem für ganz Europa arbeitet. Im Gegensatz zum digitalen Euro könne man bei diesem die bestehenden Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen nutzen, so die Ökonomen. Zudem wäre der Verbreitungsbereich mit der gesamten EU, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich deutlich größer als beim digitalen Euro, der auf den Euroraum begrenzt wäre.

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Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup die Kohlefaserindustrie revolutionieren möchte

Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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