09.07.2020

Die vier schlimmsten Sünden der Wirecard-Anleger

Daheim ist es nicht am schönsten. Eine Aktie ist kein Fußballclub. Du hast keine Ahnung. Und ein Pferd ist viel zu wenig.
/artikel/wirecard-fehler
Wirecard
(c) Georg Schober / Wirecard

Der Skandal rund um Wirecard hat die kleine deutsche Aktienszene ins Mark getroffen. Wie konnte es passieren, dass so viele Kleinanleger in diese Falle getappt sind? Auf Zeit.de hat der Journalist Dominik Drutschmann seine eigene Wirecard-Geschichte aufgeschrieben. Es ist ein sehr schöner, ehrlicher und aufschlussreicher Artikel geworden. Drutschmann gebührt Respekt dafür, so offen mit seinem Anlagefehler umzugehen. Und er beschreibt treffend, wie es zu dem Desaster kommen konnte:

Dann kam Corona. Und mit dem Virus die Langeweile. Aufträge wurden verschoben oder abgesagt. Ich hatte zu viel Zeit und ein bisschen Geld auf dem Konto. Mein Bruder – businessbegabter als ich – riet mir, das “T-Trauma” zu überwinden und mein Geld anzulegen. Wer – gerade als Freiberufler – im Alter nicht verarmen will, der sollte in Aktien investieren. Eine These, die auch Politiker wie Friedrich Merz oder Christian Lindner vertreten. Mein Bruder hatte einen Tipp: Wirecard. Aus Deutschland – dem Land der Bargeldfetischisten – kommt ein Fintech, das zum globalen Player in einem riesigen Wachstumsmarkt aufsteigt. Seit 2018 galt Wirecard als der Star im Dax. Ich tauchte ein in eine Welt aus Charts, Kursanalysen und Ad-hoc-Mitteilungen. Meine Twitter-Timeline veränderte sich, YouTube schlug mir Videos vor mit Titeln wie “10 Gründe, warum man die Wirecard-Aktie jetzt auf dem Zettel haben sollte”. Ich kaufte 66 Aktien des Fintechs zu knapp 120 Euro das Stück.

Hier sind die vier schlimmsten Sünden der Wirecard-Anleger. Herr Drutschmann möge mir verzeihen, dass ich seinen wirklich tollen Artikel als Vorlage nutze.

Home Bias: Daheim ist es nicht am schönsten!

Das „T-Trauma“ aus Drutschmanns Artikel ist natürlich die Telekom-Aktie, die Anfang des Jahrtausends als „Volksaktie“ unters deutsche Volk gebracht wurde. Ein Desaster, das nach dem Crash 2002 viele für immer vom Kapitalmarkt vertrieb. Bei beiden Titeln wurde ein typisches Verhalten ausgenutzt, das schon Millionen von Anlegern ins Unglück gestürzt hat: Home Bias.

Der Begriff beschreibt das Phänomen, dass wir gerne Aktien von Unternehmen aus unserer Region oder aus unserem Land kaufen. Weil wir uns einbilden, sie zu kennen. Weil wir ständig von ihnen hören – in den Medien, im Büro, auf Familienfesten. Diese trügerische Nähe führt dazu, dass wir unser Wissen über ein Unternehmen massiv überschätzen. Auch strategisch ist es ungut: Wir sind sowieso von der konjunkturellen Lage in der Heimat abhängig. Wenn wir unser Portfolio allzu national ausrichten, multiplizieren wir unser Risiko.

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Bei Wirecard hat sich der Home Bias besonders perfide zur Geltung gebracht. In der deutschen Heimat haben Medien und auch die Finanzaufsicht der Firma lange die Stange gehalten. In einer Art nationalem Schulterschluss sind die Behörden sogar gegen die „Financial Times“ vorgegangen, als die wiederholt auf Missstände hingewiesen hat. Selbst die Spekulation gegen die Aktie (aus heutiger Sicht eine hervorragende Idee) wurde kurzerhand verboten. Das dürfte bei vielen Kleinanlegern ein trügerisches Gefühl der Sicherheit erzeugt haben. Die Rolle der deutschen Finanzaufsicht BaFin in diesem Skandal wird uns deshalb noch lange beschäftigen.

Die Wiresekte: Eine Aktie ist kein Fußballclub

Jahrelang gab es Journalisten und Anleger, die Zweifel an Wirecard hatten. Und jahrelang wurden sie diffamiert und mundtot gemacht. Auch von tausenden Fans, die sich in Foren und auf Social Media lauthals zu Wirecard bekannt haben. Kritiker wurden zum Teil einer großen Verschwörung, Zweifel war nicht erlaubt. Dieses sektenartige Verhalten wurde durch die Skandale und Hausdurchsuchungen nur angefeuert. Genauso durch die Auftritte des Gurus Markus Braun.

Wir haben schon geschrieben: Verliebe dich niemals in eine Aktie! Aber man muss dazu sagen: Tritt erst recht keiner Kapitalmarktsekte bei! Solches Verhalten kennen wir sonst vor allem aus den obskuren Ecken des Krypto-Marktes, aber auch der Aktienmarkt ist davor nicht gefeit, wie es aussieht.

Die Infoillusion: Du hast keine Ahnung!

Zeit-Journalist Drutschmann hatte den Wirecard-Tipp von seinem Bruder. Das ist schon ein Alarmsignal. Aber es wurde noch schlimmer. „Ich tauchte ein in eine Welt aus Charts, Kursanalysen und Ad-hoc-Mitteilungen. Meine Twitter-Timeline veränderte sich, YouTube schlug mir Wirecard-Videos vor“, schreibt er.

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Das Internet und Smartphones ermöglichen Kleinanlegern einen Zugang, den sie vor 20 Jahren bei der Telekom-Aktie nie hatten. Stundenlang kann man Berichte lesen, Charts analysieren und Videos schauen. Aber das ist vor allem eines: sinnlos. Natürlich sollte man sich informieren, was man kauft. Aber wer glaubt, sich auf der Couch mit dem iPad einen Informationsvorsprung erarbeiten zu können, lebt in einer Traumwelt. Und wer seine Trades auf Basis von selbsterstellten Chartanalysen tätigt, ist überhaupt dem Größenwahn verfallen. Think about it: Würdest du dein eigenes EKG interpretieren? Oder darf das doch der Kardiologe machen? Natürlich gibt es Ausnahmen, Talente und Glückspilze. Aber wenn schon die große Mehrheit der professionellen Anleger den Markt langfristig nicht schlagen kann, dann gilt das erst recht für Kleinanleger.

Diversifikation: Ein Pferd ist viel zu wenig!

Wer nur eine Aktie hält, spielt Lotto. Es braucht dutzende, besser hunderte Titel, um innerhalb des Aktienportfolios breit genug aufgestellt zu sein. Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Indexfonds (meist ETFs) sind für den Kleinanleger die einzige brauchbare Alternative zum Sparbuch. Auch Warren Buffet, einer der erfolgreichsten aktiven Investoren aller Zeiten, empfiehlt Kleinanlegern den Griff zum Indexfonds. Das ist es auch, wovon Politiker wie Merz und Lindner reden, wenn sie Aktien als Altersvorsorge preisen.

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Und das ist nur der Aktien-Teil des Portfolios. Für einen ausgeglichenen Mix braucht es noch Anleihen bzw. Spareinlagen. Viele Anleger mischen außerdem Immobilien, Gold, Silber und Kryptowährungen dazu. Die Suche nach dem perfekten Portfolio läuft seit Jahrzehnten. In jedem Fall gilt: Diversifikation ist König! Der Stall muss gut bestückt sein. Wer sein Geld auf ein Pferd setzt, geht ein viel zu hohes Risiko ein.


Über den Autor

Niko Jilch ist Wirtschaftsjournalist, Speaker und Moderator. Nach acht Jahren bei der „Presse“ ging er Ende 2019 zum Thinktank „Agenda Austria“, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Bereiche „Geldanlage und digitale Währungen“ abdeckt, sowie digitale Formate aufbaut, etwa einen neuen Podcast. Twitter: @jilnik

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Eric Demuth | (c) Bitpanda
Eric Demuth | (c) Bitpanda

Es ist mal wieder soweit: Der Bitcoin-Kurs geht seit Tagen steil bergauf – konkret seit der US-Präsidentschaftswahl. Denn Wahlsieger Donald Trump hatte sich im Vorfeld der Wahl klar als Pro-Krypto- und Pro-Bitcoin-Kandidat positioniert – brutkasten berichtete mehrmals. Das Allzeit-Hoch wurde danach deutlich überschritten. Heute kratzte der Kurs sogar an der 90.000 US-Dollar-Marke. Und dieser Bull-Run öffnet natürlich Raum für Spekulationen, wie weit es diesmal geht. In einem Pressestatement gab nun auch Bitpanda-Gründer Eric Demuth eine Einschätzung zur Situation ab.

“Was momentan passiert ist ein Dammbruch im positiven Sinne”

“Was momentan passiert ist ein Dammbruch im positiven Sinne. Der letzte Unsicherheitsfaktor ist verschwunden. Mit der deutlichen Wahl Trumps zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten herrscht Klarheit”, meint Demuth. Denn der “Unsicherheitsfaktor Nummer 1” für den Kryptomarkt werde damit “passé” sein: “Das unklare und schädliche Handeln der SEC [Anm. US-Börsenaufsichtsbehörde] wird durch eine eindeutige, klare und progressive Krypto-Regulierung, die ihren Namen verdient, ersetzt werden”, so der Bitpanda-Gründer.

Bitpanda-Gründer vermutet baldigen Jobverlust für SEC-Chef

Demuth geht davon aus, dass der aktuelle SEC-Chef Gary Gensler gleich mit Amtsantritt Trumps Anfang Februar seinen Posten räumen muss. “Gerichtsverfahren werden schnell beendet, laufende Antragsverfahren bei der SEC schnell geprüft und neue eingereicht werden”, schätzt der Bitpanda-Gründer. “Hinzu kommen Rekordzuflüsse in ETFs, erhebliche Kapitalzuflüsse aus den Finanzmärkten in den Kryptosektor, sinkende Zinsen und ein zunehmendes Interesse von Privatanlegern.” Die Preise könnten daher “noch länger weiter steigen”. Und langfristig werde “eine neue Entwicklungsstufe des Kryptomarktes eingeläutet”. “Mehr Retail und mehr institutionelles Geld werden in den Markt fließen und somit Volatilität verringern und Preise stützen”, so Demuth.

“Möglichkeit, dass wir die 100.000 US-Dollar noch dieses Jahr oder sogar diesen Monat sehen könnten”

Und was heißt das in US-Dollar? Wie hoch wird der Bitcoin-Kurs noch steigen? “Alles deutet darauf hin, dass wir am Anfang eines neuen Bull-Runs stehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Rallye noch eine Weile anhalten könnte. Wir sind bereits nah an der 90.000-US-Dollar-Marke und es besteht die Möglichkeit, dass wir die 100.000 US-Dollar noch dieses Jahr oder sogar diesen Monat sehen könnten”, meint der Bitpanda-Gründer.

Die Vorsicht, mit der sich auch ausgewiesene Expert:innen in der Krypto-Szene meist zu Prognosen zur Kursentwicklung äußern, scheint also aktuell bei Eric Demuth vom Bull-Run aus dem Weg geräumt zu sein. Freilich gab es in der Geschichte des Bitcoin schon genug Kurs-Überraschungen in die eine wie die andere Richtung.


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Die vier schlimmsten Sünden der Wirecard-Anleger

  • Der Skandal rund um Wirecard hat die kleine deutsche Aktienszene ins Mark getroffen.
  • Auf Zeit.de hat der Journalist Dominik Drutschmann seine eigene Wirecard-Geschichte aufgeschrieben. sie dient als Vorlage für diesen Artikel.
  • Erster Tipp: Vermeide Home Bias.
  • Zweitens: Vermeide Finanz-Sekten.
  • Drittens: Gib Dich nicht dem Irrglauben hin, gut informiert zu sein.
  • Viertens: Setze nicht alles auf ein einziges Pferd.

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Die vier schlimmsten Sünden der Wirecard-Anleger

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  • Zweitens: Vermeide Finanz-Sekten.
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