08.08.2024
OSMIUM & EDELSTEINE

Wiener Startup mit Niki Futter an Bord stattete teuerste neu gebaute Geige der Welt mit Fälschungsschutz aus

OwnerChip ist ein Startup, an dem Business Angel Niki Futter beteiligt ist und das sich dem Schutz vor Fälschungen verschrieben hat. Es sichert mittels NFC-Chip die Echtheit von Luxuswaren zu. Gründer Michael Schramm beschreibt die Ursprünge seiner Idee und erzählt von einem der prestigeträchtigsten Produkte, die sein Unternehmen gechippt hat.
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OwnerChip, Osmium Violine, Violin, Osmium
(c) Claus Comelli - Geigerin Jennifer Gheorghita mit der Osmium Violine.

Es klingelt. Man öffnet voller Vorfreude die Tür und nimmt das Paket entgegen. Das Zerreißen des Verpackungsmaterials erzeugt einen Ton, der eigentlich nicht zu den begehrenswertesten des Planeten gehört, der aber in diesem Moment Beethovens Sonaten Konkurrenz machen könnte. Dann sieht man das Objekt der Begierde und ist für den Bruchteil einer Minute glückselig. Doch nach wenigen Augenblicken bemerkt man etwas.

Die Naht an der Luxus-Tasche ist falsch genäht. Die Sammelfigur besteht aus billigem Plastik und das Etikett der limitierten Edition des Gins löst sich leichter ab, als ein Panini-Pickerl. Man weiß plötzlich, man ist auf eine Nachahmung hereingefallen.

36 Millionen Euro Gesamtwert

Laut dem Produktpirateriebericht 2023 des Finanzministeriums hat alleine der heimische Zoll 7.072 Sendungen mit gefälschten Produkten registriert. Diese Zahl ist nach dem Ausnahmejahr 2021 die zweithöchste seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Gesamtwert der 194.165 beschlagnahmten Waren – 589 Prozent mehr Artikel als 2022 – betrug nahezu 36 Mio. Euro. Zurückgeführt wird der Anstieg auf genauere Kontrollen, vor allem bei der zollamtlichen Überwachung im Postverkehr.

In der Europäischen Union machten 2019 gefälschte Waren 5,8 Prozent der Gesamteinfuhren aus. China wird hierbei als Ursprungsland von 75 Prozent der Piratkopien in der EU angeführt, gefolgt von anderen Ländern aus dem asiatischen Raum. Schuhe, Bekleidung, Lederwaren, elektronische Geräte und Kosmetika sind die am häufigsten von Fälschungen betroffenen Kategorien. Jährlich werden weltweit gefälschte Produkte im Wert von bis zu vier Milliarden Euro verkauft.

OwnerChip: Der Ursprung

Nicht zuletzt aus diesem Grund hat Michael Schramm das Wiener Startup OwnerChip (an dem auch Niki Futter mit rund 22 Prozent Anteilen beteiligt ist) gegründet und bietet NFC-Technologie (Near Field Communication) als Schutz gegen Kopien im Luxus- und Kunst-Segment an.

Angefangen hat alles im September 2022, als man in einem Erstprojekt eine auf 1.000 Stück limitierte Version des steirischen Gin “Stin” mit NFC-Chips austattete und eine App entwickelte, damit Kund:innen Sicherheit haben.

“Die Idee war, dass die Leute , die Flasche scannen und mehr erfahren”, erklärt Schramm. “Eine Art ‘customer engagement’, wenn man so möchte. Aus dem ist dann OwnerChip entstanden.”

Ownerchip
(c) zVg – Das OwnerChip-Team mit Investor Niki Futter (2.v.l).

Anfangs noch als “Nebenbei-Projekt” gestartet, suchte man nach Lösungen für den Luxusmarkt und den Kunstsektor, sodass sich Online-Käufer:innen oder Trader über die Echtheit des jeweiligen Produkts sicher sein konnten.

Heute gibt es zwei Möglichkeiten, die OwnerChip anbietet: Für Künstler, die etwas Neues erschaffen einen eingebauten Blockchain-enabled NFC-Chip für ein Authentifikations-Zertifikat sowie eine Lösung für Marktplätze bzw. Sekundärmärkte, die ihre Artikel (Collectibles, Luxushandtaschen, Rolex-Uhren) im Nachhinein zertifizieren wollen.

“Denen geben wir ein digitales Tool in die Hand, womit ein elektronisches Zertifikat mit der Blockchain abgespeichert werden kann”, erklärt Schramm und führt ein Beispiel an. “Fotografie-Künstler etwa haben sich gemeldet, und gejammert, dass ihnen keiner glaubt, dass es von diesem oder jenem Werk bloß 20 Abzüge gibt.”

Teuerste neu gebaute Geige der Welt

Eines der berühmtesten Produkte, das OwnerChip zertifiziert hat, war die teuerste neu gebaute Geige der Welt. Sie stammt vom in Cremona lebenden steirischem Geigenbauer Edgar Russ, ist mit dem seltenen Edelmetall Osmium verarbeitet und verfügt über 541 kristalline Osmiumteilchen sowie über 298 Edelsteine. Sie gilt als die wertvollste neue Violine der Welt und soll Ende des Jahres versteigert werden. Geschätzter Preis: fünf bis sechs Millionen Euro.

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(c) Claus Commelli – Die Osmium Violine wurde von einem Steirer gebaut.

Russ hat bereits 2011 per Auftrag die zum damaligen Zeitpunkt teuerste, neue Geige für seine Majestät, den Sultan von Oman, Qabus bin Said, gebaut und musste sogar ein “Non-Disclosure-Agreement” unterzeichnen. Bis 2020 durfte offiziell nicht darüber gesprochen bzw. berichtet werden, weder über den Besitzer noch zu welchem Preis die Geige verkauft wurde.

Da bin Said am 10. Januar 2020 an seinem Krebsleiden erlegen ist, wurde auch dieses Geheimnis der bis dato teuersten neuen Geige öffentlich gemacht. Sie wird aktuell im Museum in Maskat (Oman) der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und wurde damals für eine Million Euro verkauft.

OwnerChip ermöglicht Werdegang-Aufzeichnung

“Mit unserem Chip geht es nicht nur darum, zu beweisen, ob die Geige echt ist oder nicht”, erklärt Schramm, “sondern unser Chip wird auch dafür verwendet, den Werdegang der Geige zu zertifizieren. Also zu zeigen, wer sie gespielt hat.”

OwnerChip besteht aktuell aus einem Team von sechs Leuten, verfügt über erste Pilotkunden und hat 30 Creators an der Hand. Auch Künstler, die etwa “handcrafted Sneaker” herstellen, den steirischen Gin, diverse Maler und insgesamt über 1.000 Stücke, die sie seit ihrer Gründung gechippt haben.

Der nächste Schritt für das Wiener Startup beinhaltet die weitere Kontaktaufnahme von Sekundär-Marktplätzen, die ihre Luxuswaren in Nachhinein zertifizieren lassen wollen.

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(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR
(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR / tech2b / My Esel / Simventure

Der Begriff “Co-Working-Space” wäre bei TECH HARBOR in Linz eindeutig zu kurz gegriffen. Viel zu kurz gegriffen. Denn hochwertige Büroräume für Startups gibt es an den zwei Standorten TECHCENTER und NEUE WERFT zwar durchaus. In einem üblichen Co-Working-Space würde man aber wohl sehr schnell an die Grenze stoßen, wenn man dort eine Serienproduktion für Fahrräder oder eine Produktionsstätte für hochpräzise chirurgische Geräte aufbauen wollte.

Genau das und noch viel mehr passiert in den TECH HARBOR-Standorten. Sie bieten Hardware-Startups mit komplexen technischen Anforderungen und teilweise viel Platzbedarf eine Heimat. Große Werkstattbereiche, Techlabs für Forschung und Entwicklung und Lagermöglichkeiten machen dabei den entscheidenden Unterschied.

My Esel: Vom Prototypen bis zur Serienproduktion im TECHCENTER

Ein Unterschied, der etwa dem mittlerweile einer breiten Öffentlichkeit bekannten Holzfahrrad-Startup My Esel mehr als nur die ersten Schritte ermöglichte. “In der Zeit im TECHCENTER fand die Entwicklung von den ersten Prototypen hin zur Serienproduktion statt”, erzählt Gründer Christoph Fraundorfer. 2016 sei nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne von dort aus der Markstart erfolgt. “Parallel wurde an der Optimierung der Rahmenkonstruktion und an den My Esel E-Bikes gearbeitet. 2019 konnten noch aus dem TECHCENTER die ersten E-Bikes ausgeliefert werden.”

Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) TECH HARBOR
Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) My Esel

Ebenfalls im Jahr 2019 Jahr zog My Esel dann um. “In Traun fanden wir in den ehemaligen Produktionsstätten der Carrera-Brillen unseren neuen Standort. Inzwischen nutzen wir hier über 800 Quadratmeter und konnten 2023 mit etwas mehr als 1.000 Bikes zirka 2.7 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften”, erzählt Fraundorfer.

Simventure: Im TECH HARBOR-Standort zum Wingsuit-Simulator

Die Räumlichkeiten im TECHCENTER blieben danach freilich nicht leer. Auch aktuell arbeiten viele spannende Startups im TECH HARBOR-Standort und schreiben die Erfolgsgeschichten der Zukunft. Einer der Mieter ist etwa Simventure. Das Startup baut Geräte, mit denen Extremsportarten vollimmersiv simuliert werden können. Das erste dieser Geräte – WingSim – simuliert den Flug in einem Wingsuit – in Realität bekanntlich ein hochriskantes Unterfangen.

“Seit dem Einzug im TECHCENTER Anfang 2023 haben wir die Hard- und Software für unseren Prototypen entwickelt. Wir haben diesen Prototypen im Techlab gebaut und umfangreich getestet. Nun können wir den Demonstrator Kunden und potentiellen Investoren vorführen. Wir haben den Firmenwert seit dem Einzug vervielfacht”, sagt Gründer Norman Eisenköck.

Das Simventure-Team baut im TECHCENTER seine Simulatoren | (c) Simventure

Das TECHCENTER biete die idealen Voraussetzungen für das Startup und seine Wachstumsherausforderungen, so der Simventure-Gründer. “Ein Startup ist während der Unternehmensgründung und dem Unternehmens-Aufbau Schwankungen im Bedarf an Büroflächen und – in unserem Fall – eines Mechatronik Labors unterworfen. Die Flexibilität des TECHCENTER hat uns geholfen, diese Schwankungen sehr gut zu berücksichtigen.” Und die Infrastruktur diene nicht nur dem Team zur Arbeit, sondern biete auch schöne Repräsentationsräume, um Partner und Kunden zu empfangen.

cortEXplore: Von der NEUEN WERFT zu Yale und MIT als Kunden

Absolute HighTech-Produkte sind auch aus dem Standort NEUE WERFT schon vielfach hervorgegangen. Bis 2024 hatte dort etwa das Startup cortEXplore seinen Sitz, das eine Technologie für Gehirn-OPs für Forschungszwecke entwickelt hat. “Wir verkaufen unsere Technologie international in die EU, die USA und China und haben Kunden wie die US-Unis Berkeley, Yale und MIT”, sagt Gründer Stefan Schaffelhofer. Diesen April wurde das Unternehmen mehrheitlich von einem internationalen Medizintechnikkonzern übernommen.

Den Grundstein dafür legte cortEXplore am TECH HARBOR-Standort. “Wir haben in der NEUEN WERFT gestartet. Wir hatten zunächst Platz für die Entwicklung, hatten aber auch später ein Lager dort und Platz für Assemblierungen unserer Produkte”, erinnert sich der Gründer. “Es ist die optimale Location in Linz. Sie ist gut für Anlieferungen und den Versand der Produkte. Und es gibt Räumlichkeiten für Veranstaltungen und die Einladung von Kunden.”

cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon
cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon

Everest Carbon: “Unser Fortschritt übertrifft unsere Erwartungen”

Und auch in der NEUEN WERFT kamen seitdem viele spannende Unternehmen nach, etwa Everest Carbon, das diesen Sommer eingezogen ist. “Momentan entwickeln wir unser erstes Produkt, einen digitalen Umweltsensor für die Bindung von CO2 in Projekten basierend auf dem Prozess des beschleunigten Verwitterns, und testen es in Feldern hier in der Umgebung”, erklärt Gründer Matthias Ginterseder.

In der NEUEN WERFT baue man seit dem Einzug den primären Forschungs- und Produktionsstandort auf. “Wir sind gerade dabei, unser Team in der NEUEN WERFT zu vervollständigen, um Anfang nächsten Jahres die Produktionszahlen unserer ersten Produktlinie bedeutend erhöhen zu können”, sagt der Everest Carbon-Gründer. “Unser Fortschritt dabei übertrifft unsere Erwartungen, nicht zuletzt wegen der proaktiven Unterstützung durch Georg Spiesberger und sein Team hier im TECH HARBOR.” Und auch die Location selbst sei “hervorragend” für das Startup: “Das flexible Platzangebot sowie die zahlreichen Events, helfen uns sehr dabei, unsere Bedürfnisse in verschiedenen Entwicklungsstadien zu decken”, so Ginterseder.

Everest Carbon baut in der NEUEN WERFT gerade seine Produktion auf | (c) TECH HARBOR

Große Zukunftspläne – vom TECH HARBOR in die ganze Welt

Die Voraussetzungen für große Zukunftspläne und weitere Erfolgsgeschichten, wie die oben genannten, sind damit also perfekt gegeben. Der Everest Carbon-Gründer gibt einen Einblick: “Wir wollen in naher Zukunft unser erstes Produkt am Markt etablieren und unsere Technologie als eine bahnbrechende Lösung für zukunftsträchtige Formen von negativen Emissionen etablieren.”

Auch Simventure will am TECH HARBOR-Standort noch viel erreichen, wie Gründer Norman Eisenköck erklärt: “Wir werden weiterhin sowohl die Büroflächen als auch das Techlab für die Entwicklung weiterer Bewegungsplattformen nutzen. Es ist geplant, das weitere Wachsen des Teams und der Produktlinien im TECHCENTER zu machen.” Der erste WingSim werde aber schon bald ins Ars Electronica Center übersiedelt, um dort – ganz in der Nähe – für Kundenvorführungen zur Verfügung zu stehen. “Im Techlab werden dann neue Produkte entwickelt”, so der Gründer.

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