✨ AI Kontextualisierung
Vorweg: Dem Ranking, das die Plattform EU-Startups jährlich zu den europäischen Startup Hubs macht, liegt keine elaborierte Analyse zugrunde. Drei Parameter werden berücksichtigt: Erstens die Anzahl der Startups aus der jeweiligen Stadt, die seit Anfang 2016 auf Crunchbase gelistet wurden. Zweitens die Anzahl der Startups, die bei AngelList angeführt sind. Und drittens – aber nach Angaben der Plattform sehr schwach gewichtet – die Anzahl der Unique Visitors auf EU-startups.com aus der jeweiligen Stadt. Qualitative Kriterien fehlen also gänzlich. “Es ist eher eine Abbildung der digitalen Präsenz und Sichtbarkeit der Städte im englischsprachigen Startup-Universum”, heißt es dann auch von der Plattform.
+++ Österreich auf Platz 3 der “Emerging Startup Hubs” – kein Grund zum Feiern +++
Nicht valide?
Bevor man das Ranking nun aber abtut, hilft ein recht simpler Check zur Beurteilung der Validität. Man werfe einen Blick auf die Top 5:
1. London
2. Berlin
3. Paris
4. Amsterdam
5. Barcelona
Überrascht? Wohl eher nicht. Die Top-Platzierungen lassen sich vielleicht im Detail diskutieren, es wirkt aber keine der Städte auf den Top-Plätzen deplatziert. Und auch die Top 6 bis 15 Startup Hubs lassen sich sicher diskutieren, es ist aber keiner der genannten Hubs an den Haaren herbeigezogen:
6. Madrid
7. Stockholm
8. Dublin
9. Kopenhagen
10. München
11. Mailand
12. Lissabon
13. Helsinki
14. Warschau
15 Zürich
Die Frage nach dem Warum muss erlaubt sein
Wien wird vom EU-Startups-Team als einzige Stadt, die es nicht ins Ranking geschafft hat, explizit erwähnt. Österreichs Hauptstadt liegt auf Platz 16. Nun lässt sich zwar – wie ausgeführt – berechtigterweise an den dem Ranking zugrunde liegenden Parametern zweifeln. Nachdem das Ergebnis aber, was alle anderen Städte angeht, durchaus valide wirkt, ist die Frage erlaubt: Warum hat es Wien nicht in die Top 15 geschafft?
Überregionaler CEE-Startup-Hub?
Wien will sich ja – so das erklärte Ziel vieler Player des heimischen Ecosystems – als überregionaler Hub im gesamten CEE-Raum (Zentral- und Osteuropa) etablieren. Nun liegt im Ranking aus diesem Raum zwar “nur” Warschau vor Wien (auch das sollte bei der Zielsetzung zu Denken geben). Es gelingt aber jedenfalls scheinbar noch nicht ausreichend, GründerInnen und Startups aus dem CEE-Raum anzuziehen und – ähnlich wie die großen Startup-Metropolen London und Berlin – eine weit über die Ländergrenzen hinausgehende Bedeutung zu erlangen.
Startup Hubs: Lieber zum Schmied als zum Schmiedl
Immerhin hat die gesamte Region Zentral- und Osteuropa (ohne Russland) rund 180 Millionen EinwohnerInnen, also allein daraus schon ein durchaus relevantes Potenzial. Wenn es für GründerInnen dann aber darum geht mit ihrem Unternehmen auszuwandern, um durchzustarten, geht man tendenziell – wie in der alten österreichischen Redeweise – lieber zum Schmied (London und Berlin), als zum Schmiedl. Mit Platz vier im Ranking innerhalb des DACH-Raums gilt auch hier das Gleiche.
Ein kleines Land?
Und woran liegt es, dass Wien nicht allein durch GründerInnen aus dem Inland reüssieren kann? Man könnte natürlich das heimische Lieblings-Argument bringen: Österreich ist ja ein kleines Land. Bloß wenn es nach der Bevölkerungsgröße ginge, dürften Amsterdam und Stockholm im Ranking nicht soweit vorne sein. Und Dublin, Kopenhagen und Helsinki dürften schon gar nicht vor Wien zu stehen kommen. Man könnte bestenfalls argumentieren, dass das heimische Startup-Ökosystem verhältnismäßig fragmentiert ist und es im kleinen Land noch weitere Hubs neben Wien gibt. Aber es sind eben doch rund 50 Prozent der Startups, die in der Hauptstadt ihren Sitz haben.
Harte Hansmann-Hashtags
Wenn also die Möglichkeiten, die Schuld auf äußere Faktoren zu schieben, ausgehen, woran liegt es dann? Österreichs bekanntester Business Angel Hansi Hansmann äußert auf Facebook eine Mutmaßung (in Form von Hashtags) und geht dabei mit dem Startup-Standort Wien recht hart ins Gericht: “#notenoughmoney #notenoughentrepreneurs #problemGmbH #problemRotWeissRotKarte #notenoughvision #notenoughtalent #notenoughhunger #notenoughspeed #notenoughballs”.
Geld und MigrantInnen?
Dass die Lage der Anschlussfinanzierung (#notenoughmoney) hierzulande verbesserungsbedürftig ist, wurde an dieser Stelle bereits ausführlich behandelt. Dieses Problem haben aber mehrere der gelisteten Hubs. Und im Early Stage-Bereich ist die Finanzierungslage hierzulande gar nicht so schlecht. Dass es an den schlechten Bedingungen für Fachkräfte von außerhalb der EU liegt (#problemRotWeissRotKarte) ist denkbar – doch auch diese Probleme gibt es andernorts – man vergleiche nur mit Polens Migrationspolitik.
Eine Frage des Muts
Vielleicht fasst Hansmanns letzter Hashtag – #notenoughballs – die Problematik am besten zusammen. Es fehlt bei den Financiers der Mut, wirklich große Risiko-Investments zu tätigen. Es fehlt in der Politik der Mut, Talenten aus dem Ausland attraktive Angebote zu machen. Es fehlt erfinderischen Köpfen häufig der Mut, mit einem eigenen Unternehmen alles auf eine Karte zu setzen. Und es fehlt jenen, die bereits gegründet haben, häufig der Mut, eine aggressive Strategie zu fahren. Von diesem Mut scheint es am Ende in vielen anderen Startup Hubs mehr zu geben.