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“Was nicht passt, wird passend gemacht” – das scheint das Motto einiger Delegierter zu sein, wenn es um den jüngsten Bericht des Weltklimarates geht. Schon in der Vergangenheit wurden Berichte geleakt, die zeigen, welche Passagen manche Staaten lieber nicht im Weltklimabericht stehen haben wollen.
Klimaaktivist:innen warnen schon länger davor, dass sinnvolle globale Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise verwässert würden, indem Staaten Einfluss auf die Formulierung des Weltklimarates nehmen. Kürzlich erschienene Medienberichte bestätigen diesen Vorwurf.
Wo Delegierte Einfluss auf den Weltklimabericht nehmen dürfen
Die Synthese des sechsten Sachstandsberichts des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) wurde vor Kurzem veröffentlicht und ist das Ergebnis eines jahrelangen wissenschaftlichen Prozesses. Dafür haben 143 Forscher:innen verschiedenster Disziplinen Tausende von Studien gesichtet und den Stand der Wissenschaft zusammengefasst. Das Ergebnis lautet: “Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich rapide.”
Wichtig zu wissen ist: Die Berichte des Weltklimarates bestehen grundsätzlich aus drei Teilen. Zum einen sind das die einzelnen Kapitel, zum anderen eine technische Zusammenfassung sowie eine Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen. Den endgültigen Entwurf der Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen dürfen auch Regierungen kommentieren. Um den Bericht genehmigen zu lassen, müssen die Delegierten aller 195 Mitgliedsstaaten des IPCC zustimmen.
Dabei schaffen es nicht alle Formulierungen, die Wissenschafter:innen empfehlen würden, in die Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen. Delegierte der Länder können Einfluss auf die Formulierungen nehmen oder einzelne Passagen durch die Androhung eines Vetos streichen lassen. Das betrifft aber nur die Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen. Der wissenschaftliche Teil, also die Kapitel und die technische Zusammenfassung, sind davon nicht betroffen, erklärt Daniel Huppmann vom International Institute for Applied Systems Analysis (IASA).
Diese Formulierungen wurden abgeschwächt
Das Medienunternehmen Heatmap hat laut eigenen Angaben mit vier Personen gesprochen, die bei der Verabschiedung des Syntheseberichts in der Schweiz anwesend waren. Diese bestätigten, dass Formulierungen in der Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen verwässert wurden und gaben an, dass es sehr lange und angespannte Verhandlungen gab.
Saudi-Arabien, Indien und China haben sich zum Beispiel dafür eingesetzt, den Verweis auf fossile Brennstoffe als Hauptursache der globalen Erwärmung zu verwässern. Mehrere Öl- und Gasfördernde Länder hätten versucht Formulierungen aufzunehmen, die ein besseres Licht auf Technologien zur Entfernung und Abscheidung von CO2 werfen. Außerdem wollte so manches Land einfache Formulierungen gegen komplexere tauschen. So wurde beispielsweise die Passage “Elektrizität aus Photovoltaik und Wind ist in vielen Regionen billiger als Energie aus fossilen Brennstoffen” in “Die Beibehaltung emissionsintensiver Systeme kann in einigen Regionen und Sektoren teurer sein als der Übergang zu emissionsarmen Systemen” umgewandelt.
Laut der Zusammenfassung des Earth Negotiation Bulletins, das einzige Medium, das die Gespräche beobachten durfte, ließen die USA einen Satz streichen, der sich auf die Lücken in der Klimafinanzierung bezog. Das Wort “gerecht” wollten Delegierte der USA nicht in Zusammenhang mit einem Zugang zu internationalen Finanzmitteln im Weltklimabericht stehen haben. Daran seien sie aber gescheitert. Ein vor Ort Anwesender äußerte sich gegenüber Heatmap so: “In vielleicht 50 % der Fälle haben sich die Autor:innen nicht gewehrt, als die gegnerischen Delegationen versuchten, den Text zu verwässern”.
Schon 2021 gelangte ein Leak von “Scientists Rebellion” an die Öffentlichkeit. Brasilien und Argentinien hatten sich damals erfolgreich gegen die Erwähnung der negativen Auswirkungen des Fleischkonsums ausgesprochen.
“Der Diskussionsprozess kann zu einer klareren Formulierung führen”
Grundsätzlich sei die Teilnahme der Regierungen am Genehmigungsprozess sinnvoll. “Im Idealfall kann dieser Diskussionsprozess zu einer klareren, besser verständlichen Formulierung des Berichts führen. Im schlimmsten Fall gibt es Situationen, wo einzelne Länder, die aus ihrer Sicht kritischen Aspekte aus der Summary for Policymakers, verbannen”, so Huppmann.
Der Einfluss von Unternehmen auf die Klimabemühungen sei inzwischen so gut dokumentiert, dass IPCC-Autor:innen in der Zusammenfassung des Abschlussberichts darauf hinweisen wollten, schrieb distilled. Im endgültigen Weltklimabericht wurde das aber nicht erwähnt. Gegenüber Heatmap äußerte sich ein Beteiligter folgendermaßen: “Es gab Dinge, bei denen wir nachgegeben haben, aber es gab auch einige Unterstützung von fortschrittlichen Regierungen”, sagte ein Wissenschaftler, der an dem Treffen teilnahm. “Am Ende war es nicht so schlimm.”