19.04.2021

Die exzentrische Tech-Milliardärin namens Wolfe-Herd

In seiner aktuellen Kolumne porträtiert Mic Hirschbrich Bumble-Gründerin Whitney Wolfe-Herd, die jüngste Selfmade-Milliardärin der Welt.
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brutkasten-Kolumnist Mic Hirschbrich über die Tech-Milliardärin Whitney Wolfe-Herd | (c) Kristen Kilpatrick Photography
brutkasten-Kolumnist Mic Hirschbrich über die Tech-Milliardärin Whitney Wolfe-Herd | (c) Kristen Kilpatrick Photography

Der Nachname der Ausnahme-Unternehmerin Whitney Wolfe-Herd gibt einen Hinweis darauf, in welcher Industrie sie sich durchsetzen muss. Die Tech-Branche gilt als testosterongetränkt und männlich dominiert. Die Frage, wer ein Rudel anführt, wird oft von erbitterten Kämpfen entschieden. Keine einfachen Bedingungen für eine junge Frau.

Bekannt wurde Wolfe-Herd als Mitgründerin der Dating-App Tinder. Heute leitet sie das gehypte Matching-Startup Bumble. Damit absolvierte sie diesen Februar einen Milliarden-schweren IPO und scheint somit erneut auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. Doch wer ist dieses große Talent und was treibt sie an?

Whitney Wolfe-Herd: Mit 31 Jahren zum Milliarden IPO

Über komplizierte Wege wird sie zunächst Teil des Gründungs-Teams von “Matchbox”, einer App, die den US-Datingmarkt revolutionieren soll. Die Marketing-Managerin Wolfe-Herd verleiht der App den heute berühmtesten Namen aller Dating-Apps: Tinder. Der Name wirkt auf deutsch sperrig und meint “Anzündhilfe”. Im englischen steht er aber genial für das Versprechen einer App, die alleine heuer rund acht Millionen Menschen dabei helfen wird, einen Beziehungs- oder Sex-Partner zu finden.

Nach nur zwei Jahren verlässt Wolfe Tinder, weil sie sich mit dem Team zerstreitet, bzw. von diesem hinaus-gemobbt wird, wie sie es Medien berichtet. Das Silicon Valley stützt in dem Streit die Seite der männlichen Kollegen. Etwas, das sie aber dazu bewegen wird, es “erst recht wissen zu wollen”.

Neustart mit Bumble

Mit Hilfe eines russischen Investors startet sie 2014 also den Tinder-Konkurrenten Bumble. Damit gibt sie, auch dank der Erfahrung mit der Tinder-App, das Versprechen ab, Frauen eine bessere und sicherere Dating-Erfahrung zu ermöglichen. Und genau das war es, was der Markt offenbar brauchte. In Kürze avancierte Bumble zu der am schnellsten wachsenden Dating-App in beiden App-Stores. Um fast 600 Prozent wuchs die frauenfreundliche App alleine in den ersten beiden Jahren seit Launch.

(c) Bumble

Reich durch eine frauenfreundliche Value-Proposition

Rund 12 Prozent von Bumble gehören Wolfe-Herd, was ihr nach dem kürzlich absolvierten IPO ein Nettovermögen von 1,3 Milliarden Dollar beschert – sie ist damit die jüngste Self-Made-Milliardärin der Welt. Die App hat heute eine Bewertung von etwas über 87 Milliarden Dollar. Nebenbei leitet sie auch die erfolgreiche Dating-App Badoo. Zusammen haben die beiden Apps 40 Millionen User.

Wolfe-Herd lehnt den üblich gewordenen und glatten “Konzernsprech” ab, spricht offen und direkt über ihre Ansichten. Die fast 900.000 gemeldeten Beanstandungen bei Bumble, die Hass oder Gewalt beinhalteten, lässt sie mit Künstlicher Intelligenz rasch finden und löschen. Besonders am Herzen liegen ihr aber Frauen-Rechte. Und so richtet sich ihre letzte Kampagne gegen “body shaming”.

Whitney Wolfe-Herd: Richtige Vorbilder wirken stärker

Wolfe-Herd hat einen spannenden Weg gewählt, sich in Frauen-Fragen zu engagieren. Sie hat nämlich ein erfolgreiches Geschäftsmodell darauf aufgebaut, die Frau ins Zentrum ihrer Dating-Logik zu stellen und ihr die entscheidende Handlungs-Macht gegeben. Wenn man so will, ist das “positive Diskriminierung” mittels Algorithmen. Denn bei Bumble machen immer die Frauen den ersten Schritt beim Dating, “sicher und respektvoll” – wie es auf der Website heißt.

Whitney Wolfe-Herd ist eine Self-Made-Milliardärin, die es in der Tech-Branche ganz nach oben geschafft hat. Vor allem aber ist sie ein Vorbild. Denn kein Appell an junge Frauen, sich für MINT-Fächer zu begeistern und keine Quote wirken so stark, wie erfolgreiche weibliche Vorbilder in dieser Industrie.

Dass Wolfe-Herd kaum jemand kannte, wir aber ständig mit Neuigkeiten über Neo-Milliardärs-Kollegin Kim Kardashian überhäuft werden, mag typisch für unsere Zeit sein, ist aber auch grundfalsch.

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Lalamu, Konkurs
(c) Lalamu

Zuerst eine Tonspur, dann das Video eines Gesichts (etwa auch auf einem Foto oder nicht allzu abstrakten Gemälde oder sogar auf einer Statue) aufnehmen – fertig. Die Aufnahmen werden vom Server mittels KI-basiertem Tool verarbeitet. Das Lip Sync-Video kommt nach ein paar Sekunden zurück und kann auf TikTok und Co gepostet werden. Das konnte das Produkt des Wiener Startups Lalamu.

Lalamu: Neben Lip-Sync auch B2B-Angebot

Die B2C-App, die in der Basis-Version kostenlos war und für die es mehrere Packages mit längerer Video-Dauer und ohne Werbung zu kaufen gab, war jedoch nicht der einzige Geschäftszweig. Lalamu wollte auch mit einem B2B-Angebot durchstarten. Konkret wandte man sich an Filmindustrie, Museen und Agenturen, die das AI-Algorithmus-basierte Tool des Startups für ihre Zwecke einsetzen sollten.

Mit diesen Vorhaben konnte man ein Investment ergattern: Das Wiener Unternehmen holte sich insgesamt 245.000 Euro von Investor:innen. Es wurde auch ins Microsoft for Startups-Programm aufgenommen, schaffte es mit der Lalamu Studio App in den Canva App Store mit mehr als 400.000 Usern und entwickelte schlussendlich die unabhängige Web-Platform lipsyncer.ai. Nun aber berichtet der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) vom Konkurs des KI-Startups.

Konkurs eröffnet

“Die LaLaMu EntertAInment GmbH kann ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Vom zuständigen Handelsgericht Wien wurde ein Konkursverfahren eröffnet”, heißt es dort.

Das sagt der Founder

Auf Anfrage erklärt Founder Matthias Spitzer, dass es in einer Zeit, in der das Startup Unterstützung gebraucht hätte, etwa für neue Developer, keine gegeben habe. Die Konkurrenz aus den USA (Runway und Sync Labs) hätten dagegen über die letzten Jahre mehrere Millionen US-Dollar an Investment erhalten.

“Das ist ein Genickbruch”, sagt Spitzer. “Da kommst du nicht mehr weiter.” Lalamu habe noch versucht mit Lipsyncer.ai “die Kurve zu kratzen”, habe die Videoqualität verbessert und optimiert, damit sie etwa bei Werbevideo-Vorproduktionen oder Erklärvideos zum Einsatz kommen kann. Doch leider hätten die vielen User:innen bloß den Free Modus-Bereich genutzt, wie der Founder erwähnt.

“Unser Umsatz hat es einfach nicht erlaubt, zu wachsen”, ergänzt Spitzer. “Wir wurden links und rechts überholt. Eigentlich waren wir ja eine Zeit lang im Sektor weltweit bekannt bzw. namhaft und spürten eine klare Bewegung nach vorne. Wir haben uns sehr erhofft mehr gesehen zu werden und eine großzügige Finanzspritze zu erhalten. Aber, was wirklich schade ist, keiner in Österreich hat sich getraut im großen Stil zu investieren.”

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