15.07.2021

WhatsApp Web funktioniert nun unabhängig vom Handy

In einem nun gestarteten Beta Test können User WhatsApp auf bis zu fünf Geräten gleichzeitig nutzen, ohne dafür mit dem Smartphone online zu sein.
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WhatsApp Web unabhängig vom Handy
(c) WhatsApp

Viele Jahre lang hätten sich User das bereits gewünscht, nun ist es soweit, heißt es von WhatsApp in einem Blogpost: Der zum Facebook-Konzern gehörende Messenger kann jetzt – vorerst in einem eingeschränkten Beta-Test – neben dem Handy auf vier weiteren Geräten (z.B. am Desktop via WhatsApp Web) gleichzeitig genutzt werden, unabhängig davon, ob das Smartphone, mit dessen Nummer man registriert ist, gerade Empfang oder Akku hat bzw. überhaupt auffindbar ist. Diese vier Geräte dürfen jedoch keine weiteren Handys sein.

WhatsApp Web unabhängig vom Handy: Gesamte Architektur neu aufgestellt

Um das zu ermöglichen, habe man die gesamte Software-Architektur neu aufstellen müssen, heißt es vom Unternehmen. Die größte Herausforderung sei es gewesen, die End-to-End-Verschlüsselung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Daten wie Kontakte und Chat-Archive geräteübergreifend synchronisieren zu können. Es sei gelungen, “das sichere Benutzererlebnis über alle Geräte hinweg beizubehalten, ohne die privaten Nachrichten der Benutzer auf unseren Servern auf neue Art und Weise speichern zu müssen”. Bislang habe es einen einzelnen Identitäts-Schlüssel pro User gegeben, nun gebe es einen pro benutztem Gerät, damit der WhatsApp-Server weiterhin nur der Zuordnung der Nachrichten diene.

Account-Sperren für Nutzer inoffizieller App-Versionen

In einem anderen Statement auf seiner Page kündigte WhatsApp an, fortan mit vorübergehenden Account-Sperren hart gegen die Nutzung von inoffiziellen Versionen der App vorgehen zu wollen. “WhatsApp Plus, GB WhatsApp oder Apps, die behaupten, deine WhatsApp Chats zwischen Telefonen zu verschieben, sind veränderte Versionen von WhatsApp. Diese inoffiziellen Apps werden von Dritten unter Verletzung unserer Nutzungsbedingungen entwickelt. WhatsApp unterstützt diese Apps von Drittanbietern nicht, da wir deren Sicherheitsverfahren nicht überprüfen können”, heißt es im Post. Dazu liefert das Unternehmen eine Erklärung, wie man Chatverläufe und Co. behalten kann, wenn man zur offiziellen Version wechselt.

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Andreas Hladky | (c) PwC Österreich

Als vor über 20 Jahren das Internet das Licht der Welt erblickte, erkannten amerikanische Manager und Unternehmer rasch das volle Potential der Technologie. Mit einem Heimmarkt von 300 Millionen Kunden, einem milliardenschweren Innovationscluster an Unternehmen und Universitäten und dem notwendigen unternehmerischen Mindset machten sich einzelne Visionäre an die Arbeit.

Das Ergebnis kennen wir: jeden Abend verschieben wir mit unseren Daumen und Zeigefingern Wertschöpfung von Europa nach Amerika – wenn wir auf Amazon Waren bestellen, Netflix oder Disney+ Serien auf unseren Apple-Geräten genießen, durch Facebook, Instagram oder LinkedIn scrollen und parallel dazu WhatsApp Nachrichten senden. Europa? Kaum dabei.

TED AI Vienna Konferenz

Vierundzwanzig Jahre später fand nun am vergangenen Wochenende unter Teilnahme führender internationaler Köpfe die TED AI Vienna Konferenz in Wien statt. Sie begann mit einem kritischen Statement von KI-Legende Sepp Hochreiter, der von einem besorgniserregenden Innovationsumfeld in Europa sprach und davon berichtete, wie Unternehmen dem Umgang mit KI ebenso skeptisch gegenüberstünden wie ehemals dem Web und europäische Erfindungen anderswo aufgegriffen und ökonomisch erfolgreich gemacht werden.

Diese Beobachtung teilten und teilen viele Mitglieder und Teilnehmer der österreichischen Innovationscommunity in den nachfolgenden Sessions und informellen Gesprächen rund um die TED AI, egal ob in Unternehmen oder Startups, jung oder alt, in der Forschung oder der Praxis: wir sind gerade dabei, den nächsten technologischen Innovationssprung aussitzen zu wollen.

Europas Wohlstand in Gefahr

Europa genießt immer noch die Ernte einer beispiellosen und mittlerweile jahrhundertealten Erfolgsgeschichte: Innovationen vorwiegend des 19 Jahrhunderts ermöglichten einen Siegeszug in so gut wie allen Branchen und Bereichen. Seit vielen Jahrzehnten schon wird dieser Erfolg nur mehr verwaltet, optimiert und adaptiert: ein wenig Wachstum hier, ein paar Prozent Umsatzplus dort, ein wenig Margenoptimierung oder anorganisches Wachstum – fertig. Das eigene Geschäftsmodell radikal zu hinterfragen, geschweige denn neu zu erfinden ist nicht Teil der Aufgabe. Und genau dieser Umstand – der Fokus europäischer Entscheidungsträger in Politik und Unternehmer auf risikooptimiertes Vorankommen bedroht unseren Wohlstand nun in zunehmendem Maße.

Neue Technologien als Bedrohungspotential?

Bei genauer Betrachtung klingt hohl, womit wir uns in Europa schmücken, wenn wir etwa bei neuen Technologien sofort über deren Bedrohungspotential diskutieren und uns daran machen, ebendieses zu zähmen noch ohne selbst überhaupt überzeugende, skalierbare und wertschöpfungsorientierte Lösungen gebaut zu haben (oder bauen zu können), die unseren europäischen Werten entsprechen. Regulatorik ist wichtig und wir können stolz darauf sein, in Europa die Gefahren neuer Technologien zu erkennen und rechtzeitig mitigieren zu wollen. Aber Regulatorik ersetzt und ermöglicht nicht per se die milliardenschweren Industrien, die in den USA, Asien und teilweise auch schon Afrika entstehen und dort Wohlstand und Wertschöpfung sichern.

Wir brauchen Investitionen

Die TED AI in Wien hat uns vor Augen geführt, dass hohe Investitionen in Forschung, Entwicklung, für Unternehmen und Standorte dringend notwendig sind, um ein Umfeld zu schaffen, dass auch nur annähernd im Wettbewerb bestehen kann. Auch wenn wir es kaum wahrnehmen wollen: Daten werden immer öfter ganze Branchen und Geschäftszweige ersetzen und je länger wir uns dieser Erkenntnis gegenüber abwartend verhalten, umso mehr Wertschöpfung, umso mehr Arbeitsplätze, umso mehr Wettbewerbsfähigkeit wird verloren gehen. Auf eine neue Steinzeit zu hoffen oder zu glauben, dass wir als Freilichtmuseum des Planeten Innovationsleistung ersetzen können, ist keine Strategie. TED AI hat uns die Zukunft gezeigt; sie anzunehmen – das ist unsere Aufgabe.


Andreas Hladky ist Partner bei PwC Österreich und Leiter des Bereichs Digital Consulting. Mit seinem Team unterstützt er Unternehmen in allen Branchen bei der digitalen Transformation. Als Gründer eines führenden Beratungsunternehmens für den digitalen Wandel und erfahrener Keynote Speaker ist er Experte für Geschäftsmodell-Innovationen.

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