28.02.2022

Innsbrucker Forscherteam untersucht Einsatz von Wasserstoff-Bussen in Österreich – erster Bus bereits in Wien unterwegs

Der HyBus von Hyundai bringt wasserstoffbetriebene Busse in den österreichischen Nahverkehr. Nach Wien, sollen die Busse auch andere österreichische Städte auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen.
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HyBus-Konsortorium (v.l.): Nikolaus Fleischhacker, Theresia Vogel, Mari Matsuo, Andreas Solymos, Mark Perz, Peter Wiesinger © Stefan Gruber
HyBus-Konsortorium (v.l.): Nikolaus Fleischhacker, Theresia Vogel, Mari Matsuo, Andreas Solymos, Mark Perz, Peter Wiesinger © Stefan Gruber

Österreich plant bis 2040, spätestens 2050, Klimaneutralität zu erreichen. Zur Verfolgung dieses Ziels müssen auch Alternativen in der Mobilität und in der öffentlichen Infrastruktur geschaffen werden. Nun sind im österreichischen Nahverkehr erstmals Wasserstoff-Busse im Einsatz. Der ELEC CITY Wasserstoff-Bus des südkoreanischen Automobilherstellers Hyundai stellt eine Alternative zu Batterie-Bussen dar und bietet eine Möglichkeit, die vorgeschriebenen Mindestquoten von Null-Emissions-Fahrzeugen in öffentlichen Verkehrsbetrieben zu erreichen. Im Kontext eines Innsbrucker Forschungsprojekts sollen die Busse zukünftig nicht nur in Wien, sondern auch in Graz und im Zillertal eingesetzt und getestet werden. Ziel ist es, im Zuge einer Langzeituntersuchung die Implementierung von Wasserstoffbussen in Österreich durchzusetzen.

Innsbrucker Forschungsteam ermöglicht das Projekt

Das europäische “Clean Vehicle Directive” legt fest, dass öffentliche Verkehrsbetriebe bei Neubestellungen zukünftig eine Mindestzahl an Null-Emissions-Fahrzeugen erreichen muss. In Österreich liegt dieser Wert bis 2025 bei 45 Prozent und bis 2030 bei 65 Prozent (mit Ausnahmen beim Einsatz von Doppeldeckerbussen). Österreichs Verkehrsbetriebe haben also eine wachsende Notwendigkeit, grüne Alternativen in ihren Fuhrpark zu integrieren. Bereits im Dezember wurde der ELEC CITY Wasserstoff-Bus von Hyundai auf Wiens Straßen in Betrieb genommen.

Das österreichweit ausgerichtete Projekt “HyBus-Implementation” soll zudem im kommenden Sommer auf die Straßen von Graz und dem Zillertal ausgeweitet werden. Ermöglicht wird es durch das Innsbrucker Forschungsteam der FEN Research GmbH. Außerdem erhält es Fördermittel in Höhe von 1,8 Millionen Euro vom Klimaschutzministerium. Die Forschungsergebnisse werden wiederum im Innsbrucker Wasserstoffzentrum HyWest zusammengeführt, wo verschiedene Projekte mit Fokus auf dem Aufbau und der Entwicklung einer grünen Wasserstoffwirtschaft in Zentraleuropa aktiv sind.

Das Projektteam wurde am Green Energy Center Europe in Innsbruck zusammengestellt und besteht aus der Hyundai Import GmbH, der Holding Graz Kommunale Dienstleistungen GmbH, der Wiener Linien GmbH & Co KG, der Zillertaler Verkehrsbetriebe AG sowie der FEN Research GmbH und weiteren Partnern aus dem Bereich der Wasserstoff-Infrastrukturwirtschaft. Das Green Energy Center Europe wurde vom Geschäftsführer der Hyundai Import GmbH, Roland Punzengruber, und Ernst und Nikolaus Fleischhacker von FEN Research in Innsbruck gegründet. Diese bezeichnen das Center als privatwirtschaftliche Initiative zum Bau von Brücken in eine grüne Zukunft.

In den kommenden drei Jahren will das Projektkonsortium rund um das Forscherteam herausfinden, welche Bedingungen den Realbetrieb der 700 bar Wasserstoff-Busse von Hyundais erster Serie ermöglichen und wichtiges Know-how für die Verkehrsbetriebe gewinnen.

“Mit den Langzeiterfahrungsdaten erforschen wir die kritischen Punkte für die Beschaffung, die systemisch-, logistischen Voraussetzungen für den regional-autonomen Betrieb und die Anpassung des weltweit ersten Serien-Buskonzeptes aus Korea für den europäischen Markt. Darüber hinaus gehen wir gezielt der in Europa viel diskutierten Frage nach dem „richtigen“ Betriebsdrucklevel – 700 bar vs. 500 bar vs. 350 bar – nach,” erklärt Nikolaus Fleischhacker, HyBus-Projektleiter und Geschäftsführer der FEN Research GmbH am Green Energy Center Europe in Innsbruck.

Das “HyBus-Implementation”-Projekt will also Wasserstoff-Busse in drei verschiedenen Betriebsfällen einsetzen. Im Forschungszeitraum von drei Jahren werden 700 bar Wasserstoff-Busse aus der Serie Hyundai ELEC CITY FC Busse im urbanen Betriebsfall bei den Wiener Linien, im regionalen Betriebsfall bei den Graz Linien und im alpinen Tourismusbetriebsfall bei den Zillertaler Verkehrsbetrieben untersucht. Besonderer Fokus wird hier auf den Punkten fehlende Wasserstoff-Infrastruktur, hohe Anschaffungskosten der FCE-Busse, Anpassung des koreanischen ELEC CITY FC Buskonzeptes auf den europäischen Standard und die Nicht-Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff liegen.

Batterie-Busse vs. Wasserstoff-Busse

Mit Blick auf die Klimaziele stellen neben Wasserstoff-Bussen auch Batterie-Busse eine relevante Option für die Verkehrsbetriebe dar. Dabei gilt es die hohe Effizienz von Batterie-Bussen, aber auch die ausbaufähigen Anforderungen an Ladedauer und Reichweite zu beachten. Auch das Laden selbst benötigt hohe (und immer teurer werdende) Strombereitstellungsleistungen und für viele Höhenmeter sind sie eher ungeeignet.

An dieser Stelle können Wasserstoff-Busse punkten. Sie sind dazu in der Lage über weite Strecken auch schwere Lasten zu befördern. Zudem hat der erfolgreiche Einsatz im ersten Winterbetrieb 2021 gezeigt, dass die Busse auch im Winter verlässlich starten und nur kurze Zeiten zur Betankung beanspruchen. Dadurch, dass grüner Wasserstoff lokal-regional produziert und gespeichert werden kann, hätte man hier außerdem die Möglichkeit zu einem krisensicheren und energie-autonomen System.

Allerdings ist bei Wasserstoff-Bussen von Nachteil, dass sie aktuell noch sehr teuer sind, da sie ausschließlich in ersten Klein-Serien verfügbar sind. Die nötige Infrastruktur muss somit erst noch entwickelt werden. Für die Umstellung fehlt also noch das nötige Know-how. An dieser Stelle möchte das Forschungsprojekt ansetzen.

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Die Wiener Innovationskonferenz fand im Wiener Rathaus statt. Am Panel sind Moderator Dejan Jovicevic mit Karin Tausz, Rene Heinzl, Anita Ender, Monika Unterholzner und Philip Walther | Foto: Fabian Krausböck, brutkasten

Die Brutkasten Media GmbH unterstützte als Eventagentur bei der Umsetzung der 10. Wiener Innovationskonferenz.


Die 10. Wiener Innovationskonferenz fand dieses Jahr vom 28. bis zum 30. Jänner im Wiener Rathaus bzw. online statt. Im Dialog aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Quantenphysik, Life Science und urbaner Infrastruktur berichteten Expert:innen von aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen.

Alle waren sich einig: Der Standort Wien hat enormes Potenzial, wenn Unternehmen, Universitäten und Risikokapitalgeber an einem Strang ziehen – mit einem klaren Bekenntnis zu raschem Handeln und mutigen Experimenten.

Wie halten wir Forschung, Innovation und Talente im Land?

Als Moderator führte brutkasten-Founder Dejan Jovicevic durch die Diskussionen. Eine zentrale, für die Zukunft Österreichs wegweisende Diskussion fand im Zuge des Panels “Wie werden aus technologischen Stärken Innovationen?” statt.

Für das Podium waren Karin Tausz, Anita Ender, Monika Unterholzner sowie Philip Walther und Rene Heinzl eingeladen. Gemeinsam beleuchteten die Expert:innen, wie man die in Österreich vorhandene Forschungskraft noch besser in global konkurrenzfähige Anwendungen und damit in zukunftsweisende Innovationen überführen könnte.

Zentrale Fragen blieben dabei stets präsent: Wie lässt sich die stark wachsende Forschung noch besser in marktreife Lösungen übersetzen? Wie kann ein innovativer Spirit im Ökosystem verankert werden? Und was braucht es, um Talente im Land zu halten?

Neuer Schwung für KI und Quantentechnologie

Rene Heinzl, Founder und CEO der Building Digital Solutions GmbH 421 sowie Co-Founder der datAInsights GmbH, betonte, dass sein Team an einem Ansatz zur „Eliminierung und Reduzierung von Halluzinationen“ in KI-Systemen arbeite.

„Der Zug ist absolut nicht abgefahren”, so Heinzl zur länderübergreifenden KI-Thematik. Ihm zufolge könne auch eine vermeintlich kleine Firma in kürzester Zeit an die Spitze kommen, wenn sie auf die richtigen Technologien und auf intelligente Talente setze. Die technologische Basis dazu sei vielerorts bereits vorhanden.

„Wir haben unglaubliches Potenzial”

Auch Philip Walther, Professor für Quantenphysik an der Universität Wien und Mitgründer von Qubo Technology, zeigte Parallelen zwischen den Entwicklungen in der KI und in der Quantentechnologie auf. Walther sieht in der aktuellen Dynamik ein Symbol für die Chancen am Forschungsstandort Österreich: „Wir haben unglaubliches Potenzial”, so der Professor.

Allerdings dürfe man nicht zögern: Gerade bei der Quantentechnologie sei es „allerhöchste Eisenbahn”, zu investieren, um mit internationalen Entwicklungen mitziehen zu können.

Walther sieht ein enormes Potenzial in der Zusammenarbeit zwischen akademischer Forschung und Startups. Er betonte die Notwendigkeit, mehr junge Menschen für den Weg in die unternehmerische Umsetzung zu begeistern. Ein Hub zur Verschmelzung von Forschung und Unternehmertum könne dazu einen erheblichen Beitrag leisten.

Interner Fördertopf in der urbanen Infrastruktur

Monika Unterholzner, Generaldirektor-Stellvertreterin der Wiener Stadtwerke, stellte den praktischen Nutzen neuer Technologien im urbanen Raum in den Vordergrund. Sie berichtete, wie ihre Organisation „das Commitment zum Experimentieren” unterstützt und bereits zahlreiche Projekte in den Bereichen Mobilität und Energiewende vorantreibt. In der Praxis heißt das zum Beispiel KI-basierte Analysen, Drohnentechnologie zur Inspektion von Anlagen oder On-Demand-Verkehrskonzepte.

„Wir haben einen internen Fördertopf aufgelegt, mit dem wir Experimente und Pilotprojekte gezielt unterstützen“, so Unterholzner. Sie verwies darauf, dass die IT-Strukturen innerhalb der Stadtwerke in den letzten Jahren um das Doppelte gewachsen seien. Zudem sprach sie sich für eine intensive Zusammenarbeit mit Universitäten und Startups aus, um Innovation schnell in Betriebe zu bringen.

Silos aufbrechen und auf Augenhöhe kooperieren

Auch im Bereich Biomedizin sei die Zeit reif, betonte Anita Ender, Administrative Director bei CeMM und AITHYRA. Ender sprach aus Erfahrung über den Ausgründungsprozess: Vielen jungen Talenten sei es nicht klar, dass sich Forschungsfreiheit und unternehmerisches Denken nicht ausschließen. 

Ender machte deutlich, dass der Brückenschlag zwischen akademischer Forschung und Industrie gelingen muss: „Man muss zulassen, dass es auch Zusammenarbeit auf Augenhöhe gibt – zwischen der Industrie und der Grundlagenforschung.“ Dabei betonte sie, dass Innovationskraft nicht zwingend zur Gründung eines Startups führen muss, sondern auch in interdisziplinären Forschungskooperationen wirksam werden könne. 

Enders Worte zeigten, wie wichtig es ist, Silos aufzubrechen und den offenen Austausch zwischen den Disziplinen zu fördern. Für sie beginnt Innovation schon in Laboren, sie braucht aber Kooperationsmodelle auf Augenhöhe mit Unternehmen.

Finanzierung und Skalierung als Knackpunkte

Karin Tausz, Geschäftsführerin der FFG, richtete den Blick auf Fördermaßnahmen und langfristige Strategien. „Wir brauchen eine 4-Prozent-Forschungsquote“, sagte sie. Nur mit ausreichenden Mitteln ließen sich zentrale Zukunftsfelder besetzen. Sie verwies auf den guten Status quo im Förderbereich: „Wir sind sehr, sehr gut im Bereich der Frühphasenförderung.“ Gerade Gründer:innen aus Universitäten holen sich hier wichtige Starthilfe.

Gleichzeitig sah Tausz im Bereich der Skalierung Aufholbedarf. Die öffentliche Hand könne den ersten Schub geben, doch für den Sprung zu weltweiten Märkten fehle es häufig an Risikokapital aus privater Hand.

Wien soll zum “Brain Magnet” werden

Rene Heinzl bestätigte, wie entscheidend ein zügiger Marktzugang sei, um auf internationaler Ebene mitzuhalten. „Man kann heutzutage von einer Grundidee innerhalb ganz weniger Wochen einen Proof of Concept oder ein Minimal Viable Product schaffen“, erklärte er. Kürzere Abstimmungsprozesse seien eine Lösung, um Innovationen schneller auf den Markt zu bringen. 

Unverkennbar sind sich die geladenen Expert:innen einig: Vernetzung ist ein zentraler Schlüssel zu Innovation. Kooperationen zwischen Universitäten, Unternehmen und Investoren müssen gefördert werden. Die Voraussetzungen zur Ansiedelung internationaler Talente sind da, so Philip Walther. Immerhin zeichnet sich Wien immer wieder als eine der lebenswertesten Städte der Welt aus. Auch er habe Angebote in Amerika bekommen und sei freiwillig wieder nach Wien zurückgekommen. 

Sein Ziel: Aus der Stadt Wien einen “Brain Magnet” zu machen. Das heißt: Gute Leute gezielt zu behalten und Talente aus internationalen Märkten anzuziehen: “Weil egal, was wir für Initiativen haben: Innovation kommt von Leuten und von Talent. Wenn man eine Schlüsselperson verliert, verliert man meistens ein ganzes Team.” 

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