19.02.2020

Was ist People Analytics? Experte David Green im Gespräch

Was ist People Analytics? Experte und Pionier David Green beantwortet im Interview die wichtigsten Fragen zum HR-Trendthema und erklärt den Zusammenhang mit Employee Experience.
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David Green - Was ist People Analytics?
(c) insight222: David Green
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David Green ist Autor, Redner, Konferenzleiter und Top-Berater im Thema Future of Work. Er gilt als Pionier im Feld People Analytics und datengestützte HR. Als Managing Partner und Executive Director bei Insight222 arbeitet er auch als Dienstleister mit globalen Unternehmen als Kunden in dem Bereich. Aber was ist People Analytics? Im Gespräch mit dem brutkasten erklärt Green die wichtigsten Aspekte des neuen HR-Trendthemas und erläutert, wie es mit Employee Experience zusammenhängt.

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Event-Tipp: Employee Experience Summit 2020

David Green tritt beim Employee Experience Summit 2020 am 06. Oktober im Hotel Andaz am Belvedere in Wien auf, der von LSZ Consulting, Max Lammer und dem brutkasten co-veranstaltet wird.

⇒ Hintergründe zum EX Summit

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Bitte eine kurze Erklärung: Was ist People Analytics?

Es gibt viele Definitionen von People Analytics, aber diejenige, die ich bevorzuge und die wir bei Insight222 verwenden, ist: “People Analytics ist die Entdeckung, Interpretation und Kommunikation von aussagekräftigen Mustern in Workforce-bezogenen Daten, um die Entscheidungsfindung zu unterstützen und die Leistung zu verbessern“. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass die Methode Erkenntnisse liefert, die die Entscheidungsfindung bei wichtigen Fragen unterstützen, die zu besseren Geschäftsergebnissen führen. People Analytics sollte nicht mit dem HR-Reporting verwechselt werden, das zwar wichtig ist, aber nur Informationen darüber liefert, was passiert ist. Es kann helfen zu verstehen, warum es passiert ist, was als nächstes passieren könnte und wie man darauf reagieren kann.

Was sind die wichtigsten Datenquellen dafür?

Starte nicht mit den Daten, sondern mit der Business-Frage, die du zu lösen versuchst, und denk dann über die Datenquellen nach, die du dafür benötigst. Dies ist wahrscheinlich die wichtigste Regel bei People Analytics und ein Fehler, der meiner Erfahrung nach sehr häufig gemacht wird. Mit dem Business-Problem zu beginnen hilft, die Arbeit zu fokussieren, Ressourcen sinnvoll zu priorisieren und in der Organisation Unterstützung für ein Analyseprojekt zu gewinnen. Unabhängig von der behandelten Frage muss man in der Regel Personendaten (Anm. “People Data”; meist aus HR-Systemen), Betriebsdaten und zunehmend auch Daten von außerhalb des Unternehmens zusammenführen. Wenn man etwa verstehen will, wie man die Performance im Sales-Bereich vorantreiben kann, sollte man genau das machen. Personendaten der Sales-Kräfte können mit Betriebsdaten, etwa zur gemessenen Performance und externen Daten, etwa Benchmarks zusammengeführt werden, um die Frage zu analysieren und zu beantworten.

Ab welcher Unternehmensgröße ist People Analytics sinnvoll?

People Analytics ist der am schnellsten wachsende HR-Teilbereich. Ich habe es mehrmals erlebt, dass sich Teams, mit denen wir bei Insight222 zusammenarbeiten, in den letzten 12 Monaten verdoppelt, verdreifacht oder sogar vervierfacht haben – selbst wenn zeitgleich die Größe des HR-Teams geschrumpft ist. Die überwiegende Mehrheit der großen Unternehmen mit 10.000 oder mehr Mitarbeitern verfügt heute über ein Team für People Analytics. Diese ist aber nicht nur auf große Unternehmen beschränkt. Jedes Unternehmen hat Business-Herausforderungen zu lösen, bei denen Erkenntnisse über Workforce-bezogene Daten zu besseren Entscheidungen und Ergebnissen beitragen können. Jedem Unternehmen, das noch kein Team für die People Analytics eingerichtet hat, würde ich raten, jetzt damit zu beginnen.

Das zweite große HR-Thema derzeit ist Employee Experience (EX). Sie wird üblicherweise als stark abhängig von zwischenmenschlichen Beziehungen beschrieben. Wie passt das mit dem statistischen People Analytics-Ansatz zusammen?

Interessanterweise sind viele der rund 70 People Analytics-Teams, mit denen wir bei Insight222 zusammenarbeiten, auch für die Gestaltung und Evaluation der Employee Experience in ihren Unternehmen verantwortlich. Ich glaube, dass diese Kopplung von People Analytics und EX aus mehreren Gründen wichtig ist. Erstens kann die Analytik dabei helfen, die “moments that matter” der Mitarbeiter zu identifizieren, auf die sich die EX-Bemühungen ja konzentrieren sollten. Zweitens kann die Analytik helfen, den Wert von EX für eine Organisation und ihre Auswirkungen auf geschäftskritische Metriken wie Umsatz, Gewinn und Customer Experience zu bestimmen. Und schließlich kann die Analytik Unternehmen dabei helfen, die Maßnahmen zu ermitteln, die sie ergreifen sollten, um die Employee Experience am besten zu verbessern und zu steigern.

Was sind deiner Erfahrung nach die Ergebnisse von People Analytics, die den größten Einfluss auf EX haben?

Ähnlich wie die Analytik den Unternehmen geholfen hat, die Customer Experience besser zu verstehen, zu gestalten und zu personalisieren, so tut die People Analytics dasselbe für die Employee Experience. Unternehmen wie IBM, wo ich früher gearbeitet habe, haben die Methode zur Personalisierung von Bereichen wie innerbetriebliches Lernen, Karrierepfade, Onboarding und sogar zur vollständigen Überarbeitung und Neugestaltung ihres Performance-Management-Systems eingesetzt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass immer mehr Unternehmen People Analytics einsetzen, um ihre Belegschaft besser zu verstehen, was ihnen anschließend hilft, gemeinsam mit den Mitarbeitern HR-Strategien zu entwickeln, die personalisierter sind, mehr Wert generieren und letztendlich zu einer besseren Employee Experience führen.

Abschließend: Wie wichtig werden People Analytics und Employee Experience in den nächsten Jahren werden?

Nun, im LinkedIn-Report Global Talent Trends 2020 werden die beiden als die zwei wichtigsten Trends hervorgestrichen, die die Art und Weise verändern, wie Unternehmen Mitarbeiter anziehen und halten, was darauf hindeutet, dass ihre Bedeutung bereits hoch ist und wahrscheinlich noch zunehmen wird. Ich glaube, dass People Analytics und EX das Potenzial haben, die HR-Abteilungen komplett umzugestalten – zum Besseren – und ihnen dabei zu helfen, eine wichtigere Funktion mit größerer Wirkung einzunehmen, die den Unternehmen mehr Wert liefert und die führende Rolle dabei spielt, unsere Arbeitsplätze besser, fairer und menschlicher zu gestalten.

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Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith | Foto: brutkasten

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

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