28.06.2024
ESSENSZEIT

Was Ernährung am Arbeitsplatz können muss

Hunger? Dann solltest du zum Snack greifen. Ja, richtig gelesen: Snacken ist durchaus okay – und manchmal sogar besser als hungern. Diesen und viele weitere Mythen über Ernährung am Arbeitsplatz klären zwei Expert:innen.
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Ob Snack oder Mahlzeit - Ernährung prägt auch die Performance am Arbeitsplatz (c) Adobe Stock/Alliance

Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Ausgabe unseres Printmagazins. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.


Essen ist Medizin oder Gift, gibt uns Energie oder kann uns dieser berauben. Essen macht schlank, dick, müde, klug oder gar erfolgreich. Essen kann viel Gutes tun, vieles aber auch kaputt machen – und zwar nicht nur in Magen, Darm oder Leber, sondern auch rund um Herz, Kreislauf und Psyche.

Welche Ernährungsweisen sich im Bürojob eignen und mit welchen Mythen endlich abgerechnet gehört? Brutkasten hat mit Ernährungsmediziner Professor Kurt Widhalm des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE) gesprochen. Im Interview bezieht er sich auf wissenschaftliche Studien des ÖAIE und erklärt, welche Rolle Ernährung am Arbeitsplatz spielt.

In Kombination dazu erzählt Katharina Kaltenegger, Ernährungsberaterin und neben Elisabeth Saathen Co-Gründerin der Ernährungsberatung “Fokus Ernährung”, warum wir uns eher darauf konzentrieren sollten, unseren Körper zu nähren, als ihn mit Verboten einzuschränken. Und lüftet das Geheimnis, warum Snacks nicht immer schlecht sind.


brutkasten: Macht die richtige Ernährung am Arbeitsplatz tatsächlich einen Unterschied, wie erfolgreich man im Job ist?

Widhalm: Ja und nein. Man kann Ernährung und deren Effekte am Arbeitsplatz nicht vom Lifestyle trennen, den man außerhalb des Jobs pflegt. Das Ganze wird dadurch erschwert, dass wir in Österreich ein Problem mit ernährungsabhängigen Erkrankungen wie Übergewicht haben. 50 Prozent der Erwachsenen und 30 Prozent der Jugendlichen sind überernährt – und somit für ernährungsabhängige Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislaufprobleme und Gelenkprobleme anfällig. Man darf aber nicht alle in einen Topf werfen: Es macht einen Unterschied, ob ein 100 Kilo schwerer Mann oder eine 44 Kilo schwere Frau am Schreibtisch sitzt.

Kaltenegger: Auf jeden Fall sollten wir unseren Körper gut nähren und ernähren – und ihm wichtige Baustoffe und Energie über Nahrung bieten, die er über den Tag braucht. Das gilt auch für das Büro. Auch Menschen mit Mehrgewicht können unterversorgt sein.

Elisabeth Saathen und Katharina Kaltenegger, Co-Founderinnen von Fokus Ernährung (c) Fokus Ernährung

Können Sie trotz der schweren Verallgemeinerbarkeit Tendenzen erkennen, die sich für eine gesunde Ernährung am Arbeitsplatz eignen?

Widhalm: Die Ernährung am Arbeitsplatz hängt vom Lebensstil ab und spielt eine entscheidende Rolle im Büro. Wenn man zu Hause nichts frühstückt, dann ist die Ernährungssituation am Arbeitsplatz eine ganz andere, als wenn man ausgiebig frühstückt.

Kaltenegger: Ich stimme zu. Das kann man nicht pauschalisieren. Aber wenn ich einen Durchschnittsmenschen hernehme, sind drei bis fünf Mahlzeiten am Tag empfohlen.

Drei bis fünf Mahlzeiten am Tag inkludieren häufig auch ein Frühstück. Wie sieht das optimale Frühstück im Büroalltag aus – und wann ist der beste Zeitpunkt dafür?

Kaltenegger: Natürlich spalten sich da die Geister und das ist auch sehr individuell: Ich sag mal, Frühstücken heißt nicht, dass ich aufstehe und direkt was essen muss. Es können ruhig auch eine bis zwei Stunden vergehen, aber dann sollte ich auf jeden Fall essen, wenn ich frühstücken möchte. Ein gutes Frühstück vor dem Arbeitstag wäre zum Beispiel Porridge mit einem Stück Obst oder Nüssen, vielleicht noch eine Eiweißquelle wie Milch oder Milchalternativen. Auch eine Brotmahlzeit stellt ein gutes Frühstück dar – vor allem für Menschen, die lieber etwas Salziges essen.

Wie sieht ein gesundes Büro-Mittagessen aus?

Widhalm: Im Büroalltag sollte ein Mittagessen wenig Energie, viel Eiweiß und Ballaststoffe wie Obst und Gemüse enthalten – und darüber hinaus wenig belasten. Allgemein eignen sich im sitzenden Büroalltag eher leichte Mahlzeiten. Den Fleischkonsum sollte man drastisch reduzieren – also nicht jeden Tag. Wenn jemand gerne Fleisch als Proteinquelle zu seinem Mittagessen hinzufügt, dann jeden zweiten oder dritten Tag.

Kaltenegger: Ich stimme zu. Eine Mahlzeit ist immer am besten, wenn sie ausgewogen ist. Das heißt: Kohlenhydrate, Eiweiß, Ballaststoffe und gesunde Fette. Omega-3-Fette aus Fisch, aber auch aus pflanzlichen Quellen wie Nüssen, Avocado, Algen und Samen, sind für die Produktion von Hormonen sowie für die Regeneration der Zelle und das Immunsystem notwendig.

Wenn ich jetzt einen ausgewogenen Teller gestalten würde, dann hat dieser ein Viertel einer Kohlenhydratquelle, eine Hälfte einer Ballaststoffquelle wie Gemüse oder Salat. Und den Rest Eiweiß und gesunde Fette.

Sind Kohlenhydrate nicht “der Feind”?

Kaltenegger: Nein, nein! Auch beim Business Lunch ist es wichtig, Kohlenhydrate nicht wegzulassen, weil sie natürlich auch für das Gehirn gebraucht werden – ungefähr 120 Gramm Glukose pro Tag. Natürlich macht es keinen Sinn, einen riesengroßen Teller Nudeln zu essen, weil die Konzentration darunter leiden wird. Wenn man zu viele einfache Kohlenhydrate auf einmal isst, fällt die Konzentration nach einer Zeit – meistens eben am Nachmittag.

Sind Kohlenhydrate also der Auslöser eines Nachmittagstiefs?

Kaltenegger: Dabei geht es nicht nur um Kohlenhydrate. Wenn ich etwas mit viel Fett oder etwas Frittiertes esse, kann das die Verdauung belasten und zu einem Konzentrationsabfall führen.

Welche Kohlenhydrate sollte man dann zum Lunch essen, um konzentriert zu bleiben?

Kaltenegger: Vollkornprodukte wie Vollkornnudeln, Vollkornreis oder Vollkornbrot. Auch Gerste- und Getreideprodukte eignen sich. Also kurz gesagt: Langkettige oder polymere Kohlenhydrate.

Was kann man gegen ein Nachmittagstief tun?

Widhalm: Wenn jemand zu Mittag eine Mahlzeit mit etwa 600 Kalorien oder noch mehr zu sich nimmt, dann ist das ein ganz natürlicher Mechanismus, dass man danach eine Phase hat, in der man ermüdet und eigentlich nicht so leistungsfähig ist. Das sind ja die bekannten Leistungskurven, die es gibt – und die am Nachmittag meistens nach unten ausschlagen. Aber auch hier ist alles wieder individuell unterschiedlich. Auch ein Leistungstief vergeht. So gesehen wäre eine Pause nach dem Mittagessen sicher nicht schlecht.

Dr. Kurt Widhalm (c) OEIAE

Wie stehen Sie zu Zucker als “Helfer” gegen ein Nachmittagstief?

Widhalm: Vernünftig mit Zucker umgehen. Zucker völlig zu vermeiden ist nicht notwendig und Zucker-Bashing ist nicht sinnvoll. Auf der anderen Seite weiß man heute ganz genau, dass ein hoher Zuckerkonsum zu einer diabetischen Stoffwechsellage und deren Entstehung beitragen kann. Hohe Zuckermengen werden relativ schnell metabolisiert und führen nach kurzer Zeit wieder zum Hungergefühl.

Zucker völlig zu vermeiden ist nicht notwendig und wissenschaftlich nicht gerechtfertigt

Dr. Kurt Widhalm

Das heißt: Wer Süßes snackt, wird schneller wieder hungrig?

Widhalm: Es hängt davon ab: Wenn man nur Süßspeisen zu Mittag ist, schmeckt das natürlich gut, aber man ist relativ schnell wieder hungrig. Die Zuckermenge sollte in der Regel etwa zehn Prozent der gesamten Energiezufuhr nicht überschreiten. Aber Zucker völlig zu verbieten ist wissenschaftlich nicht fundiert. Das ist dann eher eine Ideologie- oder Lebensstil-Sache.

Kaltenegger: Wenn ich Süßes im Office snacke, jage ich den Blutzucker in die Höhe. Das Zuckerhoch bleibt aber nicht lange, sondern fällt relativ rasch wieder ab. Das macht hungrig und schadet der Konzentration. Dann ist man wieder müde, greift erneut zu Süßem – und der Kreislauf geht weiter.

Sind Snacks im Bürojob also tabu?

Widhalm: Auch hier hängt es wieder vom Lebensstil im Allgemeinen ab: Natürlich können kleine Snacks in geringen Mengen, wie Schokolade oder Süßigkeiten, dazwischen mal verzehrt werden, aber alles im Rahmen von Maß und Ziel. Wenn man also snackt, dann am besten mit Nährwert: Als Snacks eignen sich aufgeschnittenes Obst und Gemüse – oder die Kombination von Snacks wie einem Stück Schokolade oder einem Biscuit zu einem Stück Apfel, einer Orange oder Grapefruit. Die Menge macht das Problem, nicht die Ausnahme. Und immer auch in Relation zur Verfassung der jeweiligen Person.

Kaltenegger: Genau. Die Frage ist immer: Snacke ich unbewusst oder nehme ich eine aktiv eingebaute Zwischenmahlzeit zu mir? Letzteres macht total Sinn, wenn man einen langen Abstand zwischen den Mahlzeiten hat. Das hilft häufig auch, um nicht am Abend mit einem enormen Heißhunger heimzukommen. Wenn man auf Biegen und Brechen durchhält, spart das meist nicht Kalorien, sondern man isst dann am Abend eher obendrauf, weil man ja den ganzen Tag zu wenig gegessen hat. Dann isst man über den Hunger, was wiederum den Schlaf negativ beeinflussen kann.

Wie sieht der Energie-Effekt von Kaffee aus?

Widhalm: Es gibt wissenschaftliche Beweise dafür, dass der Konsum von zwei bis drei Tassen Kaffee pro Tag sogar positive Effekte haben kann – auch, was die kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität betrifft. Da gibt es keine Verbote oder Einschränkungen – das ist sehr individuell und jede und jeder merkt selbst, was er wann und wie verträgt. Eine magenverträgliche Variante zu Kaffee ist grüner oder schwarzer Tee.

Kaltenegger: Ich weiß, oft ist es sehr verlockend, dass man am Nachmittag noch einen Kaffee trinkt, vor allem, wenn man das Gefühl hat, man verträgt ihn eh gut. Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass der Schlaf nach einem Nachmittagskaffee nicht so erholsam ist und das Koffein noch relativ lange im Körper bleibt, da Koffein eine Halbwertszeit von vier bis acht Stunden im Körper hat. Die Empfehlung sind drei bis vier Tassen Kaffee am Tag.

Gibt es eine Daumenregel, wie sich Menschen in Büros ernähren sollten?

Widhalm: Bei Schreibtisch-Arbeiten ist eine Energie-angepasste Ernährung, die relativ eiweißreich und an den Stoffwechsel angepasst ist, aber wenig Fett enthält, vernünftig. Wichtig ist außerdem, dass man dazwischen immer wieder trinkt. Am besten ein Glas Wasser hinstellen.

Gibt es einen Richtwert, wie viel Wasser man am Tag trinken sollte?

Widhalm: Das hängt von Größe, Gewicht und der jeweiligen Arbeit der Person ab. Aber circa 1-1,5 Liter Flüssigkeit pro Tag, das ist eine Größenordnung, die nicht schlecht sein kann und sicher auch den Stoffwechsel günstig beeinflussen kann.

Kaltenegger: Flüssigkeit ist definitiv gut und kann die Konzentration steigern. Am besten ungesüßte Getränke, ungesüßter Tee – ganz wichtig auch abseits der täglichen Kaffee-Tassen im Büro.

Welche Ernährungsfehler treten häufig im Bürojob auf?

Kaltenegger: Was uns oft im Berufsalltag begegnet, ist, dass Menschen im stressigen Alltag häufig das Essen vergessen oder aufschieben. Oft ist nicht das Essen an sich das Problem, sondern das Nicht-Essen. Häufig wird dann auch zu Office-Snacks gegriffen, wie Süßigkeiten oder Salziges. Das Problem dabei: Man fängt an, unbewusst zu snacken. Ich glaube, in der Praxis ist das oft eines der häufigsten Probleme, dass der Hunger aufgeschoben wird, keine Pause genommen wird oder man mangels Zeit nicht frühstückt.

Am Abend kommt dann der Heißhunger und dann wird mehr gegessen, als man eigentlich braucht. Und das ist natürlich nicht förderlich im Sinne einer ausgewogenen Ernährung, weil man ja untertags die Energie braucht. Das heißt, der Körper geht untertags auf Sparflamme und am Abend, wo man sie eigentlich nicht mehr so notwendig hat, muss der Körper dann die Energie abspeichern.

Mit der richtigen Planung tut man Körper, Seele und dem Geldbörserl einen großen Gefallen.

Katharina Kaltenegger, Fokus Ernährung

Das große Abendessen nach einem langen Arbeitstag ist also gar nicht empfehlenswert?

Widhalm: Es gibt wissenschaftliche Hinweise darauf, dass man nicht zu spät essen sollte – und eine gewisse Zeit zwischen der letzten Mahlzeit und der Schlafzeit einhalten sollte. Sprich: Nach dem Abendessen sollten vor dem Fernseher nicht unbedingt Snacks verzehrt werden, die keinen Nährwert haben, sondern nur Energie zuführen.

Die alte Regel, die wir als Kinder wahrscheinlich gehört haben: Frühstücke wie ein Kaiser, esse zu Mittag wie ein Bürger und am Abend wie ein Bettler. Die Verteilung der Energiemengen sollte nicht auf den Abend geschoben werden. Je nach Job eignet sich zu Mittag eine kleine Mahlzeit nach einem guten Frühstück und am Abend ein nicht zu belastendes Essen.

Bei vernünftigen Menschen und bei vernünftigen Ernährungsguidelines gibt es keine wirklichen Verbote.

Dr. Kurt Widhalm

Hätten Sie einen abschließenden Tipp für Arbeitende, die sich am Schreibtisch gesund ernähren wollen?

Widhalm: Der Ernährungszustand jeder Person ist individuell. Es kann nicht jeder die gleich große Mahlzeit zu Mittag essen – da muss man individuell vorgehen. Alles in allem kann man aber sagen: Bei vernünftigen Menschen und bei vernünftigen Ernährungsguidelines gibt es keine wirklichen Verbote.

Kaltenegger: Ich finde, eine der wichtigsten Sachen ist tatsächlich die Planung: Dass man sich einfach kurz Gedanken macht: Wie, wann und wo kann ich essen. Und: Sich Pausen aktiv nehmen – vielleicht in den Kalender eintragen und genug Pausen für ruhiges und nicht hastiges Essen machen. Dass man vielleicht auch vorkocht oder im Büro irgendwelche Komponenten bereitstellt, die man schnell zusammenbauen kann. Oder auch mit Kolleg:innen gemeinsam kocht. Mit der richtigen Planung tut man Körper, Seele und dem Geldbörserl einen großen Gefallen.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

Die Partner von No Hype KI
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