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Seit 1950 war es noch nie so heiß wie im vergangenen Juni. Der letzte Monat war der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Hitzewelle ist unüberseh- und -spürbar: Der Klimawandel bringt Wetterextreme und Temperaturspitzen.
Gerade in städtischen Gebieten sorgt die Klimakrise nicht nur für glühende Straßen, sondern auch für aufgeheizte Gebäude. Wer die Hitze meiden und deshalb im Home Office bleiben möchte, sollte sich dies nochmal überlegen, meint ein Forschungsteam der MedUni Wien.
Welche Folgen die Klimakrise für die arbeitende Bevölkerung bereit hält und warum man bei Hitze nicht im Home Office arbeiten sollte, zeigt das transdisziplinäre Forschungsprojekt NORM.
Home Office? Ja, aber nicht bei Hitze.
Medienberichte zum Thema Heat & Health boomen und Hitze-Tipps fliegen durch die Luft: Innenräume sollte man abdunkeln, gelüftet wird nur morgens und nachts. Ventilatoren oder etwaige Klimaanlagen sollten laufen, Outdoor-Aktivitäten sollte man an Hitze-Randzeiten legen, etwa in der Früh oder spät abends.
Arbeitnehmer:innen des digitalen Zeitalters könnten sich nun denken: Ich meide Hitze und bleibe im Home Office. Das muss aber mitunter nicht die hitze- und körperfreundlichste Entscheidung sein. Wer die Möglichkeit hat, in kühleren Großraumbüros arbeiten zu können, sollte dies tun. Das Projektteam der MedUni Wien verrät, warum.
Hitzestress und der Wärmeinseleffekt
Hitzewellen haben erhebliche negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit – vor allem in städtischen Gebieten. Die neue Studie “Heat vs. Health: Home Office under Changing Climate” des Forschungsprojektes NORM zeigt die Auswirkungen steigender Temperaturen auf die Arbeitsbedingungen im Home Office:
Ein Faktor, den wenige beachten, ist der sogenannte Wärmeinseleffekt. Dabei handelt es sich um ein typisches Phänomen des Stadtklimas, das Hitzestress bei der urbanen Bevölkerung verursacht. Dieser Stress verstärkt die negativen Auswirkungen von steigenden Temperaturen auf die menschliche Gesundheit, meint Daniela Haluza von der Abteilung für Umwelthygiene und -medizin am Zentrum für Public Health der MedUni Wien. Der Wärmeinseleffekt würde nämlich durch die zunehmende Urbanisierung und durch die von Menschen verursachte Bodenversiegelung verstärkt.
Für die Studie simulierte das Forschungsteam – darunter Forschende der MedUni Wien, der BOKU, der greenpass GmbH und der Green4Cities GmbH – die repräsentativsten städtischen Typologien und Freiraumstrukturen sowie themenbezogene Normen- und Regelwerke der Republik Österreich. Darauf basierend leitete das Team zukünftige Klima-Bedingungen und deren Auswirkungen auf den Menschen ab – und identifizierte folgende Key Findings:
25 Grad Celsius ist die ideale Temperatur für sitzende Tätigkeiten
Das Innenraumklima wird nicht nur von der Raumtemperatur, sondern auch von Luftbewegung und -feuchtigkeit sowie von Faktoren wie Kleidung und körperlicher Aktivität beeinflusst. Um die geistige Leistungsfähigkeit im Home Office bei sitzenden Tätigkeiten erhalten zu können, empfiehlt das Forschungsteam eine Raumtemperatur von maximal 25 Grad Celsius.
Bei Temperaturen über 30 Grad wird konzentriertes, sitzendes Arbeiten deutlich erschwert. Eine konstante Arbeitstemperatur von 25 Grad ließe sich in vielen Home Office Büros allerdings schwer herstellen, so Umweltmedizinerin Haluza: “Viele derzeitige städtebauliche Gegebenheiten wie Bodenversiegelungen und großflächige Glasfassaden heizen die Temperaturen an. Und der Betrieb von Klimaanlagen beruht auf fossiler Energie, was wiederum zur globalen Erwärmung beiträgt.“
Städte müssen grüner werden
Klimaanlagen und Ventilatoren seien also langfristig auch keine Lösung. Es braucht grüne Alternativen, um Hitzewellen und Gesundheitsschäden vorzubeugen: Das Forschungsteam der MedUni Wien fordert klima- und hitzekonforme Regelungen zur nachhaltigen Gesundheitssteigerung von Arbeitnehmer:innen – und formuliert dafür einen Politikleitfaden. Dieser umfasst unter anderem die Umsetzung von Klimaresilienz in der Stadtgestaltung.
“Die Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels und des städtischen Wärmeinseleffekts erfordert einen facettenreichen Ansatz, der nicht nur die physische Umwelt, sondern auch die sozialen und wirtschaftlichen Faktoren berücksichtigt, die eine hohe Lebensqualität in der Stadt fördern“, erklärt Daniela Haluza. Um dies zu erreichen, sind mehrere Strategien erforderlich, die naturbasierte Lösungen wie horizontale und vertikale Begrünung in die Stadtplanung integrieren, so das Forschungsteam.
Maßnahmenpaket drängt
Damit nicht nur Home-Office-Arbeitende klima- und gesundheitsfreundliche Arbeitsbedingungen erfahren können, fordert das Forschungsteam der MedUni Wien unter anderem die Einführung einer CO2-Bepreisung, Investitionen in erneuerbare Energien sowie die Förderung der Energieeffizienz und des öffentlichen Verkehrs. Auch die Umsetzung von Landnutzungsrichtlinien sei in Anbetracht der hohen Bodenversiegelung in Städten unabdingbar.
Klimaanlagen, Ventilatoren und gekühlte Räumlichkeiten bringen also nur kurzfristige Erlösung.
Disclaimer: Diese Forschung wurde vom Österreichischen Klima- und Energiefonds (KR19AC0K17544) und vom FWF (Österreichischer Wissenschaftsfonds, I4411) über den 2018–2019 BiodivERsA Joint Research Call im Rahmen des BiodivERsA3 ERA-Net COFUND-Programms unterstützt.