US-Startup mit Wiener R&D-Standort erzielt Preisparität für kultiviertes Tierfutter
Shannon Falconer betreibt mit ihrem US-amerikanischen Startup Biocraft (ehem. Because Animals) in Wien einen R&D-Standort. Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung von kultiviertem Fleisch für Katzen- und Hundefutter spezialisiert. Nun gelang dem Startup ein Durchbruch.
Das 2016 gegründete US-Startup BioCraft hat 2023 einen eigenen Standort in Wien für R&D eröffnet. Für die Forschungsaktivitäten des Unternehmens, das sich auf kultiviertes Fleisch spezialisiert hat, wurde in Österreich zudem eine eigene GmbH gegründet (brutkasten berichtete)
Das Biotech-Unternehmen kultiviert Fleisch für den Heimtierfuttermarkt – unter anderem wird Mäusefleisch im Labor für Katzenfutter gezüchtet. Zudem arbeitet das Unternehmen seit letztem Jahr an einer Hühnerzelllinie, die künftig für Hundefutter eingesetzt wird.
Das kultivierte Fleisch wird dabei aus tierischen Zellen in Gefäßen gezüchtet, die jenen ähneln, die bei der Brauerei und der Joghurtherstellung verwendet werden. Laut dem Unternehmen lässt sich so auch das Nährstoffprofil des Fleisches individuell anpassen. Zudem ist Zuchtfleisch weitaus nachhaltiger als herkömmliches Fleisch, was die Landnutzung, den Wasserverbrauch und die Emissionen anbelangt.
BioCraft erzielt Preisparität
Wie Biocraft nun bekannt gab, erzielte das Unternehmen nun einen Durchbruch. Erstmal konnte BioCraft laut eigenen Angaben in der Produktion seines Zellfleisches eine Preisparität mit herkömmlichen Fleisch erzielen. Bisher war der hohe Preis ein Haupthindernis für die kommerzielle Verwendung von kultiviertem Fleisch in der Heimtiernahrung, so das Unternehmen in einer Aussendung.
“Wir sehen dies als einen Durchbruch für kultiviertes Fleisch in der Heimtiernahrung“, so Shannon Falconer, Gründer und CEO von BioCraft. “Das Erreichen der Preisparität und ein robustes Nährwertprofil für Haustiere waren die einzigen Elemente, die den Einsatz von Zuchtfleisch in der Heimtiernahrungsindustrie behindert haben – und BioCraft hat nun beides erreicht.“
BioCraft gibt einen Verkaufspreis von 2,00 bis 2,50 US-Dollar pro Pfund für sein kultiviertes Fleisch an. Dies entspricht rund fünf Euro für einen Kilogramm Tierfutter, wodurch das Produkt laut dem Startup mit Premium-Fleisch in der Tiernahrung konkurrenzfähig ist.
Die Vorteile bei Tierfutter
Im Vergleich zu Startups, die an Laborfleisch für den menschlichen Verzehr arbeiten, hat BioCraft einen Vorteil: Die Konsistenz des Fleischs aus dem Biorektor entspricht bereits in etwa jener des Breis, der für herkömmliches Tierfutter genutzt wird. Aus diesem wird sowohl Dosen- als auch Trockennahrung gemacht. Produzenten könnten also ohne große Umstellung umsteigen, argumentiert man beim Unternehmen. Künftig soll das Tierfutter über ein B2B-Modell an Tierfutter-Produzenten verkauft werden. Der breit angelegte Marktstart soll Anfang 2026 erfolgen.
Den “Traum vom großen Exit” teilen vielleicht nicht alle in der Startup-Szene, aber er gehört jedenfalls zur Startup-Welt dazu. Dieses Jahr gab es eine ganze Reihe von Startup-Verkäufen in Österreich – brutkasten berichtete über rund 25 und es dürften noch ein paar mehr gewesen sein. Doch bei weitem nicht jede dieser Übernahmen ist so ein Traum-Exit.
“2024 wird ein Jahr der Opportunities: Ich glaube, dass viele Startups bzw. Assets günstig zu haben sein werden”, sagte Business Angel Hansi Hansmann im brutkasten-Jahresrück- und Ausblick 2023 – und er sollte Recht behalten. Bei einigen der Startup-Verkäufe, über die brutkasten dieses Jahr berichtete, liegt die Annahme nahe, dass es Notverkäufe waren – in einzelnen Fällen ist das bestätigt. Andere waren zwar keine Notverkäufe, aber in ihrem (vermutlichen) Volumen ziemlich unspektakulär. Anders als etwa im ebenfalls Exit-starken Boom-Jahr 2021, als viel Kapital für den Aufkauf kleinerer Konkurrenten in den Markt gespült wurde, passiert der Verkauf in der anhaltenden Rezession häufig eher unfreiwillig.
Das waren die größten und/oder aufsehenerregendsten Exits des Jahres
Doch dann gab es auch einige Fälle, auf die der Begriff Traum-Exit doch zutrifft, oder die aus einem anderen Grund Aufsehen erregt haben – sei es wegen der Summe oder anderer Umstände. Das waren die größten und/oder aufsehenerregendsten Exits des Jahres:
Single Use Support
Es war kein Exit im eigentlichen Sinn, denn es wurden nur 60 Prozent des Unternehmens übernommen. Und auch die Summe wurde nicht genannt. Dennoch kann man mit einer gewissen Bestimmtheit davon ausgehen, dass die Mehrheitsübernahme des Tiroler BioTech-Scaleups Single Use Support im Mai der spektakulärste Deal in Österreich im Jahr 2024 war. Denn wenige Monate zuvor, im Dezember 2023, hatte es unter anderem im deutschen Handelsblatt Medienberichte über einen möglichen Exit in Milliarden-Höhe gegeben. Auf Basis dieser kolportierten Firmenbewertung kann man also von einem beachtlichen neunstelligen Deal ausgehen – selbst falls die Bewertung nicht ganz erreicht wurde.
ecosio
180 Millionen US-Dollar legte der US-Softwareanbieter Vertex im August dieses Jahrs für die Übernahme des 2013 gegründeten auf elektronischen Datenaustausch (EDI) und elektronische Rechnungsstellung (E-Invoicing) spezialisierten Wiener Unternehmens ecosio hin. Es ist damit der größte Exit-Deal des Jahres mit bekannter Summe in Österreich. Ausgezahlt wurden zunächst allerdings “nur” 69 Millionen US-Dollar sowie 35 Millionen US-Dollar in Form von Vertex-Aktien. Der Rest der Summe ist als Gewinnbeteiligung noch an Bedingungen geknüpft.
Apeiron
Nach allen gängigen Definitionen kann Apeiron aus Wien zwar definitiv nicht mehr als Startup bezeichnet werden. Doch weil die Zyklen im BioTech-Bereich bekanntlich erheblich länger dauern und auch wegen seines Volumens, sei der Deal hier erwähnt. 100 Millionen US-Dollar ließ sich das US-Pharma-Unternehmen Ligand Pharmaceuticals das Wiener Krebstherapie-Scaleup kosten. Für das Team ging es danach gleich mit dem nächsten Startup, invIOs, das an einer weiteren Krebstherapie arbeitet, weiter.
myClubs
Ein zweistelliger Millionenbetrag, der “nicht bei zehn, aber auch nicht bei 99 Millionen Euro” liege – diese Angabe machte der deutsche Käufer Urban Sports Clubs zum Übernahmedeal des Wiener Fitness-Scaleup myClubs. Damit lässt sich der im August verkündete Exit auf jeden Fall unter die größten Übernahmen in Österreich in diesem Jahr einreihen. Am Unternehmen waren unter anderen Speedinvest, Hansi Hansmann und mySugr-Gründer Frank Westermann beteiligt gewesen. Kapitalgeber des Käufers Urban Sports Clubs war übrigens der europäische Growth Investor Verdane.
Eversports
Und noch einen Exit eines Wiener Sport-Scaleups gab es dieses Jahr. Im Oktober gab Eversports bekannt, mehrheitlich vom bereits erwähnten europäischen Growth-Investor Verdane übernommen worden zu sein. Über die Summe wurde zwar Stillschweigen vereinbart, der für die Transaktion genutzte Fonds “Edda III” investiert aber in der Regel zwischen 50 und 150 Millionen Euro. Entsprechend ist auch von einem Volumen von mindestens 50 Millionen Euro bei diesem Deal auszugehen.
Cropster
Und noch einmal Verdane. Ebenfalls im Oktober wurde auch das Innsbrucker Kaffee-Scaleup Cropster, das unter anderem Starbucks zu seinen Kunden zählt, mehrheitlich vom europäischen Growth-Investor Verdane übernommen. Hier wurde ebenfalls über die Höhe des Deals stillschweigen vereinbart. Auch in diesem Fall gilt: Auf Basis des üblichen Investment-Volumens ist von einem Deal im zumindest achtstelligen Bereich auszugehen.
hokify
Für Aufsehen in der brutkasten-Community sorgte auch der Exit des Job-Plattform-Startups hokify, der bereits im Jänner verkündet wurde. Mit 40 Millionen Euro wurde eine genaue Summe für die Unternehmensbewertung genannt. Der Käufer, karriere.at, besaß jedoch bereits zuvor 85 Prozent des Unternehmens. Nach Adam Riese legte der heimische Jobplattform-Riese also zum Abschluss des bereits seit Jahren schrittweise laufenden Übernahme-Prozesses noch einmal sechs Millionen Euro auf den Tisch.
New Fluence
Im nicht genau bezifferten Millionenbereich liegt der Exit des Wiener Startups New Fluence. Für viel Aufsehen in der Community sorgte er nicht aufgrund seines Volumens, sondern wegen seiner Geschichte. Co-Founder des Startups ist Österreichs ehemals jüngster Gründer Moritz Lechner, der 2017 mit 14 Jahren sein erstes Startup gründete. Etwas mehr als sieben Jahre später zählte er mit nunmehr 21 Jahren im November gewiss auch zu den jüngsten Gründer:innen, denen hierzulande jemals ein Millionenexit gelungen ist.
Lernsieg
Definitiv nicht zu den größten Exits des Jahres zählt die Mehrheitsübernahme von Lernsieg im Mai. Auch sie sei hier aber wegen ihrer besonderen Geschichte erwähnt. Mit 17 Jahren hatte Benjamin Hadrigan die Lehrerbewertungsapp 2019 gestartet und damit eine massive öffentliche Diskussion vom Zaun gebrochen sowie zahlreiche Klagen auf sich gezogen. Rund 70 gewonnene Verfahren und etwa 500.000 Euro Anwaltskosten später verkaufte er die Mehrheit des Unternehmens dieses Jahr bei 740.000 Euro Firmenbewertung an die erst 21-jährige Gründerin Katharina Lang.
Weitere Exits 2024 – kein Anspruch auf Vollständigkeit
Diese Liste erhebt freilich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei zwei weiteren Exits, über die brutkasten berichtete, ist ein Millionenbetrag als Volumen bestätigt: Mokker.ai und ShareVision. Bei anderen ist von einem Millionenbetrag auszugehen. Wieder anderen ging eine Insolvenz voraus, namentlich Zizoo und goUrban (wobei zweiteres nach der Insolvenz bereits wieder ein Millioneninvestment zur Sanierung geholt hatte).
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