15.11.2021

Wie du deinen richtigen Zeitpunkt zur Unternehmensgründung findest

In der Kolumne von Karriere Coach Katja Schuh dreht sich alles um deine Karriere in der Startup-Szene. Wie du einen Unterschied machen kannst, die Pros & Cons einer Karriere im Startup und was du am Weg in ein Startup unbedingt beachten solltest.
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Katja Radlgruber
Startup Carreers: Die Karriere Kolumne von Katja Radlgruber

Gibt es den richtigen Zeitpunkt, um zu gründen? Sicher nicht. Aber gibt es deinen richtigen Zeitpunkt zu gründen? Wahrscheinlich. Gründen kennt kein Alter. Es ist egal, ob du schon mit 21 ein Unternehmen gründest oder erst mit 65. Es kommt viel mehr darauf an, ob die Unternehmensgründung in dein Leben und den Markt passt.

“Dein richtiger Zeitpunkt zu gründen, ergibt sich aus der Marktsituation, deiner Lebenssituation und deinen Ressourcen.”

Katja Radlgruber aka Koach Katja

Was Startup nicht ist

Sillicon Valley, zwei Jungs sitzen in der Garage und programmieren. Und am Ende kommt ein Fortune500 Unternehmen raus. Menschen, die noch nicht viel mit der Startup-Szene zu tun hatten, denken genau das übers Gründen eines (Technologie-)Unternehmens. Daher liegt mir dieser Artikel heute am Herzen. Gründen kennt kein Schema. Egal wer dir in deiner Umgebung sagt, du seist zu jung, zu alt oder gar eine Frau: hör nicht auf sie. Es gibt viele Beispiele, die das Gegenteil beweisen und auch ich war erst 26 als ich mit meinem jetzigen Ehemann drei GmbHs gegründet habe. 

Ist der Markt reif?

Viele großartige Visionäre waren schon tot als ihre Erfindungen am kommerziellen Markt Anklang gefunden haben. Sie waren ihrer Zeit einfach voraus. Mal angenommen, du möchtest ein Unternehmen gründen, dass auch deine Miete zahlt, dann wirst du einen Blick auf den aktuellen Markt werfen müssen. 


Beantworte folgende Fragen für dich:

  • Welche aktuellen Trends begünstigen meine Unternehmensidee (z.B. Sustainability, Digitalisierung, Remote, Diversity, Aging…) und welche bremsen sie? 
  • Befindet sich mein Markt in einem Upwards oder Downwards Trend? Wenn es einen Downwards Trend gibt: Kann ich die Idee auch in einem anderen Markt umzusetzen? 
  • Wieviel Konkurrenz gibt es am Markt? Wodurch würde ich mich unterscheiden? Konkurrenz ist kein schlechtes Zeichen – sondern ein Zeichen dafür, dass es einen Markt gibt. Allerdings gibt es Märkte, in denen es schwierig ist, sich abzuheben ergo die Margen sind geringer (z.B. Lebensmitteleinzelhandel) 

Time of your life

Kannst du dir vorstellen, jetzt gerade die Zeit deines Lebens zu haben, wenn du dein Unternehmen gründest? JA! Großartig! Nein? Du hast zu viele Hüte auf, die Kinderbetreuung ist nicht gesichert und du hast kein Support-Netzwerk? Du ziehst gerade um und trennst dich von deinem Lebenspartner? Ändert sich ein Bereich unseres Lebens, kommen wir meist sehr gut damit klar, ändern sich zwei, wird es herausfordernd, ändern sich drei, haben wir (meist) eine Lebenskrise. Take it easy und gib dir auch Zeit, deinen richtigen Zeitpunkt zu finden. Ich kann dir folgende Angst nehmen: wenn es heute eine gute Idee ist, wird es in zwei Monaten auch noch eine gute Idee sein. 


Beantworte folgende Fragen für dich:

  • Welches Business passt zu mir und meinem Leben? Startup mit Risikokapital? Selbstständig sein und Bootstrapping machen? KMU mit kleinem Team? 
  • Wie integriert sich deine Unternehmensgründung in deine Karriereplanung? Möchtest du es einfach einmal „ausprobieren“ selbst ein Produkt zu verkaufen oder ist es der beste Job, den du dir vorstellen kannst? Ersteres kannst du auch einmal mit einer Nebenselbstständigkeit ausprobieren.
  • Hast du die notwendigen finanziellen Ressourcen, um deinen Unternehmensaufbau zu stemmen? Je nach Alter, Lifestyle und Familiensituation haben wir monatlich einen anderen finanziellen Bedarf. Beachte, dass es unterschiedlich lange dauern kann, bis du dich selbst finanzieren kannst. Für mich hat das 1,5 Jahre gedauert.

Ready to Rock

Damit dein Business von Anfang an fliegen kann, ist es wichtig, dass du nicht nur den Fokus in deinem Alltag darauf halten kannst, sondern, dass du auch alle notwendigen Skills dazu hast. Dazu gehört vor allem eines: hast du bereits die eine Kernfähigkeit, die es braucht, um dein Produkt/deine Dienstleistung herzustellen? 

Ich gebe dir ein Beispiel von mir. 2019 gründete ich mein Modelabel V-SUIT. Ich war schon immer fashion-affin und bekam jede Menge Komplimente für meine Outfits. Allerdings habe ich noch nie in der Fashion Industrie gearbeitet, geschweige denn, den Produktionsprozess eines Kleidungsstücks verstanden. NIE wieder würde ich so ein Unternehmen gründen, wo ich niemanden habe, der das übernehmen kann.

Als Karriere Coach sieht die Sache ganz anders aus: ich war selbst erfolgreiche Managerin in einem Konzern und habe meine systemische Coaching Ausbildung abgeschlossen.


Beantworte folgende Fragen für dich:

  • Habe ich die Kernkompetenz mein Produkt/meine Dienstleistung herzustellen?
  • Wer außer mir bringt Kompetenzen in das Unternehmen ein? Wer deckt jene Dinge ab, die ich nicht kann? 
  • Weiß ich, dass ich mit meiner Idee ein konkretes Problem einer Zielgruppe löse?

Der Sprung

Egal wie viele Fragen du heute mit „Ja“ und wie viele du mit „Nein“ beantwortet hast, der Start als Unternehmer:in wird sich immer wie ein Sprung anfühlen. Schließlich verlässt du dabei massiv deine Komfortzone. Eines kann ich dir aus meinen bereits drei Jahren Unternehmertum mitgeben. Deine Schwächen wiegen stärker, so aber auch deine Stärken. Bau dein Business auf deinen Stärken auf und finde Lösungen für alles andere. Pro Tipp: scharre ein paar Cheerleader um dich – du wirst sie brauchen!

Dein richtiger Zeitpunkt, um dein Unternehmen zu gründen, ist dann gekommen, wenn du verstehst, wie dein Markt, dein:e Kund:in tickt und die Gründung in dein Leben passt. Es ist normal, wenn du trotzdem unsicher bist. Lass dir von einer guten Freundin oder einem guten Freund einen Schubs geben. Oder vom Coach deiner Wahl.

Deine Katja

#koachkatja

PS: du kannst jederzeit in ein kostenloses Strategiegespräch zu mir kommen. Ich freue mich auf Dich!


Katja Radlgruber aka Koach Katja ist Karriere- und Leadership Coach und unterstützt bis 2022 insgesamt 2.000 Frauen dabei auf die nächste Karrierestufe zu kommen. Sie ist selbstständige Coach, Gründerin des Business Fashion Labels V-SUIT und war bereits mit 23 Führungskraft von 100 Mitarbeiter:innen. Als Gründerin des Frauennetzwerkes Business Frauen DACH, YLF Vorstandsmitglied und Board Member bei Headhunter Peter Kraus ist sie gut vernetzt. Durch ihr Schaffen hilft sie dabei, das eigene Potential voll auszuschöpfen und eine Karriere mit Impact zu kreieren.

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Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan
Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan | Foto: brutkasten / Wiener Börse (Hintergrund)

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach, darunter etwa FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth, mit PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und mit Storebox-Co-Founder Johannes Braith.

Zum Thema Kapitalmarkt haben wir nun bei Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, nachgefragt.


brutkasten: Die Regierungsverhandlungen befinden sich in der entscheiden Phase. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die in Österreich umgesetzt werden sollten, um Kapitalmarkt und Börse zu stärken?

Christoph Boschan: Die schnellste und einfachste Maßnahme wäre die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere bzw. die Einführung eines Vorsorgedepots. Das lag alles fix fertig auf dem Tisch und stand im letzten Regierungsprogramm.

Gewichtiger wäre eine bessere Abstimmung des Pensionssystems auf den Kapitalmarkt, also eine teilweise Veranlagung der ersten Säule am Aktienmarkt. Da spreche ich übrigens nicht mit dem reinen Blick durch die “Kapitalmarkt-Brille”. Das würde zugleich den Staatshaushalt entlasten und die Pensionsfinanzierung nachhaltig absichern und Geld für die Innovations- und Wachstumsfinanzierung bereitstellen.

Sie haben in einem brutkasten-Studiotalk im September gefordert, “zentrale, mächtige, große Kapitalsammelstellen zu errichten”. Was genau verstehen Sie darunter, beziehen Sie sich primär auf Pensionsfonds oder verstehen Sie das Konzept breiter?

In der teilweisen Veranlagung der ersten Säule am Kapitalmarkt liegt tatsächlich das größte Potenzial, ein bis zwei Prozent machen hier auf einige Jahre gesehen bereits viel aus. Die zweite Säule könnte mit einer verpflichtenden betrieblichen Vorsorge gestärkt werden. Oder man kreiert einen Staatsfonds nach norwegischem Vorbild.

Abseits davon gibt es in Österreich 330 Mrd. Euro an niedrigverzinstem privatem Kapital, die nicht nur keine Rendite abwerfen, sondern den Unternehmen auch bei der Innovationsfinanzierung fehlen. Die Liste an Möglichkeiten ist lang, wie auch jene der schon existierenden Blaupausen in Europa.

Welche Maßnahmen bräuchte es konkret? Welche dieser Schritte können in Österreich gesetzt werden und welche nur auf europäischer Ebene?  

Die entscheidenden Schalthebel sind tatsächlich bei den Nationalstaaten. Vorlagen, die für den österreichischen Anwendungsfall angepasst werden können, gibt es genug. Norwegen mit dem Staatsfonds, Schweden mit der teilweisen Veranlagung der Pensionen am Kapitalmarkt, die Schweiz mit der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. In Deutschland kommt nun das Vorsorgedepot mit steuerbegünstigter Wertpapierveranlagung. Alles, was eine zu befürwortende Harmonisierung betrifft, etwa beim Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht, ist auf EU-Ebene zu lösen.

Stichwort EU-Ebene. Sie sprechen auch oft von der “unvollendeten Kapitalmarktunion”. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um diese Kapitalmarktunion zu vollenden?

Das deckt sich mit den zuvor diskutierten Ansätzen, die jedoch in der langen Liste der – grundsätzlich zu befürwortenden – Ziele der Kapitalmarktunion nur unzureichend adressiert werden können, da derzeit die großen Kapitalsammelstellen nur durch die Mitgliedsstaaten geschaffen werden können. Ohne große Kapitalsammelstellen werden wir die europäische Konkurrenzfähigkeit nicht entscheidend ankurbeln können.

Inwiefern können Kapitalreserven in privaten Altersvorsorgesystemen oder Pensionsfonds als „Treibstoff“ für tiefe und liquide Märkte dienen? 

Indem sie in börsennotierte Unternehmen investieren. Damit schaffen wir die besagten großen Liquiditätspools bzw. Kapitalsammelstellen. Die Unternehmen haben somit eine umfassendere Kapitalquelle für Innovation und Wachstum. Das erklärt auch, warum wir in Europa mit Abwanderung von Listings in Richtung USA zu kämpfen haben. Wachstumsorientierte Unternehmen gehen dorthin, wo sie potenziell das meiste Kapital bekommen können.

Wenn wir wollen, dass das nächste Google, Meta oder Amazon aus Europa kommt, müssen wir hier anpacken. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen schneller und erholen sich rascher von Krisen.

Sie haben bereits angesprochen, dass die nun scheidende Regierung die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien im Regierungsprogramm vereinbart hatte, ohne sie dann tatsächlich umzusetzen. Für wie wichtig – verglichen mit anderen Möglichkeiten, Anreize zu schaffen – wäre diese Maßnahme, um die private Vorsorge über die Börse attraktiver zu gestalten?

Ich bin immer dafür, Individuen zu ermächtigen und zu stärken und genau das macht die Behaltefrist. Die Befreiung von der KESt (Kapitalertragssteuer) für die langfristige Altersvorsorge ist als Anreiz nicht zu unterschätzen. Sie ist längst überfällig.

Versteuertes Arbeitseinkommen wird in Unternehmen investiert, diese schütten mit Körperschaftsteuer besteuerten Gewinn aus, auf den nochmal 27,5 Prozent geltend werden. Diese steuerliche Eskalation ist immens. Wer vorausschauend agiert und für sein Alter vorsorgt, sollte dringend entlastet werden.

Sie vertreten mit der Wiener Börse die österreichische Nationalbörse. Aktuell kursieren einige Vorschläge, die einen anderen Bereich, nämlich den vorbörslichen Kapitalmarkt betreffen und diese attraktiver machen sollen, etwa die Schaffung eines Dachfonds, der in bestehende Venture-Capital-Fonds investiert, oder einen Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber. Wie blicken Sie darauf?

Ich halte Ansätze, die Innovation, junges Unternehmertum und Wachstum fördern immer für begrüßenswert. Von jungen Unternehmen, die am Beginn ihrer Reise mit genügend Kapital ausgestattet werden, wird in weiterer Folge auch die Börse, die am oberen Ende der Finanzierungsstufen steht, profitieren.


Aus dem Archiv: Christoph Boschan im brutkasten-Studiotalk (September 2024):


Aus dem brutkasten-Printmagazin: Warum ein Börsengang nicht nur etwas für Großkonzerne ist


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