24.02.2022

Ukraine-Krieg: Erste Einschätzungen der Lage für Startups und Unternehmen aus Österreich

Der Krieg könnte in weiterer Folge Auswirkungen auf Halbleiter und Rohstoffpreise haben. Mit unmittelbaren Folgen für Startups ist zwar nicht zu rechnen, dennoch sind heimische Jungunternehmen in den Regionen aktiv.
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Kiev © Adobe Stock
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Der Ukraine-Konflikt eskaliert – Russland hat die Provinzen Donezk und Luhansk als Staaten anerkannt und ist am Donnerstag einmarschiert. Der Krieg bringt die österreichische Wirtschaft stark unter Druck. Der ATX ist in Folge der Entwicklungen am Vormittag um mehr als sieben Prozent eingebrochen – vor allem Banken sind betroffen, aber auch Energiekonzerne und Schwerindustrie. OMV und Raiffeisen gehören zu jenen heimischen Konzernen, die die Auswirkungen am stärksten spüren. 

Österreichische Startups in Russland

Dass auch österreichische Startups unmittelbar von den Sanktionen und deren Folgen betroffen sind, ist unwahrscheinlich. Dennoch gibt es viele Jungunternehmen, die in der Ukraine und Russland tätig sind oder auf andere Art mit den betroffenen Regionen verbunden sind. Das Unicorn GoStudent ist beispielsweise vergangenes Jahr nach Russland expandiert und hat dort ein lokales Team. Das PropTech PlanRadar, das vergangenes Jahr eine Investmentrunde über 60 Millionen Dollar aufgenommen hat, hat ebenfalls ein Büro in Moskau und ist in Bauprojekten in der Ukraine involviert. Beide Startups wollten die Lage auf Nachfrage des brutkasten derzeit nicht kommentieren.  

Investoren aus Russland

Österreichische Startups haben in Russland nicht nur Mitarbeiter und Kunden, sondern auch Investoren. Der russische Baumagnat Dmitriy Aksenov ist Initiator der Kunstmesse vienna contemporary und unter anderem in das AR-Startup Artivive investiert. Ob und wie sich die aktuelle Lage in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland auf solche Konstellationen auswirken könnten, ist noch nicht klar. 

Jedenfalls rechnen Experten mit Auswirkungen, die auch Unternehmen in anderen Branchen und möglicherweise auch Startups treffen könnten, die in den Regionen aktiv sind. Einerseits ist davon auszugehen, dass der Konflikt Lieferketten beeinflusst. Auch Preissteigerungen bei bestimmten Rohstoffen sind denkbar. Die Wirtschaftskammer hält daher weitere Auswirkungen auf Unternehmen in Hochtechnologie oder etwa im Bereich Halbleiter für denkbar. Halbleiter sind der wichtigste Baustein für Hardware und ohnehin seit der Pandemie Mangelware.

“Mitarbeiter:innen schützen”

“Welche Auswirkungen konkret auf österreichische Unternehmen zu erwarten sind, ist aufgrund der volatilen Lage derzeit noch schwer abschätzbar”, hieß es auf Nachfrage des brutkastens auch von der Wirtschaftskammer. “Aktuell von Sanktionen betroffen ist jedenfalls der heimische Banken- und Versicherungssektor, mit einer Ausweitung auf andere Wirtschaftsbereiche (etwa Hochtechnologie, Halbleiter) ist zu rechnen. Daneben werden eine Reihe von österreichischen Unternehmen auch von Lieferkettenproblemen aus der Ukraine selbst und von bereits steigenden Rohstoffpreisen betroffen sein”. 

Die WKÖ betont, für österreichische Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den betroffenen Regionen da zu sein: “Die Wirtschaftskammer sieht die aktuelle Eskalation, mit größter Sorge. Diese wird zu massiven wirtschaftspolitischen Auswirkungen und auch zu großem menschlichen Leid führen. Für uns steht jetzt im Fokus, die aktuell in der Ukraine und in Russland tätigen österreichischen Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zu unterstützen”. 

RBI: “Erwarten weitere Sanktionen”

Die Raiffeisen Bank International, die über den CVC Elevator Ventures auch in Startups investiert, rechnet vorerst mit keinen direkten Auswirkungen von Sanktionen auf Unternehmen, die nicht direkt am Konflikt beteiligt sind: „Wir erwarten weitere Sanktionen und nehmen an, dass diese zielgerichtet sein werden und nicht Personen und Unternehmen treffen, die an der Eskalation nicht beteiligt sind. Der Konflikt kann nur politisch gelöst werden. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch keine Einschätzung über Auswirkungen allfälliger Sanktionen auf die RBI treffen”, teilt ein Sprecher auf Nachfrage des brutkastens mit. “Oberste Priorität haben nun die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unserer Kunden”. Und: “Heute wäre es verfrüht, die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Entwicklungen abzuschätzen. Unsere Banken in Russland und in der Ukraine sind gut kapitalisiert und finanzieren sich selbst. Zudem haben wir bereits im vergangenen Jahr im Rahmen unserer vorausschauenden Risikopolitik Rückstellungen gebildet und unseren Rubel-Hedge erhöht sowie einen Hrywnja-Hedge eingerichtet”.

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Das Gründerteam von Kern Tec | (c) Kern Tec
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Milchprodukt-Alternativen gibt es inzwischen viele am Markt. Das Startup Kern Tec mit Sitz im niederösterreichischen Herzogenburg, das mit seiner B2C-Marke Wunderkern auch direkt im Einzelhandel vertreten ist, hat dafür ein eigenes Verfahren entwickelt – brutkasten berichtete bereits mehrmals. Und die Produkte auf Marillenkern-Basis sind mittlerweile ziemlich erfolgreich. Zahlreiche Kooperationen und Listungen wurden erreicht, etwa in rund 900 Billa-Filialen. Mit einem 12-Millionen-Euro-Investment im Herbst 2023 wurde auch finanziell eine solide Basis für die Skalierung gelegt.

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Von Michael Beitl, Luca Fichtinger, Sebastian Jeschko und Fabian Wagesreither gegründet, ging Kern Tec mit seiner Technologie 2019 an den Start. Mit dieser werden Öle und Proteine aus Obstkernen gewonnen. Auch deren Schale wird verwertet – etwa zerrieben als Ersatz für Mikroplastik in der Kosmetik. Somit wird ein organisches Abfallprodukt aus der Obstverarbeitung vom Startup als Rohstoff genutzt. Und das soll im Vergleich zum Anbau von Nüssen und Mandeln, die sonst als Rohstoff für Milchprodukt-Alternativen dienen, viel Wasser und CO2 sparen. Das Unternehmen betreibt neben der eigenen B2C-Marke Wunderkern auch ein B2B-Geschäft mit zahlreichen Partnern.

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