04.07.2019

TU Wien erforscht Möglichkeit, Knochen per 3D-Druck herzustellen

Am Christian-Doppler-Labor an der Technischen Universität Wien loten Forscher die Möglichkeiten aus, Knochenersatz-Implantate per 3D-Druck herzustellen. Wir sprachen mit Stefan Baudis, Leiter des CD-Labors, über das Verfahren und über die Herausforderungen, die es noch zu lösen gilt.
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3D-Druck, Knochen, CD Labor, Stefan Baudis
(c) CD Labor - Johannes Stögerer und CD-Labor-Leiter Stefan Baudis (rechts) forschen nach Möglichkeiten um Knochen aus 3D-Druck herzustellen.

Health-Tech und die “Life Sciences” haben in den letzten Jahren öfters Lösungen in der medizinischen Forschung aufgezeigt. Sei es ein bionischer Anzug oder eine Blutdruck-App, der Bereich schreitet rasant voran. Aktuell erforscht nun ein Team unter der Leitung von Stefan Baudis im neuen “CD-Labor für Fortschrittliche Polymere für Biomaterialien und den 3D-Druck”, wie man Knochen mittels 3D-Druck herstellen kann.

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Material für 3D-Druck gesucht

Der Grundgedanke dabei: Dem Patienten, dem durch Unfälle oder OPs Knochen im Gesicht, Kiefer und Schädel fehlen, selbige zu ersetzen. Die Schwierigkeit dabei ist, passende Materialien für den Aufbau von Knochen zu finden, die sich im 3D-Druck verarbeiten lassen. “Es gibt zwei Arten von Zellen”, erklärt Baudis im Gespräch mit dem brutkasten, “jene, die Knochen abbauen und jene, die sie aufbauen. Daher können Knochenbrüche ganz von selbst wieder verheilen.” Die Idee daher: Ein Material zu entwickeln, das von Zellen besiedelt werden kann.

Knochengerüst innerhalb weniger Stunden

Baudis spricht in diesem Zusammenhang von einem Gerüst bzw. einer Gesamtstruktur für den Körper, die es körpereigenen Zellen erlaubt, das Material zu einem ganz normalen Knochen umzubauen. Ein beschädigtes Knochenstück ließe sich so mit modernen bildgebenden Verfahren präzise vermessen. Am Computer könnte man dann den gewünschten Knochenabschnitt genau auswählen, der 3D-Drucker würde dann innerhalb von einigen Stunden Schicht für Schicht ein Knochengerüst mit genau der richtigen Form erzeugen, das dann bei der Operation mit dem natürlichen Knochen verklebt wird.

“Implantat darf sich nicht abbauen, bevor Knochen aufgebaut ist”

Dabei gibt es jedoch noch einige Herausforderungen zu überwinden, wie der Experte weiter ausführt. Die Forscher wenden beim 3D-Druck das FDM-Verfarhen (Fused Deposition Modeling) an, bei dem ein Objekt schichtweise aufgebaut wird. Das künstlich hergestellte Knochengerüst muss sodann eine poröse Struktur haben, damit knochenaufbauende Körperzellen eindringen können und der Stofftransport funktioniert. Es muss fest, aber nicht zu spröde sein, damit es nicht sofort bricht und vom Körper in überschaubarer Zeit abgebaut werden kann. Und am Ende, wenn es durch natürlichen Knochen ersetzt wurde, soll vom Gerüst nichts mehr übrig bleiben. Außerdem sollen Partikel aus Calciumphosphat bereits im Gerüst eingebaut sein, die dann in das Knochenmaterial umgewandelt werden. “Das Implantat darf sich nicht abbauen, bevor der Körper den Knochen aufgebaut hat”, sagt Baudis.

Bioresorbierbare Keramik als Knochenersatz

Das Material muss zudem bei Raumtemperatur flüssig bleiben, bis es mit Licht der passenden Wellenlänge bestrahlt wird. Dadurch wird dann eine chemische Kettenreaktion ausgelöst, die das Material genau an den bestrahlten Stellen aushärtet (Stereolithografie). Zu diesem Zweck arbeiten die Forscher mit Lithoz, einem Technologieanbieter für 3D-Druck für Hochleistungskeramik und bioresorbierbare Keramiken,zusammen. Deren Materialien – Tricalciumphosphat und Hydroxylapatit – sind keramische Werkstoffe, die sich aufgrund ihrer osteokonduktiven und bioresorbierbaren Materialeigenschaften als Knochenersatzmaterial eignen.

“Noch in Kinderschuhen”

Zwecks klinischer Umsetzbarkeit des Vorhabens wird das Projekt von der Trauma Care Consult Traumatologische Forschung Gemeinnützige Gesellschaft (TCC) unterstützt. Und wie lange wird es dauern, bis der 3D-Druck-Knochenersatz weitläufig nutzbar wird? “Wir stecken noch in den Kinderschuhen und betreiben Grundlagenforschung”, sagt Baudis: “Das CD-Labor ist eine große Chance, an dessen Ende wir hoffen, ein Baukasten-System entwickelt zu haben, mit dem wir die Abbaugeschwindigkeit des Materials regulieren können.”


⇒ Christian Doppler Forschungsgesellschaft

 

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Carmen Possnig bei der FTI-Konferenz „Starke Forschung, starker Standort“ der WKÖ (c) WKÖ/Marek Knopp
Carmen Possnig bei der FTI-Konferenz „Starke Forschung, starker Standort“ der WKÖ (c) WKÖ/Marek Knopp

Ob Antarktis bei minus 80 Grad oder ab ins All. Die Kärntnerin Carmen Possnig forscht in nicht alltäglichen Umgebungen. Von der ESA wurde die gebürtige Klagenfurterin als Reserveastronautin ausgewählt. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf Weltraumphysiologie und der Veränderung von Hindurchblutung in der Schwerelosigkeit.


brutkasten: Sehr geehrte Frau Possnig, zu Beginn eine Grundsatzfrage: Was braucht es aus Ihrer Sicht, damit Wirtschaft und Forschung gut zusammenarbeiten? 

Carmen Possnig: Ich glaube, für eine gute Zusammenarbeit ist es sehr wichtig zu verstehen, was der Andere braucht, um gut arbeiten zu können. In der Wissenschaft sehe ich das Problem, dass Wissenschaftler:innen ihre eigene Forschung nicht wahnsinnig gut erklären können. Ich glaube es ist wirklich wichtig hier anzusetzen und mehr auf Wissenschaftskommunikation zu setzen. Forscher:innen müssen besser erklären, was sie machen und wofür sie Unterstützung benötigen. Das Ziel ist dabei immer, dass wir die Kooperationen verbessern und einander besser verstehen. 

Warum hapert es bei Forscher:innen an der Kommunikation? 

Meiner Meinung nach wird das nicht genug wertgeschätzt, wenn man Wissenschaftskommunikation betreibt und seine Forschung und Lehre auf einfache Termini herunterbricht. Es wird auch von der universitären Seite nicht genug gewichtet. Wissenschaftskommunikation von Forschenden passiert meist in ihrer Freizeit, das gehört geändert. Es sollte auch belohnt werden, wenn Wissenschaftler:innen das noch zusätzlich machen. Auch für Student:innen sollte ein Bewusstsein für Kommunikation geschaffen werden. Student:innen sollten Kurse belegen können, die ihnen beibringen, ihren Themen Menschen zu erklären, die damit nichts zu tun haben. Das ist in vielen Fällen nicht einfach, weil man sich in der Forschung spezialisiert auf ein kleines Fach und man dann sehr ins Detail geht. Den Überblick für das große Ganze sollte man dabei aber natürlich nicht verlieren. 

Wo sehen Sie forschungspolitische Prioritäten, die momentan noch fehlen? 

Mit Blick auf die Weltraumforschung ist es extrem wichtig, dass die verschiedenen Disziplinen zusammenarbeiten können. Es bringt nichts zu sagen, dass wir Menschen zurück zum Mond und irgendwann auf den Mars schicken wollen. Das ist nichts, was eine Wissenschaftsdisziplin oder eine Nation alleine schaffen kann. Gewissermaßen ist es die ultimative Herausforderung für Kollaborationen von Menschen. Einerseits ist das extrem herausfordernd, andererseits auch extrem bereichernd. Man bekommt von Menschen, die an etwas ganz anderem forschen neue Perspektiven auf das, was man selbst macht.

(c) WKÖ/Marek Knopp

Weltraumforschung ist historisch ja eher ein Wettstreit. Was muss passieren, damit es ein menschliches Voranschreiten ist und kein Wettkampf? 

Tatsächlich war das in der früheren Zeit der Weltraumforschung durchaus ein Wettstreit. Hauptsächlich natürlich zwischen den USA und der Sowjetunion. Inzwischen ist es aber so, das wir in der Weltraumforschung die größte internationale Kollaboration ist, die wir überhaupt haben. Auf der internationalen Raumstation sind wahnsinnig viele verschiedene Nationen beteiligt und das funktioniert. Die Raumstation ist extra so gebaut, dass es nicht funktionieren kann, wenn eine Nation dabei aussteigt. Es ist praktische eine forcierte Kollaboration zwischen verschiedensten Weltraumagenturen. Wenn wir jetzt wieder zurück zum Mond wollen ist es dort genau das Gleiche. Wir bauen an der Lunar Gateway, eine die Station die im Orbit um den Mond herumfliegen wird. Der Plan ist es, langfristig und nachhaltig eine Präsenz des Menschen auf dem Mond zu bauen. Da ist die NASA dabei, die ESA die JAXA (japanische Weltraumorganisation), die kanadische und vermutlich auch irgendwann Indien. Es ist einfach ein riesiger Bereich. wo man einerseits internationale Kollaboration aufbauen kann und andererseits natürlich nicht weiterkommt, wenn man es nicht tut. 

Braucht es Ihrer Meinung nach in Europa mehr Sandboxprojekte, um unabhängig von Regularien die Forschung besser voranzubringen? 

Das kommt ein bisschen drauf an. Bei Forschung, wo Menschen involviert sind, da haben Regularien schon einen Sinn. 

Sie haben von einem Weltraum für alle gesprochen. Wie kann man sich das vorstellen? Heißt das, jeder Mensch soll in Zukunft eine Möglichkeit haben, im All zu leben oder einmal dort zu sein? 

Nein, so meine ich das nicht. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir erkennen, dass wir momentan in der Erforschungsphase des Weltraums sind. Diese Erforschung sollte im Vordergrund stehen und nicht, dass wir zum Spaß rauf fliegen, um ein paar Selfies zu machen. Astronaut:innen sollten mit einem klaren wissenschaftlichen Ziel vor Augen ins All fliegen, diese Wissenschaft betreiben, neue Technologien finden und es dann für alle öffentlich zugänglich machen. Es ist extrem wichtig, dass wir das Forschungsinteresse nicht aus den Augen verlieren, denn nur so werden wir es später zum Mond und zum Mars schaffen. Wir brauchen unterschiedlichste Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen, um das zu ermöglichen. Daher sollte jeder, der eine Faszination in einem Bereich hat, sich einbringen und so an der Erforschung des Alls mitarbeiten. 

Sie reden viel vom Mars. Haben Sie die Erde schon aufgegeben? 

Nein, es ist keine Option, dass der Mars ein Planet B ist. Die Erde wird, egal wie schlimm der Klimawandel wird, immer lebenswerter sein, als der Mars es sein könnte. Sollten wir jetzt auf die Idee kommen, die Atmosphäre am Mars atembar zu machen, wird es immer noch nie so sein, wie wir es momentan auf der Erde haben. Zum Mars, ja, um unserer Neugier zu folgen, um Entdecker:innen zu bleiben. Es ist einfach faszinierend, auf einen fremden Planeten zu fliegen und dort vielleicht Leben zu finden. Das würde unser ganzes Weltbild, das universale Bild, wo wir als Menschen stehen durcheinander bringen.

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