07.03.2023

Tractive-Gründer Hurnaus zur 4-Tage-Woche: “Würden uns wieder dafür entscheiden”

Gastbeitrag. Tractive-Founder Michael Hurnaus lässt uns hinter die Kulissen zur Implemetierung der 4-Tage-Woche blicken, nimmt uns auf die Entscheidungsfindungs-Reise mit und zieht ein Resümee.
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4-tage-Woche, Tractive, Hurnaus, Teilzeit
(c) Tractive - Michael Hurnaus von Tractive über seine Erfahrungen zur 4-Tage-Woche.

Mittlerweile sind ca. neun Monate seit unserer Umstellung auf die 4-Tage-Woche vergangen. Mehrmals pro Woche erreichen uns Anfragen von Unternehmen oder Medien, wie es uns damit geht und was wir bisher gelernt haben. So viel sei gesagt – wir haben es nicht bereut und würden diese Entscheidung wieder treffen.

Die Entscheidung für die 4-Tage-Woche

Der Grundstein wurde in einem “Leadership Offsite” Anfang 2022 im Rahmen eines Brainstormings des Leadership-Teams gelegt. Ziel war es, verschiedene Ideen zu sammeln, wie wir als Arbeitgeber noch interessanter und relevanter sein können – und wie wir „mit der Zeit gehen“ können, um nicht „mit der Zeit zu gehen“.

Der Fokus lag auf Initiativen zur Retention und Motivation von existierenden Mitarbeiter:innen sowie der Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber für Bewerber:innen, speziell für jene mit mehrjähriger Berufserfahrung.

Zahlreiche Ideen lagen auf dem Tisch, unter anderem der Vorschlag zur 4-Tage-Woche, welchen ich in der Tat prompt eher belächelt als ernsthaft in Betracht gezogen hatte. „Wir wollen wachsen, wollen skalieren, da ist weniger arbeiten vermutlich nicht die smarteste Entscheidung“, so meine erste Reaktion.

Nichtsdestotrotz blieb die Idee auf dem Tisch und wurde gründlich evaluiert. Wir haben mit Unternehmen gesprochen, die dies umgesetzt bzw. versucht haben, Research Papers gelesen und lange, detaillierte Pro- und Contra-Listen erstellt.

Es war Anfang 2022, also noch bevor dieses Thema plötzlich medial breiter beleuchtet wurde. Nach intensiver Betrachtung gab es viele Punkte, die für eine Einführung sprachen, vor allem auch der Gedanke, dass für uns als modernes Technologie-Unternehmen der Outcome unserer Arbeitszeit viel wichtiger ist als „reine Stunden“. Es ist außerdem erwiesen, dass regelmäßige Erholungsphasen die Leistungsfähigkeit und eben den Outcome langfristig erhöhen können.

Aber es war uns auch klar, dass dies ein durchaus riskanter Schritt sein würde. Was, wenn es nicht funktioniert? Wie sollen wir es ausgestalten? Was denken die Shareholder und Investor:innen?

Die detaillierte Aufbereitung und Analyse hat uns geholfen, das System mit geeigneten Rahmenbedingungen aufzusetzen, ein fundiertes und gut durchdachtes Konzept zu präsentieren und schlussendlich sehr schnell einen Buy-In von allen Investor:innen zu erhalten.

Die Rahmenbedingungen

An vier Tagen die Vollarbeitszeit zu leisten, ist durchaus schon bei manchen Arbeitgeber:innen möglich. Allerdings wollten wir keine „fake“ 4-Tage-Woche, in der wir nur die volle Zeit auf vier Tage zusammenquetschen. Wir haben uns für eine 35-Stunden-Woche entschieden, gepaart mit einem 3-Tage-Wochenende für alle. Bei gleichbleibendem Gehalt.

Der Großteil des Vollzeit-Teams arbeitet montags bis donnerstags, manche von Dienstag bis Freitag, damit für Kund:innen im Kundenservice sowie im Warenlager nach wie vor fünf Tage abgedeckt sind.

Zusätzlich zu den dreitägigen Wochenenden können noch bis zu sechs “Balancing Days” erarbeitet werden – also Überstunden, die wie Urlaubstage bzw. Zeitausgleichstage aufgebraucht werden können.

Ebenso war für uns klar, dass wir dies nicht als Test formulieren bzw. nicht nur saisonal oder jede zweite Woche anbieten werden. Kurzum, wir wollten kein „Kleingedrucktes“ und keine Ausnahmen. Die neue 4-Tage-Woche gilt von Praktikant:innen bis zu Leadership-Team-Members.

Die Einführung der 4-Tage-Woche

Der Startschuss für das Modell fiel mit dem Umzug in den neuen Tractive Campus im Juli 2022. Bei der offiziellen Ankündigung im Mai, kurz nach unserem jährlichen Team-Trip nach Mallorca, herrschte große Euphorie, obwohl einige Mitarbeiter:innen es initial als Scherz aufgefasst hatten.
Das Tractive HR Team hatte sich intensiv auf die interne Kommunikation vorbereitet und in einer internen FAQ-Session keine potentielle Frage unbeantwortet gelassen. Sehr klar haben wir kommuniziert, dass wir nicht nur dieselbe Arbeit in 35 Stunden reinpressen wollen, sondern uns von allen erwarten, die 10 Prozent „geschenkte“ Zeit durch Effizienzmaßnahmen wieder hereinzuholen.

Meeting-Regeln, gegenseitiges Erinnern, wenn wir Ineffizienzen sehen und “smarter statt harder” zu arbeiten, waren nur ein paar der kommunizierten Empfehlungen. Tatsächlich war der Einführungstag (1. Juli 2022) schon ein Freitag und das Büro war – abgesehen von ein paar Dienstag-Freitag-Kolleg:innen – leer.

Vor allem, weil wir das erste größere Unternehmen in Österreich waren, welches eine derartige 4-Tage-Woche für das gesamte Unternehmen eingeführt hatte, war das Medien-Echo enorm und fast ausschließlich positiv.

Das Resümee

Jetzt, neun Monate später, können wir ein erstes Resümee ziehen. Tatsache ist, dass es speziell in unserer Branche sehr schwierig ist, einen Effizienzgewinn bzw. -verlust zu messen. In zeit-linearen Funktionen, wie im Kundenservice, merkt man relativ klar, dass sich die Reduzierung der Stunden auch ähnlich auf die Anzahl der abgefertigten Tickets ausgewirkt hat. Allerdings wurden auch in der kurzen Zeit zahlreiche Verbesserungen umgesetzt, die es dem Team ermöglichen, in Zukunft in diesem Umfeld effizienter zu werden, ohne negative Auswirkungen für unsere Kund:innen.

In nahezu allen anderen Funktionen ist Messbarkeit kaum gegeben. Allerdings spüren wir nach wie vor den internen Drive bei vielen Mitarbeiter:innen, die herausfinden möchten, wo wir unnötig Zeit verlieren und wo wir Overhead abbauen können.

Die Mitarbeiterzufriedenheit hat sich trotz starkem Wachstum auf jetzt über 200 Mitarbeiter:innen noch weiter positiv verbessert, der eNPS (Employee Net Promoter Score) auf knapp 50 erhöht. Die Mitarbeiterfluktuation war bereits davor sehr niedrig und hat sich weiter reduziert.

Was sich drastisch erhöht hat, war die Anzahl der Bewerbungen, sowohl von lokalen als auch von internationalen Talenten. Im zweiten Halbjahr 2022 erreichten Tractive etwa dreimal so viele Bewerbungen wie im ersten Halbjahr. Und vor allem – die Qualität der Bewerbungen ist ebenfalls gestiegen. Die Angst, durch so eine Maßnahme nur Leute anzuziehen, die einfach nur weniger arbeiten wollen, hat sich absolut nicht bewahrheitet.

Die Learnings

Die detaillierte Evaluierung und minutiös geplante interne Kommunikation haben sich bezahlt gemacht. So ein Schritt ist schwer rückgängig zu machen und muss daher wirklich gut durchdacht werden. Kritik wird es immer geben. Speziell von anderen Arbeitgeber:innen haben wir auch negative Stimmen gehört, was durchaus nachvollziehbar ist. Aber die Zeiten haben sich geändert und die „jungen Generationen“ haben andere Prioritäten.

Was aber im Allgemeinen nicht heißt, dass diese Generationen weniger ambitioniert sind. Ganz im Gegenteil. Wir merken immer mehr, dass es für viele Mitarbeiter:innen einen enormen Stellenwert hat, Teil davon zu sein, die Welt zum Positiven zu verändern. “Purpose” ist das Stichwort.

Dass man gute Mitarbeiter:innen nicht mehr nur mit gratis Getränken, Obst, Kaffee, Snacks und subventioniertem Mittagessen ködern kann (ja, auch das gibt es natürlich bei Tractive), ist mittlerweile den meisten Unternehmen klar. Ein gutes Arbeitsumfeld, Flexibilität und moderne New Work-Arbeitsbedingungen sind das, was talentierte Mitarbeiter:innen anzieht.

Wir sind froh, diesen Schritt gegangen zu sein und würden uns wieder dafür entscheiden. Ob es für jedes Unternehmen und jede Branche das richtige Modell ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Wesentlich ist, dass ein Arbeitsmodell auch zu einer Firma im Hinblick auf Kultur, Arbeitsweise und Aufgabenbereiche passend ist. Für Tractive ist das definitiv der Fall und deshalb durchaus eine Erfolgsgeschichte.

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(c) Mercedes-Benz - Bernadette Frech, CEO von Instahelp.

“Unser Wert ist nicht abhängig von Leistung oder Produktivität. Gerade bei High-Performern sind Stigmen rund um mentale Gesundheit immer noch stark zu spüren und erschweren es, eine Balance zwischen Leistung und Gesundheit zu finden. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass wir immer noch gehemmt sind, über unsere Emotionen zu sprechen. Dabei können ausgelebte Emotionen beflügelnd und erfüllend sein – und zwar alle. Weil Selfcare mehr ist als Meditation, haben wir uns gefragt, wie man Leistung mit Gesundheit vereinbaren kann. Und wie erkennt man überhaupt, ob man selbst Gefahr läuft, die eigene Psyche aufs Spiel zu setzen?” Das sind die Fragen, die Mercedes-Benz und Instahelp, konkreter CEO und Testimonial Bernadette Frech, im Rahmen ihrer gestarteten Mental Health-Initiative zum Diskurs stellen und beantworten möchten.

Instahelp und das Burn-on

Dies wollen die Grazer Startup-Gründerin und der deutsche Automobilhersteller tun, indem sie dieses Thema nicht bloß kurzfristig und in ein paar Minuten ergründen, sondern Fakten aufbereiten und sich mit jenen High-Performern austauschen, die so oft mit der Gefahr mitlaufen, auszubrennen.

Die Komplexität von Mental Health ist vielen in der Startup-Szene nicht erst seit der Gründung von Instahelp bekannt, auch nicht durch das gefühlte Erstarken von Enttabuisierung, was die psychische Komponente von Innovator:innen betrifft, sondern es ist etwas, dass ironischerweise durch den Begriff “Burn-out” den Weg in die Mitte der Gesellschaft gefunden hat. Man kennt ihn, man weiß, dass er zum Felde der mentalen Gesundheit gehört und man akzeptiert Personen, die offen damit umgehen, als mutig.

Was man allerdings bei diesem, nennen wir es neuem Verständnis für das, was früher als Schwäche oder Faulheit bezeichnet wurde, nicht gewahr ist, ist ein anderer Begriff, der vor dem Ausbrennen kommt. Als Testimonial erwähnt Bernadette Frech in diesem Video die Worte “Burn-On” – ein Zustand der chronischen Überbelastung, ohne dabei zusammenzubrechen.

Emotionen als Treiber

Weiters nennt sie Wut einen “Treiber für positive Veränderung”, plädiert dafür, sich mit positiven wie negativen Emotionen auseinanderzusetzen, sie zu managen und Coping-Strategien zu entwickeln. Oder anders gesagt und dem gemeinsamen Motto treu: einen “Sense of Self” zu entwickeln.

“Als CEO von Instahelp freue ich mich total, als Testimonial für die aktuelle Mercedes-Benz Österreich Kampagne die Stimme für Mental Health zu sein”, sagt Frech zu ihrer Rolle in der neuen Initiative. “Mit der von Mercedes-Benz Österreich initiierten Kampagne ‘Sense of Self’ gilt es, Stigmen um mentale Gesundheit hinter uns zu lassen. Gründer:innen sind typische High-Performer. Gerade deswegen sind sie von mentalen Gesundheitsproblemen betroffen. Sie gehen Risiken ein, arbeiten unter Unsicherheit, erleben sozialen Druck und sind oft mit Scheitern konfrontiert. Ein mental starkes Mindset kann hier helfen. Wir möchten mit der Initiative auch Gründer:innen dabei helfen, ihren ‘Sense of Self’ zu finden.”

Interessierte können mehr über die Mercedes-Instahelp-Initiative im Rahmen des Fifteen Seconds Festivals von 5. bis 7. Juni in Graz erfahren, wo beide Partner das Thema “Balance zwischen Leistung und Gesundheit” etwas mehr in den Mittelpunkt der Startup-Szene rücken wollen.

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