17.11.2020

Warum TourRadar nach 10 Jahren und mitten in der Krise im Heimatmarkt launcht

Das Wiener TravelTech-Scaleup TourRadar expandiert mitten in der Coronakrise in den deutschsprachigen Raum. Wir haben CEO Travis Pittman gefragt, warum.
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TourRadar CEO Travis Pittman
TourRadar CEO Travis Pittman | (c) Zsolt Marton

Es wäre an sich schon eine spannende Frage: Warum launcht ein Unternehmen mit Hauptsitz in Wien erst zehn Jahre nach der Gründung im Heimatmarkt? Noch spannender wird die Frage, wenn es sich dabei um eines der profiliertesten Scaleups des Landes handelt. Und ganz und gar erstaunlich wird es, wenn dieser Launch am vorerst zweiten Höhepunkt der Coronakrise passiert, obwohl besagtes Scaleup in der wohl am stärksten von der Krise gebeutelten Branche tätig ist. Doch genau das ist passiert: TourRadar startete gestern im DACH-Raum – seitdem gibt es das Rundreise-Buchungsportal auch auf Deutsch. Bislang war es nur auf englisch verfügbar – das Unternehmen hatte auf die Märkte USA, Kanada, Australien und UK fokussiert.

Travis Pittman: “So sind wir Gründer”

Aber warum folgte der Schritt jetzt? “Diese Frage haben mir sehr viele Leute gestellt. Ein Journalist dachte sogar, es wäre ein Scherz von uns”, erzählt TourRadar Co-Founder und CEO Travis Pittman im Gespräch mit dem brutkasten, “es ist wahrscheinlich nicht der ideale Zeitpunkt. Aber so sind wir Gründer: Wir versuchen oft Dinge, die unmöglich wirken”. Und dann lässt Pittman den tatsächlichen Grund durchblicken: “So brutal Corona bislang für uns und die gesamte Branche war, haben wir die Zeit genutzt, um uns weiterzuentwickeln. Der deutschsprachige Raum stand immer bei uns am Plan, aber es war nie die Zeit da, darauf zu fokussieren”.

Dabei habe man den Grundstein für weitere Internationalisierungsschritte gelegt. “Wir haben innerhalb von sieben Monaten trotz Kurzarbeit die gesamte Plattform umgerüstet, um sie nun in jede beliebige Sprache bringen zu können. Das war eine monumentale Leistung”, sagt der Gründer. Dieser Fokus wäre ohne die Krise, in der viele operative Tätigkeiten wegfielen, wohl nicht möglich gewesen meint Pittman.

TourRadar: Zahlreiche Schritte, um gestärkt aus der Krise zu kommen

Dass man bislang nicht den Schritt in den DACH-Raum gemacht habe, liege auch daran, dass man nach wie vor sehr niedrige Marktanteile in den vier Stammmärkten habe. “Wir waren de facto immer ein global agierendes Unternehmen – es ging hier primär um die Sprache. Bei den Wachstumsmöglichkeiten in den bereits erschlossenen Märkten gingen wir davon aus, dass es uns vielleicht eher ablenken würde, das Thema anzugehen”, so der TourRadar-Gründer.

Nicht nur mit dem Launch im DACH-Raum arbeite man daran, gestärkt aus der Krise herauszukommen. “Wir waren in den vergangenen Monaten dazu gezwungen, teilweise sehr schmerzhafte Entscheidungen zu treffen. Aber die Krise hat für uns auch viel Klarheit geschaffen, wo wir uns hin entwickeln sollten”, sagt Pittman. Langfristig schaffe natürlich auch der Wegfall von Mitbewerbern neue Möglichkeiten. Um dafür gerüstet zu sein, habe man dieses Jahr zahlreiche Prozesse überarbeitet und verbessert. Zudem habe man das Produkt an derzeit besonders stark ausgeprägte Kundenbedürfnisse angepasst.

Rückkehr zum Normalbetrieb als “billion dollar question”

Und wann rechnet Pittman mit einer Erholung bei den Buchungen? “Ich würde sagen, das ist nicht die ‘million dollar question’ sondern eher die ‘billion dollar question’. Es geht darum, wann die Konsumenten wieder ausreichend Vertrauen schöpfen. Das könnte etwa mit der Impfung oder auch mit funktionierenden Express-Tests passieren”, schätzt der Gründer. Man wisse jedenfalls, dass die Nutzer üblicherweise recht langer im Voraus buchen. “Ich persönlich schätze, dass es ab Mitte kommenden Jahrs wieder mehr Buchungen geben wird. Buchungen, noch nicht Reisen. Die erwarten wir verstärkt ab Ende 2021”, so Pittman.

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Tractive, Hauster Versicherung, Insurance, Pet Cover
(c) Tractive - Michael Hurnaus, CEO von Tractive.

Er hat es bereits im Mai angekündigt und nun erreicht. Beim Pet-Tracking-Scaleup Tractive stehen aktuell 100 Millionen Euro jährlich wiederkehrender Umsatz zu Buche. Gründer Michael Hurnaus sieht mehrere Aspekte, die dem Erfolg zugrundeliegen.

Tractive: “Mitarbeiterwachstum kein Indikator”

“Wir hatten immer schon 40 bis 50 Prozent Wachstum, haben aber dabei immer im Vordergrund gehabt, nicht das Mitarbeiterwachstum als Indikator zu sehen, sondern nachhaltig zu wachsen”, sagt er. “Wir bewegen uns mit dem Haustiermarkt in einem dankbaren Markt, ja. Aber unsere gute Arbeitsleistung kommt nun zurück. Da hat uns die 4-Tage-Woche sehr geholfen. Wir haben nicht die faulen Mitarbeiter bekommen, die nur vier Tage arbeiten wollen, sondern gute Leute, die sich mit der Firma identifizieren.”

Das Paschinger Startup wagte erst vor rund dreieinhalb Jahren den Sprung in die USA, der auch gut vorbereitet war. “Wir haben acht Jahre lang gewartet, diesen Schritt zu gehen”, erklärt Hurnaus. “Wir wussten, wenn wir ‘in Europa gewinnen’, dann wird es leichter für uns, als für einen US-Amerikaner, der nach Europa will. Wir haben hier verschiedenen Länder, mehr Sprachen und unterschiedliche Währungen. Für uns war es die richtige Entscheidung.”

USA überholt Deutschland

Mittlerweile hat der US-Markt den bisherigen Spitzenreiter Deutschland überholt. Schätzungsweise 66 Prozent der US-Haushalte oder etwa 86,9 Millionen Familien besitzen in den Vereinigten Staaten ein Haustier. Dies geht aus der National Pet Owners Survey 2023–2024 der American Pet Products Association (APPA) hervor.

“Unsere Marktpenetration ist wesentlich geringer als in Deutschland”, sagt Hurnaus. “Wir werden im ersten Quartal 2025 auch in Mexiko launchen, in den nächsten beiden Jahren aber keine weitere Erweiterung anstreben. Der Fokus bleibt auf diesen Märkten.”

Tractive bald in Mexiko

Tractive hat in der Zeit seines Bestehens eine Wandlung erfahren. Jedes zweite Jahr hat man bisher ein Produkt für Hund und Katze herausgebracht – vor wenige Wochen den neusten Tracker. Dabei aber “sehr stark eine Transformation durchlaufen”, wie der Founder erklärt. Weg vom einfachen GPS-Tracker hin zum Gesundheitstracker.

“Es ist ein Frühwarnsystem und soll nicht den Tierarzt ersetzen. Wir sagen nur, dass wir etwas bemerkt haben, eine Veränderung im Verhalten oder bei der Bewegung, etc…”, erklärt Hurnaus. “Da steckt viel Potential darin. Denn wir haben erkannt, dass Leute den Bedarf haben, zu wissen, wie es dem eigenen Haustier wirklich geht.”

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