14.08.2023

Target Costing: Was darf mein Produkt kosten?

Gastbeitrag. Bernhard Frühlinger zeigt, wie Startups mittels Target Costing den richtigen Preis für ihr Produkt finden.
/artikel/target-costing
Mehrere Personen führen geschäftliche Berechnungen durch
Foto: Adobe Stock

Target Costing ist radikale Methode zur Bestimmung des optimalen Preises für eure Produkte oder Services. Wir mögen sie genau deshalb so gerne.

Die Gretchenfrage des Pricings

Was darf die Herstellung unserer Produkte kosten? Diese Frage scheint auf den ersten Blick, wie die Gretchenfrage jedes Unternehmens und sollte eigentlich entsprechend hohe Priorität genießen.

Die Realität zeigt aber, dass die meiste Unternehmen eher fragen: „Was soll ich auf meine Kosten aufschlagen, um eine gute Marge zu machen?“. Dieser scheinbar kleine Unterschied resultiert häufig in Produkten, die inhaltlich wie preislich am Markt vorbeigehen.

Target Costing: Ein radikal anderer Blickwinkel

Target Costing ist eine Methode zur Bestimmung des optimalen Preises für eure Produkte oder eure Services. Nun könnt ihr berechtigterweise sagen, dass es solche Methoden wie Sand am Meer gibt und die Preisfindung trotzdem nicht leichter geworden ist. 

Stimmt, denn das Problem vieler Preisfindungsmethoden ist, dass sie meist auf einem der beiden Preiselemente aufbauen:

  • Was sind die Kunden bereit zu zahlen?
  • Was kostet mich die Bereitstellung meiner Produkte?

Target Costing kombiniert die beiden Einflussfaktoren und dreht die Frage „Was kostet mich die Herstellung?“ in „Was darf die Herstellung kosten um ein konkurrenzfähiges Produkt anzubieten? Um. Das ist genau die Frage, die wir für die Preis- und Kostengestaltung unserer Services stellen müssen.

How to Target Cost?

Beim Target Costing werden die Zielkosten vom konkurrenzfähigen Preis (Target Price) rückgerechnet. Target Costing setzt also am Markt (Kunde, Konkurrenz) an und leitet daraus die erlaubten Kosten ab. Klingt noch nicht so radikal, oder doch? 

Sehen wir uns die einzelnen Bestandteile genauer an:

Target Price:

Der Zielpreise ist jener Preis, der am Markt akzeptierbar ist. Dies ist keine exakte Wissenschaft, sondern basiert auf folgenden Fragestellungen: 

  • Was verlangt die Konkurrenz für vergleichbare Produkte?
  • Welche Alleinstellungsmerkmale hat mein Produk?
  • Was sind die Kunden bereit zu zahlen?

An dieser Stelle ein wohlgemeinter Tipp: Macht bitte keine Wissenschaft aus der Festlegung des Zielpreises. Hält euch lieber an die Formel aus Mad Men („It’s toasted“).

Target Profit:

Ist der Zielpreis ermittelt fragen wir uns: „Was soll für uns rausspringen?“. Folgende Fragen stehen dabei im Vordergrund:

  • Welche Margen sind branchenüblich?
  • Wie ist meine Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten?
  • Welchen Fixkostenblock müssen wir mit der Gewinnspanne finanzieren?

Auch hier gilt es, die Balance zwischen Fakten und Bauchgefühl zu halten.

Erlaubte Kosten:

Habt ihr Target Price und Target Profit ermittelt, ist der Rest nur noch einfachste Algebra. Die Formel für die erlaubten Kosten lautet nämlich:

Erlaubte Kosten (Allowable Costs) = Target Price – Target Profit

Damit habt ihr eure Zielkosten je Komponente und könnt nun ans Eingemachte gehen.

Das Eingemachte: Abgleich mit tatsächlichen Kosten

Nun kommen wir zum Herzstück des Target Costing: Der Abgleich zwischen den erlaubten Kosten und den tatsächlichen aktuellen Kosten.

Hier eine Warnung: Dieser Moment kann sehr ernüchternd sein, vor allem wenn der Abstand zwischen erlaubten und heutigen Kosten groß ist. Hier kommt jedoch die Magie des Target Costing ins Spiel. Folgende Möglichkeiten zur Optimierung habt ihr:

  • Produktoptimierung: Welche Veränderungen können wir am Produkt ohne Qualitätseinbußen vornehmen?
  • Produktionsoptimierung: Welche Elemente des Produktionsprozesses können wir optimieren?
  • Logistikoptimierung: Wie können wir die Beschaffungs- und Transportkosten optimieren?

Target Costing: Ein Beispiel

Ihr findet das alles noch etwas zu theoretisch? Dann lasst uns ein Beispiel durchrechnen: 

Eine Agentur bietet ein Projekt für Film- und Videoproduktion an. In der klassischen Variante, berechnet die Agentur ihre Kosten für das Projekt und schlägt eine Marge dazu. Das sieht dann so aus:

PositionPricing
Equipment1.500 EUR
Arbeitszeit4.000 EUR
Anfahrt, Nächtigung, Verpflegung500 EUR
Editing, Fertigstellung2.500 EUR
Kosten8.500 EUR
Zuschlag40%
Preis11.900 EUR
Gewinnspanneca. 28%

Nehmen wir nun dasselbe Projekt mit der Target Costing Methodik: Durch Markt- und Konkurrenzanalyse ermittelt die Agentur den Zielpreis.

Position
Target Price13.000 EUR
Target Profit40%
Erlaubte Kosten7.800 EUR
Tatsächliche Kosten8.500E UR
Benötigte Einsparung700 EUR

Die Übung hat sich für dieses Projekt allenfalls gelohnt, da die Agentur drei Verbesserungen erreicht hat:

  • Höherer Preis als bisher möglich (Ergebnis der Marktanalyse)
  • Höherer Gewinnspanne möglich
  • Durchführung von Effizienzmaßnahmen in der Service-Bereitstellung

Wir empfehlen, dass ihr euch für eines eurer Produkte oder Projekte die Übung gönnt und schaut, was dabei rauskommt.

Fazit: Give Target Costing a try 

Target Costing ist eine radikale und damit vielleicht auch ideale Methodik des Kostenmanagements. Entgegen vielen Mythen ist Target Costing nicht nur für produzierende Unternehmen, sondern auch für Dienstleister relevant.

Gerade bei Produkten oder Services mit hoher Preiselastizität oder hohem Margendruck ist die Methode optimal. Die Vorteile des Target Costing sind: 

  • Zusammenführung externe Sicht (Kunde) mit der internen Sicht
  • Integration von Vertrieb und Operations im Unternehmen
  • Stärkung des Kostenbewusstseins in der Organisation
  • Fokus auf relevante Bestandteile in der Herstellung

Die konsequente Umsetzung des Target Costing ist aber anstrengend und alle müssen mitmachen. Das kann viel Zeit und Raum beanspruchen. Die Nachteile des Target Costing sind: 

  • Bestimmung des optimalen Preises ist nicht immer möglich
  • Hoher Planungsaufwand
  • Für kleinere Unternehmen mit großen Kunden schwierig durchsetzbar
  • Wenig sinnvoll, wenn die Kosten nicht intern beeinflussbar sind

Nun habt ihr eine umfassende Bewertung an der Hand. Bei aller Abwägung von Vor- und Nachteilen ist der beste Ansatz immer noch: Give it a try!


Über den Autor

Bernhard Frühlinger ist Geschäftsführer von Adam, dem digitalen Controlling-Service für KMU und Startups. Zuvor war er viele Jahre als Unternehmensberater für Finance Themen tätig.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

+++ Jetzt bewerben und von Expedition Zukunft profitieren +++

Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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