17.12.2019

Tanmay Bakshi: Mehr als nur ein “Wunderkind”

Auf Konferenzen werden oft vermeintliche "Wunderkinder" auf die Bühne gezerrt, die als Jugendliche einzelne Projekte verwirklichten. Tanmay Bakshi ist anders: Er arbeitet mit IBMs Quantencomputer, hat als Fünfjähriger sein erstes Programm geschrieben und 2019 drei Bücher veröffentlicht. Und das ist erst der Anfang.
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Tanmay Bakshi
(c) Stefan Mey

Drei veröffentlichte Bücher in nur einem Jahr, Kooperationen mit dem IT-Giganten IBM und eine beeindruckende Keynote auf dem WeAreDevelopers Congress 2019: Das sind nur ein paar Eindrücke aus dem Leben des 16jährigen Kanadiers Tanmay Bakshi. Es liegt nahe, den jungen Programmierer als “Wunderkind” zu bezeichnen – doch das scheint fast zu kurz gegriffen. Denn während andere Keynote-Speaker seines Alters in erster Linie durch ihre Jugend per se beeindrucken, kann Baksi auch dann so manchem Erwachsenen das Wasser reichen, wenn man sein Alter dabei außer Acht lässt. So souverän ist sein Auftritt auf der Bühne, so stark ist sein Selbstbewusstsein im Umgang mit internationalen Führungskräften, dass er so manchen 30jährigen Möchtgern-Manager damit in den Schatten stellt.

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Das wurde bereits im Vorfeld des Kongresses deutlich, als Bakshi gemeinsam mit Leo Li Shiwei, President von Tencent Europe und Benjamin Ruschin, Co-Founder und CEO von WeAreDevelopers, dem brutkasten ein Video-Interview gab. Am Tag darauf zeigte Bakshi aber auch live auf der Bühne, wozu er fähig ist.

So präsentierte Bakshi auf dem Kongress in der Wiener Hofburg drei Projekte, an denen er gerade arbeitet. Das erste Projekt ist ein Tool, dass die Authentifizierung eines Users über dessen Herzschlag ermöglicht. Dabei wird mit einem EEG der Herzschlag aufgezeichnet, anschließend werden die Peaks heraus gefiltert und zur Identifikation verwendet – so kann Datenschutz laut Baksi gewährleistet werden, zumal das Tool nicht die Rohdaten des Herzschlags speichert, sondern lediglich eine Abstrahierung.

Das zweite von Bakshi präsentierte Tool erleichtert Developern die Qualitätssicherung bei ihren Projekten – das soll vor allem dann Vorteile bringen, wenn Module eines Projekts nur indirekt miteinander verbunden sind, sich aber sehr wohl gegenseitig beeinflussen. Und mit dem dritten, finalen Projekt, schloss Bakshi schließlich die große Bandbreite seiner Live-Demonstrationen ab: Er zeigte, wie jedermann den Quantencomputer von IBM remote für seine Projekte nutzen kann. Sogleich forderte er die über 2400 anwesenden Entwickler auf, diese Technologie ebenso zu nutzen: “Es handelt sich dabei um die Nutzung von Quantencomputern im echten Leben”, sagt Bakshi: “Ihr könnt es sogar von Euren Smartphones aus starten.” Das Testen des IBM-Quantencomuters ist übrigens unter diesem Link möglich.

Tanmay Bakshi im Interview

Im Gespräch mit dem brutkasten erläutert Bakshi, was ihn von anderen Menschen seines Alters unterscheidet, welches Potenzial er in Quantencomputern sieht und warum wir aufhören sollten, ständig die falschen Fragen zu stellen.

Du bist nun 16 Jahre alt und weißt mehr als so mancher Erwachsener. Wo hast du all diese Dinge gelernt?

Es ist nicht so, dass ich mich bewusst dafür entscheide, das zu lernen. Es ist mehr wie ein Schneeball-Effekt: Ich beschäftige mich damit im Rahmen meiner Projekte und lerne somit im Lauf der Zeit. Als Fünfjähriger habe ich mit dem Programmieren einfacher Scripts begonnen. Im Alter von sieben Jahren habe ich dann ein kleines Programm geschrieben, um meinen Stundenplan in den Griff zu kriegen, mit neun Jahren habe ich das zu einer iOS-App konvertiert und als Zehnjähriger habe ich begonnen, Python zu lernen. Dann wollte ich mich mit IBM Watson beschäftigen, was mich wiederum zu Machine Learning führte. So führe eins zum anderen – und ich sammelte immer mehr Erfahrung. Es ist also gut, wenn ich mich bei einem neuen Projekten mit der dahinterliegenden Technologie nicht auskenne. Denn dann kann ich diese erlernen.

Mit jeder neuen IT-Challenge lernst du also neue Skills?

Genau. Zum Beispiel habe ich für mein Tool zur Qualitätssicherung Techniken lernen müssen, die ich zuvor zwar gesehen, aber nie selbst gebaut hatte. Ich sah das also als optimale Gelegenheit, mich mit Compiler-Infrastruktur zu beschäftigen.

Insgesamt ist der Lernprozess zuhause also natürlicher als in einer herkömmlichen Schule.

Wie wirst du von deinen Eltern unterstützt?

Als ich fünf Jahre alt war, machte mein Vater mich mit der Welt des Programmierens vertraut. Und seit der sechsten Klasse werde ich zuhause von meinen Eltern und meiner Schwester unterrichtet. Das ist sehr hilfreich, weil ich mich nicht nach einem klassischen Stundenplan richten muss, sonder dynamischer sein kann.

Lernst du zuhause auch Dinge, die nichts mit Tech zu tun haben?

Ja, aber da ich zuhause unterrichtet werde, muss ich nicht eine bestimmte fixe Stundenanzahl pro Tag mit einem bestimmten Schulfach verbringen – mal ist es mehr, mal ist es weniger. Und generell ist der Unterricht zuhause weniger gezwungen als in der Schule: Als ich mich zum Beispiel mit IBM Watson beschäftigte, ging es auch um Persönlichkeitsmerkmale und Spracherkennung – in diesem Kontext beschäftigte ich mich also mehr mit Psychologie und Linguistik. Insgesamt ist der Lernprozess zuhause also natürlicher als in einer herkömmlichen Schule.

Wie viele Stunden Unterricht hast du dann pro Woche?

Es gibt keinen fixen Stundenplan, jede Woche ist anders. In der letzten Woche vor WeAreDevelopers habe ich zum Beispiel intensiv daran gearbeitet, dass meine Live-Demos funktionieren. Andere Wochen verbringe ich dann weniger mit Technologie und mehr mit anderen Dingen, wie eben zum Beispiel Psychologie und Linguistik. Vor ein paar Wochen wiederum habe ich mich intensiver mit Mathematik beschäftigt.

Deine Software ist großteils Open Source. Planst du, das auch in Zukunft so zu machen?

Ich plane, den Großteil als Open Source Software zur Verfügung zu stellen. In meiner Kooperation mit IBM gibt es aber natürlich Beschränkungen bezüglich der Frage, was Open Source sein kann und was nicht. Ich würde aber gerne bei vielen Projekten zumindest einzelne Module der Developer-Community als Open Source zur Verfügung stellen.

Es wird in der nahen Zukunft so gut wie keine Business Cases mit Quantencomputern geben.

In deiner Demo hast du auch gezeigt, dass jedermann gratis IBMs Quantencomputer mieten kann. Welches Potenzial siehst du für Quantencomputer in der nahen Zukunft?

In der nahen Zukunft? Bloß für Forschungszwecke (lacht). Es wird in der nahen Zukunft so gut wie keine Business Cases mit Quantencomputern geben, weil die Technologie heute nur ein kleiner Prototyp dessen ist, was wir in Zukunft brauchen, wenn wir damit wirklich etwas machen wollen. Wir werden bessere Quantencomputer brauchen – und damit meine ich nicht nur, dass sie mehr Qubits haben. Wir brauchen auch Quantencomputer, die genauer arbeiten. Derzeit wird die Leistung schon durch kleine Interferenzen zerstört. Es gibt also noch viel zu tun.

Und in der fernen Zukunft?

Als erstes Feld wird die Molekulardynamik-Simulation von Quantencomputern beeinflusst werden, da diese Felder eng miteinander verknüpft sind. Diese wiederum wird zum Beispiel die medizinische Forschung stark beeinflussen. Dann werden Quantencomputer wohl auch für Machine Learning und das Aufbrechen von Verschlüsselungen verwendet, sowie im Gegenzug wiederum für das Entwerfen besserer Verschlüsselungen.

Insgesamt beobachte ich, dass Menschen nun jene Fehleinschätzungen neu bewerten, die sie lange Zeit hatten.

Wir schreiben das Jahr 2019, und du bist 16 Jahre alt. Die Chancen stehen gut, dass du das 22. Jahrhundert noch erlebst. Was wird wohl das Coolste sein, das du in deinem Leben sehen wirst?

Technologie ändert sich jeden Tag – im wahrsten Sinne des Wortes. Vor eineinhalb Jahren hätten wir zum Beispiel nicht geglaubt, dass neuronale Netzwerke Content generieren können. Innerhalb einer Nacht hatte Ian Goodfellow dieses Problem dann gelöst. Es bestehen also große Unterschiede zwischen dem, was ich aufgrund des heutigen Status-quo prognostizieren würde und dem, was tatsächlich passieren wird: Es ist unmöglich, über die Technologie der Zukunft nachzudenken – denn wenn es möglich wäre, dann gäbe es die Technologie heute schon. Insgesamt beobachte ich aber, dass Menschen nun jene Fehleinschätzungen neu bewerten, die sie lange Zeit hatten: Zum Beispiel der Irrglaube, dass Artificial Intelligence wirklich intelligent ist und über die Intelligenz eines Lebewesens verfügt. Hoffentlich wird sich hier Ernüchterung einstellen – denn dann können wir die richtigen Fragen stellen und uns auf die Dinge konzentrieren, die wirklich wichtig sind.

Nämlich?

Andere Fragen stellen. Derzeit fragen wir zum Beispiel, ob das Erschaffen von Robotern ethisch ist. Oder, ob Roboter Rechte haben. Diese Fragen haben keinen Sinn und keinen praktischen technologischen Hintergrund. Wenn wir in 1000 Jahren die Art des Computing vollkommen neu erfunden haben und Zellen-Interaktionen komplett simulieren können, dann können wir diese Fragen stellen  – aber das ist ein großes Fragezeichen, mit einer Wahrscheinlichkeit von unter einem Prozent. Mit den heutigen Technologien sind diese Fragen jedenfalls noch unangebracht. Viel mehr sollten wir uns fragen, wie wir die heutige Technologie verbessern und mehr Menschen zur Verfügung stellen – das ist heute eine wichtigere Frage als jene, ob Roboter Rechte haben.

==> Artificial Intelligence einfach erklärt – mit der neuen Artikel-Serie #unchAIned des brutkasten

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Tractive
(c) Tractive - (v.l.) Wolfgang Reisinger, COO/CFO bei Tractive und Founder Michael Hurnaus.

Was im Mai 2024 – siehe hier – angekündigt wurde, ist nun wahr geworden. Damals hatte Tractive CEO Michael Hurnaus gesagt, man bewege sich noch heuer auf über 100 Millionen Euro ARR (Annual Recurring Revenue – eine wichtige Kennzahl für Startups mit Abo-Modellen) zu. Nun ist dieser Milestone geschafft.

Tractive erreicht Ziel, das nur wenigen Abonnementunternehmen gelingt

Wie der Gründer auf Linkedin beschreibt, haben er und sein Team nach zwölf Jahren harter Arbeit, Hingabe und der Verbesserung des Lebens von Millionen von Haustiereltern ein lang angestrebtes Ziel erreicht: “100 Mio. € ARR bei Tractive – etwas, das nur sehr wenige Abonnementunternehmen jemals erreichen”.

Er sagt: “Wir sind besonders stolz darauf, dass wir dieses Niveau erreicht haben, während wir Hunde- und Katzenbesitzern helfen, indem wir Produkte entwickeln, die das Leben unserer Kunden wirklich zum Besseren verändern – und das mit viel Spaß.”

Das Abo-Modell

Damit Abo-Modelle wie jene von Tractive funktionieren, müsse man, laut Hurnaus Worten aus dem Spätfrühling, “dem Kunden zuerst erklären, dass es Sinn macht, ein Abo abzuschließen, und dass das nicht reine Abzocke ist”. Nach Erfahrungswerten bot das Scaleup schließlich ein Monats-, Jahres- und Zweijahres-Abo an – jeweils in einer Basic- und Premium-Variante.

Damit, so hieß es damals, gewinne man deutlich mehr Nutzer:innen für das Jahresabo – konkret um 20 Prozent mehr. Schließlich falle der Monatspreis mit der Abo-Dauer. Bezahlt wir das Abo im Voraus.

“Unser ständiges Bemühen, Produkte zu entwickeln, die in ihrer Kategorie führend sind, zahlt sich aus”, so Hurnaus auf Linkedin weiter. “Wir haben das Unternehmen fast aus dem Nichts aufgebaut und benötigten im Laufe der Jahre nur sehr wenige Finanzmittel.”

Tractive: USA als Erfolgstreiber – das Valley aber nicht als Vorbild

Das Tractive-Team hat während seiner gesamten Reise jeden einzelnen Euro in die Verbesserung ihrer Produkte, in die Einstellung von Mitarbeiter:innen aus der ganzen Welt und in den Aufbau der Unternehmenskultur investiert.

“Unser Team besteht aus rund 270 talentierten Mitarbeiter:innen und wir wachsen weiter. Wir sind auch weiterhin auf der Suche nach den besten Talenten und werden noch selektiver vorgehen, um nur die außergewöhnlichsten Mitarbeiter einzustellen, die wir finden können”, so Hurnaus weiter.

Seit knapp dreieinhalb Jahren ist das Pet-Tech auch in den USA vertreten. Im Vorjahr konnten die Staaten sogar Deutschland bei der Anzahl der Tractive-Kunden überholen. Hurnaus dazu: “Die USA sind nach wie vor unser am schnellsten wachsender Markt, und wir werden dieses Wachstum weiter vorantreiben.”

Nach zwölf Jahren erwartet Tractive, dass sich diese Dynamik fortsetzt, und prognostiziert ein Wachstum von rund 40 Prozent im Jahr 2025. “Ein gesundes Wachstum, das heißt: nachhaltig, ohne Massenkündigungen oder übermäßige ineffiziente Marketingausgaben”, erklärt Hurnaus abschließend. “Das ist der österreichische Weg, im Gegensatz zum Silicon-Valley-Ansatz (der für viele Unternehmen funktioniert, aber nicht unser Stil ist)”.

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