13.05.2019

Talent Garden CEO: Ein Plädoyer für ein “europäisches Startup-Ökosystem”

Davide Dattoli, CEO und Co-Founder des internationalen Co-Working-Netzwerks Talent Garden, war im Zuge des Pioneers'19 zu Gast in Wien. Für den brutkasten sprach er in einem Interview über die Gründe, warum es ein vernetztes "europäisches Starutp-Ökosystem" braucht und warum Westeuropa mit dem CEE-Raum in Sachen Digitalisierung enger zusammenarbeiten muss.
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(c) der brutkasten / Martin Pacher: Davide Dattoli, Co-Foudner und CEO von Talent Garden, wurde 2019 vom Forbes-Magazin zu den Europe Top 30 Under 30 im Bereich Technologie gewählt.
(c) der brutkasten / Martin Pacher: Davide Dattoli, Co-Foudner und CEO von Talent Garden, wurde 2019 vom Forbes-Magazin zu den Europe Top 30 Under 30 im Bereich Technologie gewählt.

Der gebürtige Italiener Davide Dattoli ist CEO und Co-Founder von Talent Garden, Europas führendem Co-Working-Netzwerk. Für das weitere Wachstum und die internationale Expansion konnte Datolli gemeinsam mit seinem Team Anfang des Jahres eine Finanzierungsrunde von 44 Millionen Euro abschließen (der brutkasten berichtete). Aktuell betreibt Talent Garden rund 23 Standorte in 19 Städten und insgesamt acht Ländern. Am 28. März eröffnete Talent Garden in Wien seinen ersten Campus im deutschsprachigen Raum.

+++ 44 Millionen Euro frisches Kapital: Talent Garden baut neue Standorte in Europa +++

Im Rahmen des Pioneers’19 war Dattoli zu Gast in Wien. Für den brutkasten erläuterte er in einem Interview, warum sich Europa schwer tut, ein vernetztes “europäisches Startup-Ökosystem” herauszubilden.

In deinem Panel am Pioneers’19 hast du mehrmals betont, dass Europa ein vernetztes “Startup-Ökosystem” aufbauen muss, um im internationalen Wettbewerb mit den USA und China mithalten zu können. Warum tut sich Europa dabei schwer?

Das Problem ist, dass es in Europa sehr viele kleine Unternehmen gibt, die nur in einem Land oder einer Stadt tätig sind. Der Markt ist sehr fragmentiert. Bedenken wir den technologischen Wandel und die Geschäftswelt von morgen, so müssen die Startups in Europa viel stärker europäisch denken. Wenn wir im internationalen Wettbewerb mit den USA und China bestehen möchten und die nächste Generation an europäischen Unicorns das Licht der Welt erblicken soll, müssen wir unbedingt ein stark vernetztes “europäisches Startup-Ökosystem” hervorbringen.

Warum haben die USA es geschafft ein vernetztes “Startup-Ökosystem” zu etablieren?

In den USA ist die Schaffung eines “Startup-Ökosystems” natürlich viel einfacher, da es sich um ein Land mit einer gemeinsamen Sprache und Währung handelt, sowie viel zentralisierter ist. Zudem haben sie sich bewusst dafür entschieden ein derartiges System aufzubauen. In Bezug auf China ist eine ähnliche Dynamik feststellbar – insbesondere was das Treffen von Entscheidungen angeht.

Inwiefern äußert sich dies in China?

Vor fünf Jahren hat die chinesische Regierung eine bewusste Entscheidung getroffen, dass sie die USA in Sachen AI überholen wollen. Dahingehend treffen sie nicht nur klare Entscheidungen, sondern setzen diese auch um. In Europa ist dies bekanntlich viel komplexer. Wir reden über 28 unterschiedliche Regierungen und Gesetzgebungen. Zudem treffen Politiker in Europa oftmals nur sehr kurzfristige und keine längerfristigen Entscheidungen.

Mit dem Talent Garden Campus in Wien hast du im März diesen Jahres den ersten Standort im DACH-Raum eröffnet. Welche Bilanz ziehst du bis jetzt?

Wien ist ein perfekter Startup-Hub, nicht nur aufgrund der hohen Lebensqualität, sondern auch aufgrund seiner zentralen Lage in Europa. Seit unserer Eröffnung im März diesen Jahres arbeiten bereits 200 Leute am Wiener Talent Garden Campus. Im September werden wir auch unser Talent Garden Ausbildungsprogramm nach Wien bringen. Dazu zählen eigene Bootcamps für’s Programmieren, User Experience oder Datenanalyse. Unser Ziel ist es, die Leute dafür auszubilden, dass sie in einem europäischen Umfeld digital wirtschaften können. Zudem glauben wir, dass wir ein guter Player sind, um das österreichische “Startup-Ökosystem” mit anderen europäischen Ländern zu verbinden.

Wien ist in wirtschaftlichen Belangen auch eine Drehscheibe für den CEE-Raum. Welche Potentiale siehst du für Talent Garden in CEE?

Der CEE-Raum ist natürlich auch sehr fragmentiert. Der Standort, den wir derzeit sehr spannend finden, ist Budapest. Die Stadt soll auch der Ausgangspunkt für uns sein, um den CEE-Raum weiter zu erschließen. In der CEE-Region gibt sehr viele talentierte Leute. Als Co-Working-Netzwerk stellen wir uns natürlich die Frage, wie wir sie miteinander vernetzen können – nicht nur in ihrer eigenen Region, sondern auch mit Westeuropa.

Welche Unterschiede gibt es zwischen dem CEE-Raum und Westeuropa?

Im CEE-Raum gibt es sehr viele gut ausgebildete Programmierer, in Europa hingegen mehr Entrepreneure. Die Herausforderung ist es, die beiden Communities miteinander zu verbinden. Dahingehend möchte ich betonen, dass es nicht darum geht sein eigenes Land zu verlassen, sondern sich zu vernetzen und mit dem Rest Europas Brücken zu bauen.

Welche Rolle spielt dabei die Politik?

Die “Startup-Community” muss es schaffen, den zuständigen Politikern zu vermitteln, warum wir einen einheitlichen digitalen Markt brauchen. Zudem müssen wir ihnen, die Bedeutung eines vernetzten Startup-Ökosystem vor Augen führen und ihnen zeigen, welchen Impact ein derartiges System auf unsere Wirtschaft hätte. Leider gab es in letzter Zeit auf europäischer Ebene Entscheidungen, die in die falsche Richtung gegangen sind.

Du stammst aus einer Familie, die in der Gastronomie tätig ist. Welche Learnings hast du für deine Tätigkeit als CEO und Co-Founder von Talent Garden daraus gezogen?

Meine Familiengeschichte hat einen großen Einfluss auf meine derzeitige Tätigkeit. Sowohl in der Gastronomie, als auch bei Co-Working-Spaces geht es viel um Gastfreundschaft, genau wie bei einem guten Restaurant.


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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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