27.03.2019

Vier Modelle für das Unternehmen der Zukunft

Sind sie noch Supplier oder schon Ecosystem Driver? Die MIT-Forscherin Stephanie Woerner hat vier Modelle entwickelt, mit denen Unternehmen sich für die Zukunft rüsten können.
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(c) Fotolia / Kir Smyslov
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Wie schaut das Unternehmen der Zukunft aus? Dieser Frage widmet sich die MIT-Wissenschaftlerin Stephanie Woerner bei ihrem Talk auf der MIT Europe Conference, die am 27. und 28. März in Wien stattfindet.

Gemeinsam mit ihrem Kollegen Peter Weill begann Woerner im Jahr 2012, an der besagten Thematik zu forschen. Dazu führten die beiden Forscher Gespräche mit 144 CIOs und leiteten daraus zwei Dimensionen ab, die derzeit die Transformationsprozesse in Unternehmen maßgeblich bestimmen.

Stephanie Woerner
MIT-Wissenschaftlerin Stephanie Woerner zu Besuch in Wien. (c) Stefan Mey

Erstens geht es um die Frage, wie gut die Unternehmen die Endkonsumenten kennen: Was motiviert sie, das Produkt zu kaufen? Welches Problem wollen sie mit dem Produkt lösen? Zweitens kristallisiert sich heraus, dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle ändern. Technologie ermöglicht ihnen, mit mehr potenziellen Kunden zu interagieren – zugleich brauchen sie aber auch neue Partner, um die verschiedenen Bedürfnisse besser befriedigen zu können. „Die Entwicklung geht somit von klassischen Wertschöpfungsketten hin zu neuen Ökosystemen“, sagt Woerner.

Vom Supplier zum Ecosystem Driver

Das mag noch ein wenig abstrakt klingen – aus eben diesen beiden Dimensionen hat Woerner aber vier unterschiedliche Geschäftsmodelle abgeleitet, die mit Beispielen aus der echten Geschäftswelt illustriert werden.

Erstens wäre da der „Supplier“: Ein Lieferant, der Produkte bereitstellt, aber wenig mit dem Endkunden in Kontakt tritt und daher auch wenig über ihn weiß. Als Beispiel nennt sie zum Beispiel Procter&Gamble, welche zwar mit Pampers und Tide bekannte Marken liefern, diese aber nur in geringen Mengen selbst verkaufen. „Manche dieser Unternehmen versuchen, den Kunden besser kennen zu lernen“, sagt Woerner: P&G zum Beispiel verkauft Windeln via Pampers.com.

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© 2019 MIT Sloan CISR

Als zweites Modell nennt Woerner „Omnichannel“: Hierunter fällt der Einzelhandel, sowie diverse Banken. Sie lösen die Probleme ihrer Kunden und kennen sie daher besser als der Supplier. Dabei sammeln sie Daten und sind gezwungen, immer mehr Kanäle zu bedienen – online ebenso wie offline.

Das dritte Modell ist der „Modular Producer“. In diese Kategorie fällt zum Beispiel PayPal. Der Modular Producer stellt Lösungen bereit, der technologieunabhängig in jedes Ökosystem integriert werden kann. „Dabei geht es nicht nur um digitale Lösungen“, sagt Woerner: Auch zum Beispiel Whitelabel-Kundenbindungssysteme für Hotelketten fallen in diese Kategorie. Die Ertragsmodelle variieren hier und verlangen den Unternehmen viel Experimentierfreude ab: Abo-Modelle und API-Lizenzierungen fallen zum Beispiel darunter.

Das vierte Modell schließlich ist das, zu dem laut Woerner „jedes Unternehmen gerne gehören würde, wenn es könnte“: Der „Ecosystem Driver“. Beispiele hierfür sind Amazon oder WeChat. Es handelt sich dabei um Plattformen, die Kundenprobleme lösen, als eine Art Mittelmann agieren und manchmal sogar direkte Konkurrenten integrieren, um für den Endkunden attraktiver zu sein.

Welches Modell ist das Beste für mich?

Manager mögen sich nun fragen: Welches Modell ist das Beste für mein Unternehmen? Laut Woerner ist es durchaus üblich, dass Betriebe sich wandeln und verschiedene Modelle durchlaufen. Für österreichischen KMU aus dem Supplier-Segment sei es zum Beispiel auch überlegenswert, Kern-Zielgruppen zu identifizieren und für diese als Ökosystem-Anbieter aufzutreten.

In einer Langzeitanalyse haben die Wissenschaftler jedenfalls bemerkt, dass sich von 2013 bis 2017 die Anzahl der vorhandenen Omnichannel-Unternehmen fast verdoppelte, während die Modular Producer und die Ecosystem Driver deutlich weniger wurden.

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© 2019 MIT Sloan CISR

Laut Woerner ist dies darauf zurück zu führen, dass vor allem im Bereich der Ecosystem Driver ein starker Konkurrenzkampf herrscht. Bei den Modular-Produzenten wiederum glaubt sie, dass sie zahlenmäßig in den kommenden Jahren wieder zunehmen werden, sobald die Geschäftsmodelle ausgereift sind.

Zugleich hat sie jedoch analysiert, wie die Unternehmen bei KPIs wie Markteinführungszeit, Margen und Wachstum performen – und in all diesen Bereichen zeigt sich, dass die Ecosystem Driver das große Los gezogen haben.

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© 2019 MIT Sloan CISR

Fazit

Es gibt also kein Patentrezept dafür, welches Business Model sich in Zukunft durchsetzen wird – das hängt von der individuellen Situation der Unternehmen ab, also etwa von eigenen Wettbewerbsvorteilen, Ressourcen und dem Grad der Digitalisierung. Auch die Frage des Führungsstils spielt hier eine große Rolle – etwa, wie technologieaffin der Vorstand ist. Und, auch das ist wichtig: Bei aller Innovation darf nicht darauf vergessen werden, dass auch das Alltagsgeschäft effizient sein muss, sagt Woerner abschließend.

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GemeinsamErleben-CEO Alexander Lendl | (c) GemeinsamErleben

200 Millionen Seitenaufrufe pro Monat, mehr als 1.000 Neuregistrierungen pro Tag, 20.000 monatlich organisierte Aktivitäten und nun insgesamt mehr als eine Million Mitglieder – diese Zahlen veröffentlichte das 2019 gegründete Wiener Scaleup Synexit nun über seine Freizeit- und Sport-Plattform GemeinsamErleben.

“Kampf gegen die Einsamkeit” im Zentrum

Über die Plattform werden in 70 “Themen-Communities” gemeinsame Aktivitäten organisiert, wobei die Teilnehmer:innen sich dazu nicht vorher kennen müssen. In der Kommunikation von GemeinsamErleben ist klar: Im Zentrum steht der “Kampf gegen die Einsamkeit”. Damit schaffe man auch gesellschaftlichen Mehrwert. Und das Angebot sei gerade in den anstehenden Feiertagen wichtig. “Niemand sollte die Festtage alleine verbringen müssen”, wird CEO Alexander Lendl in einer Aussendung zitiert. “Es ist an der Zeit, das Thema Einsamkeit zu enttabuisieren und offen darüber zu sprechen.”

Übernahme des größten Mitbewerbers im DACH-Raum 2021

Das Konzept scheint – folgt man den Zahlen – aufzugehen. Man zeige, “dass auch Startups im Bereich des sozialen Miteinanders skalieren können”, heißt es vom Unternehmen. Synexit hat 2021 den größten deutschen Mitbewerber Spontacts vom Medienkonzern ProSiebenSat.1 für einen nicht genannten Betrag übernommen – brutkasten berichtete und Lendl war damals in Video-Talk zu Gast.

GemeinsamErleben “stellt Weichen” für weitere Internationalisierung

Seitdem baute GemeinsamErleben seine Kund:innenbasis im DACH-Raum deutlich aus – die Zahl der monatlichen Neuregistrierungen habe sich in der Zeit um mehr als 1.000 Prozent gesteigert, heißt es vom Scaleup. Mittlerweile würde man auch bereits “die Weichen für eine Internationalisierung in neue Sprachregionen” über den DACH-Raum hinaus stellen. Zudem stehe ein großes Plattform-Update bevor.

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