16.04.2019

Wie Eveline Steinberger-Kern den Energiemarkt der Zukunft optimieren will

Der Energiemarkt der Zukunft ist dezentral. Eveline Steinberger-Kern bietet über das israelische Startup Fsight eine AI, welche die verschiedenen Versorger koordinieren soll. Im Interview erläutert sie die Hintergründe und das Potenzial der Technologie.
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Eveline Steinberger-Kern, Gründerin der Blue Minds Group. (c) Rafaela Pröll

Der Strom kommt nicht aus der Steckdose. Seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert wird die Energieversorgung von zentralen Stellen sichergestellt. In Österreich deckt Wasserkraft bis zu 45 Prozent des Strombedarfs. Garantiert wird das durch Anlagen samt Energiespeicher in den Alpen.

Durch die moderne Technik im 21. Jahrhundert, dank der das eigene Haus durch PV oder Windräder zum lokalen und dadurch dezentralen Energieversorger wird, ist der Trend zur Dezentralisierung unumkehrbar. Doch auf welchen Grundlagen entscheidet man, zu welchem exakten Zeitpunkt und besten Konditionen Strom gekauft und verkauft wird? Eveline Steinberger-Kern und ihr Unternehmen FSIGHT haben eine AI-Software entwickelt, die das bewerkstelligen soll.

Weil sich der Energiesektor wandelt, von zentralen zu dezentralen Versorgungseinheiten, ergeben sich Verwerfungen am Markt und damit neue Möglichkeiten. Wieso führen Sie mit FISGHT ein Unternehmen, das in einer Nische – fast schon Forschungsbereich – des Energiesektors tätig ist?

Wir leben in einer Zeitenwende. Neue technologische Möglichkeiten ändern die Art wie wir leben, arbeiten und wie wir die Zukunft denken. Die Potentiale sind enorm. Alle Sektoren unserer Wirtschaft sind davon betroffen, und zunehmend der Energiesektor. Im Dezember haben wir uns nochmals vergrößert und konnten Christian Kern als Gesellschafter für die Blue Minds Group gewinnen. Wir bauen neue innovative Unternehmen, wir investieren in vielversprechende Tech-Teams und unterstützen die Industrie dabei, neue Skills, Talente und relevante Geschäftsmodelle für das digitale Zeitalter zu formen. Eines unserer vielversprechendsten Portfoliounternehmen ist das israelische Software-Start up FSIGHT, das 2015 in Tel Aviv von der Blue Minds gegründet wurde. Das Unternehmen und das Team sitzen in Israel, FSIGHT ist global ausgerichtet. Blue Minds ist der größte Aktionär der FSIGHT, Christian hat dort die Aufgabe des Chairman im Board of Directors übernommen.

+++Die Hintergründe zum Einstieg von Christian Kern bei Blue Minds+++

Was macht ihr Produkt denn konkret?

FSIGHT kreiert auf Basis von Artificial Intelligence eine völlig neue Art der Optimierung von Energienachfrage und zunehmend dezentraler Energieproduktion für das neue Energiezeitalter. Und dieses wird gar nicht mehr so lange auf sich warten lassen.

Vermissen Sie die Zeiten in Großkonzernen?

Die Zeit in Großkonzernen möchten wir alle drei Gesellschafter der Blue Minds nicht missen. Die Erfahrungen aus diesen Tätigkeiten sind wertvoll. Jetzt haben wir uns dem Aufbau agiler und innovativer junger Unternehmenseinheiten verschrieben.

Wovon erhoffen Sie sich eigentlich mehr: Vom Peer-to-Peer (Anm: Verbraucher) Geschäft oder den klassischen Stromlieferanten? Was ist dahingehend ihre Strategie?

Ich fürchte da gibt es kein entweder-oder. Denken wir nur an die Grid-Parität (Anm: Stromerzeugung zum selben Preis wie aus öffentlichem Netz) von Photovoltaik auch in unseren geografischen Breiten. EnBW, ein großer deutscher Energieversorger aus Baden Württemberg, baut gerade einen 175 MW Solarpark im Norden von Berlin, ohne einen Cent Förderung vom Staat dafür in Anspruch zu nehmen. Oder VW – der deutsche Autokonzern -hat angekündigt, 44 Mrd. Euro in Elektromobilität zu investieren und die Stromhandelstochter Elli gestartet. Der Stromversorger Innogy betreibt eine E-Carsharing Flotte mit 500 Autos in Warschau. Mit dezentraler Erzeugung und den immer wichtigeren ökonomischen Batteriespeichern wird Strom ganz anders konsumiert, als wir das heute noch gewohnt sind. Ein Stromkonzern produziert in Großkraftwerken Strom und verteilt es zentral über verschiedene Netzebenen an den Endkonsumenten. Es ist lediglich eine Frage der Regulierung, wann Strom in Energy-Communities optimiert konsumiert wird. Unterstützt wird die Dezentralisierung durch neue technische Möglichkeiten, Kundenbedürfnissen sehr präzise nachzukommen. Das ist letztlich auch eine Frage von Effizienzgewinnen. Aus den Projekten der FSIGHT sehen wir, dass damit bis zu 20 Prozent der Energiekosten gesenkt werden können. FSIGHT hat eine Energie AI-Software gebaut, die die Energieoptimierung für Betriebe und Haushalte völlig revolutioniert. Und wie hat Larry Page von Google mal so schön gesagt, als er von neuen Geschäftsmöglichkeiten in neuen Sektoren gesprochen hat: „Ihre Marge ist meine Chance“.

Gegenwärtig kann man den Eindruck gewinnen, dass ihr Produkt als Dienstleister den Stromlieferanten dienen soll, indem ihre AI-Plattform ihnen zu Hilfe kommen soll, zu bestmöglichen Zeiten und Konditionen Energie zu kaufen und verkaufen, richtig?

Ja, FSIGHT Energie-AI hat eine nachhaltig belastbare Systemarchitektur gebaut, mit der zukünftig Milliarden von Datenpunkten in Echtzeit verarbeitet werden können. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz sind unsere Algorithmen in der Lage aus der Historie von Verbrauchsdaten, Preispunkten und anderen wesentlichen Marktinformationen, die richtigen Handlungsoptionen für Verbrauch von Energie, für Zwischenspeicherung oder eben Verkauf an die Peer-Group oder den Großhandelsmarkt zu prognostizieren.

“In Europa verfolgen wir derzeit Projekte im Rahmen von F&E, weil die Regulierung noch keinen Roll-out erlaubt.”

Wie skalierbar ist ihr Produkt damit?

Heute finden wir ideale Marktbedingungen für die Energy-AI von FSIGHT, wie zum Beispiel in Kalifornien oder Australien. Dort sind wir auch bereits mit Projekten präsent. In Israel, in Maale und Gilboa, haben wir ein Leuchtturmprojekt in einem Kibbuz gestartet, in dem auch internationale Industriepartner beteiligt sind – aus Österreich mit Andritz und Verbund. In Europa verfolgen wir derzeit Projekte im Rahmen von F&E, weil die Regulierung noch keinen Roll-out erlaubt. Die Europäische Union bereitet diese aber bereits vor. Hier in Wien sind wir in einem Piloten mit Wien Energie im Viertel 2 und in Sachsen mit SPB.

Damit ihr Produkt funktioniert, braucht es eine bestehende Infrastruktur wie Datengewinnung, Anlagen, Kommunikationsinfrastruktur, Regulatorien, um diese Effizienzsteigerung zu vollziehen. Was erwarteten sie sich da für die Zukunft?  Immerhin ist der Smart-Meter nur ein Schritt zur vernetzten Infrastruktur.

Also, diese Aussage stimmt nur zum Teil. Wie gerade ausgeführt, die Regulierung ist eine Frage von Monaten, nicht von Jahren. Druck in Richtung rascher Regulierung kommt unter anderem aus der Automobilindustrie mit dem Umstieg auf Elektromobilität. Aber auch vom Einsatz neuer Technologie im Gebäudesektor. Überall, wo heute neue Wohnquartiere entstehen, wird das Thema Energieoptimierung in der Community bereits mitgedacht und miteingeplant. So entstehen etwa in Deutschland heute bereits ganze Stadtteile. Und schließlich ist die AI gesteuerte Energieoptimierung heute im betrieblichen Bereich bereits als Produkt skalierbar von FSIGHT vorhanden.

Wie stehen Sie eigentlich gegenüber Smart-Meter? Stichwort: Datenschutz und auf der anderen Seite die Notwendigkeit zur Energieeffizienz.

Datenschutz ist wichtig und ernst zu nehmen. Aber im Bereich der digitalen Zähler ist es aktuell wohl eher eine Ausrede dafür, den Strom- und Gasverbrauch weiter analog ablesen zu gehen. Darüber hinaus, wenn der Sektor sich mit der Einführung nur auf das Fernauslesen von Daten seiner Energiekunden beschränkt, ist das wohl zu kurz gegriffen. Das heißt, Smart Meter werden in ein paar Jahren nicht mehr diskutiert werden. Wir bezahlen ja auch völlig sorgenfrei mit Kreditkarten oder sind auf Social-Media Seiten präsent. Im Vergleich dazu mache ich mir bei Smart-Meter betreffend Datenschutz weniger Sorgen.

Welchen Benefit bietet ihr Produkt im Vergleich zu klassischen Forecasts (Anm: Voraussagen zum Verbrauch zur Einspeisung wie zB das Wetter)?

Der Einsatz eines AI gesteuerten Algorithmen-Sets von bis zu 35 verschiedenen Modellen, die den Forecast liefern, machen den Unterschied. Und zwar dann, wenn die Datenpunkte, die verarbeitet werden immer größer, immer präziser und immer zeit-aktueller verarbeitet werden müssen.

Sehen Sie die Firma immer als Dienstleister oder soll sie mal in eine ausführende Richtung gehen, als Anlagebetreiber oder als Versorger?

FSIGHT ist ein Energy-AI-Software Start-Up, das ein Service für die etablierte Industrie anbietet. Energieversorger sind unsere Kunden, aber genauso Wohnbauträger, Turbinenhersteller oder Autokonzerne.

“Aus Markterfahrungen und Technologie Trials lernen wir immens. Startups arbeiten ja heute ausschließlich so.”

Welche Märkte wollen sie eigentlich erschließen? Hinter Smart-Grids (Anm: Intelligente Energienetze, bei denen alle Akteure des Energiesystems über ein Kommunikationsnetzwerk miteinander verbunden sind) stehen weltweit verschiedene Absichten. Die Implementierung von erneuerbaren Energien ist unterschiedlich und die Netzinfrastrukturen unterscheiden sich auch. Zudem variiert die Energieversorgung von Land zu Land sehr stark. (Wasserkraft, Windenergie, Atomkraft, PVs, Kohle, etc.)

Ursprünglich hatte FSIGHT den Marktschwerpunkt in Israel (Heimmarkt) und natürlich auch in Europa. Marktchancen in anderen liquiden Märkten und Regionen lassen wir aber natürlich nicht liegen. Unsere Lösung ist nach sehr geringem Kalibrierungsaufwand global einsetzbar. Wir haben etwa kürzlich mit Solaria, einem führenden amerikanischen Solar PV Anbieter, ein Pilotprojekt in der Bay Area gestartet, in dem wir ein PV & Storage Home Kit anbieten. Ebenso in Australien mit Veida Clean Energy, einem dezentralisierten Energieanbieter. Dort entwickeln wir in einem perfekten Marktumfeld eine selbstoptimierende Energy-Community. In Asien bedienen wir schon länger Kunden im Bereich Forecasting. Aus diesen verschiedenen Markterfahrungen und Technologie Trials lernen wir immens. Startups arbeiten ja heute ausschließlich so. Zunächst gibt es ein proof of concept, bevor es an die Marktausrollung und damit Skalierung geht.

Für welche Art von Energieversorgung ist ihr Produkt an besten geeignet? Der Energieversorungsmix ist weltweit sehr unterschiedlich.

Es ist das perfekte Optimierungstool für den Energiemarkt von morgen. Dezentrale Erzeugungseinheiten sind heute ein Faktum, ebenso stationäre und mobile Batteriespeichereinheiten und Mikrogrids. Der Energiemix wird mit der Dezentralisierung zunehmend erneuerbar.

Was macht Ihren Algorithmus besser, als den der anderen?

Jahrzehntelange Erfahrung von Softwarespezialisten in unserem israelischen Entwicklungsteam, gepaart mit Industrie Know-How das wir im Shareholderkreis mitbringen. Amos Lasker, der israelischer Mitbegründer von FSIGHT, war zuletzt CEO des israelischen Energieversorgers Israel-Electric-Company (IEC) und bringt immense Erfahrung aus dem Sektor mit. Das operative Team von FSIGHT hat vor mehr als zehn Jahren bei Betterplace die Software für den ersten flächendeckenden Roll-Out von E-Mobilität in Israel gemeinsam mit Renault/Nissan verantwortet.

Und da Sie nun in Israel sind: Wie sind die Unterschiede zwischen Österreich und Israel in Bezug auf Netzbetrieb und Energiewirtschaft?

Israel ist energiewirtschaftlich mit den Energiemärkten Europas nicht unbedingt zu vergleichen. Da gibt es zum einen die Einschränkungen aus dem geopolitischen Umfeld. Zum anderen, ist dort zwar der Produktionssektor teil-liberalisiert, der Absatzmarkt aber nur beschränkt. Unter Bedacht auf die lokalen Rahmenbedingungen versucht Israel aber in der Liberalisierung seines Energiemarktes im Gleichschritt mit der EU zu gehen. Das eröffnet übrigens interessante Möglichkeiten. Auch diese verfolgen wir.

Aus dem Archiv: Eveline Steinberger-Kern im Video-Interview mit dem brutkasten

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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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