03.01.2020

So reagiert die Startup-Szene auf das Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen

Was bietet das am 2. 1. 2020 präsentierte Regierungsprogramm für Österreichs Startup-Szene? Der brutkasten hat die ersten Stimmen zur neuen Regierung aus der Community eingeholt.
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(c) beigestellt / Pia Clodi / Fabian Greiler

Am Donnerstag hat die neue Regierung aus ÖVP und Grünen ihr Regierungsprogramm präsentiert, in welchem neben anderen Punkten auch zahlreiche Maßnahmen für Startups in Österreich vorgesehen sind – von einem verstärkten Fokus auf Entrepreneurship-Education bis zu der möglichen Schaffung eines Dachfonds für Startup-Investments. Auf den Fachkräftemangel soll zudem mit der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte reagiert werden, weitere Entlastung soll es durch eine Steuerreform geben.

+++Türkis-grünes Regierungsprogramm: Die wichtigsten Punkte für Startups+++

Der brutkasten hat sich bei Vertretern der österreichischen Startup-Community dazu umgehört, wie die das Regierungsprogramm bewerten.

(Redaktioneller Hinweis: Aufgrund der Urlaubszeit werden weitere Statements in den kommenden Stunden folgen)

Berthold Baurek-Karlic, Venionaire Capital

In Bezug auf Startups, Unternehmertum und Innovation ist es das wahrscheinlich stärkste Regierungsprogramm, das wir bisher gesehen haben. Die Forderungen nach der Absetzbarkeit von Investments nach englischem Vorbild, ein Dachfonds für Venture und Private Equity oder flexiblere Gesellschaftrechtsformen – wie etwa eine (hoffentlich kleinere) AG, GmbH oder einem Mantel für Fonds (wie etwa SICAV) – sind nicht neu und durchaus zu begrüßen. Besonders wichtig wird es werden, das Kapital von institutionelle Investoren (Versicherungen und Pensionskassen) für Innovation und Zukunftstechnologien zu mobilisieren.

Innovation hat gemäß einer Studie des World Economic Forum ungeahnt positive soziale, ökologische und wirtschaftliche Effekte – so gesehen ist dieser Bereich aus meiner Sicht geeignet, sehr wichtige Neuerungen auch in Hinblick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu bringen.

Kritisch sehe ich: Wenn man weiterhin Notariatsakte für alle möglichen Transaktionen benötigt – dann sind alle gesellschaftsrechtlichen Reformen vielleicht gleich deutlich weniger attraktiv da die “Handelbarkeit” – etwa von Kommanditanteilen (idR Fondsanteile) – eingeschränkt wäre. Damit wäre Luxemburg weiterhin deutlich attraktiver, wo man diese freier Handeln kann.

Der Staat als Venture und Private Equity Fondsmanager ist aus meiner Sicht auch kritisch zu sehen. Der Staat sollte Marktversagen ausbalancieren, nicht aber in Konkurrenz treten – ich habe aber Vertrauen, dass insbesondere der “Fund of Fund” eine positive Wirkung haben wird.

Am positivsten (weil es mir am Herzen liegt) beurteile ich die Bildungsinitiative für Unternehmertum. Ich hoffe, dass so auch mehr Frauen motiviert werden können zu gründen oder bei einem Investor zu arbeiten – wobei sich hier positive Trends bereits abzeichnen: Bei Venionaire haben wir ab Februar erstmals mehr als 50 Prozent Frauen im Unternehmen, und auch in unserem Portfolio haben die Hälfte der Firmen zumindest eine Gründerin an Board. Wir arbeiten selbst daran, unsere Forschungs- und Bildungsinitiative “Business Angel Institute” (www.businessangelinstute.org) in eine Stiftung zu transformieren. Unsere Bildungsprogramme sind international stark gewachsen und beschränken sich schon länger nicht mehr nur auf Early Stage Investoren bzw. Business Angels – es gibt etwa das 1 Mal 1 des Gründens und diverse Master-Classes, die wir maßgeschneidert anbieten. Wir sind regelmäßig an Schulen, Universitäten und in Betrieben – allerdings aufgrund der Nachfrage häufiger im Ausland als in Österreich. Wir würden uns aber gerne stärker zu Hause einbringen und stehen hier sicher gerne als Ansprechpartner mit Know-How aus erster Hand und Erfahrungen zur Verfügung.

Florian Gschwandtner – Entrepreneur und Investor

das Wort Start-Up kommt zwar einige Male vor im Programm, aber das war ja in den letzten zwei Regierungen auch schon so. Die viel wichtigere Frage ist, wie ernst dieses Thema wirklich genommen wird. In den letzten Jahren ist hier absolut gar nichts relevantes passiert und die Dinge sind nicht besser geworden. Aktuell traue ich mir nicht sagen, dass es jetzt anders wird, wenn gleich auch ich es hoffen würde.

Die Inhalte sind auf alle Fälle gut und decken erste wichtige Maßnahmen wie “Steuererleichterung” bei Investitionen, neue Unternehmensform (zB Modell Schweiz mit AG Light), flexible Anteilsvergabe an Mitarbeiter, Entbürokratisierung usw.

All diese Punkte sind aber nur dann etwas Wert, wenn sie richtig und schnell umgesetzt werden und hier habe ich meine Zweifel. Es war bis dato meist so, dass Start-Ups als Buzzword gut in das Programm reinpasst, danach aber unter den großen Themen wie Migration, Sicherheit, Steuern usw wieder untergeht.

Zwei Themen sollten vor allem weiter konkretisiert und vor allem umgesetzt werden. Das eine ist die Rot-Weiß-Rot Karte die aktuell immer noch nicht konkurrenzfähig ist und viel zu mühsam ist und zweitens die Bildung. Ich weiß, dass die Bildung in ein anderes Ressort fällt , aber es ist die wichtigste Grundlage für Unternehmertum und hier ist Österreich soweit weg wie es nur geht. Leider ist auch die Bildung für die Politik meist ein zweitrangiges Thema und darum würde ich mir auch hier mehr Einsatz wünschen.

Overall möchte ich sagen, dass mir die ersten Punkte im Programm definitiv Mut machen, es wie aber überall auf die Umsetzung dieser Punkte ankommen wird. Dazu wäre es schön, wenn die Bundesregierung auch hier auf Experten wie Hansi Hansmann (AAIA) , Oliver Holle (Speedinvest) und viele andere etwas mehr hört.

Hansi Hansmann, Hansmen Group

Das Programm schaut beim Drüberlesen recht gut aus, was Startups betrifft, wenngleich in vielen Bereichen sehr vage gehalten (war wohl auch nicht anders möglich). Wenn ich es mit einem Vergleich aus der Wirtschaft sagen müsste, dann hat die Firma Österreich jetzt ein neues Management Team (Regierung) bekommen, das dem Aufsichtsrat (wir Bürger) einen Mehrjahresplan vorgelegt hat, der ganz gut ausschaut. Diesen Plan gilt es jetzt aber auch umzusetzen, und nur daran kann die Qualität des Managements gemessen werden – einen Plan kann man schnell machen, man muss ihn aber vor allem exekutieren  . Und was Exekution betrifft, sind wir Bürger nicht eben verwöhnt worden in den letzten Jahren.

Lisa Fassl, aaia

Insgesamt ist das Regierungsprogramm sehr ambitioniert – was verdeutlicht, dass die neue Regierung erkannt hat, dass es in vielen Bereichen akuten Handlungsbedarf gibt. Was uns natürlich sehr freut, ist, dass die Relevanz von Risikokapital für Innovation erkannt und adressiert wurde. Besonders vielversprechend ist der sehr konkrete Vorschlag zu einer neuen Rechtsform. Deren Umsetzung kann direkten Impact auf viele Stakeholder haben und tatsächlich ein erster Schritt zur Attraktivierung des Standortes für internationale Gründer*innen und Investor*innen sein. Bei anderen Punkten (bspw. den steuerlichen Anreizen und dem Dachfonds) heißt es aktuell noch abwarten – erste Absichtserklärungen sind vorhanden, die Execution ist aber noch nicht in Griffweite. Es bleibt daher zu hoffen, dass diese Themen nicht in Arbeitskreisen versanden. Als Vertreter*innen des Ökosystems müssen wir nun hartnäckig bleiben.

Markus Raunig, AustrianStartups

Das Regierungsprogramm ist ein großer Schritt in die richtige Richtung und beinhaltet zahlreiche Punkte, die wir schon lange fordern und dringend umgesetzt gehören. Von den 37 Empfehlungen unserer diesjährigen Austrian Startup Agenda finden sich insgesamt 19 im Papier wieder – darunter eine Modernisierung der Rot-Weiß-Rot Karte, konkrete Maßnahmen zur Förderung von Entrepreneurial Education, eine neue digitale Rechtsform für Startups, eine Entlastung des Faktors Arbeit, den Aufbau regulatorischer Sandboxes, Bürokratieabbau bei Förderungen, Steuererleichterungen für Investoren, die Aktivierung von institutionellem Kapital aus Pensionskassen sowie eine verstärkte Förderung von Social Entrepreneurship und grünen Technologien.
Wir finden die im Programm gezeichnete Vision von Österreich als international führendem Greentech Hotspot großartig. Die besten Visionen sind in der Startup Welt aber nichts wert, wenn die zentralen Maßnahmen nicht rasch umgesetzt werden. In den letzten Jahren haben wir den Anschluss an die führenden europäischen Startup-Hotspots verloren, weil wir es nicht geschafft haben, die PS schnell auf die Straße zu bringen. Dementsprechend lautet diesmal auch unser dringender Appell an die neue Bundesregierung: It’s all about the execution! Wenn wir wirklich in der Champions League mitspielen und eine europäische Vorreiterrolle übernehmen wollen, dann müssen wir die oben angesprochenen zentralen Maßnahmen noch im Jahr 2020 umsetzen – sonst werden andere Länder wieder schneller sein.

Oliver Holle, Speedinvest

Zunächst einmal ist eines festzuhalten: das ist extrem positiv und ja, für mich persönlich eine große Überraschung, gerade nach den letzten 2 Jahren des Stillstands und relativen Rückschritts. Kudos an diejenigen, die das ausgearbeitet haben. Vieles ist naturgemäß schwammig und offen gehalten, aber alles andere wäre auch dem Format fremd.

Wo sollte man genauer hinsehen? Erstens ist dies eine nahezu vollständige Liste an „To Do’s“, die notwendig wären, um Österreich im Tech Bereich ins 21, Jahrhundert zu bringen. Das ist gut, aber auch etwas beängstigend. Im Worst Case bleibt es genau dabei – bei einem unstrukturierten Wunschzettel, der sporadisch und ohne Plan und Ambition dort umgesetzt wird, wo es leicht geht. Viele der angesprochenen Maßnahmen werden erst sehr langfristig greifen, gerade der Aufbau sektoraler Cluster und Schwerpunkte, die auch international als solche wahrgenommen werden, ist ein Langfristprojekt, wo insbesondere Forschung, Corporates und Startups an einer gemeinsamen Vision arbeiten müssen.

Absoluter Schlüsselpunkt bleibt ein umfassendes Konzept, um Österreich für internationale Talente attraktiv zu machen. Mit der Farce der derzeitigen RWR Karte bieten wir ein Bild des Detraktors, wo wir doch genau das Gegenteil benötigen. Andere Punkte sind schnell zu erledigen, ja hätten schon vor Jahren erledigt werden müssen. Weitere Arbeitsgruppen und Studien oder Evaluierungen zu so offenkundigen Themen wie eine moderne Rechtsform für Wachstumsunternehmen, steuerliche Anreize für Investoren oder die Einführung eines Dachfonds würde tatsächlich nur diejenigen bestätigen, die Politik in erster Linie mit Zynismus verbinden.

Damit das nicht passiert, benötigt es jemand – ganz konkret nach meiner persönlichen Erfahrung – eine Person, die eigenes politisches Kapital investiert, um dies nun in einen Aktionsplan zu gießen und dann mit entsprechender „Sense of Urgency“ umzusetzen. Nur so wird es gehen. Es benötigt jemand mit fach-übergreifender Umsetzungskompetenz und einem starken Willen, dies auch zu einer tatsächlichen Priorität zu machen. Kanzler und Vizekanzler müssen sich hinter diese Person und deren Plan stellen. Ohne Kraftakt, so nebenbei als Schönwetterthema wird das nicht funktionieren. Dann werden eben andere Nationen die Leitbetriebe von morgen aufbauen, so wie im letzten Jahrzehnt.

Rudolf Kinsky, AVCO

Grundsätzlich begrüßen wir die wertvollen Initiativen der neuen Bundesregierung zur Verbesserung des österreichischen Startups und KMU Ökosystems und die resultierende Stärkung des Wirtschaftsstandortes. Das Regierungsprogramm enthält viele wichtige von der Startup Community und der Venture Capital und Private Equity Branche geforderte Maßnahmen, wie Erleichterung von Gründungen (inkl. Herabsetzung der Stammeinlage bei der GmbH, die Regulatory Sandbox und neue Gesellschaftsformen) und steuerliche Anreize, wie z.B. eine Verlustverrechnung über mehrere Jahre sowie die Absetzbarkeit von Anschubinvestments. Auch gibt es richtungsweisende Maßnahmen für die Unterstützung von Innovation, u.a. in Richtung erneuerbarer Energiequellen.

Wie immer kommt es bei allen Initiativen auf die entsprechende rasche Umsetzung an, die in den letzten Regierungen stark zu wünschen übrigließen. Wir wünschen uns von der neuen Regierung entschlossene und zeitnahe Schritte. Auch fehlen noch konkretere Ausgestaltungsziele für eine strategisch gedachte Standortstärkung Österreichs.

Als Vertreter der Fondsbranche vermissen wir u.a. klare Aussagen zu einer dringend notwendigen Kapitalmarktstrategie. Allem voran stünde ein für die Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Finanzmarktes in Österreich wichtigen, privatwirtschaftlichen Dachfonds für Wagniskapital, der ausschließlich von österreichischen institutionellen Investoren gespeist wird. Das Regierungsprogramm beinhaltet nur Beispiele von Wagniskapitalfondsstrukturen der öffentlichen Hand, die – wie in der Vergangenheit gesehen – für private Investoren an Attraktivität mangeln und in die daher vorrangig Steuergelder investiert werden.

Eine erwähnte Maßnahme kann sofort umgesetzt werden: Eine neue Gesellschaftsform für alternative Investmentfonds. Diese haben Experten unter Koordinierung der AVCO bereits fertig ausformuliert und liegt abrufbar bereit für den parlamentarischen Prozess.

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Das Gründerteam Christian Hill und Gerhard Prossliner © BRAVE Analytics, Leljak

Das Grazer Spin-off BRAVE Analytics wurde von Christian Hill und Gerhard Prossliner im Jahr 2020 gegründet. Den Gedanken an ein gemeinsames Unternehmen gab es schon einige Zeit davor an der MedUni Graz. Nach erfolgreicher Dissertation und dem FFG Spin-off Fellowship kam es zur Ausgründung, zu ersten Kund:innen und einem Standortwechsel. Und schließlich zur erfolgreichen Einbindung in den Life Science Cluster Human.technology Styria unterstützt von der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG.

Mittlerweile zählt BRAVE Analytics ein 14-köpfiges Team und sitzt im ZWT Accelerator in Graz, einem Kooperationsprojekt zwischen SFG und Medizinischen Universität Graz.

Das Team von BRAVE Analytics (c) © BRAVE Analytics, Leljak

Mut in der Geschäftsphilosophie

BRAVE Analytics steht für Mut in der Geschäftsphilosophie der beiden Gründer und des gesamten Teams: Christian Hill und Gerhard Prossliner fühlen sich “zu Entdeckungen hingezogen und lieben es, die Dinge aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Und genau diesen Spirit leben wir auch im Team.”

Wahrlich hat das Gründerduo mit seinem Spin-off das Forschungsgebiet Life Science in ein neues Licht gerückt: Denn BRAVE Analytics beschäftigt sich mit der automatisierten Qualitätssicherung für Pharma-, BioTech-Produkte, Wasser, Mineralien und Chemikalien. “Und das auf Partikel-Ebene. Das Ganze nennt sich Partikel-Charakterisierung und -Analytik”, erklärt Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten.

Neu ist die Technologie insofern, als dass die Partikel-Analyse direkt im Herstellungsprozess von Pharmaprodukten passiert. Also integriert, das heißt weder vor- noch nachgelagert, und damit effizient und kostensparend. “Damit machen wir eine sogenannte Prozessanalytik im Nano-Bereich”, erklärt Co-Founder Hill.

Die Lösung für ein Bottleneck

Damit haben die beiden Gründer zusammen mit ihrem Team eine Lösung für ein bis dato bestehendes “Bottleneck in der Industrie” geschaffen. Mit den modularen Messgeräten von BRAVE Analytics kann die Qualität von Produkten im Pharma- und BioTech-Sektor nämlich in Echtzeit gemessen werden. Das Kernstück der Lösung bildet die vom Spin-off eigens entwickelte, mehrfach patentierte OF2i Technologie.

Doch bekannterweise benötigen Life-Science-Lösungen wie diese einen breiten Umfang an Forschungsinfrastruktur, der sich gerade für frisch gegründete Spin-offs schwer stemmen lässt. Und: Es braucht die richtigen Verträge, das richtige Kapital und das richtige Team. Auf der Suche danach gab es für BRAVE Analytics einige Schlüsselmomente, wie Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten erzählt.

Der Standort für Life Science Startups

Die ersten Hardware-Aufbauten und Experimente fanden an der Medizinischen Universität Graz statt, die von den Anfängen mit Infrastruktur und Forschungspersonal unterstützte, die Universität Graz deckte die Bereiche Theorie und physikalisches Modelling und in Kooperation mit dem FELMI/ZFE der Technischen Universität Graz wird seit 2022 ein Zusatzmodul entwickelt.

Beim Schutz des geistigen Eigentums standen die Medizinische Universität Graz, die Steirische Wirtschaftsförderung SFG und die Forschungsförderungsgesellschaft FFG als helfende Hände zur Seite. Konkret mit Unterstützung für die Erarbeitung von Exklusiv-Lizenzen, Agreements und generell mit dem Know-how, wie man eine Firma aufbaut. Hier waren uns auch das Unicorn der Universität Graz, die Gründungsgarage und der Science Park Graz eine große Hilfe”, so Prossliner.

“Wir sind klassische Science-Preneure”

Die fachspezifische Unterstützung kam im richtigen Moment: “Wir sind die klassischen Science-Preneure. Unser Background ist das Universitäts- und Ingenieurswesen. Für uns war es wichtig zu lernen, wie man in das Unternehmertum reinkommt und den Produkt-Market-Fit findet. Man muss diese Produktverliebtheit, die man als Erfinder meistens hat, loswerden. Und das passiert ganz viel durch Learning by Doing.”

Besonders hilfreich habe sich vor allem das Bootcamp des FFG-Spin-off-Fellowship und das LBG Innovator’s Road Programme erwiesen, welche “eine schrittweise Einführung für den Weg von der Wissenschaft in Richtung Unternehmung” geboten haben, so Hill. Förderungen erhielt das Spin-off außerdem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, der Austria Wirtschaftsservice aws, der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und auf EU-Ebene.

Die Szene, die “Gold wert” ist

Nicht nur “by doing”, sondern vor allem auch “von anderen, die die gleichen Themen, Probleme und Potenziale haben”, hat das Startup im Aufbau sehr viel an Know-how und Erfahrung gewonnen. “Das Peer-Learning ist für uns einer der wichtigsten Wissensfonds”, so Co-Founder Prossliner im Interview.

Ein dafür zugeschnittenes Netzwerk gibt es in der Grazer Life Science Szene: “Auch abseits institutioneller Veranstaltungen befinden wir uns hier in einem sehr lebendigen Startup-Umfeld. Vieles passiert auf Eigeninitiative von Gründer:innen. Das Startup-Leben hier ist wirklich Gold wert.”

Global Player nur “fünf Rad-Minuten entfernt”

“Wir sind Hardware-Hersteller, wir brauchen Hochpräzisionsfertiger für unsere Prozesstechnologie. Die Steiermark und insbesondere Graz haben sich zu einem Stakeholder-Nest der besonderen Vielfalt entwickelt. Kooperationspartner aus Industrie, Wirtschaft und Forschung sitzen hier in unmittelbarer Nähe. Wir finden Experten, Lieferanten und Fertiger mit extremer Präzision und einer super Verlässlichkeit”, erzählt Prossliner und meint weiter: “Wir arbeiten hier in einem sehr engen Umfeld mit einer sehr schnellen Dynamik. Das ist unglaublich wertvoll.”

Ein ganzes Stakeholder-Feld mit internationaler Spitzenstellung findet sich also im Grazer Becken. Oder, wie es Gründer Prossliner erneut unterstreicht: “Da sind Global Player dabei, die wir in wenigen Rad-Minuten erreichen. Man muss also nicht gleich nach Asien oder in die USA, das Netzwerk gibt es hier auch.” Nicht umsonst spricht man seit geraumer Zeit von der “Medical Science City Graz” – mit Playern wie der Medizinischen Universität und dem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer ZWT im Netzwerk.

Gerhard Prossliner (links) und Christian Hill (rechts) mit der Geschäftsführung des ZWT – Anke Dettelbacher (Mitte rechts) und Thomas Mrak (Mitte links) ©ZWT/Lunghammer.

Besenrein eingemietet

Grund genug auch für BRAVE Analytics, sich hier als aufstrebendes Life-Science-Startup niederzulassen. Nach seinen Anfängen in den Räumlichkeiten der MedUni Graz hat sich BRAVE Analytics nämlich im ZWT Accelerator einquartiert: “Wir waren unter den Ersten, die hier eingezogen sind. Als alles noch ziemlich besenrein war.”

Mittlerweile wird auch mit anderen dort sitzenden Startups stockwerkübergreifend genetzwerkt. Sei es im Stiegenhaus, bei Weihnachtsfeiern oder informellen ZWT-Treffen. Manchmal wird auch gemeinsam gefrühstückt und in den Abendstunden philosophiert. Daneben gibt es regelmäßige Get-Together-Formate wie das ZWT-Frühstück. Im Zuge der Startupmark finden auch themenspezifische Kooperationsformate wie der Life Science Pitch Day, ein exklusives Pitchingevent für Startups und Investor:innen aus dem Life Science-Bereich, statt.

Fußläufig flexibel

Thomas Mrak, Geschäftsführer des ZWT, erzählt dazu: “Vernetzung steht bei uns an erster Stelle. Und zwar nicht nur unter Foundern, sondern auch zwischen bereits etablierten Firmen, Unis, Instituten, Professor:innen und Ärzt:innen, die alle flexibel und fast fußläufig zu erreichen sind. Ich würde sagen, das ist die Essenz der Medical Science City Graz und bildet das optimale Umfeld, um als Spin-off Fuß zu fassen.”

Unterstützung gibt es im Grazer ZWT auch mit einer optimalen Infrastruktur und “startup freundlichen” Mietverträgen und Mietkonditionen: “Wir bieten Startups, die bei uns einziehen, ein einzigartiges Preis-Leistungsverhältnis, eine perfekte Ausstattung und sehr flexible Bedingungen. Vor allem hohe Investitionskosten und lange Bindungszeiten sind für Startups schon aufgrund ihrer dynamischen und teils volatilen Entwicklungen sehr kritisch, dabei helfen wir. Je nach Möglichkeit stellen wir nicht nur Büros und Laborinfrastruktur, sondern auch Seminar- und Besprechungsräume zur Verfügung.”

“Wir verstehen uns hier einfach sehr gut”

Unverkennbar gestaltet sich der Life Science Bereich in Graz als multidimensionaler Hub für Startups und Spin-offs – und das nicht nur auf akademischer Ebene: “Wir verstehen uns hier alle untereinander sehr gut. Es gibt kurze Wege, kurze Kommunikationswege und wir arbeiten zusammen auf Augenhöhe. Es klappt einfach zwischenmenschlich”, so Mrak.

BRAVE Analytics-Co-Founder Prossliner empfiehlt dahingehend: “Nutzt das tolle österreichische Förderungssystem. Wir haben hier vonseiten der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, des Austria Wirtschaftsservice aws und der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG tolle Unterstützung erhalten. Vom ZWT, der MedUni Graz, der Uni Graz und der TU Graz ganz zu schweigen.”

Und: “Bindet schon frühzeitig Kund:innen ein. Nur so ermittelt man die real-life Kundenbedürfnisse potentieller Märkte, und man kann vielleicht auch erste Umsätze generieren, die man wiederum mit Förderungen hebeln kann. Man muss sich schließlich auch finanziell stabilisieren, um für Investor:innen attraktiv zu sein.”

Der Asia Pull für Life Science

Aktuell erarbeitet BRAVE Analytics eine Investitionsrunde. Mittlerweile hält das Spin-off unterschiedliche Produkte und Kunden am Markt. Auch Industriepartner sind vorhanden. Aktuell befinde man sich in der Prescaling-Phase – mit einem starken “Asia Pull”. Interesse kommt nämlich zunehmend von Abnehmern aus Asien, wie Christian Hill erzählt:

“Unsere Technologie eignet sich nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch für Wasser, Kläranlagen und Mikroplastik – und sogar für die Halbleiterindustrie. Wir bewegen uns hier in einem multidimensionalen Anwendungsfeld, gerade für das Umwelt- und Wassermonitoring. Das zieht viele Kunden aus Übersee an. Jetzt heißt es: die richtigen Schritte setzen und klug skalieren.”

Damit Christian Hill und Gerhard Prossliner ihre Ziele auch weiter verfolgen können, braucht es Menschen, die in den Life Science Sektor investieren: “Life Science ist ein Technologie- und Wissenschaftsfeld, das uns in Zukunft noch viel intensiver begleiten wird. Und auf das wir angewiesen sind”, so Thomas Mrak. Der ZWT-Geschäftsführer appelliert indes: “Es arbeiten so viele tolle Menschen mit persönlicher Motivation in diesem Feld. Diese haben das Potenzial, die Zukunft maßgeblich zu verändern. Doch dafür braucht es finanzielle Unterstützung, fundierte Netzwerke und noch mehr Aufmerksamkeit.”

Mehr Informationen zum steirischen Startup-Ökosystem und der Startupmark sind hier zu finden.

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AI Summaries

So reagiert die Startup-Szene auf das Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen

Am Donnerstag hat die neue Regierung aus ÖVP und Grünen ihr Regierungsprogramm präsentiert, in welchem neben anderen Punkten auch zahlreiche Maßnahmen für Startups in Österreich vorgesehen sind – von einem verstärkten Fokus auf Entrepreneurship-Education bis zu der möglichen Schaffung eines Dachfonds für Startup-Investments. Auf den Fachkräftemangel soll zudem mit der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte reagiert werden, weitere Entlastung soll es durch eine Steuerreform geben. In Bezug auf Startups, Unternehmertum und Innovation ist es das wahrscheinlich stärkste Regierungsprogramm, das wir bisher gesehen haben.

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Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

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Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

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