26.09.2016

Das große Startup-Glossar: A bis E

Wohl bei kaum einem Thema werden Anglizismen in so einer Dichte und mit so einer Selbstverständlichkeit genutzt, wie wenn es um Startups geht. Doch verstehen das auch alle, die neu in der Community (bitte nicht Gemeinschaft) sind? Der Brutkasten packt sich selbst am Kragen (vielleicht auch am Stiefelriemen) und bringt ein halb ernstes Glossar für die ersten Steps im Ecosystem.
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(c) fotolia.com - Ackley Road Photos

Menschen, die die Zerstörung der deutschen Sprache durch Anglizismen befürchten, haben bei der Lektüre unserer Artikel wohl ein Erlebnis der besonderen Art. Kein Wort ist davor sicher, in seiner eingedeutschten englischen Form genutzt zu werden. Für viele Begriffe gibt es gar keine passende deutsche Entsprechung. Dass dieser besondere Schreibstil mitunter für Kopfschütteln sorgt, merkt man etwa daran, dass sogar die Satire-Seite “Die Tagespresse” schon darüber scherzt, wenn sie einen Startup-Founder sagen lässt: “Unser Teil wird die ganze Industrie interrupten!”

Weil wir als Startup-Medium jedenfalls nicht aufhören werden und wollen, Anglizismen zu nutzen, bringen wir ein Glossar (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Mit diesem sollte der Pitch vor VCs easy laufen, außer natürlich, man entschließt sich zu bootstrappen. In jedem Fall kann man dann nach dem Launch so gut performen, dass man sein Startup als Game-Changer zum Unicorn macht. Oder so…


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A

Accelerator

Acceleration bedeutet Beschleunigung. Accelerator-Programme nehmen Startups auf und haben das Ziel, sie innerhalb kurzer Zeit zu pushen und dabei möglichst großes Wachstum zu erzielen – nicht zu verwechseln mit Inkubatoren. Aber Vorsicht: Manche Accelerators wollen dafür Shares (also Anteile) – bei Early Stage Startups werden sie mitunter fast unverschämt.

App

Zugegeben, dieses Wort müsste man hier wirklich nicht erklären. Doch es ist nach den Worten “Startup” und “Founder” wohl Nummer 3 der häufigsten Anglizismen bei uns. Daher muss es einfach in die Liste. Damit hier auch eine Erklärung steht, wie es sich für ein glossar gehört: App steht kurz für application, englisch für Anwendung.


B

Bootstrapping

Bootstrappen heißt, ein Startup ohne Fremdfinanzierung aufzubauen, also komplett aus eigener Kraft das Geschäft auf die Beine zu stellen. Das englische Wort Bootstrap bedeutet Stiefelriemen und kommt von der (unmöglichen) Vorstellung, sich an den eigenen Stiefeln aus dem Schlamm zu ziehen – ähnlich wie bei Baron Münchhausen. Der Begriff wird übrigens auch in verschiedensten anderen Bereichen (Informatik, Elektrotechnik, Syntaktik, u.a.) genutzt, die ebenfalls nicht direkt mit Schuhen zu tun haben.

Business Angel

Gerne auch einfach als BA bezeichnet, ist der Business Angel mehr als nur ein Investor. Neben Geld bringt er in die Firma auch jede Menge Know-How ein, über das er verfügt, weil er im Normalfall selbst Founder ist/war. Einige davon bleiben stets im Hintergrund, andere sind dagegen alles andere als öffentlichkeitsscheu (Wir nennen hier jetzt keine Namen). Einen weiblichen BA nennt man übrigens Business Angelina. Ob man es Business Brangelina genannt hätte, wenn die beiden Stars gemeinsam in ein Startup eingestiegen wären, werden wir nun, nach der Trennung, leider nie erfahren.


C

CEO, CTO, CFO, etc.

Statt Geschäftsführern und verschiedenen Abteilungsleitern gibt es bei Großkonzernen mit tausenden Mitarbeitern und bei Startups, auch wenn sie nur aus zwei Personen bestehen, CxOs. Das C steht dabei immer für Chief, das O immer für Officer, der Buchstabe in der Mitte für den Aufgabenbereich, etwa T für Technical. “Ich bin CTO bei einem Startup” klingt ja auch wirklich cooler als “Ich bin Programmierer in einem Zwei-Personen-Unternehmen”.

Co-Founder

Man könnte auch “einer von zwei (oder mehreren) Gründern” sagen, aber das wäre Sperrig und irgendwie nicht cool genug. Die deutsche Sprache ist einfach so umständlich…

Corporate Innovation

Die Idee ist: Corporates, also etablierte Firmen, sind häufig träge und bürokratisch. Findigen Startups fällt es daher leicht den Markt zu disrupten (siehe unten). Dann geht ihnen aber häufig das Geld aus. Bei Corporate Innovation starten die Großen (mit viel Geld) Kooperationen mit den Kleinen (mit revolutionären Ideen). Und dann sollten, folgt man dem Konzept, beide profitieren. Es ist übrigens eines unserer Lieblingsthemen beim Brutkasten. Unser Dossier dazu ist prall gefüllt mit spannenden Artikeln.

Crowdfunding

Dieses Wort ist zwar durchaus über die Grenzen der Startup-Welt hinaus bekannt. Trotzdem darf es hier nicht fehlen. Kurz erklärt: Bei Crowdfunding fundet die Crowd das Startup. Klar, oder? Es gibt verschiedene Konzepte. Beim Standardmodell bekommt der einzelne Kleininvestor winzige Shares, also Anteile. Bei manchen Plattformen kann man aber auch einfach das Produkt vorbestellen und erwirbt keinen Anteil am Startup. ⇒ mehr zum Thema


D

Disruption

Störung, Zerreißung, Zerrüttung – Das sind Worte, die das Wörterbuch für das englische disruption zu bieten hat. Und es ist das, was die meisten Startups am Markt anrichten wollen: Das gängige Produkt übertreffen und auf Dauer komplett ersetzen. Und der Markt wird nie wieder so sein, wie er einmal war…


E

Early Stage Startup

Schon ganz, ganz am Anfang steht ein Anglizismus, oder besser: drei Anglizismen. Aber zugegeben, das Wort “Frühphasenjungunternehmen” will ich, nach diesem Mal, wirklich nie wieder schreiben.

E-Commerce

Das deutsche Äquivalent Internet-Vertrieb enthält übrigens auch einen Anglizismus, nur so am Rande.

Eigenkapital

In der Deutschen Sprache ist Eigenkapital zwar kein Fremdwort, für Startups aber häufig schon. Zur einfachen Erklärung: Das ist, wenn man selbst Geld ins Unternehmen einbringt. Die meisten Experten meinen, dass man das tun sollte.

Elevator Pitch

Wie überzeugt man jemanden während einer Fahrt mit dem Lift, also in etwa 20 bis 30 Sekunden, von seiner Business-Idee? Startups sind mit dieser Frage häufig konfrontiert, da sich erstens potenzielle Investoren häufig nicht mehr Zeit nehmen, zweitens das Format (die Zeit, nicht der Lift) auch bei Medien und Shows beliebt ist.

Entrepreneur

Wie es das französische Lehnwort im Englischen als englisches Lehnwort ins Deutsche geschafft hat, obwohl es im Deutschen, im Gegensatz zum Englischen, ein passendes Wort, nämlich Unternehmer, dafür gibt, ist unklar. Sollte der vorige Satz ebenfalls unklar sein: Entrepreneur = Unternehmer, wird im deutschen aber tendenziell mehr für Jungunternehmer verwendet. Besonders trifft das auf die Abwandlung Entrepreneurship, also Unternehmertum zu.

Exit

Hier steht “Sie hat ihre Firma verkauft”, oder schlimmer noch “Ihre Firma wurde übernommen” gegen “Sie hat den Exit geschafft”. Es besteht kein Zweifel: Der Exit klingt erfolgreicher, cooler, einfach besser. ⇒ Und wie macht man das?


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Anyconcept, AnyConcept, Automatiserung, Software testen,
(c) AnyConcept - Das AnyConcept-Team.

Rund 80 Prozent aller Unternehmen testen ihre Anwendungen und Software händisch. Entweder klicken sie sich mühsam durch ihre Software oder ihren Webshop, um zu sehen, was funktioniert und was nicht, oder sie coden sich ihre Tests. Beides langwierige, kostenintensive und mühsame Aufgaben. Das wissen Leander Zaiser, CEO, Manuel Weichselbaum, CTO, und Markus Hauser, die gemeinsam mit Kevin Intering und Pascal Goldschmied das KI-Startup AnyConcept gegründet haben.

AnyConcept und das Problem der No-code-Software

Die Founder haben sich deswegen dazu entschlossen eine Testautomatisierungs-Software zu entwickeln, um den Prozess für Unternehmen zu vereinfachen und günstiger zu gestalten.

Zaiser war sechs Jahre lang RPA-Experte (Robotics Process Automation) bei Raiffeisen und hat dort Automatisierungssoftware automatisiert. Der CEO musste dabei feststellen, dass vermeintliche No-code-Software ohne Entwicklungskompetenzen sich nicht erfolgreich einsetzen ließ. Für gelernte Softwareentwickler wiederum war das Arbeiten mit solch einer Anwendung keine attraktive Tätigkeit.

Weichselbaum indes forscht seitdem er 17 ist an Künstlicher Intelligenz. Und widmet sich dabei vor allem immer den aktuellen Herausforderungen der internationalen Forschung. Das passte hervorragend zu Zaisers erkanntem Problem: aktuelle Automatisierungssoftware ist zu komplex für Non-Coder und nicht attraktiv genug für Coder. Also fragten sich die Founder: Was, wenn man Automatisierung mit einem No-Code-Ansatz macht, mithilfe einer KI, die genau das tut, was man ihr auf dem Bildschirm zeigt? So war AnyConcept geboren.

Das Black Friday-Problem

“Jede Software, jeder Webshop, jede Applikation muss immer wieder getestet werden, ob sie richtig funktioniert. Und da sie auch ständig durch neue Updates von Entwicklern oder bei einem Webshop mit neuen Produkten gefüttert wird, verändern sich Applikationen dauerhaft. Das kann wieder zum Brechen der bisherigen Funktionen führen”, erklärt Hauser, ein per Eigendefinition fleischgewordenes Startup-Kind, das zuletzt Johannes Braith (Storebox) als rechte Hand begleiten und somit Entrepreneurship aus nächster Nähe beobachten und Mitwirken durfte.

Der Gründer präzisiert sein Argument mit einem Beispiel passend zum Black Friday. Jedes Jahr würden Unternehmen Milliarden US-Dollar verlieren, weil sie ihre Preise falsch definieren oder Prozente und Dollar verwechseln, ohne dass es wem auffällt. Außerdem könnten “Trilliarden US-Dollar” an Schäden durch fehlerhafter Software, die nicht richtig getestet wurde, vermieden und “50 Prozent der IT-Projektkosten” gesenkt werden, wenn Testen automatisiert mit No-Code abläuft, so seine Überzeugung.

“Durch unser KI-Modell, das ein User-Interface rein durch Pixeldaten, Mausklicks und Tastatureingaben erkennen und manövrieren kann, schaffen wir es Automatisierung No-Code zu gestalten”, sagt Hauser. “Das Ziel ist es unsere KI-Agenten zukünftig zum Beispiel einen Prozess wie UI-Software-Testing rein durch eine Demonstration, das bedeutet das Vorzeigen des Testfalles, automatisiert durchführen zu lassen. Sie werden sich dabei exakt so verhalten wie es ein Benutzer tun würde, orientieren sich nur an den Elementen des User-Interface und konzentrieren sich nicht auf den dahinterliegenden Code. Das ist unser USP.”

FUSE for Machine Learning

Dieses Alleinstellungsmerkmal fiel auch Google auf. Konkreter Google Cloud Storage FUSE for Machine Learning. Anfänglich noch ein Open Source-Produkt als “Linux Filesystem in Userspace” oder eben als “FUSE” tituliert, wurde die Software von Google in die Cloud integriert und hilft beim Verwalten von Unmengen von Trainingsdaten, Modellen und Kontrollpunkten, die man zum Trainieren und Bereitstellen von KI-Workloads benötigt.

Anwendungen können hierbei direkt auf die Cloud zugreifen (Anm.: anstatt sie lokal herunterzuladen); als wären sie lokal gespeichert. Es müssten zudem keine benutzerdefinierte Logik implementiert werden und es gebe weniger Leerlaufzeit für wertvolle Ressourcen wie TPUs und GPUs, während die Daten übertragen werden.

FUSE sei einfach ein Produkt für Unternehmen, so Weichselbaum weiter, um große Datenmengen bequem zu verwalten und sie verfügbar zu machen: “Wir verwenden es, um viele Terrabytes von Daten auf der Cloud zu lagern, was am Computer nicht möglich ist”, sagt er.

Google sagt Hallo

Weil AnyConcept das Service von FUSE sehr intensiv nutzte, wurde Google auf die Grazer aufmerksam. Und hat konkret nachgefragt, was sie für einen Use-Case mit ihrem Angebot entwickelt haben. “Wir waren einer der ersten, die das genutzt haben, um effizient unsere KI-Agents zu trainieren“, sagt Weichselbaum. “Das Produkt von Google ist ein Teil unserer Datenverarbeitung und des Trainings unserer ganz spezifischen KI und Google wollte wissen, warum und wie wir das so intensiv verwenden. Das hat dazu geführt, dass wir unsere Ideen für Produktverbesserungen und Skripts mit ihnen teilen durften.“

AnyConcept und seine Konzepte

Das Ziel von AnyConcept ist es, ein Foundation-Modell nicht für Texte oder Bilder, sondern für Interaktionen mit dem User-Interface zu entwickeln.

Im Detail reicht hierbei eine Demonstration von einem solchen Interface und AnyConcept analysiert es mit neuronalen Netzwerken. Es erkennt Strukturen, die das Startup seinem Namen getreu “Konzepte” nennt und die auf breites Wissen aufbauen, wie man mit einem Computer interagiert.

“So ein Konzept wäre etwa ein ‘Button’ auf einer Website”, erklärt es Zaiser in anderen Worten. “Die KI versteht dann, dass man ihn anklicken kann und was danach passiert. Oder wie lange eine Website braucht, sich zu öffnen und wie sie aussieht.”

Aktuell forscht AnyConcept an der Generalisierungsfähigkeit ihres Netzwerkes. Zaiser dazu: “Wir testen unsere KI bereits mit Pilotkunden bei der Anwendung von Software-Testautomatisierung und bekommen großartiges Feedback.”

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