02.11.2016

Das große Startup-Glossar: K bis O

Wohl bei kaum einem Thema werden Anglizismen in so einer Dichte und mit so einer Selbstverständlichkeit genutzt, wie wenn es um Startups geht. Doch verstehen das auch alle, die neu in der Community (bitte nicht Gemeinschaft) sind? Der Brutkasten packt sich selbst am Kragen (vielleicht auch am Stiefelriemen) und bringt ein halb ernstes Glossar für die ersten Steps im Ecosystem.
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(c) fotolia.com - ananaline

Teil drei des Brutkasten-Startup-Glossars: Diesmal beleuchten wir, wie man mit dem richtigen Keyword laut Long-Tail-Theorie sein Minimal Viable Product absetzen kann, vor allem wenn man ein Nerd ist und sich online gut auskennt. Oder so…


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K

Keyword

Wer mit seiner Website bei Suchmaschinen ganz oben stehen will, braucht das richtige Keyword beziehungsweise die richtige Kombination von Keywords. Die Wörter sollten möglichst prägnant beschreiben, was man macht oder produziert und zugleich möglichst einzigartig sein. “App” und “Startup” sind demnach keine optimale Auswahl – unter den rund 90 Millionen Treffern auf Google, könnte das eigene Startup schwer zu finden sein. Besser ist da schon das Keyword “smarter Klopapierhalter”. Mit dem hat es übrigens tatsächlich jemand auf Kickstarter versucht, erreichte mit 210 Unterstützern aber nur etwa ein Drittel des Finanzierungsziels.

Kickstarter

Inzwischen gibt es einige Formen des Crowdfundings. Kickstarter ist eine der beliebtesten davon. Das Prinzip ist einfach: Man verkauft sein Produkt, bevor man es überhaupt produziert hat – teilweise sogar, bevor man überhaupt genau weiß, wie und wo man es produzieren wird. Der Vorteil für Startups: Sie geben dabei keine Anteile ab, sondern müssen lediglich das Produkt liefern, wenn es dann endlich fertig ist (und sollten sich dabei an die eigenen Ansagen halten). Der Vorteil für Kunden: Sie müssen keine Anteile kaufen. Sie können also ein Startup unterstützen und haben sogar dann etwas davon, wenn das Businessmodell den Markt doch nicht so disruptet, wie versprochen. ⇒ Das wurde bei erfolgreichen Kickstarter-Kampagnen richtig gemacht


L

Launch

Der große Moment. Es ist soweit. Das Produkt/ die App ist erhältlich, der Dienst wird jetzt angeboten, das Ding ist online! In der Startup-Welt beginnt, startet oder veröffentlicht man nicht, man launcht. Weil Rockets werden schließlich auch gelauncht. Und das Ding soll performen wie 1 Rocket.

Lean Management

Auf Deutsch: “Schlankes Management”. Der Begriff bezieht sich jedoch nicht auf den Körperumfang der Manager in einem Startup oder Unternehmen. Stattdessen geht es um Prozessoptimierung und flache Hierarchien. Startups haben da, vor allem in der Anfangsphase, meist leichtes Spiel. Denn solange die Firma nur aus einem CEO, einem CTO und einem CFO besteht, drohen noch keine überflüssigen Management-Ebenen die Arbeit zu verkomplizieren. Mit dem Wachstum kommt dann natürlich manchmal die Idee auf, guten Freunden einen Job als Abteilungsleiter zu geben. Davon ist nicht nur nach der Lean-Management-Theorie abzuraten.

Lean Startup

Der Lean-Startup-Theorie (zu Deutsch: “Schlankes Startup-Theorie), die 2008 von US-Entrepreneur Eric Ries vorgestellt wurde, liegt ein einfacher Gedanke zugrunde: Mit möglichst geringem Kapitalaufwand möglichst erfolgreich sein. Allen, die sich nun fragen, was auf der Welt ein Startup, oder ein Unternehmen im allgemeinen, denn bitte sonst zum Ziel haben sollte, sei gesagt, dass das noch nicht die ganze Theorie ist. Konkret ist die Idee, möglichst schnell mit einem sogenannten Minimal Viable Product (MVP), also einem funktionstüchtigen Prototypen, oder einer Beta-Version, auf den Markt zu gehen. Dieses MVP soll dann durch stetiges Kundenfeedback solange adaptiert werden, bis es wirklich passt. Dabei soll es aber schon die ganze Zeit Umsätze bringen. Easy, oder? “Viable” bedeutet übrigens überlebensfähig. Wenn man seine App frühzeitig launcht, der Server dann aber bei 150 Usern w.o. gibt, ist sich nicht viable – nur so als Tipp.

Long Tail-Theorie

Startups müssen den Begriff nicht kennen, um die Theorie anzuwenden. Sie besagt, dass man Dank des Internets in Nischenmärkten sehr erfolgreich werden kann. Denn die weltweite Nachfrage kann auch in einer kleinen Nische insgesamt recht groß werden. Voraussetzung ist, das man tatsächlich jene Nische findet, in der es noch kein Produkt gibt. Und das ist noch keine Erfolgsgarantie: Der smarte Klopapierhalter hat es trotzdem nicht geschafft.


M

Markt

Das sollte jedes Startup haben. Wirtschafts-umgangssprachlich kann man Markt mit Nachfrage gleichsetzen (obwohl natürlich per Definitionem ein Markt erst entsteht, wenn Nachfrage und Angebot aufeinander treffen). Viele Startups scheitern jedenfalls daran, dass es für ihr Produkt keinen, oder einen zu kleinen Markt gibt. Bietet man etwa eine ortsgebundene Dienstleistung an, ist für die Kalkulationen die lokale und nicht die globale Nachfrage heranzuziehen. Bietet man sein Produkt, zum Beispiel einen smarten Klopapierhalter, global an, reicht es nicht, wenn weltweit 210 Personen das Ding haben wollen, obwohl sogar TechCrunch über einen geschrieben hat.

Millionenbetrag

Eine sieben bis neunstellige Zahl. In Österreich weitgehend ein Fremdwort, wenn es um Investments in Startups geht. Andernorts, vor allem im Silicon Valley sind Beteiligungen in der Höhe hingegen durchaus üblich. Dort sind jedoch auch Arbeitskräfte, Mieten und überhaupt alles meist deutlich teurer. Wirklich schön soll es dort auch nicht sein, hört man.

Minimal Viable Product (MVP)

Siehe Lean Startup. Da oben bereits umrissen wurde, was ein MVP ist, hier noch ein paar Beispiele, was kein MVP ist, nur um sicherzugehen: Eine App, die aufgrund diverser Bugs ständig abstürzt; ein Programm, von dem einstweilen nur die Nebenfunktionen laufen, nicht aber die Hauptfunktion; ein explodierendes Smartphone (zugegeben, das kam nicht von einem Startup); halt alles, was einfach noch nicht funktioniert – ist ja nicht so schwer, sollte man meinen. Aber es gibt doch einige Beispiele, wo Startups mit einem nicht-MVP auf den Markt gegangen sind. Wir nennen keine Namen.


N

Nerd

Vor allem unter Tech-Startup-Foundern gibt es eine sehr hohe Dichte davon. Als Nerd werden heute besonders Technik-affine Menschen bezeichnet. In manchen Bereichen genießt man überhaupt keine Glaubwürdigkeit mehr, wenn man kein Nerd ist. Ursprünglich hatte das Wort mit “Schwachkopf” oder “Trottel” eine ganz andere Bedeutung. Der Bedeutungswandel hat sich noch nicht überall herumgesprochen: Denn die heute erfolgreichen Nerds wurden vielfach in der Schule von Menschen als “Trottel” bezeichnet und gemobbt, die nun dafür nur ein Hundertstel ihres Gehalts verdienen. Das ist wohl ausgleichende Gerechtigkeit. Erstmals nachgewiesen ist es das Wort übrigens in einem Dr. Seuss-Kinderbuch von 1950.

Networken

Darum geht es in der Business-Welt. Networken, networken, networken. Bei jedem Startup-Event und bei überhaupt jeder Gelegenheit muss man neue wichtige Leute kennenlernen, seine Idee pitchen und mögliche Kooperationen besprechen. Die Devise lautet: Ein größeres Netzwerk macht alles besser. Einfach mal allen das Blaue vom Himmel versprechen und dann erst sehen, ob man es tatsächlich umsetzen kann. So gewinnt man Kunden und Partner – wenn man es dann halt wirklich schafft, die Dinge irgendwie umzusetzen. Und natürlich kann man dann immer behaupten, dass man alle kennt – das ist überhaupt sehr wichtig, denn es macht einen selbst sehr wichtig.


O

online

Online ist in der Startup-Welt ohnehin alles. Und doch ist das Internet, so selbstverständlich es auch ist, extrem wichtig für das Prinzip Startup an sich. Daran kann kein Zweifel bestehen und deswegen bekommt es hier im Startup-Glossar seinen Platz. Viele Startups sind schon mit genuinen Online-Services groß geworden. Das Geschäftsmodell sehr vieler weiterer Startups besteht daraus, etwas herzunehmen, was es schon sehr lange gibt, es nun aber online anzubieten. Auf diese weise sind in den letzten Jahren unzählige mehr oder weniger erfolgreiche Online-Shops, Online-Plattformen, Online-Beratungsstellen und dergleichen entstanden, die uns ersparen, unsere Wohnungen zu verlassen.

Org Design

Bei Org Design geht es um die Frage, wie die Firma strukturiert und organisiert sein soll. Tatsächlich ist das ein wichtiger Punkt, vorausgesetzt die Firma besteht bereits aus mehr als den drei Personen, aus denen die meisten Startups in der Anfangsphase bestehen. Natürlich kann man aber auch schon zu dritt ein Organigramm erstellen. Oder auch alleine – das ist dann besonders übersichtlich.


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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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