24.10.2017

Speedinvest: Zwei ungebremste Fonds

Der in Wien gegründete Seed-Fonds Speedinvest zählt sechs Jahre nach Gründung zu den größten Playern Europas. Doch wie arbeitet so ein Fonds und welche Meilensteine haben zu dieser ungebremsten Erfolgsgeschichte geführt? Der Brutkasten hat sich dazu ausführlich mit Speedinvest-Gründer und CEO Oliver Holle unterhalten. Teil 1: Zwei ungebremste Fonds
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Investorenansprache
(c) Speedinvest

Ein guter Exit legte 2006 den Grundstein für die Gründung des heute größten, privaten Venture Capital Fonds Österreichs. “Meine damaligen Partner, Markus Wagner, Andreas Wiesmüller und ich haben 2006 unsere Firma 3united an den US-Konzern Verisign verkauft”, erzählt Oliver Holle, der Gründer und CEO von Speedinvest. 3United, der damalige zentraleuropäischer Marktführer im Bereich Mobile Services, war ein Joint Venture aus den Startups Xidris, Sysis (Anm.: Oliver Holles erste Co-Gründung) und Connovation. Es brachte beim Exit die stolze Summe von rund 55 Millionen Euro. “Ich habe dann eine Zeit lang bei Verisign in den USA gearbeitet und dort bemerkt, dass die österreichischen Tech-Teams mit den US-Counterparts absolut mithalten konnten und ihnen in vielen Bereich sogar überlegen waren. Doch sie hatten zu diesem Zeitpunkt keinen Zugang zum Startup-Ökosystem, das international schon stark spürbar war”, erzählt Holle.

+++ Teil 2: Speedinvest: Vom VC zum Startup-Dienstleister +++

“Niemand, der aktiv investiert hat”

2010 kehrte er, auch aus persönlichen Gründen, nach Wien zurück – gemeinsam mit seinem Kernteam, das weiterhin zusammenarbeiten wollte. Daniel Keiper-Knorr, Michael Schuster, Werner Zahnt, sowie die beiden US-Partner Erik Bovee und Marcel van der Heijden wollten gemeinsam mit Oliver Holle, Startups nachhaltig unterstützen und mit ihnen arbeiten. “Wir haben schnell bemerkt, dass ohne Kapital nicht viel geht. Doch in Österreich gab es zu dieser Zeit im Grunde niemanden, der aktiv investiert hat”, erzählt der Startup-Pionier.

“Jeder, der nach Geld ausgeschaut hat, hat damals einen Termin verpasst bekommen”

Die Anfänge der Gründerfabrik

Mitte 2011 startete der erste Speedinvest-Fonds “Speedinvest 1” mit 10 Millionen Euro. Zum damaligen Zeitpunkt eine schwere Geburt, wie Oliver Holle schmunzelnd bemerkt. “Also haben wir das best of Austria der erfolgreichen Gründer um uns geschart. Zwar ohne Venture- oder Banker-Erfahrung, aber mit viel operativer Gründererfahrung, sind wir durch Wald und Wiesen gezogen. Jeder, der nach Geld ausgeschaut hat, hat damals einen Termin verpasst bekommen”, erzählt Holle.

Mit der Créme de la Créme der heimischen Startup-Szene schaffte es die Erstauflage von Speedinvest, innerhalb von neun Monaten und nach rund 270 Terminen, die ersten zehn Millionen Euro Venture Capital zu raisen. Dabei waren etwa Christian Lutz (Business Angel, ehem. Qpass AG oder FatFoogoo), Klaus Matzka (ehem. Gamma Capital), Michael Breidenbrücker (ehemals last.fm Ltd.), Markus Wagner (ehem. 3United, jetzt i5invest) oder Christian Rosner (ehem. CEO S&T). Investor der ersten Stunde war Eugen Russ, Chef des Vorarlberger Medienhauses, der mit einer Million einstieg. “Das war für uns ein beachtlicher Betrag damals – fast gigantisch”, erzählt Holle. In den ersten Fonds haben zur Gänze Business Angels und der AWS-Gründerfonds eingezahlt. Ansonsten zeigten sich institutionelle Player noch gänzlich uninteressiert.

Viel mehr als ein klassischer VC

“Schon von Anfang an war mir klar – und diese Erkenntnis entspringt meiner persönlichen, unternehmerischen Erfahrung – dass ich nie so ahnungslos sein möchte, wie meine Investoren es bei mir waren. Da wir fremdes Geld investieren, braucht es einfach mehr Ressourcen, erfahrene Seniors und ein Modell, das mehr gute Leute hereinholt. Und das für eine vergleichsweise kleine Geldsumme”, erklärt der Speedinvest-Gründer bestimmt. Also entwickelte er mit seinem Team einen bisher für VCs einzigartigen Modus Operandi, der auch erfahrene Founder wie Michael Breidenbrücker und Co., die schon zehn bis 15 Jahre mit dem Aufbau ihrer eigenen Startups beschäftigt waren, dazu motiviert mit Leidenschaft an Projekten zu arbeiten. Das Engagement der Partner und Portfolio-Manager geht dabei weit darüber hinaus, was VCs ihren Startups üblicherweise bieten. Das sind meist, neben einer Investition, Kontakte zu einem weiterführenden, internationalen Netzwerk, Coachings und Mentorings.

Work for Equity

Nahezu alle 30 Speedinvest Mitarbeiter, auch Juniors, haben Anteile am Fonds, die sie im Tausch für ein niedrigeres Fixum erhalten haben. Somit partizipieren sie auch an jedem Exit. “Work for Equity” bedeutet aber auch, dass das Speedinvest Investment-Team über 50 Prozent seiner Arbeitszeit für operative Ziele der Portfolio-Unternehmen zur Verfügung stellt. Zumeist drehen sich diese Aufgaben um Bereiche, in welchen die Gründer selbst noch wenig Erfahrung haben. Das sind etwa internationales Business Development, Aufbau einer US Kundenbasis oder Fundraising. “Aber immer mit der Sicherheit, dass die Gründer einseitig entscheiden können, ob sie uns diese Anteile geben und auch nur, wenn die Ziele wirklich erreicht sind. Es ist sehr transparent und einzigartig, dass wir uns an Meilensteinen messen lassen und nicht nur Versprechungen”, erklärt Holle.

“Das Modell ist motivierend, aber manchmal auch schmerzhaft”

Dadurch kann es sich Speedinvest auch leisten, die aufwendige Betreuung der Portfolios zu bedienen. Inzwischen hat das Unternehmen zwölf Venture Partner – also ein Vielfaches von vergleichbaren Playern, am Start. “Das ist Startup-Livestyle. Man investiert in den eigenen Erfolg. Da sind wir viel aggressiver als jeder andere Fonds, den ich kenne. Das Modell ist motivierend, aber manchmal auch schmerzhaft”, sagt der Speedinvest-Chef. Er selbst schätzt an dem Modell, dass sich durch die starke Mitarbeit auch die Beziehung zu den Startup-Gründern verändert und eine neue Basis entsteht, die Reibung, aber auch Vertrauen schafft. “Jedenfalls entsteht auch viel mehr inhaltliche Tiefe”, sagt Holle.

Arbeit an Speedinvest II begann schon 2014

Als Investment Fonds sollte man Phasen meiden, in denen man nicht investitionsfähig ist, sagt Holle. Daher gelte als Daumenregel: Wenn man 60 bis 70 Prozent eines Portfolios getätigt habe, sollte man damit beginnen einen neuen Fonds zu raisen. Denn das dauere in der Regel ein Jahr. “Man muss also sehr weit voraus planen. Wir haben schon Ende 2014 begonnen über Speedinvest II nachzudenken”. Auch in Österreich war die Awareness für das Thema Startups in den drei Jahren seit der Auflage des ersten Fonds stark gestiegen. Zudem gab es viel positive Unterstützung aus der Szene. Daraus habe sich eine schöne Dynamik entwickelt, wie Holle zufrieden bemerkt.

Der erste Fonds war erfolgreich und auch der gute Exit mit Shpock, der in Wien entwickelten Flohmarkt-App, sorgte für gutes Klima unter den Investoren. 2014 realisierte Speedinvest insgesamt drei Exits. Das regionale Jobportal joblocal.de wurde an die deutsche Funke-Mediengruppe verkauft. Die Gründer von Shpock freuten sich über eine 40-Prozent-Beteiligung der norwegischen Schibsted-Gruppe, die 2015 noch ausgebaut wurde. Und die Teamarbeitssoftware für Entwickler, Wikidocs, wurde vom australischen Firmensoftwareanbieter Atlassian gekauft.

50 Millionen geplant, 90 Millionen erreicht

“Wir haben uns für den zweiten Fonds 50 Millionen vorgenommen. Mit dem finalen Closing haben wir die uns selbst gesetzten Erwartungen noch übertroffen und konnten mit 41 Investments über 90 Millionen Euro an Investitionszusagen einsammeln”, erzählt Holle. Das Kapital stammt von Corporates, privaten Stiftungen, Unternehmern und Gründern, dem AWS und dem größten Venture Capital Fonds der Welt, New Enterprise Associates (NEA) aus den USA.

“Es ist extrem bitter, wenn man echte Gewinner im Portfolio hat und dann schon sehr früh in der Entwicklung andere Teilhaber einladen muss.”

Startup-Founder als Investoren

“Alle die beim ersten Fonds dabei waren haben weiter gemacht und es sind erfreulicher Weise noch weitere, große Investitionen dazu gekommen”, erzählt der CEO. Stolz ist Speedinvest darauf, einige erfolgreiche österreichische Startup-Unternehmer als Investoren gewonnen zu haben. So sind etwa die Gründer von Paysafecard, Gentics, Wikidocs, Blue Tomato, Dynatrace, Runtastic und Shpock dabei. Außerdem steht nun mehr als die Hälfte des Investitionsvolumens von Speedinvest II auch für Anschlussfinanzierungen zur Verfügung. “Es ist extrem bitter, wenn man echte Gewinner im Portfolio hat und dann schon sehr früh in der Entwicklung andere Teilhaber einladen muss. Mehr Geld, um das aus eigener Kraft nachzuschießen, nimmt auch viel Stress aus dem System”, erklärt Holle. Er selbst investierte mit Speedinvest schon beim ersten Fonds direkt in mehr als zehn Firmen, darunter Wikitude.com, Ciuvo.com, Sipwise.com, Joblocal.de oder Kochabo.at.

Speedinvest II: Drei Viertel des Portfolios aus dem Rest Europas

Übrigens läuft Speedinvest I im Jahr 2020 aus, kann aber bei besonders vielversprechenden Portfolio-Unternehmen verlängert werden, um nicht “vor der vollen Reife ernten” zu müssen. Die beiden Startups Bitmovin und TourRadar (Anm.: schloss gerade eine Serie B-Runde über neun Mio Euro ab) sollen zum Beispiel auf dem besten Weg zum Unicorn sein – so jedenfalls das erklärte Ziel. Der große Bruder Speedinvest II wird wohl erst Ende 2018 vollständig getätigt sein. “Wir können nun mehr nachinvestieren, bleiben aber dennoch unserer DNA, also Investitionen in der Seed- bzw. Frühphase, treu”, sagt Holle. Dabei wird darauf geachtet, dass man auch bei einer großen Anzahl europäischer Startups einsteigt. Bei Fonds Nummer zwei stammt schon drei viertel des Portfolios aus dem Rest Europas.

“Plötzlich dominanter Fintech-Investor”

Investiert wird in IT-Startups und Digitales. “Wir greifen nur Projekte an, die eine starke digitale Komponente und eine tolle Technologie haben, denn damit kann man im Silicon Valley am meisten punkten. Wenn man mit so etwas kommt, dann interessiert das auch Facebook und Google relativ früh”, erklärt Holle. Der Fokus auf Fintech, Deeptech und Consumer Marketplaces bestimmte von Anfang an die Ausrichtung der Investments. Erfolge mit bekannteren Startups und Fintechs wie Wikifolio oder Payworks sorgten für weiteren Aufwind. “Plötzlich waren wir einer der dominanten Fintech Investoren in Europa”, erzählt Holle. Er darf sich mittlerweile über die fünfte Auszeichnung als europaweit bester VC im Fintechbereich freuen.

+++ Fokus: FinTech +++

 

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Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”

Nachlese. Die Nutzung von Open-Source-Modellen eröffnet Unternehmen auch im KI-Bereich weitreichende Möglichkeiten. Es gibt dabei aber auch einiges zu bedenken. Darüber und mehr diskutierten in Folge 5 von "No Hype KI" Stephan Kraft von Red Hat, Florian Böttcher von CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac von Women in AI und Patrick Ratheiser von Leftshift.One.
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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.

Kollaborativ, transparent, frei zugänglich und nicht profit-orientiert – mit Open-Source-Software wird eine Reihe von Eigenschaften assoziiert. Und oftmals stehen bei der Nutzung ethische Überlegungen im Zentrum. Dabei gibt es auch ganz praktische Gründe, die für eine Verwendung durch Unternehmen sprechen – auch bei der Implementierung von KI-Anwendungen, ist Stephan Kraft, Community Advocate & Business Development OpenShift & Application Services bei Red Hat, überzeugt. In Folge fünf der Serie “No Hype KI” diskutierte er dieses und weitere Themen mit Florian Böttcher, Solution Architect bei CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac, Policy Lead bei Women in AI und Patrick Ratheiser, Gründer & CEO von Leftshift.One.

“Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”

“Ich will das Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”, sagt Stephan Kraft. Für Red Hat als weltweit führenden Anbieter für Open-Source-Lösungen für Unternehmen gehen die Argumente für eine Nutzung nämlich weit darüber hinaus. “Es geht nicht darum, Open Source als Selbstzweck zu sehen, um zu den Guten zu gehören”, so der Experte. Tatsächlich sei die Verwendung von Open Source gerade bei der Etablierung von KI im Unternehmen für Startups und KMU eine wichtige Weichenstellung.

Offenheit, um Diskriminierung entgegenzuwirken

Auch Natalie Ségur-Cabanac sieht Open Source als “Key Technology” im KI-Bereich. Für “Women in AI” spiele die Offenheit eine zentrale Rolle: “Diese Offenheit braucht es, um Diskriminierung entgegenzuwirken.” Open Source verbessere den Zugang für Frauen zur Technologie, die Abbildung von Frauen in den Daten und es vergrößere die Möglichkeiten in der Forschung. Man müsse aber auch aufpassen, ob Software wirklich so offen sei, wie behauptet, sagt sie bezogen auf die aktuellen Diskussionen rund um OpenAI, das sich – ursprünglich als offenes Projekt gestartet – zum profitorientierten Unternehmen entwickelte. Es brauche auch eine klare Definition, was “open” sei.

Masse an Möglichkeiten

Leftshift.One-Gründer Patrick Ratheiser betont auch die schiere Masse an Möglichkeiten, die Open Source bietet. “2021 hatten wir weltweit Zugriff auf circa 5.000 Open-Source-Modelle. Jetzt sind es bereits mehr als eine Million.” Die Nutzbarkeit sei also klar gegeben, zudem biete die Technologie eine gewisse Unabhängigkeit und werde über ihre Vielfalt zum Innovationstreiber.

Ist Open Source immer die beste Lösung?

Doch bedeutet das, dass Open Source immer die optimale Lösung ist? Ratheiser sieht das differenziert: “Es ist ganz wichtig zu erkennen, was der Kunde braucht und was in dem Fall gerade notwendig ist. Egal, ob es nun On-Premise, in der Cloud, Open Source oder Closed Source ist.” Florian Böttcher von CANCOM Austria pflichtet hier bei: “Wir setzen genau so auf hybrid.”

Datenstruktur im Hintergrund ist entscheidend

Ein Thema, bei dem bei Open Source Vorsicht geboten ist, spricht Natalie Ségur-Cabanac an. Besonders wichtig sei es bei KI-Anwendungen, eine gute Datenstruktur im Hintergrund zu haben. “Die Verantwortung, dass ein Modell mit sauberen Daten trainiert worden ist, liegt bei den Anbietern. Bei Open Source verschwimmt das ein bisschen. Wer ist wofür zuständig? Das ist eine Herausforderung für die Compliance zu schauen, wo man selbst verantwortlich ist und wo man sich auf einen Anbieter verlassen kann.”

Compliance: Großes Thema – mehr Sichereheit mit professioneller Unterstützung

Stephan Kraft hakt hier ein. Genau aus solchen Gründen gebe es Unternehmen wie Red Hat, die mit ihrem Enterprise-Support für Open-Source-Lösungen die Qualitätssicherung auch im rechtlichen Bereich übernehmen. “Das ist ein ganz wichtiger Teil unseres Versprechens gegenüber Kunden”, so Kraft. Unbedacht im Unternehmen mit Open Source zu arbeiten, könne dagegen in “Compliance-Fallen” führen, pflichtet er Ségur-Cabanac bei.

Das sieht auch Patrick Ratheiser als Thema bei Leftshift.One: “Unsere Lösung ist Closed Source, wir setzen aber im Hintergrund Open Source ein. Wichtig ist, dass wir dem Kunden Compliance garantieren können.” Stephan Kraft empfiehlt Unternehmen bei der Open-Source-Nutzung: “Man kann nicht immer gleich die neueste ‘bleeding edge’-Lösung nehmen sondern sollte etwas konservativer herangehen.”

Infrastruktur: Gut planen, was man wirklich braucht

Unabhängig davon, ob man nun Open Source oder Closed Source nutzt, braucht es für die Nutzung von KI die richtige Infrastruktur. “Es kommt natürlich auf den Use Case an, den ein Unternehmen umsetzen will. Da sind die Anforderungen an die Infrastruktur sehr unterschiedlich”, grenzt Florian Böttcher ein. CANCOM Austria unterstützt seine Kunden in genau der Frage. Anwendungen wie das Training von KI-Modellen würde aus gutem Grund kaum in Österreich umgesetzt. “KI ist sehr stromhungrig und entwickelt viel Hitze. Das ist schwierig für ein eigenes Data-Center im Unternehmen, gerade wenn man die Strompreise in Österreich ansieht”, so Böttcher.

“Rechenleistungs-Hunger” von KI könnte sich in Zukunft verringern

Wichtig sei es letztlich, sich als Unternehmen sehr klar darüber zu sein, was man umsetzen wolle. “Danach, welche Software-Lösung man für seinen Use Case einsetzen muss, richtet sich auch die Infrastruktur”, so Böttcher. Er erwarte aber auch, dass die KI-Modelle im nächsten Entwicklungsschritt effizienter werden und der “Rechenleistungs-Hunger” sich verringere.

Patrick Ratheiser ergänzt: “Es ist grundsätzlich eine Kostenfrage.” Unternehmen müssten sich sehr gut überlegen, ob sie ein eigenes LLM (Large Language Model) betreiben und dieses sogar selbst trainieren wollen, oder lieber doch eine Usage-basierte Lösung wählen. Er sehe bei österreichischen Unternehmen – auch bei größeren – eine klare Tendenz zur zweiten Variante. “Es lässt sich deutlich schneller einrichten, ist kalkulierbarer und auch viel schneller skalierbar”, erklärt Ratheiser.

Etwa im Forschungsbereich sei es jedoch wichtig und notwendig, auch eigene LLMs und die damit verbundene Infrastruktur zu betreiben. Doch auch die Möglichkeit von hybriden Lösungen biete sich an. “Man kann mittlerweile auch Teile in der Cloud lassen und Teile On-Premise. Man kann etwa nur ein datenschutzsicheres LLM selbst betreiben”, erklärt der Experte, der auch bei der Wahl der genutzten Modelle einen hybriden Ansatz empfiehlt: “Man braucht nicht für alle Use Cases das neueste Modell. Manchmal braucht man überhaupt kein LLM.”

Datenschutz: Einige Herausforderungen bei LLMs

Stichwort: Datenschutz. Hier schafft die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im KI-Bereich besondere Herausforderungen, weiß Natalie Ségur-Cabanac, die vorab betont: “Ich persönlich halte die DSGVO für ein gutes Regulierungswerk, weil sie sehr viel Spielraum gibt. Ich sage immer: Datenschutz ist sehr komplex, aber nicht kompliziert.” Konkret seien etwa der Grundsatz der Zweckbezogenheit, also dass man Daten nur für konkrete Zwecke einsetzen darf, und dass man sie minimierend einsetzen muss, relevant für den KI-Bereich. “Da haben wir schon einen Konflikt, weil man ja [bei LLMs] erst einmal schaut, was man aus möglichst vielen Daten machen kann”, so die Expertin.

Ist KI rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich?

Auch Transparenzbestimmungen – sowohl in der DSGVO als auch im AI-Act der EU – seien zu beachten. “Wenn ich KI verwende, muss ich auch wissen, was drinnen ist”, fasst Ségur-Cabanac zusammen. Ist KI also rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich? “Nein, das glaube ich nicht. Aber man muss seine Hausaufgaben schon gut machen”, sagt die Expertin. Wichtig sei daher auch die im Rahmen des EU-AI-Acts eingeforderte KI-Kompetenz in Unternehmen – im technischen und rechtlichen Bereich.

KI-Kompetenz als zentrales Thema

Patrick Ratheiser stimmt zu: “Neben der Technologie selber sind bei unseren Kunden die Mitarbeiter ein Riesen-Thema. Man muss sie nicht nur wegen dem AI-Act fit bekommen, sondern es geht darum, sie wirklich auf die Anwendungen einzuschulen.” Wichtig seien dabei auch die Kolleg:innen, die sich bereits mit dem Thema auskennen – die “Pioniere” im Unternehmen. “AI Literacy ist sicherlich das Thema 2025 und in nächster Zeit. So, wie wir gelernt haben, mit dem Smartphone umzugehen, werden wir es auch mit generativer KI lernen”, so Ratheiser.

“Einfach einmal ausprobieren”

Stephan Kraft ergänzt: Neben einer soliden Datenbasis und der notwendigen Kompetenz brauche es bei KI – gerade auch im Bereich Open Source – noch etwas: “Einfach einmal ausprobieren. Es braucht auch Trial and Error. Das ist vielleicht oft das Schwierigste für CFOs und Geschäftsführer.” Dieses Ausprobieren sollte aber innerhalb eines festgelegten Rahmens passieren, damit die KI-Implementierung gelingt, meint Natalie Ségur-Cabanac: “Unternehmen brauchen eine KI-Strategie und müssen wissen, was sie mit der Technologie erreichen wollen.” Auch sich mit den zuvor angesprochenen rechtlichen Anforderungen – Stichwort Compliance – zu beschäftigen, komme zeitlich erst nach der Festlegung der Strategie.


Die gesamte Folge ansehen:

Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

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