11.03.2016

SXSW: Die Welthauptstadt der Live-Musik lädt zum Festival

Mit dem South by Southwest (SXSW)-Festival zeigt sich Austin von seiner besten Seite. Aber auch abseits des Festivals hat die Stadt den Ruf als Welthauptstadt der Live-Musik mehr als verdient.
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Austin/Wien. Wenn in Austin mit dem South by Southwest (SXSW) eine der wichtigsten Konferenzen und eines der weltweit einflussreichsten Festivals für Film, Musik und Interaktives stattfindet, geht es wieder rund in der Stadt. Lange hat sich Austin auf diese Tage vorbereitet: Bereits im Oktober waren viele Bars, Clubs und Veranstaltungsräume für das Festival von 11. bis 20. März fast ausgebucht. Nur noch wenige suchten nach Mietern. Mit 35.000 erwarteten Besuchern bei der Kreativ-Konferenz und rund 30.000 beim Musikfestival punktet die Veranstaltung weniger mit der Masse an Menschen, als mit deren Einfluss.

SXSW: Internationaler Treff

Alles was in der Kreativindustrie Rang und Namen hat ist dieser Tage in Texas, zudem haben sich heuer sogar Michelle und Barack Obama angemeldet um mit Keynotes in das 30. Lebensjahr des Festivals zu starten. Der US-Präsident wird dabei über Bürgerbeteiligung und neue Medien referieren und seine Frau über Schulbildung für Mädchen. Aber neben den US-amerikanischen Gästen ist das SXSW auch längst zu einem internationalen Treff avanciert. Deutsche Start-ups sind mit einer Virtual Reality-Drohne auf der Konferenz, um Investments zu pitchen und österreichische Unternehmen wie Johannes Pröll Filmproduktion, dvel, greetzly, Karl Artmann und Record Bird sind mit einer Delegation der Creative Region Oberösterreich vor Ort. Der Österreicher Dietmar Rietsch, CEO des E-Commerce-Unternehmens Pimcore, ist als Vortragender geladen.

Österreichische Beteiligung gibt es heuer aber sogar beim Musikfestival. So wird neben dem Hauptact Iggy Pop, der in Austin sein neues Album präsentiert, und rund 2000 Künstlern auch Hubert von Goisern auftreten.

Aber auch abseits des SXSW, das Austin City Limits Music Festivals, des Urban Music Festivals und des Fun Fun Fun Fest ist in der Stadt einiges los. So nennt sich Austin bereits seit den 1990er Jahren ganz offiziell „Live Music Capital of the World“: Nirgendwo in den USA gibt es mehr Auftrittsmöglichkeiten pro Einwohner als in der texanischen Hauptstadt. An die 2000 Bands gibt es in der Stadt und über 200 Bühnen, für ein breites Spektrum an Musikstilen. Vorwiegend aber Pop, Rock, Blues und Country und alles dazwischen. Schlendert man die Ausgehstraße – die 6th street, die am Samstagabend sogar zur Fußgängerzone verwandelt wird – entlang, reiht sich eine Bar an die andere.

Und wohin man auch schaut, überall wird musiziert. Oft sogar bei freiem Eintritt. Konzerte gibt es aber nicht nur hier, sondern auch in der South Congress Street zum Beispiel im berühmten Continental Club oder in der Red River Street. Für Touristen gibt es sogar eigene Musik-Stadtführungen, an denen an einem Abend bis zu fünf Konzerte abgeklappert werden. Allerdings nur an Wochenenden.

Unter der Woche hilft auch der Waterloo Records Store, Besucher mit Musik zu versorgen: In Punkto Vinyl bleiben hier kaum Wünsche offen und die Verkäufer können bei allen möglichen Fragen, die nur annähernd etwas mit Musik zu tun haben, helfen. Wo ist die Bar des Sängers der berühmten Progressive-Rock Band … And You Will Know Us By The Trail Of Dead? Die sei vor einigen Jahren in die Pleite geschlittert. Glaubt man den Gerüchten habe der Musiker aber noch in die eine oder andere Bar investiert.

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Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan
Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan | Foto: brutkasten / Wiener Börse (Hintergrund)

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach, darunter etwa FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth, mit PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und mit Storebox-Co-Founder Johannes Braith.

Zum Thema Kapitalmarkt haben wir nun bei Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, nachgefragt.


brutkasten: Die Regierungsverhandlungen befinden sich in der entscheiden Phase. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die in Österreich umgesetzt werden sollten, um Kapitalmarkt und Börse zu stärken?

Christoph Boschan: Die schnellste und einfachste Maßnahme wäre die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere bzw. die Einführung eines Vorsorgedepots. Das lag alles fix fertig auf dem Tisch und stand im letzten Regierungsprogramm.

Gewichtiger wäre eine bessere Abstimmung des Pensionssystems auf den Kapitalmarkt, also eine teilweise Veranlagung der ersten Säule am Aktienmarkt. Da spreche ich übrigens nicht mit dem reinen Blick durch die “Kapitalmarkt-Brille”. Das würde zugleich den Staatshaushalt entlasten und die Pensionsfinanzierung nachhaltig absichern und Geld für die Innovations- und Wachstumsfinanzierung bereitstellen.

Sie haben in einem brutkasten-Studiotalk im September gefordert, “zentrale, mächtige, große Kapitalsammelstellen zu errichten”. Was genau verstehen Sie darunter, beziehen Sie sich primär auf Pensionsfonds oder verstehen Sie das Konzept breiter?

In der teilweisen Veranlagung der ersten Säule am Kapitalmarkt liegt tatsächlich das größte Potenzial, ein bis zwei Prozent machen hier auf einige Jahre gesehen bereits viel aus. Die zweite Säule könnte mit einer verpflichtenden betrieblichen Vorsorge gestärkt werden. Oder man kreiert einen Staatsfonds nach norwegischem Vorbild.

Abseits davon gibt es in Österreich 330 Mrd. Euro an niedrigverzinstem privatem Kapital, die nicht nur keine Rendite abwerfen, sondern den Unternehmen auch bei der Innovationsfinanzierung fehlen. Die Liste an Möglichkeiten ist lang, wie auch jene der schon existierenden Blaupausen in Europa.

Welche Maßnahmen bräuchte es konkret? Welche dieser Schritte können in Österreich gesetzt werden und welche nur auf europäischer Ebene?  

Die entscheidenden Schalthebel sind tatsächlich bei den Nationalstaaten. Vorlagen, die für den österreichischen Anwendungsfall angepasst werden können, gibt es genug. Norwegen mit dem Staatsfonds, Schweden mit der teilweisen Veranlagung der Pensionen am Kapitalmarkt, die Schweiz mit der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. In Deutschland kommt nun das Vorsorgedepot mit steuerbegünstigter Wertpapierveranlagung. Alles, was eine zu befürwortende Harmonisierung betrifft, etwa beim Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht, ist auf EU-Ebene zu lösen.

Stichwort EU-Ebene. Sie sprechen auch oft von der “unvollendeten Kapitalmarktunion”. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um diese Kapitalmarktunion zu vollenden?

Das deckt sich mit den zuvor diskutierten Ansätzen, die jedoch in der langen Liste der – grundsätzlich zu befürwortenden – Ziele der Kapitalmarktunion nur unzureichend adressiert werden können, da derzeit die großen Kapitalsammelstellen nur durch die Mitgliedsstaaten geschaffen werden können. Ohne große Kapitalsammelstellen werden wir die europäische Konkurrenzfähigkeit nicht entscheidend ankurbeln können.

Inwiefern können Kapitalreserven in privaten Altersvorsorgesystemen oder Pensionsfonds als „Treibstoff“ für tiefe und liquide Märkte dienen? 

Indem sie in börsennotierte Unternehmen investieren. Damit schaffen wir die besagten großen Liquiditätspools bzw. Kapitalsammelstellen. Die Unternehmen haben somit eine umfassendere Kapitalquelle für Innovation und Wachstum. Das erklärt auch, warum wir in Europa mit Abwanderung von Listings in Richtung USA zu kämpfen haben. Wachstumsorientierte Unternehmen gehen dorthin, wo sie potenziell das meiste Kapital bekommen können.

Wenn wir wollen, dass das nächste Google, Meta oder Amazon aus Europa kommt, müssen wir hier anpacken. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen schneller und erholen sich rascher von Krisen.

Sie haben bereits angesprochen, dass die nun scheidende Regierung die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien im Regierungsprogramm vereinbart hatte, ohne sie dann tatsächlich umzusetzen. Für wie wichtig – verglichen mit anderen Möglichkeiten, Anreize zu schaffen – wäre diese Maßnahme, um die private Vorsorge über die Börse attraktiver zu gestalten?

Ich bin immer dafür, Individuen zu ermächtigen und zu stärken und genau das macht die Behaltefrist. Die Befreiung von der KESt (Kapitalertragssteuer) für die langfristige Altersvorsorge ist als Anreiz nicht zu unterschätzen. Sie ist längst überfällig.

Versteuertes Arbeitseinkommen wird in Unternehmen investiert, diese schütten mit Körperschaftsteuer besteuerten Gewinn aus, auf den nochmal 27,5 Prozent geltend werden. Diese steuerliche Eskalation ist immens. Wer vorausschauend agiert und für sein Alter vorsorgt, sollte dringend entlastet werden.

Sie vertreten mit der Wiener Börse die österreichische Nationalbörse. Aktuell kursieren einige Vorschläge, die einen anderen Bereich, nämlich den vorbörslichen Kapitalmarkt betreffen und diese attraktiver machen sollen, etwa die Schaffung eines Dachfonds, der in bestehende Venture-Capital-Fonds investiert, oder einen Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber. Wie blicken Sie darauf?

Ich halte Ansätze, die Innovation, junges Unternehmertum und Wachstum fördern immer für begrüßenswert. Von jungen Unternehmen, die am Beginn ihrer Reise mit genügend Kapital ausgestattet werden, wird in weiterer Folge auch die Börse, die am oberen Ende der Finanzierungsstufen steht, profitieren.


Aus dem Archiv: Christoph Boschan im brutkasten-Studiotalk (September 2024):


Aus dem brutkasten-Printmagazin: Warum ein Börsengang nicht nur etwas für Großkonzerne ist


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