30.10.2023

Sleep Disorder: AI aus Innsbruck entdeckt gesundheitsgefährdende Schlafstörungen

Nächtliche Ausbrüche sind eine Folge von einer gestörten REM-Phase. Diese Schlafstörungen können erhebliche gesundheitsgefährdende Auswirkungen haben. Ein österreichisches Forschungsteam setzt daher auf künstliche Intelligenz, um Hinweise auf mögliche neurologische Erkrankungen zu finden.
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(c) Med Uni Innsbruck - Ein Innsbrucker Team hat einen KI-basierten Ansatz zur Erkennung von REM-Schlaf-Verhaltensstörungen entwickelt.

Es ist ein großes Thema in der Startup-Szene: Schlaf. Während sich manche damit brüsten, so wenig wie möglich zu schlafen, da es zum Wesen von Entrepreneurship gehöre, warnt die Forschung, nicht erst seit gestern, vor den Folgen von schlechter Schlafqualität. Dass dazu aber mehr gehört als die Anzahl an Stunden, die man schlafend verbringt, zeigt nun ein Innsbrucker Forschungsteam, das sich mit Schlafstörungen befasst.

Alptraum Schlafstörung

Schlafstörungen können die Nacht zum Alptraum werden lassen und sind auch ein zuverlässiger Vorbote für Parkinson und andere Erkrankungen des Nervensystems. Die Tiroler Schlafexperten haben daher diverse Technologien in einem neuen Diagnoseinstrument kombiniert und ein System entwickelt, das sogar auf EU-Ebene weiter entwickelt werden soll.

Menschen, die an einer Schlafstörung leiden, seien nicht sie selbst, wenn sie schlafen oder träumen, sagt Birgit Högl, Neurologin und Leiterin der Abteilung für Schlafstörungen an der Medizinischen Universität Innsbruck: “Sie werden zum Beispiel aggressiv oder gefährlich. Jeder, der mit ihnen das Bett teilt, kann mit einer aufgeplatzten Lippe oder einem blauen Auge enden. Und sie neigen auch dazu, sich selbst zu verletzen, zum Beispiel wenn sie aus dem Bett fallen”, sagt sie.

Isolierte REM-Schlaf-Verhaltensstörung

Diese nächtlichen Ausbrüche werden in der Regel durch eine sogenannte isolierte REM-Schlaf-Verhaltensstörung (iRBD) verursacht. REM, oder Rapid Eye Movement, bezeichnet das Schlafstadium, in dem sich ein gesunder Mensch normalerweise überhaupt nicht bewegt. Högl schätzt, dass einer von 100 Menschen an iRBD leidet, die Männer und Frauen gleichermaßen betrifft und häufiger bei älteren Menschen diagnostiziert wird. Genaue Zahlen seien allerdings schwer zu ermitteln, da die Betroffenen oft nichts von ihrer Erkrankung wissen und Patienten:innen, die mit entsprechenden Symptomen vorstellig werden, meist lange auf eine Untersuchung warten müssen.

Vor diesem Hintergrund hat Högls Forschungsgruppe ein Werkzeug entwickelt. In Zusammenarbeit mit Heinrich Garn und Bernhard Kohn vom Austrian Institute of Technology (AIT) wurde eine Hightech-Kamera mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet, um iRBD-spezifische Bewegungen zu erkennen.

“Die Methode hat sich als so genau erwiesen, dass sie für den Einsatz im Krankenhaus geeignet ist”, sagt Matteo Cesari, Bioingenieur und Erstautor einer aktuellen Studie, die Teil des Projekts ist. Der österreichische Wissenschaftsfonds (FWF) finanzierte das Projekt, das mittlerweile zu einem EU-Projekt geworden ist, in dem die Forscher:innen die Technologie weiterentwickeln, um sie für Massenscreenings tauglich zu machen.

Neurodegenerativer Prozess

Die isolierte REM-Schlaf-Verhaltensstörung stellt nicht nur eine Gefahr für die Betroffenen und die in ihrer Nähe schlafenden Menschen dar, es gilt auch als empfindlichster und spezifischster Marker für absterbende Nervenzellen. Um diesen neurodegenerativen Prozess zu verlangsamen, sei es wichtig, ihn so früh wie möglich zu diagnostizieren.

Eine Schlafstörung ansich sei, dem Team nach, leicht zu erkennen; bei Störungen wie iRBD ist eine Diagnose viel schwieriger zu stellen. Im zweiten Fall sind die Muskeln während der REM-Phase nicht gelähmt, wie bei gesunden Menschen: “Die Beine und Arme von iRBD-Patienten neigen zu schnellen Zuckungen. Außerdem bewegen sie sich so, als würden sie im Liegen ihre Träume nachspielen”, beschreibt Högl die Symptome.

Die Schlafexpertin vermutet, dass es soziale Gründe hat, dass iRBD häufiger bei Männern diagnostiziert wird: Während viele Frauen alleinstehend sind und in späteren Lebensabschnitten alleine schlafen, teilen ältere Männer häufiger ihr Bett, sodass die Störung leichter gefunden wird. Im Allgemeinen bleibt sie jedoch oft unerkannt: “Manche Menschen wissen gar nicht, dass es nicht normal ist, all die Bewegungen, von denen man träumt, auch im Schlaf auszuführen”, erklärt Högl.

Ihr Tipp: Wer über 50 Jahre alt ist und sich plötzlich im Schlaf bewegt oder seltsam verhält (mit oder ohne Träume), ist gut beraten, ein Schlaflabor aufzusuchen. Zum einen könne der Arzt Medikamente verschreiben, die die Symptome der iRBD lindern. Zum anderen sei die Störung ein deutlicher Hinweis auf den Verlust von Nervenzellen und werde daher oft mit anderen Krankheiten in Verbindung gebracht.

Schlafstörungen bisher nur in Laboren diagnostizierbar

“Neunzig Prozent aller Patienten mit iRBD entwickeln eine neurodegenerative Erkrankung wie Parkinson, Lewy-Körperchen-Demenz oder multiple Systematrophie (MSA)”, sagt Högl. Oft geschieht dies im Laufe mehrerer Jahre.

Zurzeit wird auf diesem Gebiet viel geforscht, unter anderem von Ambra Stefani und ihren Kollegen aus Högls Abteilung. Sie alle wissen, dass bei Patient:innen, die an einer der oben genannten Krankheiten leiden, viele ihrer Nervenzellen bereits abgestorben sind. “Eine iRBD-Diagnose kann uns einen Vorsprung von zehn Jahren verschaffen. Aber das Schlaflabor ist derzeit das Nadelöhr”, weist die Neurologin auf die Schwachstelle im System hin, denn Schlafstörungen können aktuell nur dort zuverlässig diagnostiziert werden.

Zur Erklärung: Bei einer Polysomnographie werden bei einem schlafenden Menschen verschiedene Signale überwacht, unter anderem Gehirnaktivität (EEG), Augenbewegungen, Atemmuster, Geräusche, Muskeltonus und Körperhaltung. Die Daten werden gesammelt und manuell den verschiedenen Schlafstadien zugeordnet. Da dies sehr personal- und zeitaufwendig ist, müssen Patient:innen in Österreich ein Jahr oder länger auf einen Termin in einem Schlaflabor warten.

KI und eine Xbox-Kamera

Högls Forschungsgruppe hat sich dieses Mankos angenommen und eine automatisierte Lösung für die Diagnose von iRBD entwickelt. Ihr Ziel war es, ein Instrument zu entwickeln, das auch für das Screening gesunder Menschen verwendet werden kann, um das Risiko der Entwicklung einer neurodegenerativen Erkrankung frühzeitig zu erkennen.

“Die Time-of-Flight-Kamera, die wir für unsere Methode verwenden, wird auch als Kinect-Sensor in der Xbox-Konsole eingesetzt”, erklärt Cesari die Konstruktion. Die 3D-Kamera sendet Infrarotstrahlung aus, die vom Körper der schlafenden Person reflektiert wird.

Durch die Messung der reflektierten Signale kann der Abstand zwischen der Kamera und der Person berechnet werden. “Wir nehmen 30 Bilder pro Sekunde auf und ermitteln den Abstand für jedes Pixel. Wenn sich der Abstand ändert, wissen wir, dass sich die Person im Schlaf bewegt hat”, erklärt der Bioingenieur.

Vorhersagen mit einer Trefferquote von 87 Prozent

Für die Analyse dieser Kameradaten entwickelten die Forscher eine KI-basierte Lösung, um die manuellen Schritte so weit wie möglich zu minimieren. In ihrer Studie stellten Cesari und seine Kollegen die neueste Version des Systems vor, das die Analysedaten mehrerer Körperteile mithilfe eines maschinellen Lernmechanismus zusammenführt.

“Wir fassen die Bewegungen der Beine, des Rumpfes, der Hände und des Kopfes einer Person während des REM-Schlafs zusammen. Indem wir die Daten übereinanderlegen, erhalten wir die besten Ergebnisse”, erklärt der Forscher.

Die Erkennungsrate des Systems für iRBD-Patient:innen liegt bei 87 Prozent, was der – wesentlich ressourcenintensiveren – multifaktoriellen Untersuchung im Schlaflabor nahe komme. Für die Diagnose von iRBD muss das System allerdings die Bewegungsdaten aus der REM-Phase ermitteln. Zurzeit sind für diesen Schritt noch zusätzliche Messungen erforderlich.

Internationale Schlafstörungen-Allianz

“Wir arbeiten derzeit daran, daraus eine eigenständige Methode zu machen. Zu diesem Zweck koordinieren wir eine Studie mit 300 Probanden”, erläutert Cesari das Projekt, an dem Schlaflabore aus Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich teilnehmen. Das Team versucht auch, die Hardware von derzeit zwei Kilogramm auf 13 Gramm zu verkleinern, um sie zu einem mobilen Gerät zu machen.

Die Vision des Teams ist es nämlich, ein “automatisiertes Schlaflabor für den Hausgebrauch” zu entwickeln, das für umfassende Untersuchungen in der Bevölkerung eingesetzt werden könnte.

“Ein Mensch, der an iRBD erkrankt, braucht eine solide Diagnose, Beratung und Kontrolluntersuchungen”, betont Högl. “Sie sollten ihren Zustand verstehen und wissen, dass es möglich ist, das Fortschreiten einer neurodegenerativen Erkrankung zu verzögern.”

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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