04.07.2019

“Im Silicon Valley geht man sehr respektvoll mit der Zeit anderer um.”

Andreas Jaritz, VP Client Solutions bei der Grazer Agentur Parkside, sammelt derzeit Erfahrungen im Silicon Valley. Im Gespräch mit dem brutkasten spricht er über die wichtigsten Unterschiede beim Networking und in der Scheiterkultur.
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Das Silicon Valley ist ein Tummelplatz verschiedener Player des Startup-Ökosystems, wo  jeder um Aufmerksamkeit buhlt. Welche ersten Schritte sollte man setzen, um dort Fuß zu fassen?

Zuerst einmal empfiehlt es sich, mehr Zeit  im Valley zu verbringen, um ausführliche Beobachtungen zu machen, Marketing-Testpiloten auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Es ist kostspielig, aber man sollte sich wirklich im Klaren darüber werden, ob das hier der richtige Platz für einen selbst und die eigene Company ist. Nicht jede Company muss hierher kommen, um erfolgreich zu sein. Wer das will und kann, sollte zum Beispiel über die Go Silicon Valley Initiative der Außenwirtschaft Austria für drei Monate nach San Francisco kommen.

Alles dreht sich um die Frage “Are you a good fit?”.

Es ist extrem teuer hier, aber man braucht die Zeit für Experimente mit der eigenen Value Proposition und dem Product-Market Fit. Man muss hier mit sehr vielen Leuten reden, bevor man wirklich versteht, wer sich für einen interessiert und für wen das eigene Angebot interessant sein kann. Das gilt für High-End-Dienstleister wie Parkside genauso wie für Startups, die nach einem Investment suchen oder Corporates, die an das hiesige Innovationsökosystem andocken wollen. Alles dreht sich um die Frage “Are you a good fit?”.

Die Konkurrenz ist dort groß. Muss man lauter und auffälliger sein als die anderen, um wahrgenommen zu werden?

Uns hilft es bisher, dass wir sehr viel Wert auf europäische Qualität legen. Diesen Anspruch an gute User Experience vermitteln wir auch in jedem Meeting. Das fängt bei unseren Visitenkarten an, geht bei gedruckten Firmenunterlagen weiter bis hin zum Faktum, dass wir sehr sorgfältig mit der Zeit derer umgehen, die bereit sind, sich mit uns zu treffen.

Wichtig ist, dass man für etwas steht.

Aus unseren bisherigen Erfahrungen schließe ich, dass man nicht unbedingt lauter sein muss. Wichtig ist, dass man für etwas steht, dass man dem Problem, das man löst einen Namen gibt und dass man sich ständig die Frage stellt: “Warum sollte sich Person X mit mir treffen? Welchen Wert biete ich an?” Man kann auf Superlative verzichten, muss aber im Alltag trotzdem immer versuchen, sehr “zugespitzt” zu kommunizieren.

Oft heißt es, dass in den USA die Scheiterkultur besser ist als hier. Zugleich ist das Sozialsystem dort schwächer ausgeprägt, bei Versagen gibt es kein Auffangnetz. Wie nimmst du diese Unterschiede wahr?

Fakt ist, dass viele, die hier scheitern, auf der Straße landen. Ich meine das wortwörtlich. Das Sozialsystem (oder eben das Fehlen eines solchen, wie wir es kennen), ist hier gnadenlos. Daher ist die gesamte Businesskultur hier nach vorne und nach oben gerichtet. Jeder will möglichst schnell nach oben kommen. Dabei ist oft jedes Mittel recht. Die Scheiterkultur, die wir krampfhaft versuchen, bei uns zu implementieren, wird meiner Meinung nach glorifiziert. Stories vom großen Scheitern, dem Auferstehen wie Phoenix aus der Asche und der Weg zum Ruhm sind Teil der großen Heldenerzählung. Das liebt man hier, auch wenn es oft sehr schön ausstaffierte Geschichten sind.

Der Unterschied ist aber, dass wir immer noch diese tief verankerte Angst vorm Scheitern haben. Und das hält uns davon ab, Dinge zu tun – denn es könnte ja was schief gehen, was werden die anderen dann sagen? Die Glücksritter, die man hier im Valley trifft, sehen das anders. Hier heißt es: “Do it. And if you fail, try to fail early and learn from it.” 

Wie unterscheidet sich Networking in den USA vom DACH-Raum?

Generell hat man hier weniger Hemmungen mit und beim Networking. Bei uns hört man immer noch, dass das ja nur was für schleimige Salesleute ist. Im Valley fangen jedoch viele Erfolgsgeschichten mit einem spontanen Gespräch auf einem Event an.

Man geht hier auch sehr respektvoll mit der Zeit anderer um. Man erträgt es nicht geduldig bis zum bitteren Ende, wenn man merkt, dass man nicht zueinander passt. Es ist ganz normal hier, dass sich Leute hier einfach mit einem kurzen: “Thanks. It was great talking to you!” nach 30 Sekunden Gespräch verabschieden und umdrehen.

Wir sehen es auch kritisch, dass kaum kritisiert wird.

Wir sehen es aber auch kritisch, dass hier kaum kritisiert wird. Es ist nicht einfach, von jemandem auf direktem Weg eine Meinung zu bekommen. “Wow, that’s awesome”, kann in der Realität auch heißen: “Was ist das für ein Bockmist?” 

Welche anderen kulturellen Unterschiede nimmst du zwischen Valley und DACH wahr?

Jede Idee hat hier eine Chance, alles ist denkbar und sehr vieles machbar. Bei uns wird noch gerne kaputt geredet oder belächelt. Ein Beispiel dafür, wozu diese Haltung führen kann, habe ich selbst erlebt: Vor einigen Jahren hatte ich gemeinsam mit Kollegen an einem neuartigen Business Retreat und Future of Work-Konzept gearbeitet. Die meisten Businesskontakte, mit denen wir in Österreich und Deutschland gesprochen haben, nahmen es nicht ernst. Kaum jemand wollte buchen, investieren oder kooperieren. Erst kürzlich habe ich durch Zufall unseren damaligen US-Mitbewerber getroffen: Das Konzept wurde bereits in 7 Ländern an 20 Standorten ausgerollt und erwirtschaftet Umsätze im Millionenbereich. 

Diese Offenheit für neue Ideen und die Fehlerkultur, die zu raschen Erkenntnissen darüber führt, was geht und was nicht, macht das Valley so stark. Während wir noch immer darüber grübeln, ob etwas funktionieren kann oder nicht, haben die hier schon den ersten Prototypen gebaut und die Oma damit auf den Mond geschossen. 

 

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Vor einem Jahr war man noch skeptisch: Nicht mal ein Viertel der heimischen Bevölkerung nutzte Generative KI rund um ChatGPT am Arbeitsplatz. Eine neue Studie von EY – namentlich die EY Work Reimagined Studie – zeigt nun, wie schnell sich das Blatt wenden kann.

Wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft am heutigen Montag vermeldet, sollen unter den von ihnen befragten Arbeitnehmer:innen mittlerweile drei Viertel – genau 75 Prozent – zu generativer KI am Arbeitsplatz greifen. Am häufigsten greift man zu KI-Tools im Technologiesektor. Dort liegt die Nutzungsrate schon bei 90 Prozent. Der öffentliche Sektor bildet mit einer Nutzungsrate von 60 Prozent das Schlusslicht.

EY: KI-Schulung sei “überdurchschnittlich” und “exzellent”

Von den drei Vierteln all jener, die KI regelmäßig am Arbeitsplatz nutzen, merkt ein Drittel bereits positive Auswirkungen durch den Einsatz von Generativer KI. Folgen genannt werden etwa gesteigerte Produktivität (37 Prozent) sowie die Möglichkeit, sich auf stärker wertschöpfende Aufgaben zu konzentrieren (36 Prozent).

Darüber hinaus beobachten KI-Nutzende einen starken Kompetenzaufbau: 58 Prozent der Befragten bewerten die themenbezogenen Entwicklungs- und Schulungsprogramme ihres Unternehmens als “überdurchschnittlich” oder “exzellent”.

Boomer hinken hinten nach

Wenig überraschend macht sich allerdings eine Alterskluft bei der Nutzung von KI am Arbeitsplatz bemerkbar: So nutzen 27 Prozent der befragten Millennials KI regelmäßig, während dies nur bei sieben Prozent der Babyboomer der Fall ist.

Dass die Einführung von KI im Unternemen auch einen wesentlichen Einfluss auf das Standing im Arbeitsmarkt und das Mithalten im Wettbewerb hat, weiß Regina Karner von EY Österreich. der EY-Partnerin zufolge habe GenAI “Wichtige Themen für die Belegschaft in den Fokus gerückt”. Darunter Technologie- und Kompetenzinvestitionen, Unternehmenskultur, Vertrauen und Mitarbeiterbindung.

GenAI sei überdies essenziell für die Talentestrategie von Arbeitgeber:innen – und beeinflusse damit deren Standing am Arbeitsmarkt.

KI beeinflusst Blick auf Karriere

Allerdings zeigt EY mit seiner neuen Studie auch, dass sich KI nicht nur auf die Arbeit selbst, sondern auch auf arbeitsbezogene Sichtweisen auswirkt. So vermeldet die Wirtschaftsprüfung das Stimmungsbild, dass sich Mitarbeitende zwar als “motivierte Unterstützung” ihres Arbeitgebers sehen, gleichzeitig dennoch “nach höheren Verdienstmöglichkeiten” Ausschau halten (81 Prozent der Befragten).

Zudem rückt KI und dessen Effizienzsteigerung die Themen “Work-Life-Balance” und “Karriereaussichten” (79 Prozent) sowie die Nachfrage nach einer “besseren Führungskultur” (76 Prozent) in den Vordergrund. Auch die Möglichkeit, remote arbeiten zu können, ist für drei Viertel der befragten Belegschaft ein essentielles Kriterium, das durch den Einsatz von GenAI stärker in das Rampenlicht gerückt ist.

Im Rennen um das Gewinnen und Halten von Talenten sind Unternehmen dazu angehalten, sich auf die eben genannten “Soft”-Aspekte zu bemühen. Allen voran: Unternehmenskultur, Anreizsysteme und Bildungsangebote, sagt Karner, “um so die gewünschten Geschäftsergebnisse zu erreichen”.

Lust zur Kündigung steigt – vor allem bei jungen Männern

Außerdem hebt EY die Haltung jüngerer Generationen – allen voran die GenZ (geboren 1996 und 2012) und Millennials (geboren zwischen 1980 und 1995). Die beiden Jung-Generationen am Arbeitsmarkt haben eine fast doppelt so hohe Kündigungsabsicht wie Babyboomer. Außerdem sind Männer im Vergleich zu Frauen um ein- bis zweimal eher bereit, ihren Job zu kündigen.

Diese Bereitschaft sei allerdings nicht schlichte Utopie, sondern ein konkreter Plan: Denn die jüngste EY-Studie verzeichnet, dass rund 38 Prozent der befragten Mitarbeitenden in “den nächsten zwölf Monaten kündigen wollen”. Von diesen planen 26 Prozent, so EY, “einen Wechsel in ihrer aktuellen Sparte”. Ein Viertel der Kündigungs-Sympathisanten plant allerdings den Wechsel in eine andere Branche.

Am ehesten stünden Millennials der Kündigung nahe – ganze 40 Prozent denken laut EY darüber nach. Unter Babyboomern sei es nur ein knappes Viertel – konkret 23 Prozent.

Die Kündigungsabsicht ist im Vergleich zum Vorjahr im Allgemeinen gestiegen – um ganze vier Prozent, heißt es von EY. Auch über einen Wechsel des primären Arbeitsortes wird immer mehr nachgedacht (37 Prozent).

Individualismus im Vordergrund

“Individuelle Erwartungen stehen immer mehr im Vordergrund, und traditionelle Ansätze zu Karriere, Belohnungen und Arbeitsort greifen nicht mehr”, stellt Karner in Bezug auf die Studienergebnisse klar. Ein häufiger Wechsel des Arbeitgebers bringe neue Erfahrungen, andere Fähigkeiten und zudem die Möglichkeit auf Flexibilität. Für Personalverantwortliche sei ein Fokus auf Werte und Erfahrungen indes ein Vorteil, so Karner.

Dass KI dezidiert zur Kündigungsbereitschaft von jungen Generationen beiträgt, wird so in der Studie nicht dargelegt. Dennoch könnte der technologische Fortschritt, flexibleres Arbeiten und das Schaffen neuer Geschäftsbereiche – in Kombination mit der immer größer werdenden Bedeutung von Individualismus und Selbstbestimmtheit – zur Wechselbereitschaft der Generation beitragen.

Talente-Management soll in den Fokus

Angesichts der präsentierten Studienergebnisse empfiehlt Karner, sich als Unternehmen einen Vorsprung im Talente-Management zu erarbeiten. Dafür sei ein Fokus auf folgende Bereiche notwendig: Gesundheit, Technologie und GenAI, faire Vergütung sowie Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten und Unternehmenskultur. Bei 70 Prozent der Befragten bleibt dahingehend allerdings noch Luft nach oben, heißt es.


*Im Rahmen der Studie befragte EY weltweit 17.350 Mitarbeitende und 1.595 Arbeitgeber:innen aus 23 Ländern und 27 Branchen.

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