12.11.2019

Die größten Herausforderungen für Scale-ups – und wie man ihnen begegnet

Wie muss ein Startup sich verändern, wenn es wächst und zum Scale-up wird? Im Vorfeld des "Find your Co-Founder"- Events am 14.11. hat der brutkasten dazu Reinhold Baudisch (durchblicker.at), Claudia Eder (tubics), Philippe Thiltges (WhatAVenture) und Gerald Stangl (mySugr) befragt.
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Vom Startup zumScale-up: ein Mann mit Rakete
(c) Adobe Stock / Анна Купревич

Generell ist Wachstum eine wunderbare Sache. Das Startup wird zum Scale-up, wächst im bestehenden Markt und erobert neue Märkte. Mit dem steigenden Umsatz werden auch neue Mitarbeiter eingestellt, die das Team um weiteres Know-How erweitern. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten.

+++Event-Tipp: Find Your Co-Founder 2019 – Wo Talente zusammen finden+++

Wenn sich ein Unternehmen in der Wachstumsphase befindet, müssen die Founder mit Problemen kämpfen, die sie vorher nicht hatten – unter anderem, dass Organisationsstrukturen aufgebaut und eine Unternehmenskultur definiert werden. Neue Mitarbeiter müssen in das Team integriert , das “Warum” hinter dem täglichen Arbeiten muss definiert werden.

Unter dem Motto “Wachstumsschmerzen als  Zerreißprobe für Founder” wird am 14. November bei dem vom brutkasten organisierten “Find your Co-Founder”-Event über dieses Thema diskutiert. Die Gäste des Events können außerdem kostenlos Jobs auf der Jobplattform des brutkasten schalten und sich für Startup-Pitches anmelden.

Nähere Details dazu und Anmeldung via Eventbite unter diesem Link.

Im Vorfeld des “Find your Co-Founder”-Events hat der brutkasten die Panel-Teilnehmer dazu befragt, was die größten Herausforderungen für Scale-ups in der Wachstumsphase sind – und wie man darauf reagieren kann.

Reinhold Baudisch, durchblicker.at

“Für Startups ist expansives Wachstum Pflicht. Dieses Wachstum gut zu bewältigen ist die Kür und entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Dabei sehe ich Wachstum neben den offensichtlichen technischen & ökonomischen Aspekten vor allem als eine organisatorische & kulturelle Herausforderung. Ich kann nicht behaupten, dass wir das bei durchblicker perfekt machen. Aber es ist sicher eines der Themen, über das wir als Founder am meisten gemeinsam diskutieren und nachdenken.”

 

Reinhold Baudisch ist Gründer und Geschäfsführer von durchblicker.at, Österreichs Online-Tarifvergleichsportal. Aktuell bietet durchblicker.at 27 Tarifvergleiche für Versicherungen, Telekommunikation, Strom und Gas, sowie traditionelle Finanzprodukte wie Kredite, Girokonten und Sparzinsen. Das Startup mit Sitz in Wien beschäftigt rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Reinhold Baudisch hat an der Universität Internationale Betriebswirtschaft studiert und einen MBA an der Kellogg School of Management in Chicago absolviert. Berufliche Stationen umfassen Europay (heute: Paylife) Austria, Cap Gemini und McKinsey & Co.

Claudia Eder, tubics

“Mit steigendem Wachstum – insbesondere der Mitarbeiter – treten Unternehmen immer wieder in verschiedene Phasen ein. Jede Phase verlangt von den GründerInnen andere Aufgaben zu übernehmen und sich selbst und das Unternehmen ständig weiterzuentwickeln. Diese Flexibilität und die Notwendigkeit sich ständig neu zu orientieren und dennoch man selbst zu bleiben und den Mitarbeitern Stabilität, Halt und Kontinuität zu vermitteln, ist ganz schön schwierig.
Gelingen kann das nur über die Bereitschaft an sich selbst zu arbeiten und den starken Willen das Unternehmen voranzubringen. Operativ müssen Strukturen und Prozesse geschaffen werden, die das Wachstum ermöglichen und sukzessiv die Aufgaben auf immer mehr Schultern verteilen. Dabei sollten die GründerInnen das Ziel haben, mittel- oder langfristig ersetzbar zu sein.”

 

Claudia Eder ist Gründerin und CEO von tubics, einem Wiener Startup, das Unternehmen und YouTubern dabei hilft auf YouTube via Suchmaschinen-Optimierung mehr Aufrufe zu erzielen. Nach ihrem Wirtschaftsstudium an der FH Kufstein und in Italien startete Claudia ihre Karriere im Finanzbereich, wo sie unter anderem jahrelang das Alpbacher Finanzsymposium leitete. Nach einer Ausbildung im Digitalen Marketing und SEO arbeitete sie in einer Online Marketing Agentur mit Schwerpunkt auf Video Marketing, wo sie auch ihren Mitgründer Matthias Funk kennenlernte. 2017 gründeten die beiden tubics, wo Claudia die Bereiche Finance, HR und Customer Success verantwortet. Mittlerweile ist tubics auf ein Team von 8 Personen gewachsen, hat mehr als 2.000 internationale Kunden und bereits einen hohen 6-stelligen Betrag an Investment sowie mehrere Förderungen erhalten.

Philippe Thiltges, WhatAVenture

“Als junges Unternehmen gleicht das Team fast einer kleinen Familie. Ziel einer jeden wachsenden Organisation ist es sich die positiven Aspekte aus dieser frühen Unternehmensphase zu bewahren und mit den Vorteilen aus der Professionalisierung zu kombinieren. Das klingt in der Theorie logisch – steht und fällt in der Praxis aber mit sehr vielen Entscheidungen, dem Führungsstil und der Fähigkeit der Organisation seine „Familienmitglieder“ möglichst lange halten zu können. Prozesse und Systeme, die in der Wachstumsphase aufgebaut werden, sind vergleichbar mit dem Wachstum eines kleinen Kindes, das jährlich aus seinem Gewand und Schuhen herauswächst.

Ebenso müssen die erst vor einem Jahr eingeführten Prozesse wieder an die neue Unternehmensgröße und Struktur angepasst werden. So sehr man Prozesse und Strukturen im Wachstum benötigt, so sehr sträuben sich häufig insbesondere jene dagegen, die seit Anfang an dabei sind. Somit ist nicht die Entwicklung neuer Prozesse die Herausforderung, sondern das Gewinnen der eigenen Leistungsträger diese auch zu leben.”

Philippe Thiltges ist Co-Founder und Geschäftsführer von WhatAVenture und aktuell Gesellschafter bei drei weiteren Unternehmen, die zusammen aktuell etwa 50 Mitarbeiter beschäftigen. Philippe hat die Innovationslandschaft der letzten Jahre in Österreich und Deutschland mitgestaltet und eine dreistellige Anzahl an Unternehmen beim Aufbau nachhaltiger Innovationsstrukturen unterstützt. Das macht ihn zu einem der führenden Innovationsexperten im deutsch-sprachigen Raum.

Gerald Stangl, mySugr

“mySugr hatte immer einen tieferen Sinn – ein starkes “Warum” (Diabetes-Therapie grundlegend neu zu denken und anstatt Ärzte oder Versicherungen lieber Diabetiker ins Zentrum unseres Tuns zu stellen. Unser Motto ist heute noch “making diabetes suck less”). Dieses “Warum” hat als Nebenprodukt eine spannende Unternehmenskultur gebracht. Fast alle Kollegen sind im Boot, weil sie Gutes tun wollen. Unternehmerisch gesehen haben sich daraus ein paar besonders wertvolle Eigenschaften entwickelt: außergewöhnliches Verantwortungsbewusstsein, tief sitzende Loyalität und viel Leidenschaft. Diese Eigenschaften mitwachsen zu lassen, ist die große Herausforderung.

Als wichtigstes Element sehe ich, wie sich der Führungsstil auf allen Ebenen, von den Gründern bis zu neuen Kollegen, entwickelt. Speziell der Führungsstil diffundiert meist von oben nach unten.

Die große Frage ist daher: Wie muss sich Leadership bei starkem Unternehmenswachstum entwickeln? Wie überträgt man das radikale “Ownership” der Gründer auf die Kollegen? Wie schafft man es, insbesondere bei neuen Kollegen diesen Sinn für Ownership und Purpose zu entwickeln? Jeder, insbesondere die Unternehmensführung, muss in den Spiegel schauen und beantworten: ist das, was ich da gerade mache wirklich konsequent durchgezogenes Ownership?”

Gerald Stangl ist Monsterzähmer bei mySugr. Als einer von vier Gründern baute er das Digital Health-Unternehmen mit Sitz in Wien und Kalifornien auf. Das gemeinsame Ziel: Diabetikern das Leben zu erleichtern. Geralds Reise bei mySugr startet bei der Geburt der ersten Idee im Herbst 2010, bis zum erwachsenen Unternehmen mit über 150 Mitarbeitern. Einer der Höhepunkte dieses Weges war die Akquisition durch Roche Diabetes Care 2017. Gerald verbindet in seiner Arbeit gerne Design, Technik, Strategie, Organisationsentwicklung und gute Tischtennis-Partien.

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Ida Tin, Co-Founderin von Clue (c) Valerie Maltsev

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Bunte Hosenanzüge, gepaart mit hohen Absätzen, Sneakers, langen Locken und eleganten Kurzhaarschnitten – beim diesjährigen Global Leaders Summit, organisiert von the female factor und unterstützt von der Stadt Wien, gleicht das Publikum einem bunten Bällebad. An diesem ungewöhnlich warmen September­donnerstag füllt sich das Wiener Rathaus mit über 500 weiblichen Führungskräften aus 50 Nationen.

Is this how a leader looks like?

Mittendrin ragt die dänische Founderin Ida Tin aus der Menge. In einem grau-weiß gestreiften Blazer und mit elegantem Hair-Updo setzt sie kontrollierte Schritte auf den roten Teppich, der Besucher:innen den Weg ins Rathaus markiert. Links und rechts stehen weiß bezogene Stehtische, vor einer türkisen Fotowall tummeln sich Hosenanzüge. „This is how a leader looks like“ steht auf der Fotowand.

„Schriftstellerin“ ist die Berufsbezeichnung, die aus diverser Berichterstattung rund um die dänische Gründerin hervorgeht. In ihrem ersten Buch schrieb sie über Motorradreisen. In Dänemark wurde es zum Bestseller. Ihre Geschichte ist eine, die von vielen gehört und gelesen gehört – denn Ida heißt heute „Mother of Femtech“.

Mother of Femtech

Ida wurde im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro geboren und war einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres Lebens auf dem Motorrad unterwegs. Mit ihren Eltern und ihrem Bruder hat sie so mehrere Länder der Welt bereist.

Zusammen mit ihrem Vater ­arbeitete sie später für Moto Mundo, einen ­ Motorrad-Reiseveranstalter. In den frühen 2000ern organisierte sie Motor­radtouren durch Vietnam, die USA, Kuba, Chile oder die Mongolei; 2009 erschien ihr besagtes Buch „Direktøs“, in dem sie von ihren Reiseerfahrungen erzählt.

Weil auf Reisen kein Tag ist wie der andere, stand Ida vor einem Problem: Woher weiß sie, wann ihre Monats­blutung kommt? Händisch mitzuschreiben ging nicht, am Motorrad war kaum Platz. Sie brauchte etwas Handliches; etwas, das immer dabei ist. Und etwas, das selbst mitdenkt.

Ida kam auf eine Idee – ­ wenige Jahre später startete sie eine der weltweit ersten Tracking-Apps für Frauengesundheit. Ida gründete Clue als App für menstruierende Personen im Jahr 2012 in Berlin, gemeinsam mit Hans Raffauf, Moritz von Buttlar und Mike LaVigne. Über die Jahre wurde Clue zu einer der berühmtesten Apps unter Menstruierenden. Damit schuf Ida eine technologische Lösung zur Verbesserung von Frauengesundheit – eine Femtech-Lösung.

Forgive me, but I think there is a little bit of a lack of vision for Europe.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Zurück am Global Leaders Summit höre ich Ida zu, wie sie auf der Global Stage des Großen Festsaals im Wiener Rathaus spricht. Ida setzt ihre Worte gezielt; im Trubel des Summits sticht sie nicht mit Lautstärke hervor, sondern mit Präsenz. Ohne ihre Stimme zu heben, finden Idas Worte ihren Weg durch die Geräuschkulisse des Festsaaltreibens. Sie spricht von einer Reform unseres Ökosystems.

„Let’s invite men into our world“ und „Sense your body, pay tribute to your mental health“ sind nur zwei der Aussagen, die man selten von Gründer:innen im Business-Kontext hört. Mit dem Aufbau ihres Unternehmens hat sie den Begriffen „Gründung“ und „Unternehmensführung“ eine neue Bedeutung verliehen. Sie hat sie menschlicher gemacht.

Nach dem Panel bleibt Zeit für ein kurzes Interview. Wieder schafft es Ida, mit bewusst gesetzten Wortkombinationen eine wichtige Message zu kommunizieren: „Wir müssen aufpassen, was wir als erfolgreich betrachten. Früher war Erfolg Geld, ein hoher Return on Investment; noch größere Finanzierungsrunden. Doch wenn wir ehrlich sind, ist der eigent­liche Reichtum unsere Gesundheit.“

Wie ein System funktioniert

Unverkennbar geht es in unserem Gespräch nicht nur um Geld: „Mehrere Studien zeigen, dass Investitionen in die Gesundheit von Frauen die Wirtschaft ankurbeln. Erst dieses Jahr hat McKin- sey einen Report herausgebracht, der zeigt: Wir würden uns jedes Jahr eine Billion Dollar sparen, wenn die Gesundheitsbedürfnisse von Frauen an- gemessen erfüllt würden.“

Ida zeigt in unserem Interview, dass sie das Thema bewegt: „Frauengesundheit ist teuer, gar keine Frage. Aber wir wissen mittlerweile auch: Wenn es Frauen gut geht, geht es ihren Unternehmen gut, ihren Familien und schließlich auch der Gesellschaft. Viel­fältige Teams begünstigen integrative Unternehmen, bringen weniger Voreingenommenheit und tatsächlich bessere Geschäftsergebnisse.“

Als ob das nicht schon selbsterklärend genug wäre, betont Ida mit einem Kopfnicken: „Wenn wir also Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.“

“Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und engstirnig.”

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Gesundheit!

Dass das in der Corporate-Bubble schwierig umzusetzen ist, weiß Ida. Auch alle bunten Hosenanzüge, die sich zum Global Leaders Summit im Wiener Rathaus versammelt haben, wissen es. Dass nicht tatenlos zugesehen werden darf, wie Frauen, ihre Gesundheit und ihr Potenzial im Unternehmertum vernachlässigt werden, weiß auch jede vor Ort.

„Wir wissen doch alle, dass man mehr Perspektiven in Führungsebenen bringt, wenn man Frauen dort reinsetzt. Wenn man sie einfach machen lässt und niemanden zu formen versucht. Wir leben in einer Kultur, vor allem in der Tech-Szene, in der wir Menschen formen. Du stellst jemanden an, du formst dir deine Arbeitskraft so, wie du sie willst, drückst sie in interne Strukturen. Du etablierst Arbeitsmodelle, die sich nach 40 Wochenstunden richten und Menschen gesundheitlich belasten. Und nicht selten endet das im Burnout. Ich denke, wir müssen uns in dieser Hinsicht mehr am Gesundheitsaspekt unserer Arbeit orientieren. Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“, so Ida.

Wenn wir Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Langsam lasse ich mir Idas Worte durch den Kopf gehen. „Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“ Ja, der Satz kommt wahrlich aus dem Mund einer der erfolgreichsten Founder:innen unserer Zeit. Das ist das Mindset jener Unternehmerin, die mit ihrer Tracking-App den Begriff Femtech prägte und den Grundstein für eine ganze Branche schuf. Sogar Apple war von Idas Technologie begeistert und bat um Zusammenarbeit.

Idas Mindset kommt nicht von irgendwo: „Meine Eltern waren ein Beispiel für Menschen, die genau das taten, was sie wirklich gerne machten; auch, wenn das in den Augen mancher als verrückter kleiner Traum schien. Mit ihrem Traum haben sie sich immerhin ihren Lebensunterhalt verdient. Und ich denke, wenn einem als Kind die Chance gegeben wird, die Welt zu sehen, bekommt man ein Gefühl dafür, wie viele Realitäten es da draußen gibt; und wie viele Dinge miteinander verknüpft sind.“

Der Mangel an Vision

Stichwort Verknüpfung: Sollten wir nicht zuerst anfangen, auf nationaler Ebene zu denken, bevor wir uns die ganze Welt vorknöpfen? Ida sieht das anders:

„Wie soll ein kleines, noch so starkes Land in einem schwachen Europa überleben? Wenn es zu politischen Unruhen auf europäischer Ebene kommt, sind wir alle verwundbar. Wenn die Wirtschaft in Europa zusammenbricht, werden auch einzelne Staaten zusammenbrechen. Es macht keinen Sinn, in nationalen Einheiten zu denken. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir uns in Zukunft versorgen können. Wir müssen ein bisschen mehr an unseren Planeten denken. Ich glaube, es mangelt an einer Vision für Europa; und an gutem Storytelling.“

Der neue Erfolg

Ida redet Klartext über Tatsachen, die eigentlich jeder kennt, aber niemand wirklich wahr­ haben möchte. Mit einem weiteren Kopfnicken teilt sie Lösungsansätze:

„Wenn wir unsere Wirtschaft in etwas Nachhaltiges verwandeln wollen, müssen wir Erfolg neu definieren. Zurzeit feiern wir Investments, wir feiern finanzielle Rendite. Wir feiern Unicorns. Aber die Welt verlangt nach einer mehrdimensionalen Vorstellung von Erfolg.“

Ida meint: sich selbst nach eigenen Maßstäben als erfolgreich zu bezeichnen; Gesundheit als Erfolg zu bezeichnen. Und: „Unternehmen aufzubauen, in denen Menschen gesund sein können, in denen Menschen offen queer sein können, in denen Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen; in denen man sie nicht zwingt, Alkohol zu trinken – und in denen eine integrative Kultur geschaffen wird.“

Wir brauchen weniger

Mit Clue hat Ida genau das versucht, und zwar mit einem der wohl umstrittensten New-Work-Themen unserer Zeit: der Vier-Tage-Woche. „Wir haben gesehen, dass unsere Leute an vier Tagen in der Woche genauso viel geleistet haben wie an fünf.“

Ida bot ihrem Team neben vier Arbeitstagen damit auch drei freie Tage, die Möglichkeit für Side Projects und mehr Zeit für Sport, Familie und Ruhe. „Viele hatten das Gefühl, dass ihr Leben eine ganz neue Qualität gewonnen hat. Und zusätzlich gibt es auch eine Menge an Studien und Daten, die zeigen, dass das funktioniert“, so Ida.

Wie in Island

So wie in Island, wo seit 2020 51 Prozent der Arbeitnehmenden reduzierte Wochenarbeitszeiten von 35 bis 36 Stunden bei gleichem Lohn wie zuvor hatten. Heute soll der Anteil noch etwas höher liegen, heißt es von einer Studie des britischen Autonomy Institute und der isländischen Association for Sustainability and Democracy (Alda). Im vergangenen Jahr soll die Wirtschaft Islands um fünf Prozent gewachsen sein – damit verzeichnet der Staat eine der höchsten Wachstumsraten in Europa.

In Idas Office gab es an den vier Arbeitstagen außerdem schuhfreie Zonen, einen Meetingraum ohne Tisch sowie Schwimm- und Fitnessstunden für ihre Mitarbeiter:innen. „Es sind die kleinen Dinge, die die Leute zusammen und zum Lachen bringen. Irgendwann hatten wir sogar eine Vorstandssitzung im tischlosen Raum.“

Kannst du acht Stunden am Tag sitzen?“ Ida reißt mich aus meinem kurzen Tagtraum. „Ich kann es nicht!“, wirft sie hinterher. „Auch jeder Sportler weiß, dass man Erholung braucht, um Höchstleistung zu erbringen. Warum sollte man das als arbeitender Mensch also vernachlässigen?“

Die Planeten-Perspektive

Nach fast 40 Minuten werden wir von zwei bunten Hosenanzügen unterbrochen. Die Zeit für das Interview ist um, das nächste steht an. Eine Frage fehlt uns aber immer noch: Wie lässt sich unsere Gesellschaft nun nachhaltig umbauen?

„Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und sie macht uns engstirnig. Niemand auf diesem Planeten muss exorbitant viel besitzen. Alles über einem bestimmten Betrag könnte in Klimafonds fließen, in Sozialprojekte, in die gerechte Verteilung von Vermögen. Die Monopolisierung von Reichtum schafft ein großes demokratisches Problem; und schließlich auch ein Problem für Innovation.“

Was uns Ida sagen will: Man kann keine Gesellschaft aufrechterhalten, in der zu wenige zu viel und zu viele zu wenig haben. „Ich wünsche mir, dass wir an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Manchmal frage ich mich: Warum haben wir nicht eine gemeinsame Marke für unseren Planeten? Einen gemeinsamen Plan mit einer gemeinsamen Perspektive. Das wäre etwas, das uns in unserem Tun sicherlich einiges an Klarheit und Ambition geben würde.“

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Die größten Herausforderungen für Scale-ups – und wie man ihnen begegnet

Ein Startup wird zum Scale-up, wächst im bestehenden Markt und erobert neue Märkte. Im Vorfeld des “Find your Co-Founder”-Events hat der brutkasten die Panel-Teilnehmer dazu befragt, was die größten Herausforderungen für Scale-ups in der Wachstumsphase sind – und wie man darauf reagieren kann. Mit steigendem Wachstum – insbesondere der Mitarbeiter – treten Unternehmen immer wieder in verschiedene Phasen ein. Jede Phase verlangt von den GründerInnen andere Aufgaben zu übernehmen und sich selbst und das Unternehmen ständig weiterzuentwickeln. So sehr man Prozesse und Strukturen im Wachstum benötigt, so sehr sträuben sich häufig insbesondere jene dagegen, die seit Anfang an dabei sind.

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