02.05.2022

Schramböck zu Startup-Politik: “Meine Aufgabe als zuständige Startup-Ministerin”

Wirtschaftsministerin Schramböck nimmt Stellung zu wichtigen Forderungen der Startup-Szene: Beteiligungsfreibetrag, FlexCo und Rot-Weiß-Rot-Karte.
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Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck © brutkasten/Feldmann
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck © brutkasten/Feldmann

Die Präsentation des Austrian Startup Monitors wurde vergangene Woche von einem starken Regierungsaufgebot begleitet. Gleich drei Minister:innen waren anwesend und absolvierten geduldig Pressekonferenz, Community-Event mit Podiumsdiskussion und Interviews mit Journalist:innen: Klimaschutzministerin Leonore Gewessler freute sich über viele Startups mit Nachhaltigkeits-Fokus, Bildungsminister Martin Polaschek über die wachsende Zahl der Spinoffs und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck darüber, dass Startups so viele Arbeitsplätze schaffen. Es blieb an WKÖ-Vize-Präsidentin Amelie Gross darauf hinzuweisen, dass die Startup-Szene dringend auf wichtige Beiträge aus der Politik wartet: ein Beteiligungsfreibetrag nach dem Vorbild UK, um mehr Risikokapital zu hebeln, die Verbesserung der Rot-Weiß-Rot-Karte für Schlüsselarbeitskräfte aus dem EU-Ausland und die FlexCo oder FlexKap als Alternative zur GmbH.

Zumindest für die RWR-Karte gab es im weiteren Wochenverlauf eine Ankündigung erster Maßnahmen. “Mir geht es darum Hürden abzubauen und das Verfahren weniger bürokratisch zu machen”, kommentierte Margarete Schramböck im Talk mit dem brutkasten. Das Punktesystem wird überarbeitet, die Gehaltsgrenzen gesenkt bzw. für Studierende abgeschafft und es gibt eine Beschleunigung für Expert:innen, die für Projekte geholt werden, was bei IT-Fachkräften künftig auch ohne RWR-Karte mit einem Visum und einer Beschäftigungsbewilligung möglich ist.

Für Startups besonders wichtig sieht Schramböck auch die Gleichsetzung des Englischen und des Deutschen im Punktesystem, da viele Startups Englisch als Unternehmenssprache haben. Derzeit handelt es sich bei diesen Erleichterungen allerdings um einen Gesetzesentwurf. Jetzt folge der parlamentarische Prozess, bei dem sich Institutionen und Sozialpartner mit Ideen und Vorschlägen einbringen können, sagte Schramböck zum brutkasten. Sie rechne damit, dass dieser Prozess im September abgeschlossen sei und die Umsetzung beginnen könne. Zur Kritik, dass das Verfahren ganz unabhängig vom Punktesystem zu langsam ist, meinte Schramböck, dass diese Verfahrensdauer halbiert werden soll. Jeder Fall sei aber weiterhin individuell zu betrachten.

Schramböck zur RWR-Karte

Beteiligungsfreibetrag? Liegt im Finanzministerium

“Es ist wichtig, die Rahmenbedingungen laufend auszubauen. Das ist uns schon gelungen, aber es gibt noch einiges zu tun. Das ist auch meine Aufgabe als zuständige Startup-Ministerin. Wir haben zum Beispiel das Budget der FFG verdoppelt und das steht auch den Startups, die sehr forschungsintensiv sind, zur Verfügung”, sagte Schramböck im Interview mit dem brutkasten am Rande der Präsentation des aktuellen Austrian Startup Monitors. Für die Detailarbeit bei wichtigen Forderungen ist sie jedoch auf ein anderes Ministerium angewiesen: “Das liegt in der Verantwortung des Finanzministeriums”, sagte die Ministerin auf den Beteiligungsfreibetrag angesprochen – das Wirtschaftsministerium werde sich dafür einsetzen.

FlexKap: “Österreich geht isolierten Weg bei Notariatsakt”

Bereits einen Schritt weiter sind die Verhandlungen bei der neuen Gesellschaftsform, die derzeit unter den Titeln FlexKap oder FlexCo läuft und für die es bereits konkrete Entwürfe gibt. Auch da laufen laut Schramböck die Verhandlungen mit dem Justizministerium. “Die Vorschläge, die am Tisch liegen sind gut, aber nicht ausreichend. Aus meiner Sicht müssen wir überlegen, wie wir in Österreich mit dem Thema Notariatsakt umgehen. Österreich geht da immer noch einen isolierten Weg. Mir ist wichtig, dass es nicht nur um die Kosten der Gründung, sondern auch um die Vereinfachung und die Geschwindigkeit geht. Das hat das Startup-Komitee auch ganz klar dargelegt und dafür werde ich mich einsetzen”.

“Brauchen mehr Gründerinnen und Investorinnen”

Dass die Neugründungen in Österreich laut dem Austrian Startup Monitor seit 2017 sinken sieht Schramböck nicht als Alarmsignal: “Für ein Covid-Jahr ist 2021 sehr gut gelaufen mit über 235 Neugründungen in diesem Bereich. Das ist ein Impuls für Innovationen für Österreich. Jetzt nach der Covid-Krise erwarten wir wieder mehr Neugründungen”. Nachholbedarf sieht sie beim Frauenanteil in Startups, vor allem bei den Gründerinnen. “Bei der aws wollen wir stärker jene Unternehmen unterstützen, die Frauen beteiligen. Wir haben zwei Themen: Wir brauchen mehr Gründerinnen und wir brauchen mehr Investorinnen. Die Gremien sind oft männerdominiert und deshalb geht das Geld oft in Richtung Männer und das muss sich ändern”.

Schramböck im Interview bei der Präsentation des Austrian Startup Monitors

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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