09.07.2019

Financial Planners-Umfrage: Kein Robo-Hype bei Finanzberatung

Laut einer Umfrage der European Financial Planning Association greifen hiesige Finanzberater nur selten auf Robo-Berater zurück. Im Gespräch mit dem brutkasten erklärt Otto Lucius, Gründungsmitglied des Österreichischen Verband Financial Planners, die Hintergründe.
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In Österreich ziehen nur 22 Prozent der Befragten die Entwicklung eines Robo-Beraters in Erwägung. (c) Fotolia /zapp2photo

Otto Lucius war Fachbereichsleiter “Vermögens- und Finanzberatung” an der FH Wr. Neustadt und Geschäftsführer der Österreichischen Bankwissenschaftlichen Gesellschaft. Gemeinsam mit unter anderem Christoph Brewka, Mitglied des Vorstandes, Deutsche Bank AG, Wien und Heinrich Spängler, Vorsitzender des Bankhauses Spängler & Co., gründete er 2000 den Österreichischen Verband Financial Planners, der 2001 seine operative Tätigkeit aufnahm. Eine im Frühjahr 2019 durchgeführte – und nun veröffentlichte – Umfrage unter den Mitgliedern der European Financial Planning Association (EFPA) offenbarte deren Sichtweise zu branchenrelevanten Themen in Österreich, wie etwa der ganzheitlichen Beratung, Robo-Advice oder der Bedeutung von Millennials als Kunden und Kollegen. Mit teilweise eklatanten Unterschieden zum europäischen Durchschnitt, die aber auf den zweiten Blick weniger heikel erscheinen.

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Robo Advisor noch nicht im Fokus der Finanzberatung

Bei der Umfrage nahmen rund 1500 zertifizierte Finanzberater der EFPA aus sechzehn europäischen Ländern teil, die mindestens eine der drei EFPA-Zertifizierungen – EIP®, EFA® oder EFP®/CFP® – besitzen. Durch die Antworten der Befragten wurde ersichtlich, dass international bloß 32 Prozent der Arbeitgeber (der Finanzberater) in Erwägung ziehen, einen Robo Advisor zu entwickeln – in Österreich antworteten auf diese Frage sogar nur 22 Prozent mit “Ja”.

Österreicher nicht sattelfest bei Finanzfragen

Lucius sieht diesen im internationalen Vergleich niedrigen Wert nicht so drastisch, wie er wirkt. Es sei weniger die Angst vor der Digitalisierung, die zu diesen Ergebnissen führe, sondern eine realistische Sichtweise der heimischen Finanzberater. “Das Problem ist, dass der Durchschnittskunde in Österreich ist in vielen Finanzfragen nicht sattelfest ist. Viele Fragen würden ungeklärt bleiben, ließe man ihn mit dem Robo Advisor alleine”, erklärt er.

Ganzheitliche Beratung in Österreich

Ein weitere Punkt der Befragung von Financial Planners wies aus, dass 72 Prozent der heimischen Berater es für unmöglich befänden, tiefgreifende Kenntnisse in allen Gebieten der Finanzberatung aufweisen zu können. Im europäischen Durchschnitt waren nur 45 Prozent der Befragten dieser Meinung.

Was bei diesem Unterschied für zumindest erhobene Augenbrauen sorgen könnte, ist mit einem weiteren scharfen Blick nicht unbedingt negativ zu deuten, wie Lucius erklärt. Es habe nichts mit mangelndem Willen zur Weiterbildung oder Ablehnung der Technologie zu tun.

Grenzen der eigenen Kompetenz

“In Österreich herrscht eine sehr realistische Einschätzung darüber, wo die Grenzen der eigenen Kompetenz liegen”, sagt das Gründungsmitglied: “Hier gibt es eine ausgeprägtere Kultur der Kooperation, in der man gerne auf Dritte als externe Spezialisten zurückgreift. Die Leute sind nicht dümmer”.

Zudem gebe es in Österreich standesrechtlich ein Verbot Rechs- und Steuerberatung interdisziplinär auszuüben. In anderen Ländern, wie in den USA und UK oder auch Italien, sei dies nicht der Fall. Es gehe in Österreich um eine gewisse Ernsthaftigkeit in Finanzfragen, die im schlechtesten Fall als (digitale) Zögerlichkeit gebrandmarkt werden kann, was wohl aber zu weit führt. Was man nämlich am nächsten Themenblock der Umfrage, “Umgang mit Millenials”, erkennen kann: Die Dinge ändern sich.

Was kommt nach den alten Kunden?

Denn ein weiteres Indiz für den digitalen Wandel, der zwar langsam aber stetig in die Finanzberatungs-Riege Einzug hält, lässt sich daran festmachen, dass 41 Prozent der heimischen Befragten angaben, ihr Arbeitgeber würde anstreben, Millenials – die von Natur aus mehr Hang zum Digitalen aufweisen – mit dem Thema Finanz & Beratung in Verbindung zu bringen.

Während diese Anstrengungen auf Kundenseite vor allem auf Programmen zur besseren Finanzbildung und einem speziell für die junge Generation gestalteten Produktangebot beruhen, dominieren hinsichtlich der Rekrutierung von Millennials eigens strukturierte Trainingsprogramme und Praktika. “Zwar reagiert die Finanzbranche zögerlich, was Millenials betrifft, doch die alten Kunden sterben langsam weg. Man beginnt sich zu fragen, was nachkommt”, sagt Lucius.

Mitten in der Übergangsphase

Die Anforderungen an die Beratungen der Zukunft steigen, sagt Lucius: Die Bedürfnisse würden sich verändern, da Millenials technikaffiner seien, und letztlich nehme der Bedarf an Nachfolgeplanung zu – Stichwort Generationenwechsel. “Wir sind mitten in einer Übergangsphase”, sagt Lucius. In diesem Sinne und aufgrund der Komplexität der Materie müsse man die Angebotslücke mit verstärkten Ausbildungen schließen. “Der Verband hat vor, hier stärker unterstützend einzugreifen”, verspricht er für die Zukunft.


Factbox: Österreichischer Verband Financial Planners

Der Österreichische Verband Financial Planners wurde im Jahr 2001 mit dem Ziel ins Leben gerufen, zum Wohle der Öffentlichkeit höchste Beratungsstandards für Finanzdienstleister in Österreich zu etablieren und zu fördern. Die Liste der Gründungsmitglieder findet man auf der Homepage. Der Mittelpunkt der Tätigkeit der gemeinnützigen Organisation, die in der Rechtsform eines Vereins konstituiert ist, ist neben der Finanzbildung die Zertifizierung von Finanzexperten zum CERTIFIED FINANCIAL PLANNER™ kurz CFP®.


⇒ Zur Homepage des Verbands

 

 

 

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Anyconcept, AnyConcept, Automatiserung, Software testen,
(c) AnyConcept - Das AnyConcept-Team.

Rund 80 Prozent aller Unternehmen testen ihre Anwendungen und Software händisch. Entweder klicken sie sich mühsam durch ihre Software oder ihren Webshop, um zu sehen, was funktioniert und was nicht, oder sie coden sich ihre Tests. Beides langwierige, kostenintensive und mühsame Aufgaben. Das wissen Leander Zaiser, CEO, Manuel Weichselbaum, CTO, und Markus Hauser, die gemeinsam mit Kevin Intering und Pascal Goldschmied das KI-Startup AnyConcept gegründet haben.

AnyConcept und das Problem der No-code-Software

Die Founder haben sich deswegen dazu entschlossen eine Testautomatisierungs-Software zu entwickeln, um den Prozess für Unternehmen zu vereinfachen und günstiger zu gestalten.

Zaiser war sechs Jahre lang RPA-Experte (Robotics Process Automation) bei Raiffeisen und hat dort Automatisierungssoftware automatisiert. Der CEO musste dabei feststellen, dass vermeintliche No-code-Software ohne Entwicklungskompetenzen sich nicht erfolgreich einsetzen ließ. Für gelernte Softwareentwickler wiederum war das Arbeiten mit solch einer Anwendung keine attraktive Tätigkeit.

Weichselbaum indes forscht seitdem er 17 ist an Künstlicher Intelligenz. Und widmet sich dabei vor allem immer den aktuellen Herausforderungen der internationalen Forschung. Das passte hervorragend zu Zaisers erkanntem Problem: aktuelle Automatisierungssoftware ist zu komplex für Non-Coder und nicht attraktiv genug für Coder. Also fragten sich die Founder: Was, wenn man Automatisierung mit einem No-Code-Ansatz macht, mithilfe einer KI, die genau das tut, was man ihr auf dem Bildschirm zeigt? So war AnyConcept geboren.

Das Black Friday-Problem

“Jede Software, jeder Webshop, jede Applikation muss immer wieder getestet werden, ob sie richtig funktioniert. Und da sie auch ständig durch neue Updates von Entwicklern oder bei einem Webshop mit neuen Produkten gefüttert wird, verändern sich Applikationen dauerhaft. Das kann wieder zum Brechen der bisherigen Funktionen führen”, erklärt Hauser, ein per Eigendefinition fleischgewordenes Startup-Kind, das zuletzt Johannes Braith (Storebox) als rechte Hand begleiten und somit Entrepreneurship aus nächster Nähe beobachten und Mitwirken durfte.

Der Gründer präzisiert sein Argument mit einem Beispiel passend zum Black Friday. Jedes Jahr würden Unternehmen Milliarden US-Dollar verlieren, weil sie ihre Preise falsch definieren oder Prozente und Dollar verwechseln, ohne dass es wem auffällt. Außerdem könnten “Trilliarden US-Dollar” an Schäden durch fehlerhafter Software, die nicht richtig getestet wurde, vermieden und “50 Prozent der IT-Projektkosten” gesenkt werden, wenn Testen automatisiert mit No-Code abläuft, so seine Überzeugung.

“Durch unser KI-Modell, das ein User-Interface rein durch Pixeldaten, Mausklicks und Tastatureingaben erkennen und manövrieren kann, schaffen wir es Automatisierung No-Code zu gestalten”, sagt Hauser. “Das Ziel ist es unsere KI-Agenten zukünftig zum Beispiel einen Prozess wie UI-Software-Testing rein durch eine Demonstration, das bedeutet das Vorzeigen des Testfalles, automatisiert durchführen zu lassen. Sie werden sich dabei exakt so verhalten wie es ein Benutzer tun würde, orientieren sich nur an den Elementen des User-Interface und konzentrieren sich nicht auf den dahinterliegenden Code. Das ist unser USP.”

FUSE for Machine Learning

Dieses Alleinstellungsmerkmal fiel auch Google auf. Konkreter Google Cloud Storage FUSE for Machine Learning. Anfänglich noch ein Open Source-Produkt als “Linux Filesystem in Userspace” oder eben als “FUSE” tituliert, wurde die Software von Google in die Cloud integriert und hilft beim Verwalten von Unmengen von Trainingsdaten, Modellen und Kontrollpunkten, die man zum Trainieren und Bereitstellen von KI-Workloads benötigt.

Anwendungen können hierbei direkt auf die Cloud zugreifen (Anm.: anstatt sie lokal herunterzuladen); als wären sie lokal gespeichert. Es müssten zudem keine benutzerdefinierte Logik implementiert werden und es gebe weniger Leerlaufzeit für wertvolle Ressourcen wie TPUs und GPUs, während die Daten übertragen werden.

FUSE sei einfach ein Produkt für Unternehmen, so Weichselbaum weiter, um große Datenmengen bequem zu verwalten und sie verfügbar zu machen: “Wir verwenden es, um viele Terrabytes von Daten auf der Cloud zu lagern, was am Computer nicht möglich ist”, sagt er.

Google sagt Hallo

Weil AnyConcept das Service von FUSE sehr intensiv nutzte, wurde Google auf die Grazer aufmerksam. Und hat konkret nachgefragt, was sie für einen Use-Case mit ihrem Angebot entwickelt haben. “Wir waren einer der ersten, die das genutzt haben, um effizient unsere KI-Agents zu trainieren“, sagt Weichselbaum. “Das Produkt von Google ist ein Teil unserer Datenverarbeitung und des Trainings unserer ganz spezifischen KI und Google wollte wissen, warum und wie wir das so intensiv verwenden. Das hat dazu geführt, dass wir unsere Ideen für Produktverbesserungen und Skripts mit ihnen teilen durften.“

AnyConcept und seine Konzepte

Das Ziel von AnyConcept ist es, ein Foundation-Modell nicht für Texte oder Bilder, sondern für Interaktionen mit dem User-Interface zu entwickeln.

Im Detail reicht hierbei eine Demonstration von einem solchen Interface und AnyConcept analysiert es mit neuronalen Netzwerken. Es erkennt Strukturen, die das Startup seinem Namen getreu “Konzepte” nennt und die auf breites Wissen aufbauen, wie man mit einem Computer interagiert.

“So ein Konzept wäre etwa ein ‘Button’ auf einer Website”, erklärt es Zaiser in anderen Worten. “Die KI versteht dann, dass man ihn anklicken kann und was danach passiert. Oder wie lange eine Website braucht, sich zu öffnen und wie sie aussieht.”

Aktuell forscht AnyConcept an der Generalisierungsfähigkeit ihres Netzwerkes. Zaiser dazu: “Wir testen unsere KI bereits mit Pilotkunden bei der Anwendung von Software-Testautomatisierung und bekommen großartiges Feedback.”

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