27.02.2024

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

Reinhold Baudisch schaffte mit durchblicker einen der größten Exits der österreichischen Startup-Geschichte. Doch nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen stand er vor der nächsten Herausforderung: dem Leben nach dem Exit.
/artikel/reinhold-baudisch-durchblicker-exit
durchblicker-Gründer Reinhold Baudisch
durchblicker-Gründer Reinhold Baudisch | Foto: Lukas Swatek

Dieser Artikel ist die Coverstory aus dem aktuellen brutkasten-Printmagazin (Download-Möglichkeit am Ende des Artikels). Er basiert auf der ersten Folge der neuen Interview-Serie “Das Leben nach dem Exit“, in der Reinhold Baudisch zu Gast war.


Am 24. Februar 2022 fielen Bomben auf Kiew – in den frühen Morgenstunden startete Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Einige Hundert Kilo­meter westlich, in Wien, verfolgte Reinhold Baudisch die Nachrichten auf dem Weg zum Anwalt. Baudisch war einer der Gründer der Ver­gleichsplattform durchblicker. Diese war erst wenige Wo­chen zuvor verkauft worden. Zumindest war das Signing erfolgt – im Dezember 2021.

Nun stand aber noch das Clo­sing an. „Da fragt man sich schon: Wird die Gegenseite auf­tauchen? Wird das Closing überhaupt stattfinden oder wird man sagen, vielleicht sollte man eine Pause machen und sich alles noch einmal gut überlegen?“, erinnert sich Bau­disch im brutkasten-Gespräch im Rahmen der neuen Inter­viewserie „Das Leben nach dem Exit“.

Er fand sich mit seinem Mitgründer Michael Doberer in der Innenstadtkanzlei eines renommierten Rechtsanwalts ein. Baudischs Sorgen waren aber unberechtigt: Die drei Anwälte der Käuferin, der ungarischen Netrisk Group, er­schienen wie geplant in der Kanzlei. Dort wurde „über nichts anderes gesprochen“ als über den Kriegsausbruch, erzählt Baudisch. Den Deal stellte aber niemand mehr infrage. „Ich bin mir nicht sicher, was passiert wäre, hätten wir das Clo­sing zwei oder drei Monate später gehabt“, sagt Baudisch. „Ich gehe davon aus, dass die Transaktion nicht mehr statt­ gefunden hätte.“

So aber lief der Prozess wie geplant ab; „recht unspek­takulär“, wie Baudisch sagt. Zunächst ging man ein soge­nanntes Closing­ Memorandum durch – eine Art Check­liste mit Punkten, die im Vorfeld des Termins erfüllt sein mussten, damit der Deal tatsächlich abgeschlossen werden konnte. Das lief reibungslos.

„Du hast dann halt ein paar Nuller mehr“

Reinhold Baudisch | Foto: Lukas Swatek

Der nächste Schritt: Die Netrisk Group bekam einen Anruf – mit der Bitte, das Geld umgehend zu überweisen. Der Verkaufspreis wurde nie öffentlich gemacht. Nach brut­kasten-­Informationen dürfte er sich aber im hohen zwei­stelligen Millionenbereich bewegt haben.

“Und dann beginnt die Phase des Wartens“, schildert Baudisch. „Du gehst nämlich von diesem Closing nicht weg, bis alle Shareholder die Kohle am Konto haben“. Er und Mitgründer Doberer war­teten „sicher zwei Stunden dort, wenn nicht drei“. Sie checkten ständig ihre Online­Banking­App. Und dann war das Geld da. „Du hast dann halt ein paar Nuller mehr und freust dich recht“, sagt Bau­disch.

Damit war die Angelegenheit aber noch nicht erledigt. Alle anderen Anteilseigner mussten eben­ falls noch bestätigen, das Geld bekommen zu ha­ben. Baudisch hatte den Shareholdern bereits im Vorfeld eingeschärft, dass sie zu dem Termin zu Hause und erreichbar sein sollten. Und tatsäch­ lich meldeten alle Bestandsaktionäre den beiden Gründern den Eingang des Gelds. Alle – bis auf einen. „Einer war nicht erreichbar. Nach dem fünf­ten Anruf haben wir ihn dann aufgetrieben. Er hat uns gesagt: ‚Ich stehe gerade an der Kreuzung und kann gerade leider nicht reinschauen, ich bin unterwegs‘.“ Schließlich bestätigte aber auch dieser Aktionär den Kontoeingang.

„Ich komme an meine körperlichen Grenzen“

Damit war die Sache erledigt – und vor al­lem der Exit­-Prozess abgeschlossen. Diesen be­schreibt Baudisch als „wahnsinnig anstrengend“. Und mehr noch: „Ich bin ein Mensch, der sich durch eine ziemlich optimistisch­-positive Le­bensart und eine sehr hohe Resilienz auszeich­net. Sonst hätte ich den Startup­-Rollercoaster nicht durchgestanden.“

Über den Unternehmens­ verkauf sagt Baudisch heute: „Es war die einzige Phase meines Lebens, in der ich wusste und ge­sehen habe: Ich komme an meine körperlichen Grenzen.“ Insbesondere, wenn man einen profes­sionellen Käufer auf der Gegenseite habe, sei der Prozess sehr anspruchsvoll. „Da wird bis zum letz­ten Drücker verhandelt.“

Eine Finanzierungsrunde von durchblicker im Jahr 2013 sei vergleichsweise unkompliziert ab­ gelaufen. Beim Verkauf wurde nun aber „bis kurz vor dem Signing noch wild herumdebattiert“. Zwei Wochen vor dem geplanten Termin wurden die Verhandlungen sogar zwischenzeitlich abgebrochen – „mit dem Glauben: Jetzt ist es vorbei“, erinnert sich Baudisch. US-­Miteigentümer vermit­telten, und die Verhandlungen gingen doch weiter. Keine leichte Zeit, denn Baudisch hatte als CEO weiterhin das Tagesgeschäft von durchblicker zu leiten.

„Du musst bis zum Schluss bereit sein, das Ding abzusagen“

Schließlich einigten sich die beiden Seiten. „Zum ersten Mal echt“ wurde es für den Gründer aber erst, als das Geld auf dem Konto landete. „Ich habe mich immer wahnsinnig gezwungen, zu glauben, dass es diesen Deal nicht gibt, bis das Geld am Konto ist“, blickt der frühere durchblicker-­CEO zurück.

Er kenne Gründer, die mitten im Verkaufs­prozess schon anfangen würden, auf der Website von Porsche die Farbe ihres Wunschmodells aus­ zuwählen; ein grober Fehler, so Baudisch: „In dem Moment hast du dich in der Verhandlung schon aufgegeben. Du musst aber bis zum Schluss hart bleiben und bereit sein, das Ding abzusagen.“ Wenn man dies nicht sei, würde man einen schlechten Deal machen.

Hier nüchtern zu bleiben sei emo­tional sehr fordernd: „Du bist ständig mit dir selbst im Zwiespalt in dieser Phase“. Mit dem Closing sei dann „die erste Geröllhalde abgefallen“.

„Konnte erstmals nachvollziehen, wie sich Angestellte fühlen“

Nach dem Verkauf blieb Baudisch noch sieben Monate als CEO bei durchblicker. Zu seiner eigenen Überraschung stellte er fest: Irgendetwas war plötzlich anders. “Ich habe jahrelang für die Firma gelebt, gebrannt – und konnte mir nicht vorstellen, dass sich irgendwas mit dem Hergeben der Gesellschaftsanteile verändert”, blickt er heute zurück. Aber ein paar Wochen nach dem Closing bemerkte er: “Ich hab mir die Website-Visits und die Abschlüsse seit ein, zwei Wochen nicht mehr angeschaut und das ist mir vorher nicht passiert”. 

Davor hatte er diese Zahlen mehrfach täglich im Blick. “Auf einmal bin ich draufgekommen: Na hoppla, irgendwas ist passiert mit der Motivation, mit dem Involvement, mit der Emotionalität”. Bereits mit dem Closing habe er emotional losgelassen. Und so kam Baudisch zu einer für ihn ungewohnten Erkenntnis: “Ein bisschen böse gesagt konnte ich erstmals nachvollziehen, wie sich Angestellte fühlen”. 

Im Sommer 2022 schied Baudisch endgültig aus – und übergab die CEO-Rolle an Andrew Fuchs, einen vom Käufer Netrisk eingesetzten Nachfolger. Für den heute 47-jährigen Oberösterreicher und früheren McKinsey-Berater endete ein Kapitel, das insgesamt fast 13 Jahre gedauert hatte: Im Oktober 2009 ist die “YOUSURE Tarifvergleich GmbH” ins Firmenbuch eingetragen worden. Daraus sollte einige Monate später durchblicker entstehen. Ebenfalls 2010 beteiligte sich Business Angel Hansi Hansmann als Investor am Unternehmen. 2013 folgte eine weitere Finanzierungsrunde. Vier Jahre später war das Portal profitabel.

„Ich möchte noch mehr zu Hause sein“

Foto: Lukas Swatek

Nun kam der durchblicker-Gründer endgültig im Leben nach dem Exit an. Tag eins nach dem Ausscheiden “war fast ein bisschen fad”, erinnert er sich heute. “Weil ich im ersten Moment gar nicht wusste, was ich tun sollte”. Dann folgten Urlaube, neue Hobbys – und “ganz wichtig, ich hab einfach auch entschieden, ich möchte noch mehr zu Hause sein”. Er sei “ein Jahr Hausmann” gewesen, sagt Baudisch.

Ganz so einfach war der Umstieg ins neue Leben aber nicht: Als Hilfe strukturierte sich Baudisch in der Früh den Tag schriftlich: “Welche Dinge möchte ich erledigen, welche Dinge möchte ich abarbeiten, was möchte ich für meinen Körper machen?” Baudisch stellte sich also eine To-Do-Liste zusammen: “Mit der bin ich super über die Runden gekommen”. 

„Bitte das Geld doch woanders hinschicken“

Bleibt noch eine weitere Frage: Wohin mit dem Geld? Das erste Pro­blem trat schon vor dem Geldeingang auf Baudischs Konto auf: Weil es sich um eine größere Summe handelte, gab der durchblicker­-Gründer seiner Re­gionalbank in Oberösterreich schon im Vorfeld Bescheid. Die Antwort war überraschend: „Der Bankdirektor hat mir im Wesentlichen gesagt, er freue sich für mich, aber ich möge das Geld doch bitte woanders hinschicken, er möchte es nämlich nicht annehmen.“

Hin­tergrund dürften büro­kratische Anforderun­gen beispielsweise bei der Prüfung von Geld­wäsche einerseits und die damals noch nega­tiven Einlagezinsen bei der Europäischen Zen­tralbank (EZB) ande­rerseits gewesen sein, vermutet Baudisch. Mittlerweile ist er nicht mehr Kunde der Bank.

Das Geld hätte er aber ohnehin nicht am Girokonto liegen gelassen. Am wichtigsten war für Baudisch: Er wollte sich möglichst nicht selbst darum kümmern, ob er Ak­tie A oder ETF B kauft. „Da ich gewusst habe, ich werde wieder andere Dinge tun; ich habe eigentlich gar keine Zeit, mich ordentlich darum zu kümmern“, erläutert Baudisch. Dazu kommt: Trotz eines Wirtschaftsstudiums und Erfah­ rung mit Corporate Finance – vergli­chen mit jemandem, der 20 Jahre Er­ fahrung in dem Bereich habe, „bin ich einfach ein totaler Noob“, wie Baudisch sagt. „Ich wollte mich gleichzeitig aber auch nicht an einen Partner ausliefern.“

Die Lösung: Der Gründer teilte das Geld nach dem Maßstab 40/40/20 auf – und erstellte einen Liquiditäts­plan für die nächsten 15 Jahre. Darin stellte er visuell Zahlungseingänge und Steuerfälligkeiten dar. Für die beiden 40­-Prozent­-Anteile seiner geplanten Portfolio­-Allokation wandte sich Bau­disch an Privatbanken: „Ich habe mit vier oder fünf Banken Gespräche ge­führt und dann zwei herausgepickt. Diesen habe ich dann jeweils rund 40 Prozent der Assets übertragen, in ent­ sprechende Vehikel.“ Den Rest legte er sich auf die Seite, einerseits für Urlaub und Lifestyle, andererseits auch für Startup-­Investments und Venture­-Ca­pital­-Fonds. Baudisch investierte dabei direkt in sechs Startups und steckte zusätzlich Geld in drei VC-­Fonds.

„Ich bin als Konzernmensch gar nicht sozialisierbar“

Nach seinem Ausscheiden bei durchblicker plante Baudisch für sich zwölf Monate Pause ein. Würde er das auch anderen Gründer:innen nach dem Exit empfehlen? „Unbedingt. Man kann darüber reden, ob es nicht viel­ leicht 18 oder 24 Monate sein soll­ten.“ Die unternehmerische Reise des Gründers hat inklusive Projekten vor durchblicker 15 Jahre gedauert: „Es waren unfassbar harte 15 Jahre und die drei Jahre davor war mir bei McKinsey auch nicht wirklich langweilig.“ Nach dieser Zeit „einmal auch zu erfahren, wie es ist, nicht zu arbeiten, ist schon fast life changing“, so Baudisch heute.

Ganz so lange hielt er es dann aber doch nicht aus. Schon etwas mehr als ein halbes Jahr nach dem operativen Ausstieg bei durchblicker bekam Baudisch wieder das Gefühl, etwas angehen zu wollen. Ein Wechsel in einen Konzern kam nicht infrage: Er sei „gar nicht sozialisierbar als Konzern­mensch“, sagt Baudisch: „Wenn du mich richtig ver­ärgern möchtest, sagst du mir nicht, was ich tun soll, sondern wie ich es tun soll.“ Er sei „von der Genetik ein Unternehmer“. Daher war ihm bald klar: Wofür er brennen würde, sei wieder ein Business: „Man muss wissen, was man kann, was man will – und was nicht.“

Aber er kam auch noch zu einer zweiten Er­kenntnis: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit Mitte 40 noch einmal den vollen Startup­-Rollercoaster ha­ben möchte – werde ich in 15 Jahren wirklich noch diese Energie haben?“ Wahrscheinlich nicht, lautete seine Antwort. Daher: „Ich wollte etwas, das zeitlich ein bisschen kondensierter ist.“ Seine Schlussfolgerung: Anstatt ein Unternehmen von null auf neu zu gründen, könnte es für ihn interessan­ter sein, einem bestehenden Unter­nehmen zu helfen, sein Potenzial voll auszuschöpfen.

„Schneid die alten Zöpfe ab, gib noch einmal Gas“

Bei einem Netzwerktreffen von Hansi Hansmanns Hans(wo)men Deutschland Group kam Baudisch dann mit Reinhard Nowak ins Gespräch. Nowak ist Gründer und CEO von LineMetrics, einem 2012 gegründeten Sensorik­-Unternehmen mit Sitz im niederöster­reichischen Haag, zu dessen Investo­ren Hansmann zählt. Baudisch war von dem Unternehmen angetan. Gleich­zeitig hatte er aber den Eindruck, dass dieses sein Potenzial noch nicht völlig ausschöpfte. „Die Entwicklung von Li­neMetrics war okay, aber nicht stellar“, so Baudisch.

Also appellierte er an den Grün­der: „Du musst echt noch einmal durchstarten. Schneid die alten Zöpfe ab. Gib noch einmal Gas. Du hast jetzt eine Wahnsinns­-Opportunity vor dir.“ Bei LineMetrics­-Gründer Nowak dürf­te dies Eindruck hinterlassen haben: Zwei Wochen später läutete Baudischs Handy, Nowak war dran. „Es geht mir nicht aus dem Kopf, was du gesagt hast“, sagte der LineMetrics­Gründer. „Gleichzeitig kann ich mir nur einen Partner vorstellen, mit dem ich das wirklich gerne machen würde – und das bist du.“

Baudisch war sich zunächst nicht sicher, ob er schon wieder eine solch aktive Rolle einnehmen wollen wür­de. Nach ein paar Besuchen am Firmenstandort in Haag und weiteren Gesprächen beschloss er aber: „Die Chemie passt, es kann funktionieren.“ Er einigte sich mit Nowak auf eine Auf­ gabenverteilung: Baudisch bringt Ex­pertise in Vertrieb und Marketing ein, Nowak konzentriert sich stärker auf die Produktentwicklung. Die Bestands­investoren, darunter Hansi Hansmann, gaben ebenfalls ihre Zustimmung. Im Spätsommer 2023 wurden die Ver­träge aufgesetzt, Anfang Oktober war es offiziell: Baudisch stieg bei LineMe­trics ein. Neben 25 Prozent der Anteile am Unternehmen übernahm Baudisch auch gleich die CEO-­Rolle.

„Eine Riesen-Opportunity“

durchblicker-Gründer Reinhold Baudisch | Foto: Lukas Swatek

LineMetrics betreibt eine Platt­ form für Sensoren, die Daten sammeln und in der Cloud speichern, um Echt­zeit­-Monitoring zu ermöglichen. „Das kann die Überwachung eines Kühl­ raums sein, das kann der CO2­-Gehalt der Büroluft sein – oder auch Strom­zähler, Gaszähler, Wasserzähler, Wär­ mezähler“, führt Baudisch aus. „Man kann also Energie damit monitoren und sich beispielsweise ansehen, wo in welchem Gebäude Verbrauchsenergie anfällt.“ Die Technologie sei außerdem „perfekt für den Einbau in Bestands­ gebäuden“.

Baudisch erwartet für LineMe­trics regulatorischen Rückenwind in den kommenden Jahren, sowohl auf EU-­Ebene als auch beispielsweise in Deutschland, wo ab 2025 für bestimmte Gebäude Energiemonitoring vorgeschrieben wird. Er sieht hier „eine Riesen-­Opportunity“. „Vielleicht ist der Markt noch nicht ganz hier, aber übermorgen ist er da. Davon bin ich überzeugt, und ich will Teil dieser Energiewende sein.“

„Ein viel entspannterer Chef – und gleichzeitig einer, der sich viel schneller bewegt“

In seiner neuen Rolle baut Baudisch nun auf seinen langjährigen Erfahrungsschatz mit durchblicker. „Ich bin von mir selbst wahnsinnig über­rascht, wie schnell ich Entscheidungen treffe und mit welcher Sicherheit und Gewissheit ich das tue“, erzählt der LineMetrics­CEO. „In 15 Jahren Management­ und Aufbauerfahrung nimmt man so viel mit, dass man für gewisse Dinge einfach nicht mehr lang braucht.“ Dinge wie das Erstellen von Finanzplänen seien beim ersten Mal schwierig – und würden beim zweiten Mal „in einem Zehntel der Geschwindigkeit“ funktionieren.

Und auch er selbst habe sich verändert: „Ich gehe es jetzt entspannter an“, sagt Baudisch. Er müsse nicht mehr alles selbst wissen und nicht mehr zu allem eine Meinung haben. Insgesamt habe er weniger Kontrollbedürfnis und lasse die Leute vor Ort Entscheidungen treffen. „Ich bin ein viel entspannterer Chef – und gleichzeitig einer, der sich viel schneller bewegt.“ Fest steht dennoch: Zur Ruhe kommt Reinhold Baudisch auch im Leben nach dem Exit nicht.


Sichere dir das brutkasten-Magazin in digitaler Form!

Trag dich hier ein und du bekommst das aktuelle brutkasten-Magazin als PDF zugeschickt und kannst sofort alle Artikel lesen!

Du erhältst mit der Anmeldung künftig auch Zugang für unseren Startup-Newsletter, den wir drei Mal pro Woche verschicken. Du kannst dich jederzeit unkompliziert wieder abmelden.

Deine ungelesenen Artikel:
08.10.2024

So werden die Hürden auf dem Weg zum Scaleup zum Beschleunigungs-Boost

Gastbeitrag. Welche sechs Hürden auf dem Weg zum Scaleup auftauchen und wie man sie als Beschleunigungs-Boost nutzen kann, verrät Coach Ferry Fischer in seinem Gastbeitrag.
/artikel/so-werden-die-huerden-auf-dem-weg-zum-scaleup-zum-beschleunigungs-boost
08.10.2024

So werden die Hürden auf dem Weg zum Scaleup zum Beschleunigungs-Boost

Gastbeitrag. Welche sechs Hürden auf dem Weg zum Scaleup auftauchen und wie man sie als Beschleunigungs-Boost nutzen kann, verrät Coach Ferry Fischer in seinem Gastbeitrag.
/artikel/so-werden-die-huerden-auf-dem-weg-zum-scaleup-zum-beschleunigungs-boost
Ferry Fischer, Coach und Unternehmensberater (c) Ferry Fischer

1. Eckpfeiler der Kultur festlegen und Rahmenbedingungen dafür schaffen

Was wollen wir erreichen? Warum gibt es uns, und was ist unser Auftrag? Diese grundlegenden Fragen sollten von den Gründern klar beantwortet werden können. Dabei geht es nicht nur darum, was realistisch erscheint, sondern auch darum, sich zu trauen, groß zu denken.

Sobald diese Zukunft klar(er) ist, wird es entscheidend, die Kultur zu definieren, die es braucht, um dorthin zu gelangen. Welche Art von Mitarbeitenden benötigen wir, um diese Vision zu verwirklichen? Welche außergewöhnlichen Eigenschaften sollten sie mitbringen? Diese Überlegungen sind der Grundstein dafür, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen – Rahmenbedingungen, die es diesen Menschen ermöglichen, sich im Unternehmen voll zu entfalten. Das beginnt bei den Büroräumlichkeiten und endet bei den Freiheitsgraden, die sie im Job haben.

Wenn die Eckpfeiler der Unternehmenskultur festgelegt sind, muss kompromisslos nach den passenden Mitstreitern gesucht werden, und die Rahmenbedingungen sollten konsequent auf sie abgestimmt werden – oder umgekehrt. Es ist sinnlos, hier Kompromisse einzugehen, nur um eine Position schnell zu besetzen. Ebenso wenig sinnvoll ist es, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der die Gründer sich wohlfühlen, die jedoch nicht für die Mitarbeitenden förderlich ist oder nicht die Art von Menschen anzieht, die für das Erreichen der Unternehmensziele benötigt werden.

Meine Erfahrung mit Scale Ups: Je konsequenter und zielgerichteter dieser Prozess gestaltet wird, desto schneller lässt sich der Fortschritt realisieren. Ich habe einige Scale-ups erlebt, die genau an dieser Stelle ins Stocken geraten sind: Entweder waren sie sich über die notwendige Unternehmenskultur nicht im Klaren, haben Quantität vor Qualität gestellt oder waren schlicht nicht attraktiv genug für die Zielgruppe, die sie eigentlich anziehen wollten.

2. Personelles Wachstum

Spätestens jetzt rückt die Personalabteilung in den Fokus. Sie muss stets leicht überbesetzt sein – sowohl quantitativ als auch qualitativ –, um nicht zum Flaschenhals für das gesamte Unternehmen zu werden. Sobald die Personalabteilung ins Straucheln gerät, wird es im ganzen Unternehmen spürbar: Es werden zu wenige Mitarbeitende eingestellt oder die Auswahlverfahren sind zu oberflächlich. Häufig leidet auch das Onboarding! Es ist entweder zu kurz oder unzureichend, was zu einer hohen Ausfallquote während dieser Phase führt.

Meine Erfahrung mit Scale Ups: Wenn die Verantwortlichen in der Personalabteilung mit dem Unternehmen gewachsen sind, kennen sie die Unternehmenskultur zwar sehr gut, verfügen jedoch oft nicht über das notwendige Wissen und die Erfahrung im professionellen Personalmanagement. Hier können externe Expert:innen vom Markt weiterhelfen. Sie können auf Teilzeitbasis oder als Berater:innen auf Zeit ins Unternehmen geholt werden, um sofort mit anzupacken und gleichzeitig ihr Know-how mit den bestehenden Mitarbeitenden zu teilen. Diese temporäre Unterstützung hat sich oft als entscheidender Faktor erwiesen, um qualifizierte Mitarbeiter:innen rechtzeitig an Bord zu holen und langfristig zu halten.

3. Leadership-Kompetenz rasch und kontinuierlich aneignen

In der Startphase eines Unternehmens reicht es aus, eine gute Idee zu haben, das Produkt und den Markt zu entwickeln und Investoren zu überzeugen. Das Team ist überschaubar, die Kommunikationswege sind kurz und alle sind hochmotiviert. Doch sobald das Unternehmen wächst und die Anzahl der Teams zunimmt, wird häufig mit Führungs-Halbwissen improvisiert – und das bremst den Fortschritt. Die Führungskräfte sind überfordert, der Stresspegel steigt und mühsam gefundene Mitarbeiter:innen verlassen das Unternehmen, da sie sich nicht ausreichend geführt und gefördert fühlen. Deshalb ist es entscheidend, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um diese Führungslücke zu schließen.

Meine Erfahrung mit Scale Ups: Aus meiner Sicht wird hier oft viel zu lange gezögert, da die Bedeutung von professioneller Führung unterschätzt wird. Wenn das Problem schließlich erkannt wird, brennt es bereits an allen Ecken. Ähnlich wie bei der Personalplanung braucht es auch hier eine vorausschauende Herangehensweise und Ehrlichkeit zu sich selbst, wie gut die vorhandenen Führungstools wirklich sind und wie gut sie angewendet werden können.

Warum ich das so sicher weiß? Weil viele Scale-ups, die bei mir die Leadership-To-Go-Ausbildung durchlaufen haben, sich wünschten, sie hätten viel früher damit begonnen und sich dadurch viel Bremseffekte erspart. Denn Führungskompetenz braucht Zeit für die persönliche Entwicklung.

4. Rolle der Founder laufend neu definieren

Apropos „Leadership“: Es ist nahezu unausweichlich, dass sich Founder im Laufe der Zeit in unterschiedliche Richtungen gemäß ihren Interessen und Talenten entwickeln. Genau an diesem Punkt kann es zu einer abrupten Vollbremsung kommen. Einer der Founder hat vielleicht das Talent zum Führen und übernimmt die CEO-Rolle, während die anderen ebenfalls ins C-Level aufsteigen wollen. Doch wer sagt, dass geniale, initiative Gründer automatisch auch großartige Führungskräfte sind? Diese Diskrepanz führt oft zu Unzufriedenheit im Founder-Team – sowohl bei jenen, die sich in ihrer Führungsrolle unwohl, als auch bei denen, die sich von ihren Mitgründern alleingelassen fühlen.

Meine Erfahrung mit Scale Ups: Was es hier braucht, ist eine regelmäßige, idealerweise halbjährliche Überprüfung, ob jeder noch in der richtigen Rolle ist und sich mit anderen Führungskräften am Markt messen kann. Founder, die nicht über die nötigen Führungskompetenzen verfügen, können stattdessen Expertenrollen übernehmen oder sie fühlen sich als Department Heads deutlich wohler, als im C-Level (allerdings müssen sie dann in der Lage sein, diese Rolle klar von ihrer Position als Founder zu trennen). In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, dass ein Founder sich komplett aus dem operativen Geschäft zurückzieht, bevor er oder sie dem Unternehmen schadet.

Wer nun denkt: „Das klingt aber extrem!“, dem sei gesagt, dass ich schon einige Fälle erlebt habe, in denen Founder als Führungskräfte scheiterten. Mit Hilfe von Investoren und Kollegen wurden sie aus ihren C-Level-Positionen gedrängt – oft zu Recht, aber nicht ohne Konflikte und meist viel zu spät. Die Folge war, dass das Unternehmen in der Folge Reparaturarbeit leisten musste, was das Wachstum für eine Zeit auf Null stellte.

5. Laufendes Feedback, um präzise zu sein und rasch reagieren zu können

In der Start-up-Phase dominiert oft die Improvisation über die Planung. Doch je mehr das Unternehmen wächst, desto präziser müssen Maßnahmen zur Mitarbeiter-, Team- und Kulturentwicklung gemessen werden. Hier kommt das Thema „Feedback“ ins Spiel – oder, wie es treffend heißt: „Face the brutal facts!“

Meine Erfahrung mit Scale Ups: Ab einer Größe von ca. 30 Mitarbeiter:innen können nicht mehr alle mit allen laufend kommunizieren. Mit steigender Mitarbeiteranzahl braucht es daher gezielte Tools, um die Unternehmenskultur auf Kurs zu halten:

  • Stimmungsbarometer: Diese Umfragen erfassen regelmäßig, ob die gesetzten Maßnahmen die gewünschte Wirkung bei den Mitarbeitenden erzielen. Wenn nicht, müssen sofort neue Maßnahmen ergriffen werden. Ein regelmäßiger Rhythmus von 2 bis 4 Wochen (maximal 10 Fragen, am besten anonym) ermöglicht es, rasch auf Veränderungen zu reagieren.
  • OKR (Objectives and Key Results): Die täglichen Aktivitäten sollten wöchentlich im Team überprüft werden, während die Key Results alle zwei Wochen auf ihren Fortschritt hin geprüft werden. Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, muss sofort analysiert werden, ob die richtigen Key Results oder die passenden Aktivitäten gewählt wurden, und es muss nachjustiert werden.
  • 360-Grad-Führungsfeedback: Ein- bis zweimal im Jahr bietet dieses Instrument die Möglichkeit, Führungsstärken und -schwächen aufzudecken. Zudem kann frühzeitig erkannt werden, ob eine Führungskraft überfordert ist und womöglich die Postion nicht erfüllen kann. Ohne dieses Feedback dauert es oft zu lange, bis solche Probleme sichtbar werden.
  • Mitarbeiter:innen-Befragungen: Einmal jährlich sollten umfassende Befragungen durchgeführt werden, um die Zufriedenheit und Kulturentwicklung im Unternehmen zu messen. Die daraus resultierenden Maßnahmen müssen im Folgejahr klare Ergebnisse zeigen.

Immer wieder bin ich erstaunt, wie oft das Thema „Feedback“ umgangen wird. Sicher, es ist unangenehm, kritisches Feedback zu erhalten, aber es ist weitaus schwieriger, die Probleme zu beseitigen, die durch fehlendes Feedback entstehen. Feedback bedeutet nichts anderes, als die Wirkung des eigenen Handelns zu überprüfen. Ohne Feedback arbeitet man auf gut Glück nach dem Motto „wird schon passen“ – und genau das bremst den Fortschritt. Die Bremse löse ich jedoch nicht nur mit dem Einholen von Feedback sondern mit der Umsetzung der daraus erkannten notwendigen Maßnahmen.

Wie sieht es in deinem Unternehmen damit aus? Weißt du auf den Punkt, wo ihr gerade steht und werden daraus laufend Maßnahmen gesetzt, damit es optimal läuft (Boost)? Oder glaubst du zu wissen, was gerade passt und was nicht oder habt ihr keine Zeit, Feedback einzuholen (Break)?

6. Die rascheste Umsetzung von Plänen im Team (Fünf Säulen der ToGo-Methode)

Aus meiner 30-jährigen Praxis als Management- und Sportcoach habe ich die ToGo-Methode entwickelt, die auf fünf Säulen basiert, leicht anzuwenden ist und auf jeden Fall wirkt. Diese fünf Säulen sind:

  • Simplify & Try: Anweisungen sind oft viel zu lang und kompliziert. Das Gehirn benötigt kleine Häppchen und möchte diese sofort ausprobieren, um zu lernen.
  • Know Why: Wenn ich verstehe, warum wir etwas tun, kann ich meinen Beitrag leisten und darüber hinaus noch mehr erreichen. Das „Why“ ist entscheidend für meine Motivation. Niemand möchte als reiner Erfüllungsgehilfe fungieren!
  • Radical Positive: Dieser Ansatz kommt aus dem Sport. Fähigkeiten sollen genutzt und eingesetzt werden, anstatt auf Fehlern herumzureiten. Kein Sportler der Welt könnte mit dem Fokus auf Fehler eine gute Leistung erbringen.
  • Use Personality: Wenn die richtigen Talente im Team sind, kommen die individuellen Fähigkeiten und Besonderheiten zum Tragen, um aus der Arbeit etwas Außergewöhnliches zu machen. Das ist auch motivatorisch besonders wichtig!
  • Nudging & Habits: Dies wird oft unterschätzt. Einmalige Anweisungen führen selten zu nachhaltigen Umsetzungen. Es bedarf ständiger Anstöße, bis sich eine Routine etabliert. Für mich ist das eine zentrale Führungsaufgabe.

Zu jeder dieser fünf Säulen habe ich auch YouTube-Videos erstellt, die weitere Einblicke und praktische Tipps bieten.

Meine Erfahrung mit Scale Ups: Es wird hier oft viel richtig gemacht, aber nicht bewusst eingesetzt. Solange alles passt, besteht auch kein Bedarf. Was aber hier nicht bedacht wird, dass bei bewusstem Nutzen dieser fünf Säulen die Umsetzung auf jeden Fall noch beschleunigt wird, egal wo wir stehen. Habe ich in jedem Sportteam und in jedem Unternehmen, das ich betreut habe, erlebt.

Wie sieht es in deinem Unternehmen damit aus? Seid ihr happy mit der Geschwindigkeit der Umsetzung und nutzt alle 5 Säulen (Boost)? Oder holpert die Umsetzung von Maßnahmen auf Team oder sogar Unternehmensebene und du bist unzufrieden mit dem Erreichen des Möglichen (Break)?

Jedes dieser sechs Beschleunigungsthemen hat das Potenzial, entweder als Handbremse oder als Turbo-Boost zu wirken. Das gilt nicht nur für Scale-ups, sondern auch für bereits etablierte Unternehmen. Die erfolgreichsten Unternehmen, mit denen ich arbeiten durfte, haben diese sechs Boosts kontinuierlich genutzt und sich damit deutlich von ihren Wettbewerbern abgesetzt. Sie wurden zu den „most attractive employer“ am Arbeitsmarkt. Oft erhielten sie deutlich mehr Bewerbungen von qualifizierten Kandidat:innen, als sie brauchen konnten – denn wer möchte nicht Teil eines dynamischen Unternehmens sein, das unaufhaltsam seine Vision verwirklicht und als Benchmark für andere dient?

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“