27.02.2024

„Die einzige Phase meines Lebens, in der ich an meine körperlichen Grenzen kam“

Reinhold Baudisch schaffte mit durchblicker einen der größten Exits der österreichischen Startup-Geschichte. Doch nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen stand er vor der nächsten Herausforderung: dem Leben nach dem Exit.
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durchblicker-Gründer Reinhold Baudisch
durchblicker-Gründer Reinhold Baudisch | Foto: Lukas Swatek

Dieser Artikel ist die Coverstory aus dem aktuellen brutkasten-Printmagazin (Download-Möglichkeit am Ende des Artikels). Er basiert auf der ersten Folge der neuen Interview-Serie “Das Leben nach dem Exit“, in der Reinhold Baudisch zu Gast war.


Am 24. Februar 2022 fielen Bomben auf Kiew – in den frühen Morgenstunden startete Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Einige Hundert Kilo­meter westlich, in Wien, verfolgte Reinhold Baudisch die Nachrichten auf dem Weg zum Anwalt. Baudisch war einer der Gründer der Ver­gleichsplattform durchblicker. Diese war erst wenige Wo­chen zuvor verkauft worden. Zumindest war das Signing erfolgt – im Dezember 2021.

Nun stand aber noch das Clo­sing an. „Da fragt man sich schon: Wird die Gegenseite auf­tauchen? Wird das Closing überhaupt stattfinden oder wird man sagen, vielleicht sollte man eine Pause machen und sich alles noch einmal gut überlegen?“, erinnert sich Bau­disch im brutkasten-Gespräch im Rahmen der neuen Inter­viewserie „Das Leben nach dem Exit“.

Er fand sich mit seinem Mitgründer Michael Doberer in der Innenstadtkanzlei eines renommierten Rechtsanwalts ein. Baudischs Sorgen waren aber unberechtigt: Die drei Anwälte der Käuferin, der ungarischen Netrisk Group, er­schienen wie geplant in der Kanzlei. Dort wurde „über nichts anderes gesprochen“ als über den Kriegsausbruch, erzählt Baudisch. Den Deal stellte aber niemand mehr infrage. „Ich bin mir nicht sicher, was passiert wäre, hätten wir das Clo­sing zwei oder drei Monate später gehabt“, sagt Baudisch. „Ich gehe davon aus, dass die Transaktion nicht mehr statt­ gefunden hätte.“

So aber lief der Prozess wie geplant ab; „recht unspek­takulär“, wie Baudisch sagt. Zunächst ging man ein soge­nanntes Closing­ Memorandum durch – eine Art Check­liste mit Punkten, die im Vorfeld des Termins erfüllt sein mussten, damit der Deal tatsächlich abgeschlossen werden konnte. Das lief reibungslos.

„Du hast dann halt ein paar Nuller mehr“

Reinhold Baudisch | Foto: Lukas Swatek

Der nächste Schritt: Die Netrisk Group bekam einen Anruf – mit der Bitte, das Geld umgehend zu überweisen. Der Verkaufspreis wurde nie öffentlich gemacht. Nach brut­kasten-­Informationen dürfte er sich aber im hohen zwei­stelligen Millionenbereich bewegt haben.

“Und dann beginnt die Phase des Wartens“, schildert Baudisch. „Du gehst nämlich von diesem Closing nicht weg, bis alle Shareholder die Kohle am Konto haben“. Er und Mitgründer Doberer war­teten „sicher zwei Stunden dort, wenn nicht drei“. Sie checkten ständig ihre Online­Banking­App. Und dann war das Geld da. „Du hast dann halt ein paar Nuller mehr und freust dich recht“, sagt Bau­disch.

Damit war die Angelegenheit aber noch nicht erledigt. Alle anderen Anteilseigner mussten eben­ falls noch bestätigen, das Geld bekommen zu ha­ben. Baudisch hatte den Shareholdern bereits im Vorfeld eingeschärft, dass sie zu dem Termin zu Hause und erreichbar sein sollten. Und tatsäch­ lich meldeten alle Bestandsaktionäre den beiden Gründern den Eingang des Gelds. Alle – bis auf einen. „Einer war nicht erreichbar. Nach dem fünf­ten Anruf haben wir ihn dann aufgetrieben. Er hat uns gesagt: ‚Ich stehe gerade an der Kreuzung und kann gerade leider nicht reinschauen, ich bin unterwegs‘.“ Schließlich bestätigte aber auch dieser Aktionär den Kontoeingang.

„Ich komme an meine körperlichen Grenzen“

Damit war die Sache erledigt – und vor al­lem der Exit­-Prozess abgeschlossen. Diesen be­schreibt Baudisch als „wahnsinnig anstrengend“. Und mehr noch: „Ich bin ein Mensch, der sich durch eine ziemlich optimistisch­-positive Le­bensart und eine sehr hohe Resilienz auszeich­net. Sonst hätte ich den Startup­-Rollercoaster nicht durchgestanden.“

Über den Unternehmens­ verkauf sagt Baudisch heute: „Es war die einzige Phase meines Lebens, in der ich wusste und ge­sehen habe: Ich komme an meine körperlichen Grenzen.“ Insbesondere, wenn man einen profes­sionellen Käufer auf der Gegenseite habe, sei der Prozess sehr anspruchsvoll. „Da wird bis zum letz­ten Drücker verhandelt.“

Eine Finanzierungsrunde von durchblicker im Jahr 2013 sei vergleichsweise unkompliziert ab­ gelaufen. Beim Verkauf wurde nun aber „bis kurz vor dem Signing noch wild herumdebattiert“. Zwei Wochen vor dem geplanten Termin wurden die Verhandlungen sogar zwischenzeitlich abgebrochen – „mit dem Glauben: Jetzt ist es vorbei“, erinnert sich Baudisch. US-­Miteigentümer vermit­telten, und die Verhandlungen gingen doch weiter. Keine leichte Zeit, denn Baudisch hatte als CEO weiterhin das Tagesgeschäft von durchblicker zu leiten.

„Du musst bis zum Schluss bereit sein, das Ding abzusagen“

Schließlich einigten sich die beiden Seiten. „Zum ersten Mal echt“ wurde es für den Gründer aber erst, als das Geld auf dem Konto landete. „Ich habe mich immer wahnsinnig gezwungen, zu glauben, dass es diesen Deal nicht gibt, bis das Geld am Konto ist“, blickt der frühere durchblicker-­CEO zurück.

Er kenne Gründer, die mitten im Verkaufs­prozess schon anfangen würden, auf der Website von Porsche die Farbe ihres Wunschmodells aus­ zuwählen; ein grober Fehler, so Baudisch: „In dem Moment hast du dich in der Verhandlung schon aufgegeben. Du musst aber bis zum Schluss hart bleiben und bereit sein, das Ding abzusagen.“ Wenn man dies nicht sei, würde man einen schlechten Deal machen.

Hier nüchtern zu bleiben sei emo­tional sehr fordernd: „Du bist ständig mit dir selbst im Zwiespalt in dieser Phase“. Mit dem Closing sei dann „die erste Geröllhalde abgefallen“.

„Konnte erstmals nachvollziehen, wie sich Angestellte fühlen“

Nach dem Verkauf blieb Baudisch noch sieben Monate als CEO bei durchblicker. Zu seiner eigenen Überraschung stellte er fest: Irgendetwas war plötzlich anders. “Ich habe jahrelang für die Firma gelebt, gebrannt – und konnte mir nicht vorstellen, dass sich irgendwas mit dem Hergeben der Gesellschaftsanteile verändert”, blickt er heute zurück. Aber ein paar Wochen nach dem Closing bemerkte er: “Ich hab mir die Website-Visits und die Abschlüsse seit ein, zwei Wochen nicht mehr angeschaut und das ist mir vorher nicht passiert”. 

Davor hatte er diese Zahlen mehrfach täglich im Blick. “Auf einmal bin ich draufgekommen: Na hoppla, irgendwas ist passiert mit der Motivation, mit dem Involvement, mit der Emotionalität”. Bereits mit dem Closing habe er emotional losgelassen. Und so kam Baudisch zu einer für ihn ungewohnten Erkenntnis: “Ein bisschen böse gesagt konnte ich erstmals nachvollziehen, wie sich Angestellte fühlen”. 

Im Sommer 2022 schied Baudisch endgültig aus – und übergab die CEO-Rolle an Andrew Fuchs, einen vom Käufer Netrisk eingesetzten Nachfolger. Für den heute 47-jährigen Oberösterreicher und früheren McKinsey-Berater endete ein Kapitel, das insgesamt fast 13 Jahre gedauert hatte: Im Oktober 2009 ist die “YOUSURE Tarifvergleich GmbH” ins Firmenbuch eingetragen worden. Daraus sollte einige Monate später durchblicker entstehen. Ebenfalls 2010 beteiligte sich Business Angel Hansi Hansmann als Investor am Unternehmen. 2013 folgte eine weitere Finanzierungsrunde. Vier Jahre später war das Portal profitabel.

„Ich möchte noch mehr zu Hause sein“

Foto: Lukas Swatek

Nun kam der durchblicker-Gründer endgültig im Leben nach dem Exit an. Tag eins nach dem Ausscheiden “war fast ein bisschen fad”, erinnert er sich heute. “Weil ich im ersten Moment gar nicht wusste, was ich tun sollte”. Dann folgten Urlaube, neue Hobbys – und “ganz wichtig, ich hab einfach auch entschieden, ich möchte noch mehr zu Hause sein”. Er sei “ein Jahr Hausmann” gewesen, sagt Baudisch.

Ganz so einfach war der Umstieg ins neue Leben aber nicht: Als Hilfe strukturierte sich Baudisch in der Früh den Tag schriftlich: “Welche Dinge möchte ich erledigen, welche Dinge möchte ich abarbeiten, was möchte ich für meinen Körper machen?” Baudisch stellte sich also eine To-Do-Liste zusammen: “Mit der bin ich super über die Runden gekommen”. 

„Bitte das Geld doch woanders hinschicken“

Bleibt noch eine weitere Frage: Wohin mit dem Geld? Das erste Pro­blem trat schon vor dem Geldeingang auf Baudischs Konto auf: Weil es sich um eine größere Summe handelte, gab der durchblicker­-Gründer seiner Re­gionalbank in Oberösterreich schon im Vorfeld Bescheid. Die Antwort war überraschend: „Der Bankdirektor hat mir im Wesentlichen gesagt, er freue sich für mich, aber ich möge das Geld doch bitte woanders hinschicken, er möchte es nämlich nicht annehmen.“

Hin­tergrund dürften büro­kratische Anforderun­gen beispielsweise bei der Prüfung von Geld­wäsche einerseits und die damals noch nega­tiven Einlagezinsen bei der Europäischen Zen­tralbank (EZB) ande­rerseits gewesen sein, vermutet Baudisch. Mittlerweile ist er nicht mehr Kunde der Bank.

Das Geld hätte er aber ohnehin nicht am Girokonto liegen gelassen. Am wichtigsten war für Baudisch: Er wollte sich möglichst nicht selbst darum kümmern, ob er Ak­tie A oder ETF B kauft. „Da ich gewusst habe, ich werde wieder andere Dinge tun; ich habe eigentlich gar keine Zeit, mich ordentlich darum zu kümmern“, erläutert Baudisch. Dazu kommt: Trotz eines Wirtschaftsstudiums und Erfah­ rung mit Corporate Finance – vergli­chen mit jemandem, der 20 Jahre Er­ fahrung in dem Bereich habe, „bin ich einfach ein totaler Noob“, wie Baudisch sagt. „Ich wollte mich gleichzeitig aber auch nicht an einen Partner ausliefern.“

Die Lösung: Der Gründer teilte das Geld nach dem Maßstab 40/40/20 auf – und erstellte einen Liquiditäts­plan für die nächsten 15 Jahre. Darin stellte er visuell Zahlungseingänge und Steuerfälligkeiten dar. Für die beiden 40­-Prozent­-Anteile seiner geplanten Portfolio­-Allokation wandte sich Bau­disch an Privatbanken: „Ich habe mit vier oder fünf Banken Gespräche ge­führt und dann zwei herausgepickt. Diesen habe ich dann jeweils rund 40 Prozent der Assets übertragen, in ent­ sprechende Vehikel.“ Den Rest legte er sich auf die Seite, einerseits für Urlaub und Lifestyle, andererseits auch für Startup-­Investments und Venture­-Ca­pital­-Fonds. Baudisch investierte dabei direkt in sechs Startups und steckte zusätzlich Geld in drei VC-­Fonds.

„Ich bin als Konzernmensch gar nicht sozialisierbar“

Nach seinem Ausscheiden bei durchblicker plante Baudisch für sich zwölf Monate Pause ein. Würde er das auch anderen Gründer:innen nach dem Exit empfehlen? „Unbedingt. Man kann darüber reden, ob es nicht viel­ leicht 18 oder 24 Monate sein soll­ten.“ Die unternehmerische Reise des Gründers hat inklusive Projekten vor durchblicker 15 Jahre gedauert: „Es waren unfassbar harte 15 Jahre und die drei Jahre davor war mir bei McKinsey auch nicht wirklich langweilig.“ Nach dieser Zeit „einmal auch zu erfahren, wie es ist, nicht zu arbeiten, ist schon fast life changing“, so Baudisch heute.

Ganz so lange hielt er es dann aber doch nicht aus. Schon etwas mehr als ein halbes Jahr nach dem operativen Ausstieg bei durchblicker bekam Baudisch wieder das Gefühl, etwas angehen zu wollen. Ein Wechsel in einen Konzern kam nicht infrage: Er sei „gar nicht sozialisierbar als Konzern­mensch“, sagt Baudisch: „Wenn du mich richtig ver­ärgern möchtest, sagst du mir nicht, was ich tun soll, sondern wie ich es tun soll.“ Er sei „von der Genetik ein Unternehmer“. Daher war ihm bald klar: Wofür er brennen würde, sei wieder ein Business: „Man muss wissen, was man kann, was man will – und was nicht.“

Aber er kam auch noch zu einer zweiten Er­kenntnis: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit Mitte 40 noch einmal den vollen Startup­-Rollercoaster ha­ben möchte – werde ich in 15 Jahren wirklich noch diese Energie haben?“ Wahrscheinlich nicht, lautete seine Antwort. Daher: „Ich wollte etwas, das zeitlich ein bisschen kondensierter ist.“ Seine Schlussfolgerung: Anstatt ein Unternehmen von null auf neu zu gründen, könnte es für ihn interessan­ter sein, einem bestehenden Unter­nehmen zu helfen, sein Potenzial voll auszuschöpfen.

„Schneid die alten Zöpfe ab, gib noch einmal Gas“

Bei einem Netzwerktreffen von Hansi Hansmanns Hans(wo)men Deutschland Group kam Baudisch dann mit Reinhard Nowak ins Gespräch. Nowak ist Gründer und CEO von LineMetrics, einem 2012 gegründeten Sensorik­-Unternehmen mit Sitz im niederöster­reichischen Haag, zu dessen Investo­ren Hansmann zählt. Baudisch war von dem Unternehmen angetan. Gleich­zeitig hatte er aber den Eindruck, dass dieses sein Potenzial noch nicht völlig ausschöpfte. „Die Entwicklung von Li­neMetrics war okay, aber nicht stellar“, so Baudisch.

Also appellierte er an den Grün­der: „Du musst echt noch einmal durchstarten. Schneid die alten Zöpfe ab. Gib noch einmal Gas. Du hast jetzt eine Wahnsinns­-Opportunity vor dir.“ Bei LineMetrics­-Gründer Nowak dürf­te dies Eindruck hinterlassen haben: Zwei Wochen später läutete Baudischs Handy, Nowak war dran. „Es geht mir nicht aus dem Kopf, was du gesagt hast“, sagte der LineMetrics­Gründer. „Gleichzeitig kann ich mir nur einen Partner vorstellen, mit dem ich das wirklich gerne machen würde – und das bist du.“

Baudisch war sich zunächst nicht sicher, ob er schon wieder eine solch aktive Rolle einnehmen wollen wür­de. Nach ein paar Besuchen am Firmenstandort in Haag und weiteren Gesprächen beschloss er aber: „Die Chemie passt, es kann funktionieren.“ Er einigte sich mit Nowak auf eine Auf­ gabenverteilung: Baudisch bringt Ex­pertise in Vertrieb und Marketing ein, Nowak konzentriert sich stärker auf die Produktentwicklung. Die Bestands­investoren, darunter Hansi Hansmann, gaben ebenfalls ihre Zustimmung. Im Spätsommer 2023 wurden die Ver­träge aufgesetzt, Anfang Oktober war es offiziell: Baudisch stieg bei LineMe­trics ein. Neben 25 Prozent der Anteile am Unternehmen übernahm Baudisch auch gleich die CEO-­Rolle.

„Eine Riesen-Opportunity“

durchblicker-Gründer Reinhold Baudisch | Foto: Lukas Swatek

LineMetrics betreibt eine Platt­ form für Sensoren, die Daten sammeln und in der Cloud speichern, um Echt­zeit­-Monitoring zu ermöglichen. „Das kann die Überwachung eines Kühl­ raums sein, das kann der CO2­-Gehalt der Büroluft sein – oder auch Strom­zähler, Gaszähler, Wasserzähler, Wär­ mezähler“, führt Baudisch aus. „Man kann also Energie damit monitoren und sich beispielsweise ansehen, wo in welchem Gebäude Verbrauchsenergie anfällt.“ Die Technologie sei außerdem „perfekt für den Einbau in Bestands­ gebäuden“.

Baudisch erwartet für LineMe­trics regulatorischen Rückenwind in den kommenden Jahren, sowohl auf EU-­Ebene als auch beispielsweise in Deutschland, wo ab 2025 für bestimmte Gebäude Energiemonitoring vorgeschrieben wird. Er sieht hier „eine Riesen-­Opportunity“. „Vielleicht ist der Markt noch nicht ganz hier, aber übermorgen ist er da. Davon bin ich überzeugt, und ich will Teil dieser Energiewende sein.“

„Ein viel entspannterer Chef – und gleichzeitig einer, der sich viel schneller bewegt“

In seiner neuen Rolle baut Baudisch nun auf seinen langjährigen Erfahrungsschatz mit durchblicker. „Ich bin von mir selbst wahnsinnig über­rascht, wie schnell ich Entscheidungen treffe und mit welcher Sicherheit und Gewissheit ich das tue“, erzählt der LineMetrics­CEO. „In 15 Jahren Management­ und Aufbauerfahrung nimmt man so viel mit, dass man für gewisse Dinge einfach nicht mehr lang braucht.“ Dinge wie das Erstellen von Finanzplänen seien beim ersten Mal schwierig – und würden beim zweiten Mal „in einem Zehntel der Geschwindigkeit“ funktionieren.

Und auch er selbst habe sich verändert: „Ich gehe es jetzt entspannter an“, sagt Baudisch. Er müsse nicht mehr alles selbst wissen und nicht mehr zu allem eine Meinung haben. Insgesamt habe er weniger Kontrollbedürfnis und lasse die Leute vor Ort Entscheidungen treffen. „Ich bin ein viel entspannterer Chef – und gleichzeitig einer, der sich viel schneller bewegt.“ Fest steht dennoch: Zur Ruhe kommt Reinhold Baudisch auch im Leben nach dem Exit nicht.


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Fallen für Scaleups
(c) Canva/Ferry Fischer - Wirtschafts-Coach und Sport-Mentaltrainer.

Scale-Ups sind in einem permanenten Change. Mehr Mitarbeiter:innen, immer wieder Sturkturanpassungen, laufend neue Produkte, bzw. Produktanpassungen und vieles mehr. Wenn aus dem Startup ein Scale-Up wird, sind die Founder meist (zu Recht) glücklich, denn die Idee hat gegriffen, die Investoren sind überzeugt und spendabel. Und doch ist es eine Krise, die es jetzt zu bewältigen gilt. Denn, wenn hier in zu viele Fallen getappt wird, scheitert das Unternehmen oder findet sich in unangenehmen Diskussionen mit den Investoren wieder.

In den letzten Jahren habe ich einige Scale-Ups begleitet und mit dem Thema „Change von und in Unternehmen“ beschäftige ich mich als Coach und Unternehmensberater seit 30 Jahren. Aus all den Erfahrungen habe ich die 5 Fallen des Changes für Scale-Ups definiert und gebe Tipps, wie sie vermieden bzw. bewältigt werden können.

Falle Nr. 1: Ein unpräzises unemotionales Zielbild

Motivation entsteht aus dem persönlichen Entdecken meines Lustgewinns oder meiner Schmerzvermeidung beim Erreichen des Zielbildes. Kenne oder verstehe ich das unternehmerische Zielbild des nächsten Jahres nicht, dann kann ich auch keine Motivation daraus entwickeln.

Der zählbare Erfolg des Unternehmens wird über die Mitarbeiter:innen an der Basis vorangetrieben, nicht vom C-Level. Wenn also diejenigen, die mit den Kunden Kontakt haben oder die, die Apps für die Kunden programmieren, nicht emotional vom Zielbild begeistert sind, arbeiten sie mehr für Geld (denn dort finden sie dann ihren minimalen Lustgewinn) und nicht, um das junge Unternehmen zu leuchtenden Höhen zu führen.

Lösung: Entwickle ein Zielbild für die Situation in einem, max. in zwei Jahren, das die Menschen im Unternehmen berührt und wo möglichst alle ihren Lustgewinn/ihre Begeisterung dafür finden können! Die Formulierung muss dabei nicht präzise und vollständig sein.

Das ist der Fehler, den die meisten machen. Sie formulieren ganze Absätze mit möglichst jeder Kleinigkeit, die zu erreichen ist und quetschen dadurch jede Fantasie und Emotion aus dem Bild. Es geht hier um ein klares Bild, das von allen im Unternehmen als Bild verstanden werden soll. Denn: Unser Gehirn denkt in Bildern und nicht in Worten.

Praxistipp: Entwerft euer Zukunftsszenario und lasst es von einigen ausgewählten Mitarbeit:innen challengen (ob es für sie klar ist und ob es für sie erstrebenswert erscheint). Wenn das Bild fertig ist, wird es von allen Führungskräften persönlich deren Teams präsentiert und mit ihnen besprochen. Die Führungskräfte sollten auch helfen, dass jede/r im Team den persönlichen Nutzen beim Erreichen des Bildes findet. (Frei nach Viktor Frankl: „In allem ist stets ein Sinn vorhanden, er muss jedoch von jedem Menschen selbst entdeckt werden“)

Falle Nr. 2: Zu wenig Präzision im Tracking der täglichen Fortschritte (nach dem Motto: „passt schon“)

Gerade im permanenten Krisenmanagement eines Scale-Ups hat das laufende Tagesgeschäft Vorrang. Ups – und wieder in die Falle getappt, diesmal massiv. Der Teufelskreis beginnt: Ich weiß nicht, was ich zum Erreichen des gemeinsamen Ziels beitragen kann. Ich bin aber begeistert und würde gerne was beitragen. Also mache ich mir Gedanken. Nein geht jetzt nicht, es gibt eine Anfrage. Ich sollte aber was beitragen, aber was? Ui eine neue Anfrage einer Kollegin. Usw.

Am Abend geht jede/r unbefriedigt aus dem Unternehmen, weil soviel zu tun war und mir im Stress nichts Konkretes eingefallen ist, was ich zum Ziel beitragen kann oder, weil ich nicht weiß, ob das, was ich beigetragen habe auch das ist, was hilft. Die meisten Scale-Ups haben ein OKR (Objectives and Key Results) System eingeführt, das dafür ideal wäre, aber aus meiner Sicht nicht sauber angewandt wird. Meist ist es mehr ein KPI (Key Performance Indicator – Zielerreichungs)-System als ein strategisches Umsetzungs-Tool.

Lösung: Jeder im Unternehmen hat eine tägliche(!) ToDo-Liste, wo der eigene Beitrag zum gemeinsamen Ziel definiert ist und wo sichergestellt ist, dass das der bestmögliche Beitrag innerhalb des Teams ist.

Wenn Stress da ist – und der ist ja immer da – und wenn im Change sich ständig was verändert, dann ist es wichtig, dass ich eine simplifizierte Klarheit meines Beitrags habe. Den arbeite ich zügig ab und voila, jetzt habe ich nicht nur ein gutes Gefühl, meinen Beitrag für heute schon geleistet zu haben, sondern auch noch viel Zeit für Kunden, Kolleg:innen und Unerwartetes.

Klingt simpel, ist es auch. Es braucht nur die Bereitschaft von allen im Team, dieses (saubere OKR) System aufzusetzen und die Einhaltung, bzw. notwendigen Anpassungen auch laufend vorzunehmen.

Praxistipp: Frage deine Mitarbeiter:innen, ob sie genau wissen, was sie zur Zielerreichung heute beitragen können. Wenn Unsicherheit besteht, legt die Tätigkeiten gemeinsam so präzise fest, dass ihr sie wie in einer Checkliste abhaken könnt. Merke: Ich kann heute nur erledigen, was ich mir heute vorgenommen habe, daher braucht eine Strategie Aktionen, die auch heute erledigt werden können, sonst wird die Strategie nie umgesetzt werden.

Falle Nr. 3: Es gibt aktuell gerade Wichtigeres oder Dringenderes zu tun

Das Unternehmen ist nun klar ausgerichtet mit einem emotionalen Bild, die täglichen Tätigkeiten sind festgelegt und jedem/r klar. Alle sind motiviert. Aber gerade jetzt ist was ganz Wichtiges reingekommen und die Geschäftsführung muss sich fokussiert darum kümmern. Rummms – die nächste Falle hat zugeschlagen.

80% der Changes gehen schief oder verlaufen im Sand, weil die Priorität bis zum Erreichen des Ziels nicht gnadenlos bei allen auf 1 gestanden ist. Meist beginnt das im C-Level („Der Change läuft ja eh recht gut, da können wir uns anderem widmen“).

Lösung: Der Change muss die oberste Priorität haben. Bevor andere Aufgaben erledigt werden, müssen die täglichen To-Dos im Change-Prozess bearbeitet sein. Das gilt auf allen Ebenen, vom CEO bis zu den einzelnen Teammitgliedern. Wenn der Wandel auf der Prioritätenliste nicht an erster Stelle steht, wird er im Alltag untergehen.

Meine Erfahrung dabei: wenn nur ein Teil im Unternehmen die Priorität nicht auf 1 hat, ist der Change nach recht kurzer Zeit im ganzen Unternehmen zu Ende. (ist wie ein Schimmel, der sich rasant ausbreitet. Je prominenter und höher in der Hierarchie der Schimmel startet, umso rascher die Ausbreitung).

Praxistipp: Einfordern der Prio 1 von sich selbst und allen anderen. Nach dem Motto: „heimgegangen oder Bildschirm im Homeoffice abgedreht wird erst, wenn die tägliche ToDo-Liste abgearbeitet wurde“. Disziplin ist aus meiner Erfahrung essentieller Baustein des Erfolges (siehe auch Jim Collins „From Good to Great“). Ich stelle Disziplin sicher, indem ich konsequent auf die Prio 1 aufmerksam mache und darauf bestehe. Das löst dann die Motivation „Schmerzvermeidung“ aus: Ich habe zwar heute keine Lust auf meine To-Dos, aber bevor ich mir die Diskussion mit meinem Vorgesetzten oder Kolleg:innen antue, mache ich es dann doch.

Falle Nr. 4: Mangelndes Ressourcen-Bewusstsein

„Den Willen hätt ich schon, allein mir fehlt der Glaube.“ Mephistopheles in Goethes Faust bringt’s auf den Punkt, wo es nach der Vermeidung der ersten drei Fallen dann doch noch scheitern kann.

Jetzt kommen wir zum Bereich „mentale Stärke“. Wir können nur das nutzen, was uns bewusst ist. Unsere selektive Wahrnehmung ist hier oft das Problem. Wir glauben, die (neue) Situation nicht meistern zu können, weil wir ja hier kaum eine oder gar keine Kompetenz haben. Und deshalb geben wir auf. Die gute Nachricht hier ist: Es ist (nur) eine Falle und kein echter Show-Stopper.

Lösung: Wir müssen uns unsere zur Verfügung stehenden Ressourcen bewusst machen. Sie miteinander teilen, aufschreiben, clustern und dann auswählen und anwenden. Je mehr wir für eine bestimmte Aufgabe finden, umso besser. Dazu haben wir: innere Ressourcen (das eigene Wissen, die Erfahrungen, die Talente, Glaubenssätze, Fähigkeiten etc.), interne Ressourcen (die inneren Ressourcen der Kolleg:innen im Team oder Unternehmen) und externe Ressourcen (Berater, Bench-Marks von anderen Unternehmen, Cloud Wissen, AI, etc.).

Praxistipp: Jede/r im Team schreibt für ein zu lösendes Thema die inneren Ressourcen auf. Dann tauschen alle deren Findings aus und überlegen noch welche externen Ressourcen hilfreich wären. Wieder möglichst viele finden! Danach wählen alle gemeinsam die besten Ressourcen aus und beschließen wie sie angewandt werden sollen. Hat in all meinen Projekten IMMER funktioniert, um den Change sehr gut weiter voranzutreiben!

Falle Nr. 5: Das Mindset als Killer

Was immer je von Menschenhand entstanden ist, war zu aller erst ein Mindset. Wenn also das Mindset von jemanden im Change z.B. lautet: „das wird eh nix“ oder „das schaffen wir nie“, dann stoppt dort der Change und schimmelt sich voran.

Lösung: Ein auf den Change ausgerichtetes Mindset soll formuliert werden. Ein kurzer Satz, den jede/r im Change täglich oftmals anwendet, um sich selbst und andere immer wieder auf das Ziel und den Glauben daran auszurichten. Es werden so unterstützende Glaubenssätze wie „Wir schaffen das gemeinsam“, „Jeder Schritt zählt“ oder „Wir lernen aus jedem Fehler“ geformt und gefestigt, die die neue Wirklichkeit erschaffen.

Praxistipp: Beginnend beim C-Level wird ein Master-Mindset festgelegt, das dann als Unternehmens-„Mantra“ für den Change angewandt wird. Parallel dazu ist es Aufgabe aller Führungskräfte, mit deren Mitarbeiter:innen in persönlichen Gesprächen zu helfen, deren Zugang zum Master-Mindset zu finden, bzw. eigene individuelle Mindsets zu finden, die helfen, im Change dranzubleiben.

Fazit: Die 5 Fallen sind in jedem Change aufgestellt und schnappen öfter zu, als man sich eingestehen möchte. Sie können mit den Tipps in diesem Artikel vermieden werden, bzw. kann man mit ihnen aus der Falle herauskommen. Diese Tipps anzuwenden, benötigt Zeit. Die dafür aufgewandte Zeit kommt x-fach wieder rein.

Jetzt gibt es noch zwei zusätzliche Fallen für jeden Change: 1: Ich habe keine Zeit („Ausrede, um die Bequemlichkeitszone nicht verlassen zu müssen“) oder 2: Da fang ich erst an, wenn ich es genau geplant habe (auch eine Ausrede – kein Change kann ausreichend genau geplant werden. Einfach loslegen und darauf vertrauen, dass jeder Prozess ein progressives Learning auslöst – siehe Mindset!)


Mit dem folgenden Download findest du eine Checkliste zu den 5 Fallen. Diese Change-Fallen-Vermeidungs-Checkliste sollte in allen 5 Punkten mit einem eindeutigen JA von JEDEM/R Mitarbeiter:in (inkl. Führungkräften) beantwortet werden, sonst startet dort der Change-Stopper. Dieses Vorgehen ist kein hoher Anspruch, sondern eine Notwendigkeit.

Hier ist dein ToDo für heute: Starte bei deinem Team und gehe mit jedem Teammitglied die Checkliste durch. Ist nur ein Checkpunkt kein JA, dann weißt du ja jetzt, was zu tun ist…

Toll dass du so interessiert bist!
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