08.09.2020

Regulatory Sandbox gestartet: Die Voraussetzungen für eine Teilnahme

Seit 1. September können sich FinTechs in Österreich für die Regulatory Sandbox bewerben. Maurizia Anderle-Hauke von Deloitte Legal erläutert, was es dabei zu beachten gibt.
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Maurizia Anderle-Hauke über Regulatory Sandboxes und die Sandbox
Maurizia Anderle-Hauke, Rechtsanwältin / Counsel bei Jank Weiler Operenyi/Deloitte Legal. (c) Deloitte

Mit 1.9.2020 ist die seit langem angekündigte Regulatory Sandbox der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) in Kraft getreten. Österreich reiht sich damit in die Liste anderer europäischer Staaten, wie etwa Großbritannien, die Niederlande oder Polen, ein, die bereits erfolgreich Regulatory Sandboxes eingeführt haben und positioniert sich damit weiter als attraktiver Standort für FinTechs.  Unternehmen soll es ermöglicht werden, neue und innovative Geschäftsmodelle der Finanzindustrie gemeinsam mit der Finanzmarktaufsicht zu prüfen und zu entwickeln. Dabei ist eine Art „geschützter Aufsichtsrahmen“ vorgesehen, sodass die neuen Geschäftsmodelle am Markt getestet werden können. Das Sandkastenprinzip sieht dabei aber keine Lockerung bestehender aufsichtsrechtlicher Bedingungen vor.

Die Sandbox steht nur jenen Unternehmen offen, die (Finanz-)Dienstleistungen in Bereichen erbringen wollen, die einer Beaufsichtigung durch die FMA unterliegen. Es sind also Geschäftsmodelle umfasst, die aller Wahrscheinlichkeit nach einer Beaufsichtigung durch die FMA bedürfen. Auch bereits konzessionierte Unternehmen fallen unter die Sandbox, wenn sie ein neues Geschäftsmodell testen wollen, welches am Markt noch nicht bekannt ist.

Voraussetzungen für die Regulatory Sandbox

Der Antrag zur Aufnahme in die Regulatory Sandbox erfolgt bei der FMA. Dabei gelten die folgenden Voraussetzungen, die kumulativ zu erfüllen sind:

  • Neues innovatives Geschäftsmodell: Das zu erprobende Geschäftsmodell muss ein auf Informations- und Kommunikationstechnologie basierendes Geschäftsmodell sein, welches vor Aufnahme in die Regulatory Sandbox noch nicht betrieben wurde. Dies richtet sich gezielt an die Tätigkeiten von FinTechs. Der Begriff “Informations- und Kommunikationstechnologie” ist laut dem Gesetzgeber als technologieneutral und weit zu verstehen und kann daher auch künstliche Intelligenz (bspw Machine Learning) und Distributed Ledger Technologien (insb Blockchain) erfassen. Unternehmen, deren zu testendes Geschäftsmodell noch nicht von der FMA konzessioniert, genehmigt, zugelassen oder registriert wurde, können in die Sandbox aufgenommen werden. Allerdings muss zu erwarten sein, dass eine Konzession, Genehmigung, Zulassung oder Registrierung durch die FMA erfolgen wird.
  • Tätigkeiten, die eine aufsichtsrechtliche Beurteilung zulassen (insb Konzessionspflichtigkeit des Geschäftsmodells): Die Sandbox muss es dem Antragsteller ermöglichen, dass allfällige offene aufsichtsrechtliche Fragen abgeklärt werden können. Es muss sich daher um ein Geschäftsmodell handeln, das mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einer Konzession, Genehmigung, Zulassung oder Registrierung durch die FMA bedarf. Die beabsichtigten Tätigkeiten, müssen eine aufsichtsrechtliche Beurteilung durch die FMA zulassen. Damit sind etwa Tätigkeiten deren Beurteilung der Europäischen Zentralbank (EZB), dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss (SRB) oder der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vorbehalten sind idR von der Regulatory Sandbox ausgeschlossen. Zusätzlich dazu muss das zu erprobende Geschäftsmodell im volkswirtschaftlichen Interesse an einem innovativen Finanzplatz liegen, dabei ist die Prüfung des volkswirtschaftlichen Interesses umfassend zu verstehen. Daher dürfen solche neuen Geschäftsmodelle keine negativen Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität oder den Verbraucherschutz haben oder diese gefährden.
  • Technische Machbarkeit und Testreife: Stehen der Umsetzung des Geschäftsmodells technische Hindernisse im Weg, die vom Antragsteller nicht überwunden werden können, kann es nicht zur Sandbox zugelassen werden. Laut dem Gesetzgeber ist diese Einschränkung weit zu verstehen und umfasst auch Sachverhalte, die nur durch unverhältnismäßigen Aufwand technisch umgesetzt werden können. Mit Ausnahme der im Rahmen der Regulatory Sandbox abzuklärenden rechtlichen Fragen dürfen der Umsetzung des Geschäftsmodells keine sonstigen (grundlegenden) technischen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.
  • Beschleunigung der Marktreife: Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass die Aufnahme in die Regulatory Sandbox die Marktreife seines Geschäftsmodells beschleunigen wird. Das bedeutet, es muss durch die Teilnahme ein Vorteil für die Erreichung der Marktreife bestehen, der ohne Zugang zur Sandbox in dieser Form nicht oder nur durch erheblich höheren Aufwand erreicht werden könnte.
  • Abklärung offener Rechtsfragen/Konzessionierung: Die Regulatory Sandbox muss es ermöglichen, dass offene aufsichtsrechtlicher Fragen abgeklärt werden können. Davon ausgeschlossen sind daher solche, welche die FMA bereits mittels Bescheid uneingeschränkt gestattet oder beauskunftet hat oder die keine aufsichtsrechtlichen Sachverhalte erfüllen (bspw weil eine Gewerbeberechtigung ausreicht).

Die Rolle des Beirats in der Sandbox

Bei der Entscheidung zur Aufnahme in die Sandbox wird die FMA durch einen beim Bundesministerium für Finanzen (BMF) eingerichteten Regulatory Sandbox Beirat unterstützt. Dieser Beirat hat die Aufnahmevoraussetzungen zu prüfen, das Ergebnis dieser Prüfung in Form einer Stellungnahme festzuhalten und der FMA zu übermitteln. Die FMA weist dann den Antragsteller zur Teilnahme an der Sandbox mit Bescheid zu.

Beschränkte Konzession: Gründe für eine mögliche Beendigung

Die Regulatory Sandbox ist de facto eine beschränkte Konzession. Da im Rahmen der Sandbox ein Geschäftsmodell-Test unter Marktbedingungen erfolgt, kann die FMA Teilnehmern, die für ihr Geschäftsmodell eine Berechtigung benötigen, eine beschränkte Berechtigung mit Bescheid erteilen. Diese hat längstens bis zum Ende der Teilnahme an der Sandbox Gültigkeit, kann von der FMA aber jederzeit entzogen werden, wenn dies aufgrund öffentlichen Interesses erforderlich ist.

Auch die Beendigung der Teilnahme an der Sandbox kann jederzeit sowohl von Amts wegen als auch auf Antrag des Teilnehmers erfolgen. Eine Beendigung kann dann verfügt werden, wenn die Voraussetzungen zur Teilnahme wegfallen oder wenn anzunehmen ist, dass der angestrebte Zweck der Teilnahme an der Sandbox nicht erreicht werden kann. Die maximale Teilnahmedauer an der Regulatory Sandbox ist entsprechend den Erfordernissen des Geschäftsmodells durch die FMA auf höchstens zwei Jahre zu befristen.

Über die Autorin

Maurizia Anderle-Hauke ist Rechtsanwältin / Counsel bei Jank Weiler Operenyi/Deloitte Legal.

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Das Bild zeigt eine Person, die am Schreibtisch sitzt und mit einem großen Stapel von Dokumenten arbeitet. Die Dokumente sind mit bunten Büroklammern und Markierungen versehen. Die Person hat eine Uhr am Handgelenk und scheint gerade einen Stift zu benutzen, während im Hintergrund ein Taschenrechner und weitere Unterlagen zu sehen sind. Die Szene vermittelt den Eindruck intensiver Büroarbeit und Organisation.
(c) Adobe Stock/David

Es sind zwei sehr unterschiedliche Systeme, die bei Startup-Förderungen aufeinander treffen. Auf der einen Seite steht die Startup-Welt, die für ihre Innovation und Schnelllebigkeit bekannt ist, auf der anderen der Staat mit dem Klischee, starr und langatmig zu sein. Will ein Startup aber eine Förderung, muss es sich auch in diesem System zurechtfinden. Aber wie startet man dieses Vorhaben? Und was gilt es für Gründer:innen zu beachten?

Brutkasten hat bei Michael Raab nachgefragt, der knapp zehn Jahre in der Beratung von Startups tätig war und Sprecher der Unternehmensberater:innen in der Wirtschaftskammer ist. Wir haben seine Tipps für Gründer:innen zusammengefasst:

1. Eine Förderung allein reicht nicht

Wer überlegt, eine Förderung einzureichen, braucht zuerst einen Finanzierungsplan. Die meisten Förderungen in Österreich werden für einzelne Projekte vergeben, nicht für das gesamte Unternehmen. Das sei ein wesentlicher Unterschied, wie Michael Raab erklärt.

Die Förderung eines einzelnen Projekts heißt nämlich auch, dass es einen Anfang, ein Ende und ein klares Ergebnis gibt, auf das hingearbeitet wird. Um auch nach dem Ende auf soliden Beinen zu stehen, braucht es einen gut funktionierenden Finanzierungsmix aus Förderungen, Investor:innen, Crowdinvesting und Umsatz.

2. Früh genug anfangen

Wer in drei Monaten eine Förderung erhalten will, wird wohl enttäuscht werden. In den besten Fällen vergehen zwischen Antragseinreichung und Genehmigung der Förderung sechs Monate, manchmal auch mehr, schätzt Raab. Früh genug anfangen lohnt sich daher.

Das Timing ist allgemein eine wichtige Komponente, Anträge müssen zum Beispiel immer vor Projektbeginn gestellt werden. Angefallene Kosten können erst ab dem Zeitpunkt der Einreichung gefördert werden. Das ist entscheidend, sind doch Förderungen ein Mittel, um Unternehmen das Risiko bei einer Innovation abzunehmen. Würde ein Unternehmen ein Projekt alleine stemmen können, bräuchte es ja keine Förderung.

3. Welche Förderung ist die Richtige für mich?

Am Beginn der Überlegung steht eine Idee: Welches Produkt möchte ich entwickeln? Mit welcher Innovation kann ich Erfolg haben? Erst danach sollte man sich überlegen, welche Förderung zu einem passt. Sich zuerst eine Förderung zu suchen und sein Projekt darauf zuzuschneiden, scheitert sehr oft oder führt zu Unzufriedenheit, wenn das eingereichte Projekt gar nicht der Unternehmenskompetenz entspricht. In der Regel werden Innovationen und Investitionen gefördert, nicht der Markteintritt.

Für einen ersten Überblick empfiehlt Raab, sich die Förderungen des aws (Austria Wirtschaftsservice), der FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft) und regionaler Agenturen, wie zum Beispiel der Wirtschaftsagentur Wien, anzusehen. Hier stößt man relativ sicher auf eine passende Option und kann sich in vielen Fällen auch Beispielprojekte ansehen, die bereits gefördert wurden. So bekommt man auch ein Gefühl für den Auswahlprozess der jeweiligen Stelle.

4. Lesen, lesen, lesen (oder outsourcen)

Um die richtige Förderung für das eigene Projekt zu finden, ist vor allem eines notwendig: Viel lesen. Förderrichtlinien wirken oft sehr komplex, ohne Vorwissen kann das erschlagend wirken. Hat man die verwendete Sprache aber einmal verstanden, lassen sich Muster erkennen und es wird einfacher zu sehen, ob das eigene Projekt zu den Richtlinien passt. Ohne Vorwissen kann das durchaus einige Wochen Arbeit bedeuten, wie Raab betont. Das sollte Gründer:innen bewusst sein.

Nicht ganz uneigennützig rät er daher dazu, das ganze zu outsourcen. Unternehmensberatungen, die täglich Förderanträge für ihre Kund:innen stellen, wissen meist schnell, ob ein Projekt den Richtlinien entspricht und können auch abschätzen, wie erfolgreich der Antrag sein wird. So bleibt mehr Zeit übrig, die das Startup in sein Produkt stecken kann.

5. Abschicken und abwarten

Ist der Antrag fertig und abgeschickt, bleibt nur noch das Abwarten. Wie oben angesprochen, kann der Auswahlprozess oft sechs Monate dauern, manchmal auch länger. Einige Stellen sammeln einige Monate lang Anträge und prüfen sie dann gesammelt. Die Deadlines und Bestimmungen dazu sollte man sich bereits im Vorhinein ansehen, um nicht von einer langen Wartezeit überrascht zu werden.

Wer über die eingereichten Anträge urteilt, ist von Stelle zu Stelle unterschiedlich, in den meisten Fällen liegt die Entscheidung bei einem Gremium. Oft ist es eine gute Idee, sich gleich bei mehreren Stellen für eine Förderung zu bewerben – solange das eigene Projekt auch wirklich dazu passt.

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