02.04.2019

Wie Regierungen die Blockchain-Technologie nutzen können

Wahlen auf der Blockchain? Digitale Verwaltung in der Kette? Auf dem ANON Blockchain Summit diskutierten Expertinnen und Experten über die Bedeutung der Technologie für die Politik.
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Anon Blockchain
(c) Stefan Mey

„Blockchain ist eine Technologie, die bleiben wird, weil sie einzigartig ist“, sagt Wirtschafts- und Digitalisierungsministerin Margarethe Schramböck bei ihrer Eröffnungsrede den ANON Blockchain Summit am 2. April in der Gösserhalle in Wien: Dabei gehe es nicht bloß um Kryptowährungen, sondern um das Verändern ganzer Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse. Das betreffe nicht nur Startups, sondern auch KMU und Konzerne – sowie Regierungen und die öffentliche Verwaltung.

Viele Anwendungsgebiete

Als Beispiel nennt Schramböck öffentliche Ausschreibungen, bei denen Unternehmen mit der Blockchain-Technologie sicherstellen können, dass sie alle erforderlichen Dokumente fristgerecht eingereicht haben. Generell sieht Schramböck in der Blockchain auch Potenzial dafür, dass Prozesse sicherer werden und Bürokratie reduziert wird.

Marta Piekarska, Direktorin des Ecosystem Hyperledger, sieht Potenzial überall dort, wo es viele Geräte und viele Menschen gibt, die einander normalerweise vertrauen müssen. Auch Transparenz ist hier entscheidend: Daten, die in die Blockchain geschrieben wurden, können nicht mehr gelöscht werden – das ist zum Beispiel auch für ein digitales Grundbuch interessant, wenn Liegenschaften übertragen werden. Ebenso könne der Austausch von Informationen zwischen Ämtern und Ministerien so beschleunigt werden, führt die Expertin aus – auf herkömmlichem Wege dauert dies Wochen, oder gar Monate.

Blockchain-Förderung in Österreich und der EU

Die österreichische Bundesregierung hat das Austrian Blockchain Center gegründet, mit dem unter anderem Forschung und Entwicklung rund um das Thema gefördert wird: Das Ziel ist dabei, Blockchain-Projekte für das echte Leben zu entwickeln.

+++Details zum Austrian Blockchain Center+++

Ebenso gibt es Engagement auf EU-Ebene, wie Josef Vasak, Repräsentant der EU-Kommission in Österreich, erläutert: Unter anderem wurde das EU Blockchain Observatory and Forum gegründet, welches sich diesem Thema widmet. Das Ziel sei eine Partnerschaft, welche die Werte der EU widerspiegelt: Unter anderem sollen Transparenz und einheitliche internationale Standards geschaffen werden.

Knackpunkt Regulierung

Doch wie viel Regulierung verträgt die Blockchain? Schramböck vertritt die Meinung, dass zunächst regulatorische Sandboxes beschaffen werden sollten, in denen mit der Technologie experimentiert wird. Man solle nicht zu früh regulieren, sagt die Ministerien. „Die EU hat die Tendenz, Dinge zu überregulieren. Viele große europäische Unternehmen sind verschwunden, weil die Regulierung zu streng war“, sagt sie: Konsumentenschutz sei wichtig, aber man dürfe es nicht übertreiben und anschließend bedauern, dass sich kein europäischer Konzern in den Top10 der größten IT-Unternehmen der Welt befindet.

Vasak entgegnet darauf, dass man sich derzeit im explorativen Modus befinde, es gebe sowohl bei der Forschung als auch bei Investitionen einen Fokus auf Blockchain. Allerdings seien Regulierungen manchmal nötig, was sich zum Beispiel am gemeinsamen Digitalen Binnenmarkt zeige: Hier hätten Standards geholfen, Hürden für die internationale Expansion zu beseitigen.

Wählen via Blockchain

Zur Diskussion steht auch, ob irgendwann Wahlen über die Blockchain ermöglicht werden. Bedingung hierfür ist laut Vasak, dass das System für alle zugänglich, zuverlässig und anonym ist. Piekarska warnt in dieser Hinsicht gar vor Schnellschüssen. Man solle erst warten, bis ein paar weitere Projekte scheitern und man daraus lernen kann, sagt die Expertin. „Denn wenn es bei nur einer Wahl einen klitzekleinen Sicherheitsvorfall gibt, dann haben wir für immer versagt“, sagt sie.

Auch Schramböck rät, in dieser Hinsicht nichts zu überstürzen. Vorerst gehe es darum, den Nutzen richtig zu kommunizieren, Vertrauen aufzubauen und Missbrauch zu verhindern – als Negativbeispiel nennt sie den NEOS-Abgebordneten Gerald Loacker, der jüngst über die App „Digitales Amt“ seinen Wohnsitz ins Wirtschaftsministerium verlegte. „Wir müssen klar vermitteln, dass eine digitale Unterschrift gleich viel wert ist wie eine analoge und dass in der digitalen Welt die gleichen Gesetze gelten wie in der analogen Welt“, sagt Schramböck: „Und wir müssen zeigen, dass es bei solchen Projekten einen gemeinsamen Nutzen für alle gibt.“

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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