20.09.2016

Reform der Gewerbeordnung: Die wichtigsten Punkte und Positionen

Im Oktober soll die Gewerbeordnung grundlegend reformiert werden. Das könnte sich vor allem auf Startups und andere junge Unternehmen auswirken. Welche Veränderungen sind aber genau geplant und wie stehen die politischen Player der Reform gegenüber?
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(c) lassedesignen - fotolia.com: Im Dickicht der Paragraphen.

Möchte der Betreiber eines Sonnenstudios seinen Kunden auch noch eine Bräunungsdusche zur Verfügung stellen, benötigt er dafür zwei unterschiedliche Gewerbescheine – so sieht es die Gewerbeordnung vor. Deren ursprünglicher Text stammt aus dem Jahr 1859 und wurde seitdem immer wieder strukturlos verändert und erweitert. Nun soll eine Reform das Dunkel im Regelungsdschungel wieder lichten. Im Oktober möchte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner einen Gesetzesentwurf zur Erneuerung der bestehenden Gewerbeordnung vorlegen. Vergangene Woche hat SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder das Konzept seiner Partei für eine modernisierte Gewerbeordnung vorgestellt.

Ein Hindernis für Jungunternehmen

In den letzten Jahren wurde vermehrt kritisiert, dass die Gesetze und Verordnungen zu sperrig und unübersichtlich wären und den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht würden. Außerdem würden ihre massiven Auflagenzwänge auch die Entwicklung kreativer Jungunternehmen hemmen. Immerhin ist in Österreich die Regulierung in den Bereichen Handwerk und Gewerbe doppelt so stark wie im EU-Durchschnitt.

Das soll jetzt anders werden. Derzeit legt die Gewerbeordnung den Zugang zu 80 reglementierten und 440 freien Gewerben in Österreich fest. Für ein freies Gewerbe ist kein Befähigungsnachweis vorgeschrieben. Nach der Anmeldung darf es bei der Erfüllung aller allgemeinen Voraussetzungen ausgeübt werden. Im Gegensatz dazu muss bei der Anmeldung von reglementierten Gewerben ein Befähigungsnachweis erbracht werden.

Entrümpelung notwendig

Derzeit sei die Gewerbeordnung überreguliert, sagt Wifo-Ökonom Michael Böheim im Interview mit der Presse. Eine Reform habe daher vor allem den Zweck, sie zu entrümpeln. Nicht alle Details müssten in der Zukunft so stark reguliert sein, wie es derzeit der Fall ist.

Außerdem ist die Zahl der Gewerbescheine seit dem Jahr 2005 um ganze 34 Prozent gestiegen. Bei insgesamt nur 609.618 Gewerbetreibenden in Österreich wurden 800.258 Gewerbescheine vergeben. Für jeden einzelnen von ihnen muss eine Gebühr, die sogenannte Kammerumlage, bezahlt werden. Im Zuge der Reform soll für die 440 freien Gewerbe nur noch ein einziger Gewerbeschein benötigt werden.

Redaktionstipps

Mehr freie Gewerbe

In einem weiteren Schritt könnte die Reform aus zahlreichen reglementierten Gewerben freie Gewerbe machen. Nur jene Bereiche, in denen es um Gesundheit, Sicherheit und Vermögen geht, sollen weiterhin reglementiert bleiben. In Deutschland gab es eine ähnliche Reform schon im Jahr 2004. Seitdem braucht man im Nachbarland nur noch für 41, statt vormals 95 Gewerbe, einen Befähigungsnachweis.

Mit dem Ziel, dein Einstieg in die Selbständigkeit zu erleichtern, plant die Regierung auch die sogenannte Betriebsanlagengenehmigung zu entbürokratisieren. Derzeit dauert dauert ihre Ausstellung in den meisten Fällen mehrere Monate. Gleichzeitig soll damit auch das Betreiben von Pop-up-Stores erleichtert werden.

Politische Uneinigkeit

In der Politik steht man den Vorschlägen zur Reform der Gewerbeordnung gespalten gegenüber. Die ÖVP-nahe WKÖ befürchtet negative Auswirkungen auf die Humankapitalbildung, vor allem einen Rückgang an Lehrlingen. Man hätte am Beispiel Deutschland gesehen, dass durch derartige Maßnahmen die Zahl an Lehrlingen sinke und sich durch die Liberalisierung insgesamt eine immer größer werdende Entqualifizierungsspirale ergebe.

Die Grüne Wirtschaft hingegen begrüßt die Reformforschläge. “Das wäre tatsächlich eine Revolution, da sich besonders bei jungen, innovativen Unternehmen Geschäftsfelder erst mit der Zeit entwickeln und mitunter verändern”, heißt es. Außerdem stelle der Reformvorschlag auch die Wirktschaftskammerstrukturen grundlegend in Frage.

NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn zeigt sich ebenfalls begeistert. “Die SPÖ legt mittlerweile mehr wirtschaftlichen Hausverstand an den Tag als die ÖVP”, heißt es in seiner Presseaussendung.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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