01.11.2015

Ready2order: Innovative Kassa sticht Konkurrenz aus

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(c) Ready2order. Fuchs, Tscheik und Bernhart (v.l.) - die Gründer von ready2order.

Die Registrierkassenpflicht sorgt für einen längst notwendigen Innovationsschub bei Kassensystemen. Etablierte Unternehmen und Startups basteln an schlanken Systemen, die selbst Smartphones zu einer vollwertigen Kassa machen.  

Das Wiener Startup ready2order braucht zurzeit keine Werbung zu machen: die Kundschaft fliegt dem Kassensystem-Anbieter nur so zu. Ab 2016 ist jedes Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 15.000 Euro und einem Barumsatz ab 7500 Euro verpflichtet, eine Registrierkassa zu verwenden. Und das geht ins Geld: Ein gutes System kann für Anschaffung und regelmäßige Wartung schnell mehrere tausend Euro kosten. Kopfzerbrechen bereitet auch, dass ab 2017 eine erste Erweiterung der Registrierkassenpflicht ansteht. Dann müssen die Geräte eine digitale Signatur erstellen können – die entsprechende Verordnung ist allerdings noch in Brüssel zur Begutachtung, weshalb noch keine der erhältlichen Registrierkassen entsprechend aufgerüstet werden kann.

Der Wechsel zu ready2order mutet an wie ein Sprung von Wählscheibentelefon zu Smartphone.

Gerade billige Kassen, die oft schon um 200 bis 300 Euro zu haben sind, müssen somit bereits 2017 ersetzt oder teuer aufgerüstet werden. „Falls das überhaupt möglich ist“, ergänzt Markus Bernhart, der gemeinsam mit Christopher Fuchs und Markus Tscheik ready2order gegründet hat. Das Kassensystem der drei Freunde wischt alle diese Probleme vom Tisch. Genau genommen handelt es sich bei ready2order lediglich um eine Software, die gemietet wird. Das hat gleich mehrere Vorteile: Die Kassa läuft auf nahezu jedem Gerät, das der Unternehmer bereits besitzt: Windows-PC, Mac, Tablet oder Smartphone. Die Rechnung wird drahtlos an einen kleinen Drucker gesendet, der im Preis enthalten ist. Kostenpunkt: ab rund 31 Euro pro Monat.

Der Wechsel von klassischer Tasten-Kassa zu einem internetbasierten System wie ready2order muss in der Praxis ähnlich anmuten wie ein Sprung von Wählscheibentelefon zu Smartphone: Jeder Verkäufer kann auf einem Tablet seine eigene Kassen-Oberfläche angezeigt bekommen, hat dort Zugriff auf alle Artikel und einige Statistiken – etwa Tagesumsatz oder Schichtumsatz.

Umfangreiche Daten-Spielereien

Die Oberfläche ist übersichtlich und leicht zu bedienen. Der Verkäufer muss lediglich die Artikel in den Warenkorb legen und anschließend auf Barzahlung oder Kartenzahlung tippen, um die Rechnung an den Drucker zu senden. Der Unternehmer hat zusätzlich Zugriff auf eine Verwaltungsoberfläche, die er in jedem Internet-Browser aufrufen kann. Dort werden neue Artikel eingepflegt und umfangreiche Statistiken geboten. So wird beispielsweise ausgewertet, welche Produktgruppen sich am besten verkaufen, es kann der Umsatz pro Produkt angezeigt werden oder Statistiken zu Zahlungsart, Stückzahlen und Mitarbeitern. „Ein traditionelles System mit einer Tasten-Kassa bietet solche Auswertungen überhaupt nicht“, sagt Bernhart.

Automatische Quartals-Sicherung

Die Daten lagern auf einem Server in Deutschland und ready2order verspricht, sie in keiner Weise auszuwerten: „Auch nicht anonymisiert“, erklärt Bernhart. Dafür müssen sich Unternehmer nicht mehr um die von der Registrierkassenverordnung vorgeschriebenen Datensicherungen kümmern. Die muss eigentlich jedes Quartal auf einem externen Datenträger erfolgen. „Wir verwenden dafür einfach einen zweiten Server“. Unternehmer, die auf Nummer sicher gehen wollen, können die Daten jederzeit exportieren und auf einem eigenen Datenträger sichern.

Mini-Drucker für unterwegs

Ready2order kommt vor allem in kleineren und mittleren Betrieben zum Einsatz. Zu den Kunden zählen Restaurants, Bars, Geschäfte, aber auch Taxis oder Friseure und Masseure. Gerade bei Unternehmern, die unterwegs Rechnungen stellen müssen, ist ein internetbasiertes System wie ready2order ein großer Vorteil. „Unser kleinstes System besteht einfach aus einem Smartphone und einem kleinen Bluetooth-Drucker“, erklärt Bernhart. Damit kann die Rechnung sehr einfach auch unterwegs ausgedruckt werden, während viele andere Anbieter von Kassen-Apps nur eine elektronische Rechnungszustellung erlauben.

„Das System ist nichts für Großbetriebe“

„Das System ist nichts für Großbetriebe“, sagt Bernhart und meint damit vor allem Gastronomiebetriebe in der Größe eines Wiener Schweizerhauses. „Die verwenden komplizierte Systeme, in die Lieferanten und Schankanlage direkt eingebunden sind“. Theoretisch wären auch solche Systeme mit einer internetbasierten Lösung umsetzbar, Bernhart ist sich aber nicht sicher, ob das kostengünstiger machbar wäre als es etablierte Unternehmen anbieten. „Außerdem fehlt uns da die Erfahrung“, gibt der Jungunternehmer zu.

Wachsende Konkurrenz

In Österreich war ready2order laut Bernhart der erste Anbieter eines solchen Kassensystems. Angefangen hat alles vor drei Jahren, als ein Heurigenwirt einem der Gründer, Christoph Fuchs, sein Leid klagte. „Der hatte damals fast 20.000 Euro für sein Kassensystem hingeblättert“, erinnert sich Bernhart. Gemeinsam mit Markus Tscheik witterten die beiden Freunde eine Geschäftsidee und gingen sofort an die Entwicklung. Ready2order ist eigentlich bereits seit eineinhalb Jahren im Regelbetrieb – die Registrierkassenpflicht sorgt nun für Aufwind. Die Kunden fliegen dem jungen Unternehmen nur so zu: Selbst während des Gesprächs mit dem Brutkasten klingelte das Telefon von Bernhart – Kundenanfragen nimmt er persönlich entgegen. Werbung macht ready2order keine, dennoch ist das Interesse selbst in Deutschland groß. „Die Leute finden einfach unsere App im App Store und rufen an“, sagt Bernhart. Mittlerweile haben auch andere Anbieter das Geschäft gewittert und springen auf.

“Ein Kassensystem kann man nicht in wenigen Wochen programmieren“

Auch traditionelle Kassenanbieter haben die Zeichen der Zeit erkannt. Die Wiener Firma Otas hat vor wenigen Monaten 123bon gegründet – ebenfalls ein internetbasiertes System, das für Windows-PCs optimiert ist, die auf Wunsch auch gleich bei 123bon bezogen werden können. Im Unterschied zu ready2order können Rechnungen jedoch nur vom Windows-PC direkt über einen USB-Drucker gedruckt werden. Will man über die App von einem Tablet oder Smartphone aus drucken, braucht man ein Zwischengerät – einen Mini-PC. „Da sind wir gerade bei mobilen Dienstleistern im Vorteil“, meint Bernhart.

Die Kassensystem-Firma Etron hat gemeinsam mit Herold ein webbasiertes System entwickelt, das über den Browser auf PC, Tablet und Smartphone gleichermaßen läuft – die Installation einer App ist also überflüssig. Bernhart ist überzeugt, dass jene Firmen, die erst jetzt auf den Zug aufspringen, in der kurzen Zeit kaum ausgereifte Lösungen anbieten können: „Wir arbeiten an unserem System seit zwei Jahren und müssen noch immer ständig etwas verbessern. Ein Kassensystem kann man nicht in wenigen Wochen programmieren“, so der Firmengründer.

Selbst ist der Gast

Wie es sich für ein junges Startup gehört, bietet das System von ready2order auch einige coole Funktionen. In der Gastronomie können zum Beispiel Gäste in den digitalen Bestellprozess direkt eingebunden werden. Das funktioniert so: Der Gast scannt mit seinem Smartphone einen Code, der am Tisch angebracht ist und kann dann seine Bestellung direkt an den Drucker beim Schankbereich schicken. „Das soll natürlich nicht den Kellner ersetzen“, nimmt Bernhart eine naheliegende Frage vorweg.

„Die Gäste fanden die App so witzig und haben nicht aufgehört, Cocktails zu bestellen“.

„Die Idee war es, Kellner zu Spitzenzeiten zu entlasten und bei großen Tischen Nachbestellungen einfacher abzuwickeln“. Das System ist bereits in einigen Lokalen testweise im Einsatz. In einer Cocktailbar sei die App sogar so gut angekommen, dass der Barkeeper fast nicht mehr mit dem Mixen nachgekommen ist: „Die Gäste fanden die App so witzig und haben nicht aufgehört, Cocktails zu bestellen“.

Suche nach Investoren

Bisher ist ready2order komplett mit Eigenkapital finanziert Das Startup ist in dem Firmen-Inkubator des Mobilfunkers A1 untergekommen. Der A1 Campus bietet allerdings keine finanzielle Unterstützung. „Wir haben derzeit sehr viele Anfragen“, sagt Bernhart. „Es wäre ein guter Zeitpunkt für ein Investment, vor allem, damit wir unser Vertriebsnetz ausbauen können“.

 

 

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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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